20.07.2024

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 Drüggelte-Kapelle, aus „Atlas zur Zeitschrift für Bauwesen“, Jg. 4, 1854, Blankenstein Hermann Wilhelm Albrecht (1829-1910).

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Das Oktogon vom Dom zu Aachen und das Zwölfeck der Drüggelter Kapelle

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Kirchliche Rundbauten stellen keine Besonderheit dar und geben keinen Hinweis auf einen altgläubigen bzw. heidnischen Ursprung. Die Drüggelter Kapelle ist ein altehrwürdiger Sakralraum in der Gemeinde Möhnesee im Sauerland. Sie stammt vermutlich aus dem 12. Jh.. Es handelt sich um einen Zentralbau, ihre Außenmauern formen ein Zwölfeck, mit zwei sichtbaren Anbauten, nämlich der Vorhalle und der Apsis. Ein schiefergedeckten Dach, bekrönt von einem kleinen Glockentürmchen, lassen keine Besonderheiten und Überraschungen vermuten. Erst beim Betreten der Kapelle wird die Besonderheit des Bauwerks sichtbar. Insgesamt 16 in zwei Ringen angeordnete Säulen tragen die Decke des nur etwa 11 m im Durchmesser messenden zwölfeckigen Raumes. Der äußere Säulenkranz besteht aus 12 Säulen. Auf schmalen Pilaster und ebendiesen Säulen ruht ein Kreuzgewölbe. Der innere Kranz besteht aus zwei Säulen und zwei deutlich dickeren, gemauerten Pfeilern. Zwischen dem ersten und dem zweiten Säulenkranz ist ein Tonnengewölbe gespannt, in das die Stichkappen des Kreuzgewölbes einschneiden. Die kleine Eingangshalle und der Chorraum sind beide auffallend gegen die Symmetrie des Gesamtgebäudes gerichtet. Die Vorhalle ist in sich asymmetrisch, der Chor verfehlt die Ausrichtung auf die Kapellenmitte deutlich. Die an der Außenwand umlaufende Steinbank zeigt im Anschlussbereich an den Chorraum auf ihren beiden Seiten deutlich unterschiedliche Ausführungen. Die so gestaltete Gesamtanlage, wie ebenso die Ausführungen der Saulenkapitelle, machen den Eindruck einer wenig fachmännischen Art und Weise, hier müssen jedenfalls gutwillige Laien am Werk gewesen sein.

Beim Betreten der Kapelle wird die Besonderheit des Bauwerks sichtbar. Insgesamt 16 in zwei Ringen angeordnete Säulen tragen die Decke des nur etwa 11 m im Durchmesser messenden zwölfeckigen Raumes. Der äußere Säulenkranz besteht aus 12 Säulen. Auf schmalen Pilaster und ebendiesen Säulen ruht ein Kreuzgewölbe. Der innere Kranz besteht aus zwei Säulen und zwei deutlich dickeren, gemauerten Pfeilern. Zwischen dem ersten und dem zweiten Säulenkranz ist ein Tonnengewölbe gespannt, in das die Stichkappen des Kreuzgewölbes einschneiden. Die vier Innensäulen tragen ein kleines Kuppelgewölbe, in dem eine Klappe den Zugang zum Dachboden bildet. Der Außenwand ist eine umlaufende steinerne Sitzbank vorgebaut. Im Kapellengrundriss fallen zwei Anbauten auf, die die Gleichmäßigkeit der Anlage durchbrechen: die kleine Eingangshalle und der Chorraum. Beide sind auffallend gegen die Symmetrie des Gesamtgebäudes gerichtet. Die Vorhalle ist in sich asymmetrisch, der Chor verfehlt die Ausrichtung auf die Kapellenmitte deutlich. Die an der Außenwand umlaufende Steinbank zeigt im Anschlussbereich an den Chorraum auf ihren beiden Seiten deutlich unterschiedliche Ausführungen. Bemerkenswert an der ansonsten weitgehend schmucklosen Kapelle sind die Säulen, speziell der Schmuck und die Ausführung der Kapitelle. Bis auf wenige Ausnahmen zeigen die Flächen der romanischen Würfel-Kapitelle reiche Verzierungen. Bei Renovierungen in den 1930er Jahren fand man Reste einer ursprünglichen Malerei und unter hölzernen Einbauten kam eine große Einbaum-Truhe aus Eichenholz zum Vorschein. Eine dendrochronologische Untersuchung der Truhe Anfang der 1970er Jahre ergab als Jahr der Anfertigung etwa 1172.

Alle möglichen Theorien zum Kappellenbau wurden in der Vergangenheit ausgelotet, doch die Ergebnisse blieben mager und konnten nicht überzeugen. Echte Nachweise für einen heidnischen Baugedanken und entsprechende Nutzung, waren nicht zu erbringen. Der Autor Kurt Vierl (1924-2006) hat in seinem Buch „Im Zwölfsäulenkreis: Die Drüggelter Kapelle“ (Verlag Freies Geistesleben, 2009), versucht, seine anthroposophische Deutung plausibel zu machen, doch sie überzeugte nicht! Wissenschaftlich betrachtet, bleibt der polygonale Zentralbau der Kapelle von Drüggelte ein esoterisches Rätsel, abseits von den politischen und kirchlichen Institutionen in der ländlichen Einsamkeit beim Möhnesee, vermutlich im 12.Jh. erbaut (mit archaisch anmutenden Spuren). Autor Vierl hat fleißige Arbeit geleistet. Er ging auf alle bisherigen Forschungsansätze ein (keltische, germanische, christliche und - kaum greifbar - rosenkreuzerische Indizien) und lotet ihre endogenen Intentionen aus (okkulte, astronomische, romanische Bau-Intentionen). Ein im Anhang erwähnter Analogieschluss zu den Templern wird vom Autor - zu Recht - nicht übernommen. Als Edition im Verlag Freies Geistesleben sind auch Ausführungen von Rudolf Steiner eingebettet. Der Autor drängt dem Leser generell keine vorgeprägten Thesen auf, er versucht es auf sensiblere Weisen, den Leser auf anthroposophische Sichtweisen einzustimmen. Gelöst wird das Rätsel auch hier nicht. Aber niemals zuvor wurden alle Fakten und Theorien zur Drüggelter Kapelle so sorgfältig zusammen- und abwägend einander gegenüber gestellt. Auch die Sprache ist feinsinnig und ausgewogen, und die Akkuratesse und Qualität der vielen Fotographien verdienen ein Lob. So lautet die Beurteilung durch Herrn Dr. Michael Harscheidt

Historische Daten sind fassbar: Zum Pfingsttag 1217 fanden sich zahlreiche Personen mit Rang und Namen in Drüggelte („apud Druglete“) ein. Graf Gottfried II. von Arnsberg beabsichtigte, in das Heilige Land zu ziehen, und verkaufte einen seiner Höfe, weil er Geld für die Reise benötigte. Es ist zu vermuten, dass zumindest ein Teil der Versammelten als Ritter am Kreuzzug von Damiette teilnehmen wollten. 1226/27 wurde die Kapelle als Heiliggrab- und zugleich als Sühnekapelle erwähnt. Am Palmsonntag 1227 fand bei der Drüggelter Kapelle eine Schenkung an das Stift „Clarholz“ durch Graf Gottfried II. statt: „super fluvium Moyne, iuxta Capellam Druchlete.“ Im Jahre 1338 fiel nach dem Aussterben derer von Drüggelte, die Lehensleute der Arnsberger Grafen waren, die Kapelle an das „Kloster Paradiese“ der Dominikanerinnen in Soest. Die Drüggelter Höfe waren dem Kloster bis zu seiner Auflösung zinspflichtig. Bis dahin verlieh das Kloster auch das zur Kapelle gehörende Benedictum. Der katholische Priester und Historiker Hermann Stangefol (1575-1655) berichtete 1656 über die Kapelle: „Dort im sehr alten Tempel, der noch immer steht, gab es einst ein Bildnis der Göttin Trigla, das drei Köpfe hatte, zu dem sich die Heiden in höchsten Nöten, um Beistand flehend, gewöhnlich flüchteten. Es ist glaubhaft, daß von eben jenem Bild dieses Dorf seinen Namen abgeleitet hat. Diese Statue ging 1583 im Truchsessischen Krieg ganz unter.“ In dieser Erwähnung des Drüggelter Kirchleins wird ihr etwas „Heidnisches“ nachgesagt, eine Tendenz, die sich bis heute immer wieder finden lässt. Stangefol scheint hier Nachrichten über den slawischen Kriegsgott Triglaw mit einem dreiköpfigen Kapitell der Kapelle zu vermischen, doch dreiköpfige Bildnisse konnten sich im Mittelalter ebensogut auf die kirchenchristliche Trinität beziehen. Keines der Kapitellbildnissen lässt sich als typisch vorchristlich-germanisch deuten. Interessant sind auch Eckverzierungen an den Basen der Säulen, es sind Dämonenköpfe die dem Sinne nach verurteilt wurden, die Säulen dienstwillig zu tragen; eine signifikant christenkirchliche Denkweise.

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Seltsame Kapitelle im Kirchlein: 1.) Die beiden Weltkreise des Guten und des Bösen - 2.) Die Schale des Heiles der 7 Malkreuze der Vermehrung, auf die 3 Pfeile hindeuten. Die 7 ist eine besonders heilige judäo-christliche Zahl, die Fülle und Ganzheit versinnbildlicht. - 3.) Die 3 Köpfe der Trinität, mit dem Widderhaupt. Der Widder ist in der Bibel ein Symbol, das für Erlösung und Rettung steht. Im hebräischen Alten Testament wurde ein Widder geopfert, um die Sünden des Judenvolkes zu sühnen. Nach der Lehre des Rabbi Schaul-Paulus soll der galiläische Zimmermann Jeschua-Jesus „Christus“ das ultimative Gottes-Opfer gewesen sein. Er opferte sich laut der Kirchenpredigt für die Menschheits-Erlösung. Durch seinen Tod bringt er den Gläubigen die jenseitige Erlösung; wer's glaubt wird selig !

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Bemerkenswerte Drüggelte-Kapitelle: 1.) Noch einmal der Drei-Häupter-Kranz mit besserer  Beleuchtung der Münder. - 2.) Das Mehrhäupter-Schmäh-Kapitell, mit töricht schauenden Heiden. Darüber ein Heidenkopf, wie wir ihn aus kirchlicher Ikonographie kennen: aus Mund oder Nüstern treten Schlangen der sog. bösen Denkart hervor. - 3.) Die sogenannte Widder-Ecke, mit ihrer unpassenden Schweineschnauze. Dem Widder wurde hier ersichtlich eine ambivalente Rolle zugeordnet. Als Kopf und Anführer im Ekliptik-Kreis vertritt er das grandiose Sonne-Mond-Geschehen am Himmel, weswegen seine übergroßen Augen die beiden Gestirne meinen müssten. Weil aber die Astrologie von der Kirche, als schändlicher Aberglaube, hart bekämpft worden ist, hat man ihm die despektierliche Schweineschnauze verpasst.