Münzprägungen des jüngeren und des älter gewordenen Ostgoten-Königs Theoderich. Auf Münze der Abb. 1 sind über und unter dem Königs-Signum die Sonnensymbole des Kreuzes und des Ringes zu sehen, was die synkretistisch arianisch-heidnische bzw. ostgotisch-religiöse Konstante verdeutlicht. Auch im Zentrum des rückseitigen Lorbeerkranzes steht das altgermanisch-heidnische Sonnenring-Zeichen. Die Münze der Abb. 2 trägt auf der Rückseite den runischen Sechsstern bzw. die „gibu, donum“-Rune (donum = lat. Geschenk). Unter dieser Doppelbezeichnung wird sie in der Runen-Tabelle des Hrabanus Maurus im „St. Galler Codex“ Nr. 270 geführt (9./10. Jh.). In folgenden Runenverzeichnissen ist sie in gleicher Form zu finden: „Cod. Vindob. 64“, Cod. Vindob. 828“, „Hrabanus Maurus apud Goldast“, „Hrabanus Maurus apud Lazius“.
 
THEODERICH DER GROSSE
 
Im Palas von Ravenna saß
ein Mann mit schwerem Haupt,
die Sorge schier sein Herz zerfraß,
wie er es nie geglaubt.
 
Sein scharfes Schwert und langer Arm
war’n beide nicht mehr jung,
das war des weisen Königs Harm,
zur Abenddämmerung.
 
Sein Gotenreich war weit und stark,
doch fehlte ihm der Sohn,
der’s vor der Zukunft Tücken barg,
treu träg' der Goten Kron’.
 
Der Christen-Kaiser in Byzanz,
der spinnt ein böses Netz,
es lockt der Goten Gut und Glanz -,
Neid ist ein Weltgesetz !
 
Dagegen steht des Königs Plan,
den macht’ er fernhin kund:
Germanenvölkern frei die Bahn,
 zu einem Friedens-Bund.
 
Doch übt das Frankenvolk Verrat,
das ist des Königs Schmerz,
es herrschen Mönche dort im Staat,
mit fremdem, kaltem Herz.
 
Das Volksinteresse gilt dort nicht,
dort zählt allein ein Buch,
aus dem des Unheils Lüge spricht,
wird das der Zukunft Fluch ?
 
Theoderich strich sich den Bart,
schreckt’ aus Gedanken auf:
„Verkommt nach mir die alte Art,
wird das des Schicksals Lauf ?“
 
Theoderich der Große (451-526) war König der Goten aus dem Geschlecht der Amaler, der nach seinem Sieg über den Skiren Odoaker Italien regierte. Sein gotischer Name lautete Þiuda-reiks, also „Volkes Herrscher“. Unter der Gestalt des „Dietrich von Bern“ lebt er in der germanisch-deutschen Heldensage weiter. Im Jahre 489 zog er mit ca. 20.000 Kriegern und deren Familien nach Italien, denen sich auch andere Nationalitäten anschlossen. Theoderich vermochte 490 zunächst bei Verona / Bern und anschließend nochmals am Fluss Adda zwei entscheidende Siege erringen und kontrollierte um 491 den Großteil Italiens. Er belagerte dann zwei Jahre lang vergeblich das als uneinnehmbar geltende Ravenna, konnte die Hauptstadt Odoakers aber auch nach der blutigen sog. Rabenschlacht 493 nicht erobern und stimmte daher einer Verständigung mit Odoaker zu. Nur wenig später ließ er seinen machtpolitischen Nebenbuhler bei einem Treffen töten. Einen lange anhaltenden Frieden im Inneren erreichte der arianische Ostgote durch gleichwertige, aber getrennte Behandlung italisch-katholischer und germanisch-arianischer Gefolgsleute und Beamten. Der hartnäckigster Konkurrent war bis zu dessen Tod der unter dem Einfluss katholischer Mönche stehende merowingische Frankenkönig Chlodwig I., der Theoderichs germanische Bündnispolitik, die auf die Einbindung aller germanischen Reiche abzielte, nach Kräften bekämpfte und sich um 507 mit dem oström. Kaiser Anastasius I. gegen die West- und Ostgoten verbündet hatte. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass Theoderich im Rahmen seiner gegen Ostrom gerichteten Heirats- und Bündnispolitik 493 die fränkische Merowingerin Audofleda, die Tochter Childerich I. und Schwester Chlodwigs, geheiratet hatte. Den konkreten Übertritt zum volks- bzw. germanenfeindlichen Katholizismus vollzog Chlodwig I. nach seinem Sieg über die Alamannen in der Schlacht von Zülpich i. J. 496. Damit war es den Mönchen gelungen, einen unheilbaren Keil zwischen die heidnisch-arianischen germanischen Gemeinschaften zu treiben. Weder konnte Theoderichs friedenstiftende Außenpolitik verhindern, dass Chlodwig 507 den Westgotenkönig Alarich II. besiegte und tötete, auch nicht, dass die Langobarden die Heruler schlugen. Mit Theoderichs Tod begann das Ende der ostgotischen Herrschaft über Italien, da es bald zu Thronstreitigkeiten kam. Theoderichs Nachfolger wurde sein unmündiger Enkel Athalarich, der schon 534 starb und für den Theoderichs Tochter Amalaswintha die Regierung geführt hatte. Diese wurde von ihrem Verwandten Theodahad von der Macht verdrängt. Der intrigante und religiös orthodox-fanatische oströmische Kaiser Justinian I. wollte vorgeblich nur direkte Nachfahren Theoderichs gelten lassen und nutzte diesen Vorwand, das „weströmische“ Gotenreich durch seine Generäle Belisar und Narses (535-552) zerstören zu lassen. Diese verheerenden Kriege fügten der italischen Wirtschaft derart nicht wieder gutzumachende Schäden zu, dass von da an die antiken Traditionen abbrachen.