Irminsul-Gold-Fibel von Haithabu, 7./10. Jh.
 
IRMINSUL
 
Das ist ein deutsches Heiligenbild,
die Irminsul der Sachsen.
Ihr Sonnensegen ist gewillt
auch heut‘ erneut zu wachsen.
 
Einst schlug der böse König Karl
die Irminsul zu Schanden
und Widuchind, der Sachsen-Jarl,
verschmachtete in Banden.
 
Die Säule stützt den Himmelsfirst,
die Gottes-Ordnung walte,
dass nie des Volkes Heil zerbirst,
sein Blutstrom nie erkalte !
 
Der Christenwahn tat seinen Fluch,
der Teufel hat’s gespendet,
am falschen Heil aus einem Buch
ist manche Seel‘ verendet.
 
Zurück, zurück, zum eignen Gott,
sonst ist das Volk verloren,
es betet an den fremden Spott,
ist schon dem Trug verschworen.
 
So mancher Fromme fragte sich:
„Wie war die Sul beschaffen,
wie wehre ich dem Christen-Fisch,
wo fänd‘ ich Witz und Waffen ?“
 
Seid nur getrost, das Heil ist nah,
Euch woll’n die Runen raten,
sie raunen redlich Reines wahr,
ganz ohne Gold-Dukaten.
 
Und auch die Irminsul steht noch,
auf Haithabus Gold-Fibel.
Sie weist die Wege ohne Joch,
was braucht Ihr da die Bibel ?!
 
 
Das wahre Unglück Germaniens begann im Jahr 772 als der christlich besessene, machtlüsterne Frankenkönig Karl in Sachsen einfiel und das Heiligtum Irminsul zerstören ließ. Von diesem Augenblick an wurde Schritt für Schritt die deutsch-germanische Seelenfreiheit zunehmend geknebelt. Das Volk und seine eigene Geistigkeit galten nichts mehr, der Geist eines fremden Buches aus dem Orient bestimmte fortan was wert und was unwert sei. Der Heidenschlächter Karl ließ nicht nur bei Verden an der Aller, wo er im Jahre 782 um die 4.500 Sachsen an einem Tag die Köpfe abhacken ließ, Massenmorde ausführen, die - verglichen anhand der damaligen Bevölkerungsmenge - dem Ausmaß russischer Genickschussexzesse bei Katyn glichen. Die fränkischen Sachsenkriege waren von Beginn an auf Volksvernichtung angelegt, sie währten bis 804, als Karl begann, das Unterelbegebiet zu entvölkern und die Sachsen in andere Reichsteile umzusiedeln. Der sächsische Freiheitsheld Widuchind (Waldkind) war von Kriegsbeginn an der Verteidigung Sachsens beteiligt. Der beschönigende, kirchlicherseits verbreitete Unsinn von Widuchints Taufe und Versöhnung mit dem Volksmörder Karl, können nur Naivlinge für wahr halten, die den Charakter des späteren „heiligen“ Kaisers - wie er durch die Schriftquellen belegt ist - nicht durchschaut haben. Seine Gegner, deren er habhaft werden konnte, wurden umgebracht oder verschwanden in lebenslanger Klosterhaft. Auch Widuchint erlitt dieses Schicksal, wie der Althistoriker Gerd Althoff hinlänglich nachzuweisen vermochte. Widuchint verblieb als Häftling auf der Bodenseeinsel Reichenau bis zu seinem Tod. (Gerd Althoff, „Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau. Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos“, 1983)
 
 
Um die altheilige Irminsul - die symbolisch das All zu tragen hatte - eine Metapher der Welterhaltung also, wurde in späteren Zeiten immer aufs Neue nachgedacht, insbesondere was ihre einstige Ausformung anbelangt. Ein sehr unglücklicher Fehlschluss des Pfarrers und Laienhistorikers Wilhelm Teudt verbreitete den fatalen Irrglauben, die Irminsul sei im Kreuzabnahmerelief des Externsteines (bei Horn/Bad Meinberg) abgebildet. In Wahrheit handelt es sich dort aber um den im Orient aus vielen Darstellungen her bekannten Lebensbaum, die ikonographierte Dattelpalme. Eine der auf uns gekommenen echten Irminsul-Abbildungen finden wir auf der Gewandtspange des 7./9. Jahrhunderts, welche Nähe Haithabu gefunden wurde (vgl. obige Abbildung - Größe: L = 35 mm B = 38 mm). Sie gleicht der altgermanischen Sonnen-Spiral-Säule, wie sie schon auf der schwedischen bronzezeitlichen Felsgravur von Kasen/Bohuslän zu sehen ist. Die Säule ist Sinnbild der Welterhaltung, während die Doppelspirale den solaren Heilsweg meint bzw. die Hoffnung - nach jeder Nacht und jedem Winter - auf die ewige Wiederkehr des Guten Lichtes. Der Goldschmiedemeister der Haithabu-Brosche lässt seine Sul auf drei Beinen stehen, denn „aller guten Dinge sind drei“ und auch die germ. Gottheit wurde als Triade gesehen.