HOFFMANN VON FALLERSLEBEN
 
Große Geister hat Deutschland hervorgebracht,
in all seinen zählbaren Jahren,
nur hat es selten an sich gedacht,
seine völkischen Kräfte zu wahren.
 
Wann ging es Deutschen ums eigene Geschick,
um wahrhaft deutsche Interessen ?
Dazu fehlten Bereitschaft und Blick -,
aufs Fremde war'n Deutsche versessen.
 
Es ging doch um Kaiser- und Fürstenmacht,
es ging um den Streit unternander,
um die Querelen von Bann und Acht,
um Zimt, um Zölle und Zander.
 
Man rang um die fremde Christ-Religion,
man wehrte wohl raubenden Horden,
man stritt um Edikte, Rechte und Fron
und erhoffte vom Papst einen Orden.
 
Ums Mönchstum ging’s und die Heilige Schrift
und den Kreuzzug in ferne Lande.
Nie folgten Deutsche anderer Drift,
zu ihrer historischen Schande.
 
Wann und wo wuchs je eine deutsche Idee,
war selbst Luther der Bibel ein Diener.
Wer redete vom gesamtdeutschen Weh,
kein Wiener und kein Berliner !
 
Erschien in Deutschland ein Rufer von Kraft,
ein Mahner zur rechten Gesinnung,
dann wurd’ er als Kuriosum begafft,
einer unverständlichen Innung.
 
Es mangelte Deutscher mit deutschem Hirn,
und sollte es doch einer wagen,
mit hartem Nacken und fester Stirn,
dann wollte man ihn bald verjagen.
 
Hoffmann von Fallesleben hat’s geradso erlebt,
das Lehramt ward ihm genommen,
weil er des Reiches Einheit erstrebt’,
ist ihm das übel bekommen.
 
Mit dem „Lied der Deutschen“ sind wir beschenkt,
auf Helgoland ward es erdichtet,
dass jener des Vaterlandes gedenkt,
der sein trauerndes Herz darauf richtet.
 
August Heinrich Hoffmann bzw. Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) wurde in Fallersleben bei Braunschweig geboren. Er wurde studierter Germanist, Dichter, Liedermacher und Schöpfer der deutschen Nationalhymne, die er am 26.08.1841auf der deutschen, aber noch in britischer Hand befindlichen Insel Helgoland schuf. 1816, mit 18 Jahren, begann Hoffmann in Göttingen „mit wenig Geld und Lust“ ein Studium der Theologie. 1818 traf er Jacob Grimm in Kassel, der ihm den vaterländischen Gedanken nahebrachte. In Bonn wurde Ernst Moritz Arndt sein Lehrer. 1821 fand Hoffmann das Bruchstück eines althochdeutschen Evangelienbuches des Otfrid v. Weißenburg und veröffentlichte darüber einen Aufsatz „Bonner Bruchstücke vom Otfried nebst anderen Sprachdenkmälern“. Im gleichen Jahr erschien seine Gedichtsammlung Lieder und Romanzen“. 1823 erhielt er eine Anstellung als Kustos der Zentral-Bibliothek in Breslau. Dort wurde er 1830 außerordentlicher Professor und habilitierte sich 1835 zum ordentlichen Professor der deutschen Sprache und Literatur.
 
Wegen seiner deutschnationalen Gesinnung und seinem Eintreten für ein geeintes Deutschland, wurde er 1842 von der preußischen Regierung ohne Pension seiner Professur enthoben. Die Regierung warf ihm aufgrund der Schriften unter anderem „politisch anstößige Grundsätze und Tendenzen“ vor, woran abgelesen werden kann, dass die heutigen Verfolgungen von Patrioten in Deutschland eine lange Geschichte hat. Da die politische Voraussetzung für eine deutsche Staatenvereinigung die Entmachtung all der kleineren und größeren Fürstentümer war, musste sich Hoffman zum Feind dieser „blaublütigen“ Interessengruppen machen und ihre bösartigen Verfolgungen erfahren. Hoffmann wurde die preußische Staatsbürgerschaft entzogen und man verwies ihn des Landes. Er irrte durch Deutschland und fand Unterschlupf bei Gesinnungsfreunden. Ständig von der Polizei bespitzelt, wurde er 39-mal ausgewiesen, dreimal aus seiner Heimatstadt Fallersleben. Dank einer Amnestie im Jahre 1848 wurde er bis zu einem gewissen Grade rehabilitiert, bekam als Pension ein Wartegeld auf preußischem Boden,seine Professur gab man ihm jedoch nicht zurück.
 
Seine berechtigte kritische Haltung gegenüber dem historisch allzeit gegen Deutschland raublustig positionierten Frankreich, teilte er mit einem Großteil der deutschen akademischen Jugend seiner Zeit. Sein aktueller Zorn entzündete sich 1840/41 an dem erneuten Ansinnen Frankreichs, sich das Rheinland einzuverleiben. Seine Reaktion war die Dichtung des „Deutschlandliedes“, in dessen erster Strophe er zur Einigkeit der Deutschen gegen seine Angreifer aufruft. Je deutlicher das französische Intrigenspiel zur Hintertreibung der deutschen Einheit wurde, um so adäquater reagierte auch Hoffmann; so schrieb er im Sommer 1870 an Freund Adolf Strümpell: „…und lässt uns nur den Hass übrig, den Hass gegen dies verworfene Franzosengeschlecht, diese Scheusale der Menschheit, diese tollen Hunde, diese grande nation de l’infamie et de la bassesse.“ Hoffmanns größter Herzenswunsch, ein endlich vereintes Deutschland - wenn auch noch ohne Österreich - ging zu seinen Lebzeiten in Erfüllung, als 1871 das 2. Deutsche Reich des Otto v. Bismarck gegründet wurde. Seine fundamentalistische Neigung zum ringsum bedrängten und gefährdeten Deutschtum ließen ihn das schlechthin Fremde als Gefahr für die eigene Volksentwicklung erkennen und er hätte deswegen liebend gern „das Fremde ganz verbannt“ und „fremde Worte“ abgeschafft, so dass es zu Formulierungen kam, wie: „Fluch und Vernichtung / Allem diesem fremden Tand.“ Als abnorm und sonderlich dürfen derartige Einstellungen nicht bezeichnet werden, vergleichen wir sie mit gleichen Tendenzen im heutigen Kelten- und Judentum, wo man die Überfremdungen über Bord warf und die alteigenen Schriftsprachen zu neuem Leben erweckte. Er schrieb auch, dem damaligen uns heute kaum nachvollziehbaren Zeitgeist entsprechend, sehr deutliche antijudaistische Versen, wie „Emancipation“ , in dem es heißt: „Du raubtest unter unseren Füßen / Uns unser deutsches Vaterland …Und bist durch diesen Gott belehret, / Auf Wucher, Lug und Trug bedacht. … Willst du von diesem Gott nicht lassen, / Nie öffne Deutschland dir sein Ohr.“ Er warf dem Judentum, wie andere kritische Denker der Aufklärung auch - z.B. Voltaire - die allgemein üblichen dabei aufgezählten Untugenden vor, wie Wucherei, Selbstüberschätzung und erworbene Geldmachtfülle. Auch in Gedichten gegen die Banker des Rotschildclans und den jüdischen Hämedichter Heinrich Heine, zeigte er seinen antijüdischen Impuls bzw. seine gelehrte Streitkunst (Polemik). Die uns noch heute verständliche politische Bedeutung Hoffmanns bestand im Kampf für die bürgerlichen Freiheiten und in den Bestrebungen zur Schaffung eines geeinten deutschen Vaterlandes.