10.05.2014
 
Charlie Chaplin, 1916
 
DER KLEINE DIKTATOR
 
Ein Schwerenöter -, „geiler Köter“,
politisch war er rot und röter.
Millionen haben ihn begafft,
als Kasper hat er Geld gerafft.
 
Ein Bühnenclown, nett anzuschau’n,
doch ist Masken nicht zu trau’n.
Dahinter ist es schmierig-speckig
und zuweilen richtig dreckig.
 
Er führte eben sein Doppelleben,
im falschen Schein und sehr daneben.
Streng in Amerika getadelt -,
hat die Queen den Knilch geadelt.
 
Ein Spiegelfechter im Gelächter,
von Charakter fast ein Schlächter.
Groß war er im Grimassenschneiden,
die Frauen ließ der Kleine leiden.
 
Mit Kindern Unzucht ist verrucht,
pervers-psychotisch gilt die Sucht,
wer dann noch mit Erschießen droht,
der ist im Geist total verroht.
 
Mit Stock + Melone zur Filmikone,
wahres Niveau doch nicht die Bohne.
Nach Betrachtung dieser Gurke:
Charlie Chaplin war ein Schurke !
 
1889 wurde Charles Spencer Chaplin - Sohn eines Alkoholikers und einer Mutter die mehrfach in die Psychatrie eingeliefert wurde - in London geboren. Davon wie er aus dem Milieu zum Theater kam und schließlich beim Film Karriere machte, ist nicht viel durchgesickert. Sobald er in seine übergroßen Latschen, Hosen und engen Jacken stieg, mit Melone auf dem Kopf und Bambusstöckchen in der Hand, hatte er das Publikumsgelächter auf seiner Seite, trotz seiner miesen Affären und Skandale. Seine grenzgängige Vorliebe für extrem junge Dämchen machte ihm zu schaffen. 1918 hatte Chaplin die 16-jährige Mildred Harris geehelicht - aus dem gleichen Grund wie später Lita Grey. Angeblich war Harris schwanger. Und schon diese Ehe endete in einer Schlammschlacht. Verächtlich meinte Chaplin über seine erste junge Ehefrau, sie wäre „kein geistiges Schwergewicht“. War er es denn ?
 
Das süße 12-jährige Mädchen Lillita MacMurray spielte in Chaplins Film „The Kid" von 1921 den „Engel der Versuchung“. Ein Filmset-Foto zeigt die beiden als albernes himmlisches Paar: Chaplin, mit Flügeln auf dem Rücken, auch Lillita im Engelskostümchen. Der Versuchung konnte Chaplin nicht widerstehen, er wollte das Engelchen haben. Für seinen Film „Goldrausch“ engagierte er das Kind, unter dem Namen Lita Grey, für die Hauptrolle. Während der Dreharbeiten stellte es sich heraus, dass die inzwischen 15-Jährige von ihrem „Gönner“ schwanger war. In seine Heim-Sauna hatte er sie gelockt und war über sie hergefallen. „Es war Charlie“, schrieb Grey Jahre später in ihren Memoiren: „Er legte sich neben mich und ….“  Bald darauf verlor Chaplin jedes Interesse an Lita, zu viele neue Gespielinnen lockten den Filmhelden. Nur ihre dumme Schwangerschaft war es, die eine noch schnellere Trennung verhinderte. Im November 1924 heiratete der 35-Jährige das Mädchen aus Berechnung, wegen Verführung einer Minderjährigen belangt zu werden. Anders als das gestellte Engelsfoto vom Filmset vermuten ließ, herrschten in dieser erlogenen Zwangsehe höllische Zustände. Das legt die Scheidungsklage nahe, die Lita Grey Anfang 1927 einreichte und einen erschreckenden Blick hinter die Fassade des komischen 1,64 m kleinen Mannes gestattet, in dessen Privatleben hinter den beschönigenden Filmkulissen es zuweilen alles andere als nur komisch zuzugehen schien.
 
Die Klägerin gab an, „dass der Beklagte sie seit ihrer Eheschließung grausam und unmenschlich behandelt habe und ihr ungerechtfertigt schwere geistige und seelische Leiden zugefügt habe“, heißt es in der Schrift. Als „unschuldiges und unerfahrenes Mädchen“ habe sie sich „unter Zusage der Ehe“ von Chaplin verführen lassen. Anschließend habe Chaplin sie hingehalten. Nachdem er von der Schwangerschaft erfuhr, habe er sie zur Abtreibung genötigt. Sie habe Chaplins Wutanfälle, Beschimpfungen und Affären zu erleiden gehabt, heißt es in der Scheidungsklage weiter. Der Ehemann habe sogar zum geladenen Revolver gegriffen und gedroht: „Ich kann einmal plötzlich verrückt werden und dich töten !“ Die damalige Yellow Press ergötzte sich besonders an den schmuddeligen Details aus dem Schlafzimmer der Chaplins: Sexuelle „Handlungen, Wünsche und Kundgebungen“ seitens Chaplins seien allesamt „unnatürlich, pervers, entartet und schamlos“ gewesen, klagte Lita Grey. Mit einer Zahlung von rund 600.000 Dollar hielt Chaplin schließlich seiner gerade 18-jährigen Ex-Frau den Mund zu.
 
Am 23.12.1942 stand Joan Barry in Chaplins Anwesen, ebenfalls eine blutjunge Verflossene. Mitgebracht hatte sie eine große Portion Wut und eine Schusswaffe, mit der sie sich umzubringen drohte. Auch sie teile ihm wenig später mit, dass sie schwanger sei, Chaplin wäre der Vater. Dieser hingegen heiratete mit 54 Jahren 1943 die 18-jährige Oona O'Neill. Chaplins vierte Ehe hielt erzwungenermaßen - überschattet von der Joan-Barry-Affäre - denn das ganze Land schaute ihm jetzt auf die Finger. Carol Ann hieß das Kind, um das sich der am 13. Dezember 1944 eröffnete Vaterschaftsprozess drehte. Die Auseinandersetzung verlief für Chaplin höchst rufschädigend. Der gegnerische Anwalt bezeichnete ihn als „geilen Köter“ und forderte die Geschworenen in seinem Schlussplädoyer auf, „Chaplin in seinem lüsternen Benehmen Einhalt zu gebieten. Ehefrauen und Mütter im ganzen Land erwarten, dass Sie ihm ein für alle Mal das Handwerk legen.“ Der Prozess endete mit dem Urteil: schuldig.
 
Zur Ruhe kam der „geile Köter“ auch nach diesem persönlichen Desaster nicht. Seine Affären holten ihn erneut ein, als er nach Ende des Zweiten Weltkriegs in das Visier der amerikanischen Kommunistenjäger um den Republikaner Joseph McCarthy geriet. Zu diesem Zeitpunkt führte das FBI bereits seit mehr als dreißig Jahren eine Akte über den britischen Staatsbürger Chaplin. Dieser war unter anderem mit verniedlichenden Äußerungen wie „Kommunisten sind nicht anders als andere Menschen“ auffällig geworden. Nun war man fest entschlossen, den Mann, der nach Beurteilung McCarthys, ebenso wie Albert Einstein und andere, zur Clique „von Hollywoods Salonbolschewiken“ gehörte, aus dem Land zu jagen. Sein desaströses Privatleben gab Anlass genug: „Ich verlange hier und heute, dass Justizminister Tom Clark ein Verfahren zur Ausweisung Charlie Chaplins einleitet“, wetterte ein Abgeordneter und Mitglied des Komitees für unamerikanische Umtriebe 1947 im Kongress. „Das Leben, das er in Hollywood führt, schadet dem moralischen Gefüge Amerikas.“ Chaplin sei eine Gefahr für die amerikanische Jugend. Die FBI-Agenten wühlten sich wieder durch den ganzen alten Schmutz von Chaplins Affären - Lita Grey, Mildred Harris, Joan Barry und die vielen anderen. Um mehr Dreck ans Tageslicht zu zerren, nahmen sie die Hausangestellten ins Kreuzverhör. Die Ermittler standen unter Druck - ihr Vorgesetzter J. Edgar Hoover persönlich hatte sich die Ausweisung des Verfemten zum Ziel gesetzt. Auf Hunderte Seiten wuchs Chaplins Akte an. George Orwell war es, der dem „Information Research Department“ (IRD), einer 1948 gegründeten Sonderabteilung des Britischen Außenministeriums zur Bekämpfung kommunistischer Infiltration, 1949 eine Liste mit Namen von 38 Schriftstellern und Künstlern übergab, denen er prokommunistische Tendenzen bescheinigte. Chaplins Name war dabei. Als der Komiker 1952 die USA für eine Filmpremiere Richtung Europa verließ, war der FBI-Chef am Ziel -, die Wiedereinreise wurde Chaplin nicht gestattet, er lebte fortan in der Schweiz. Philipp Bühler bescheinigte noch 2005 Chaplins Film „Moderne Zeiten“, der „das ganze 20. Jahrhundert in einem Bild zusammenzufassen scheint“, „unverkennbar marxistische Vorzeichen“. Trotz allem wurde der Bühnenkasper 1975 durch die englische Königin Elisabeth II. in den illustren britischen Adelsstand erhoben (weil er sich so schön für die angloamerikanische Kriegsbereitschaft gegen Deutschand hatte einspannen lassen). (nach Recherche von Marc von Lüpke)