29.10.2024
Kaiser Gaius Caesar Augustus Germanicus
Eine der scheußlichsten Erscheinungsformen der menschlichen Geschichte waren die Römische Republik und das Römische Kaiserreich und der daraus erwachsene Römische Katholizismus, wegen ihres gemeinsamen unüberbietbaren Versklavungswillens gegenüber fremden Völkern und Kulturen und Einzelmenschen. Der widerlichste Emporkömmling aus solcher Hefe war aber sicherlich der kurzzeitige römische Kaiser Gaius Caesar Augustus Germanicus (12-41 n.0), bekannt als Caligula, der vom Jahre 37 bis 41 römischer Kaiser war, also quasi der Herr der damals bekannten Welt. Den Titel „Germanicus“ (Germanenbesieger) hatte nicht selbst verdient, sondern von seinem Vater geerbt, dem röm. Feldherrn Nero Claudius Germanicus (15 v.-19.n.0), dessen brutalen Verwüstungen in Germanien in den Jahren 14 bis 16 n.0 stattfanden. Er war der Vater des Caligula und Großvater Kaiser Neros, der aus purer Lust ärmliche Teile der Stadt Rom in Brand setzen ließ.
Seine imperiale Machtfülle stieg dem jungen Kaiser Gaius Caesar Augustus Germanicus schon sehr bald derart zu Kopfe, dass er sich zu schier unbeschreiblichen Wahn- und Widersinnigkeiten hinreißen ließ, die nur im römischen Imperialismus denkbar waren. Schon sein kaiserlicher Vorgänger, der Tiberius (42 v.-37 n.0), hat neben Angehörigen aus dem römischen Senat auch eine Reihe von Mitgliedern seiner eigenen Familie ermorden lassen. Seine grauenhaften Untaten in Germanien, das er zu unterjochen hoffte, führten zum Aufstand des Cherusker-Armins im Jahre 9 n.0. Die Fülle der rechtlos gemachten Sklaven und Sklavinnen über die der Kaiser nach Gutdünken gebot, verführten ihn zum perversen Ausleben seiner niedrigsten Gelüste, nämlich sadistischer Folterungen und ekelhaftester sexueller Ausschweifungen, für die er sich so eine Art blutigen Lusttempel erbauen ließ, die Villa Jovis auf der Insel Capri. Wenn wir wissen, wie diese imperial-römischen Herrscher-Kreaturen, mitsamt ihrer willfährigen Hof-Camarilla, mit den eigenen italischen Leuten umgingen, können wir unschwer erahnen, wie sie nach Gutdünken, hemmungslos nach Lust und Laune, mit ihren gewonnenen Beute-Sklaven aus den Kriegen verfuhren, die keinerlei Menschenrechte besaßen, nur als verhandelbare Sachen galten, die ihre bestialischen Herren aufschneiden, zerschneiden, zerstückeln, auf sadistisch-genüsslichere langsame oder auch jähere Tötungsarten umbringen durften. Zahllose arme keltische und germanische Frauen und Mädchen sind während der prunkvollen Sauf- und Fressgelage zur beiläufigen Unterhaltung der Gäste, in „Party-Laune“, auf grauenvolle Spielarten massagriert worden.
Tiberius rief Caligula noch im Jahr 31 an seinen Alterssitz auf Capri. Dort gelang es dem jungen Mann, das Vertrauen des amtierenden Kaisers zu gewinnen. Sueton, ein röm. Schiftsteller, berichtet, dass dieses Vertrauensverhältnis auf dem gemeinsamen Interesse an Folterungen und sexuellen Ausschweifungen beruhte. Von dort ging das Gerücht, Caligula habe den alten, kranken Tiberius mit einem Kissen erstickt. Die Wände des Kaiserpalastes auf Capri waren voller pornografischer Bilder. Tiberius empfahl seinen „engen Hintern“ Gruppen von Jungen, deren „Talente“ aus dem Namen hervorgehen, nehmlich Dreier vor sich zu spielen, um seine nachlassende Libido zu stimulieren. Von sexuell verdorben bis einfach sadistisch, lauteten die Vorwürfe. Während der Bankette füllte Tiberius seine Trinkgefährten mit riesigen Mengen Wein, bevor er Ligaturen um ihre Genitalien band, um sie am Urinieren zu hindern. Tiberius trainierte Säuglinge, die er seine „kleinen Fische“ nannte, um zwischen seinen Schenkeln zu schwimmen, wenn er ein Bad nahm und an seinen Genitalien knabberten. Und das war nicht die einzige schreckliche Anschuldigung gegen ihn. Es wurde auch gesagt, dass er Neugeborene von ihren Müttern nehmen und sie an seine Genitalien halten ließ, in der Hoffnung, dass sie auf ihn reagieren würden wie auf die Brust ihrer Mutter. Tiberius soll während einer Opferzeremonie auf der Insel zwei Jungen sodomisiert haben, und als sie sich beschwerten, wurden ihnen die Beine gebrochen. Er missbrauchte auch aristokratische Frauen, was einer Frau, Mallonia, ein solches Trauma zufügte, dass sie in den Selbstmord getrieben wurde.
In den letzten Regierungsjahren des Tiberius, die durch den Putschversuch des Seianus und die anschließenden Prozesse geprägt waren, wurden mit Caligulas Herrschaftsantritt zunächst große Hoffnungen verbunden. In den ersten Monaten seiner Regentschaft machte sich Caligula bei den herrschaftstragenden Gruppen beliebt: Er beschloss Steuersenkungen, setzte die unter Tiberius ausufernden Hochverratsprozesse aus und gewährte den bereits mit der Verbannung bestraften Senatoren die Rückkehr. Auch mit der Ausweisung einer Gruppe von Lustknaben distanzierte er sich von Tiberius, der deren Dienste in Anspruch genommen haben soll. Der Prätorianergarde ließ er erstmals bei Regierungsantritt ein Geldgeschenk zukommen und erkaufte sich damit die Gunst dieser als kaiserliche Leibgarde dienenden Elitetruppe. Der Tempel des vergöttlichten Augustus wurde symbolträchtig zu Beginn seiner Herrschaft eingeweiht, um Abstammung und Verbundenheit zum ersten Kaiser zum Ausdruck zu bringen. Diese Maßnahmen brachten Caligula allerdings an den Rand des Ruins. Kostspielig waren auch die von Caligula veranstalteten aufwendigen Wagenrennen, Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe, die während seiner Regierungszeit immer grausamer wurden. Viele Grausamkeiten des Kaisers sind im Zusammenhang mit Spielen oder öffentlichen Spektakeln überliefert.
Möglicherweise aus Überanstrengung litt Caligula nach 6 Monaten Herrschaft an einer schweren Krankheit. Ihre Folgen kleidete Sueton in die Worte: „Bis hierhin vom Kaiser, jetzt muss über das Scheusal berichtet werden.“ Tatsächlich begannen in der Zeit nach Caligulas Genesung die ersten Hochverratsprozesse: Der Kaiser ließ seinen ehemaligen Miterben und Adoptivsohn Tiberius Gemellus, seinen Schwiegervater Silanus, den Vater seiner ersten, bereits 36 oder 37 im Kindbett verstorbenen Frau Iunia Claudilla, und den einflussreichen Prätorianerpräfekten Macro unter dem Vorwurf einer Verschwörung verhaften und zum Selbstmord zwingen.
Caligulas kurze Regierungszeit sah nur vergleichsweise kleine militärische Unternehmungen, deren Chronologie weitgehend unklar ist. Im Herbst 39 überschritt er mit einem Heer die Alpen, um in der Tradition seiner Vorfahren die als noch nicht abgeschlossen angesehene Expansion in Germanien und Britannien fortzuführen. Seine Ambitionen in Germanien waren indes nicht von Erfolg gekrönt: Weder konnte der Kaiser nach Abzug der Truppen signifikante territoriale Gewinne verzeichnen, noch erhielten die provisorischen Militärterritorien des ober- und niedergermanischen Heeres vor 85 n.0 den Status einer Provinz mit der hierzu notwendigen Infrastruktur. Im Zusammenhang mit dem Britannienfeldzug berichten die Quellen ausschließlich von großenteils grotesk anmutenden Aktionen des Kaisers. So ließ er Seemuscheln an den Stränden des Ärmelkanals sammeln, die als exotische Beutestücke den Erfolg der Operation suggerieren sollten. Pläne zu einem aufwendigen Triumph, bei dem eigens angeworbene gallische Gladiatoren mit rot gefärbten Haaren als germanische Kriegsgefangene aufgeführt werden sollten, wurden in diesem Umfang nicht verwirklicht. Die Münzprägung des Caligula betont indes die militärische Größe des Kaisers und steht damit im Widerspruch zur literarischen Überlieferung. Caligula ließ unter unbekannten Umständen im Jahre 40 Ptolemaios, den König von Mauretania, zunächst nach Rom einladen, anschließend ermorden und sein Gebiet annektieren. Die Quellen berichten von Neidgefühlen des Caligula, welche der eindrucksvolle Auftritt des Königs im Amphitheater auslöste.
In seiner Biografie Caligulas berichtet der hohe kaiserliche Beamte Sueton (ca. 70-122 n.0), dass sich der Kaiser „Jachten mit zehn Ruderbänken bauen“ ließ, „die am Heck mit Edelsteinen geschmückt und mit farbig schillernden Segeln versehen waren. In ihrem Innern waren große Bäder, Säulenhallen und Speisesäle und alle Sorten von Obstbäumen und Reben.“ Auch habe Caligula „auf diesen Schiffen am hellichten Tag Gelage gegeben und Ballettaufführungen“. Aber als Route für Caligulas Spritztouren gab der Biograf die Küste Campaniens an.
Caligula ist auch als Liebhaber und Räuber nichtitalischer Kunstschätze, bevorzugt aus dem opulenten Bestand griechischer Tempel, in die Geschichte eingegangen. So wollte er die Zeus-Statue des Phidias, ein Weltwunder der Antike, nach Rom bringen lassen. Dieses Vorhaben scheiterte der Überlieferung nach daran, dass die Statue durch einen Abbau zerstört worden wäre und sich mächtige Wunderzeichen ereignet hätten. Seit Fortschreiten der Expansion und administrativer Einteilung des Reiches in Provinzen war Kunstraub durch Statthalter und Verwaltungsbeamte keine Seltenheit, was sich in den zahlreichen Belegen diesbezüglicher Anklagen spiegelt, die vermutlich bei weitem nicht das tatsächliche Ausmaß zum Ausdruck bringen. Da Caligula sich nur kurzfristig im Osten des Reiches aufhielt, mag die Initiative zum Kunstraub im Einzelfall eher beim verantwortlichen Statthalter als beim Kaiser gelegen haben. Caligula wird diese Missstände zumindest nicht unterbunden haben, da es gerade in seinem Interesse lag, seine Herrschaft mit hellenistischen Symbolen auszuschmücken. Als Augenzeuge berichtet der Jude Philon von Alexandria über die luxuriöse Ausstattung der Privatgemächer des Kaisers mit gestohlenen Kunstwerken aus aller Welt. Caligulas Ermordung erfolgte, nachdem er den Senat durch demonstrative Ausschöpfung der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten des Prinzipats brüskiert hatte.
Über die Gründe und den genauen Ablauf der Verschwörung gab der Jude Flavius Josephus den ausführlichsten Bericht, über die Chronologie der vorausgegangenen Vorgänge lässt sich allerdings wenig Sicheres sagen. Laut dessen Zeugnis begann Caligulas radikaler Regierungswechsel mit einer im Laufe des Jahres 39 vor dem Senat gehaltenen Rede. Die wörtliche Wiedergabe dieser Rede ist höchstwahrscheinlich eine unhistorische Ausgestaltung des Geschichtsschreibers, doch liegt ein in diesem Jahr erfolgter Umbruch auch durch andere Quellenaussagen nahe. Hauptgrund der Verschwörung war Caligulas ausufernde Anwendung von Gewalt, vor allem gegen Senatoren: Der Kaiser ließ die Hochverratsprozesse, die nach dem Tod des Tiberius vorübergehend ausgesetzt wurden, etwa gegen Mitte der Regierungszeit in großem Umfang wieder aufnehmen. Mindestens 36 Fälle teils grausamer Hinrichtungen oder anderer schwerer Bestrafungen wie der Verbannung sind literarisch unter Angabe des Namens belegt, wobei es sich bei diesen Opfern in der Regel um Angehörige der Oberschicht, teilweise auch um Soldaten oder Bühnendarsteller handelte. In einigen Fällen ließ Caligula Senatoren foltern, die rechtlich grundsätzlich vor der Folter immun waren. Hierzu boten allerdings die Hochverratsgesetze einen gewissen rechtlichen Spielraum. Sueton erwähnt die Ermordung von Verbannten, ohne allerdings konkrete Fälle anzuführen. Caligula mag durch seine Jugenderfahrungen ein übertriebenes Bedrohungspotenzial wahrgenommen haben. Durch die Prozesse wuchs tatsächlich die Gefahr eines Mordanschlages. Es finden sich außerdem überlieferte Berichte von Zwangsprostitution und Vergewaltigungen seitens des Kaisers, denen Angehörige der Oberschicht zum Opfer fielen. Durch demonstrative Gesten der Demütigung, die oft an Hofzeremonielle orientalischer Despoten erinnern, zielte Caligula auf eine politische Ausschaltung des hohen Standes. Bei der Ämtervergabe überging der Kaiser gezielt unerwünschte Bewerber und machte sich auch dadurch unbeliebt. Die Quellen berichten unter den zahllosen Extravaganzen des Kaisers, dass er sein Lieblingspferd Incitatus mit dem Konsulat bestallen wollte. Sollte Caligula sich tatsächlich in dieser Richtung geäußert haben, so wohl mit der Absicht, dem Senat seine alleinige Entscheidungsgewalt und seine Allmacht, auch über die Senatsaristokratie, zu demonstrieren. Das Pferd musste, auf Befehl des Kaisers, wie ein Konsul gegrüßt werden.
Die antiken Quellen bezeichnen die Herrschaft des Caligula beziehungsweise die Person selbst häufig und praktisch einhellig als „wahnsinnig“. Das vielleicht authentischste Zeugnis des Juden Philon von Alexandria über seine Gesandtschaftsreise schildert den Kaiser als arrogant und zynisch, jedoch nicht als psychotisch. Trotzdem finden sich bei demselben Autor erste Hinweise auf den Wahnsinn des Kaisers. Seneca überliefert, hauptsächlich während seiner von Caligula mitverschuldeten Verbannung, Bilder grausamer Folterungen und Hinrichtungen des Kaisers, die ihn als Sadisten beschreiben. Seneca definiert außerdem den Begriff des Wahnsinns als Entartung eines Tyrannen, ohne dabei Caligula namentlich zu erwähnen. der Jude Flavius Josephus gebraucht den Begriff des Wahnsinns zur Charakterisierung des Kaisers mehrere Male, jedoch ist nicht genau zu unterscheiden, ob er damit auf eine tatsächliche psychische Störung anspielt oder eher die Willkürhandlungen des Kaisers pejorativ bezeichnet. Sueton, der in der Tradition antiker Biographie steht, den Charakter einer Person aus ihrer Herrschaft zu konstruieren, schildert Caligula ein halbes Jahrhundert später explizit als geisteskrank, indem er seine Darstellung mit pathologischen Auffälligkeiten Caligulas verbindet. Spätere Quellen argumentieren ähnlich (Cassius Dio; Eutropius, Breviarium ab urbe condita 7,12).