MACHT DER SCHÖNHEIT
 
Sie strebte nach dem Wunderbaren,
aus einer hohen, schönen Seele,
wie Märchen-Feen einstmals waren,
ein Weiber-Wesen ohne Fehle.
 
Ich seh’ noch ihrer Augen Glanz
und träum' ich ihren Zauber-Tanz,
dann blendet mich ein Nachtgesicht,
es flüstert mir vom „Blauen Licht“.
 
Der Götterschönheit galt ihr Schaffen,
wie Hölderlin mit seinen Zeilen,
so mochte sie die Bildflut straffen,
die Macht der Bilder mitzuteilen.
 
Sie war so wie ein Bergkristall,
ein Dolomiten-Wasserfall,
in Laurins Rosengarten-Feld -,
sie kam aus einer bess’ren Welt.
 
Und diese Welt hat sie gedeutet,
das Kranke, Kleine zu beschwören,
ihr großes Herz hat laut geläutet,
Millionen mochten es erhören.
 
Von Bildern wird die Seel’ gelenkt,
vom Niederen im Schmutz versenkt,
vom Heiligen aus Not geheilt -,
von Bilderkraft wird Angst zerteilt.
 
Nicht jeder lässt sich mit erheben,
ein Gossenkind liebt seine Gossen,
es hasst des Adlers Aufwärtsstreben,
quakt in den Pfützen mit Genossen.
 
War Leni Riefenstahl genial ?
Im Körper war sie zart und schmal,
ihr Wille doch, aus Stahl gebaut,
hat stets zum Morgenrot geschaut.
 
Die Minusseelen waren arg betroffen,
es zeterten manch’ düstere Wichte,
die Schönheit mache schier besoffen;
die Filme Lenis waren ja Gedichte.
 
Die Riefenstahl schuf reine Poesie,
ein Zwerg versteht den Zauber nie,
den jeder Gipfel-Blick verschenkt
und Seelenkraft ins Große lenkt.
 

Helene Bertha Amalie, genannt Leni Riefenstahl (1902-2003), die geniale, wunderschöne Tänzerin, Schauspielerin, Filmregisseurin, Filmproduzentin, Fotografin war eine vielseitig begabte Super-Frau. Ihre traumhaft visionären, geradezu magischen  Filme wie „Das blaue Licht“, „Sieg des Glaubens“, „Triumph des Willens“, „Tag der Freiheit“, „Olympia“ („Fest der Völker“, „Fest der Schönheit“), „Tiefland“ blieben richtungweisend in der Filmgeschichte und sind Augenweiden des Schönheitsrausches im harmonischen Zusammenwirken von Fraulichkeit und Herrlichkeit. In ihrem künstlerischen Wirken ging es ihr stets darum, die Ästhetik bis zum Äußersten zu steigern. Was ihr die hassvollen Kritiker nach dem Krieg übel nahmen, war ihre Seeelenstärke, sich für ihre Schöpfungen vor den politisierenden Mitläufern der Nachkriegsära nicht zu entschuldigen. Von den Siegermächten und deren Kollaborateuren und Heloten wurde sie nach 1945 total boykottiert, ja es begann geradezu ein schmachvolles, rachsüchtiges Hexentreiben gegen diese Frau, welches die großspurigen Töne von demokratischer Freiheit der Kunst und der Meinung Lügen strafte. Die filmischen Ausdrucksmittel in Riefenstahls Kunstwerken werden von ernstzunehmenden Filmwissenschaftlern und -regisseuren übereinstimmend überaus positiv bewertet. Auch ihre arbeitsintensive revolutionäre, dynamische Schnitttechnik sowie die Verwendung ganz neuer Kameraperspektiven werden oft bewundernd besprochen. Erst anlässlich ihres 100. Geburtstages rückte die Wunderbare wieder für einen kurzen Moment ins Zentrum der zensierten medialen Aufmerksamkeit. Bei der Feier am 22. August 2002 in Feldafing waren trotz aller Hetze zahlreiche Prominente zugegen, unter anderem Siegfried und Roy, Reinold Messner, Petra Schürmann. Der Berliner Operettentenor Heiko Reissig sang für sie Melodien aus ihrer Jugendzeit und überreichte als Präsident der „Internationalen Gesellschaft 'BühnenReif' e. V.“ (ISSA) die Ehrenmitglieds-Urkunde. Am späten Abend des 8. September 2003 starb Leni Riefenstahl kurz nach ihrem 101. Geburtstag in ihrem Haus in Pöcking. Sie wurde eingeäschert und ihre Urne auf dem Münchner Waldfriedhof beigesetzt. Die Trauerrede hielt eine andere starke und schöne deutsche Frau, die Ärztin und Leni Riefenstahls langjährige Freundin Antje-Katrin Kühnemann. Ich führte einige Gespräche mit der von mir hochverehrten Künstlerin, in denen ich sie als unglaublich frische, offene, lebenssprühende Person erleben durfte.