DIE SCHÖNE ANN-KATHRIN

Ich leb’ in Wien wie in Berlin,
ich bin die schöne Ann-Kathrin,
die Welt ist mir nicht fürchterlich,
mich kümmert nur mein eignes Ich !

Ein Kreuzchen trag’ ich um den Hals,
das gilt mir nichts als süßes Schmalz,
als schlauste Werbung, beste Schau,
für eine
tugendsame Frau" !

Ich bin nicht dumm, ich bin gewitzt,
mein Herz am rechten Flecke sitzt,
wo’s immer schlägt, das ist mir gleich,
Hauptsache ist doch: Schön und reich !

Hauptsache ist, es schlägt im Takt,
sei ich bekleidet oder nackt -;
ob links, ob rechts -, mir einerlei,
ich bin modern -, ich bin so frei !

Ich bin am Herz sehr wohl gesund,
ich rede jedem nach dem Mund -;
sei er gebleicht, sei er gebräunt -,
so hab’ ich Jedermann zum Freund !

Mir ist’s egal was man mir schwätzt,
ich hab’ noch keinen je vergrätzt -,
sei’s auch gelogen oder echt,
ich sag’: „Wie haben Sie doch Recht !“

Kaum ist ein Leben ganz im Lot -;
erzählt ein Mensch mir von der Not,
erzählt von Schmerz und Therapie,
sag’ ich sofort: „Wie schlimm für Sie !“

Berichtet mir ein Mensch vor Freude,
dass wieder brannte sein Gebäude,
Brandkasse zahlte doch erneut -;
ich sage ihm: „Wie mich das freut !“

So pass’ ich bestens in die Welt,
die mir so rund und bunt gefällt !
Den Mann seh’ ich als Ruhekissen,
man muss es nur zu nehmen wissen !

Zeigt mir ein Mann nach Mannes Art,
wie stark er ist und wie gelahrt -,
bezaubere ich ihn sehr geschwind -,
ich hauche ein: „Wie schlau Sie sind !“

Sie seh’n mich an und sind entzückt,
so manchen machte ich verrückt -;
doch werde ich bei keinem weich,
ist er spendabel nicht und reich !

Was anderes interessiert mich nicht,
schön bin ich selbst von Angesicht -;
ich such’ ein Leben, sorglos leicht,
das ist es was mir vollauf reicht !