Zu den Falschaussagen des närrischen Wolf-Dieter Schröppe
 
z.B. in „Mensch und Maß“, 9.01.2000  
http://www.hohewarte.de/MuM/Jahr2000/Irminsul0001.html
 
„Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, lieber Sohn, sondern wir müssen uns nach ihr richten.“ - Matthias Claudius
 
 
Ein schreibender Aktivist für die „Artgemeinschaft“ („AG“), Herr Wolf-Dieter Schröppe, fühlte sich gedrängt, gegen meinen in mehreren Publika­tio­nen erschie­nenen Aufsatz „Kreuz und Dattelpalme am Externstein“ die Feder zu wetzen, um für die anti­quierte Definition des Palmbaumbildes im Externstein-Kreuzabnahmerelief zu streiten und mithin die Korrektheit des Dattelbaum-Logos der „Artgemeinschaft“ Nachweis zu führen. Seine vergebliche Mühewaltung wäre einer besseren Sache würdig gewesen.
 
Er beginnt schon mit den ersten Sätzen auf S. 2 seine Attacke, indem er ge­wis­ser­maßen den Spieß herumzudrehen versucht: Da wird von einem Zurück­fallen in „alte Schranken“ gesprochen und mir vorgeworfen, „alte ausgetrampelte Pfade“ zu ge­hen. Mei­ne Sicht der Dinge besitzt aber keinen Vorläufer ! Niemals vor mir hat ein Autor auf die darstellungscharakteristische Identität des Externstein-Idolbaumes mit vorderasiati­schen Kultsäulenbildern des Dattelbaum-Lebensbaumes mit derart konkretem Bildmaterial hingewiesen !
 
W.D. Schröp­pe hingegen schlägt die alte Leier fehlgeleiteter und blindgläubiger Enthusiasten aus den 30er Jahren des 20. Jahr­hunderts. Doch muss auch ein anderer unehrlicher Vorwurf, der gegen mich erhoben wurde, richtig­ge­stellt werden: Ich lehnte zu keiner Zeit die Ir­minsul als Sinn- und Identi­fikationszeichen ab, vielmehr fordere ich eine Reform, d.h. eine Richtig­stel­lung zur au­thenti­schen Ur­form, weil das imaginative Pflanzen­gebilde im Externstein-Kreuzabnahmerelief aus un­abweis­baren Gründen eine Dar­stel­lung der Ur-Irminsul nicht sein kann !
 
Schon rasch steigert sich Schröppe in die mir unterstellte „akrobatische pseudowissen­schaft­liche Beweisführung“ hinein, obwohl er genau weiß, dass man über dialektische Winkel­züge der Beantwortung anste­hender Fragen nicht einen Schritt näherrücken kann. Er bringt nicht einen einzigen Bildbeleg bei, welcher seine Argumentationen zu un­termauern fähig wäre ! Wohl­weislich geht W.D. Schröppe auf meine ikonographischen Belege der „sumerisch-babylo­nisch-assyrisch-zyprischen“ Dattelbaum-Nachbildun­gen gar nicht ein. Damit beweist er für die urteilsfähigen Zuhörer der Debatte hin­länglich, dass es ihm an Bild­belegen für seine Theorie ebenso mangelt, wie sie sämt­li­chen seiner Vordenker fehlten. Auch die engagiertesten Wortargumente und eine noch so große Menge von Fußnoten und Autorenangaben vermögen nicht darüber hinweg­zutäuschen, dass W.D. Schröppe eine epigonale Theorie zu belegen sucht, welche in der Ver­gangenheit nicht bewiesen werden konnte und zu der auch er keinerlei neue Be­weise beizutragen fähig war.
 
Recht seltsam mutet die Auslassung (S. 2 unten) W.D. Schröp­pes an, ich würde dem Leser jene Fra­gestellung, um die es hier geht, künstlich („indu­ziert“) wichtig erscheinen lassen wollen. Es geht doch aber um einen Stoff, der seit 70 Jahren in einer unüber­sehbaren Flut von Publikationen behandelt und diskutiert wurde. Handelt es sich hier denn wirklich um eine von mir unge­recht­fertigt hochstilisierte, ei­gentlich ne­bensächliche Frage, ob das deut­sche Neuheidentum das ori­entalische Dattelpalm­baum-Idol als sein sinnstiftendes Symbol gebraucht ?
 
Mit unschönen Verdächtigungen fährt Schröppe fort: Er unterstellt mir „kin­dische Freude“, obwohl es sich auch für mich um ein viel zu ernsthaftes Thema handelt. So führt man keine Auseinanderset­zung, die zu einem besseren Resultat gelangen soll. Aber der Autor sucht ja gar keinen neuen Erkenntnishorizont, vielmehr stellt er sich zufrie­den mit den dürftigen Trugschlüs­sen und mage­ren Ergebnissen der Ver­gangenheit und beabsichtigt, diese als weiterhin tragfähig zu verteidigen. Wenn ich teilweise mit Sar­kas­mus versuchte, die Trugschlüsse des deutschen Neuheiden­tums aufzu­gabeln, um aufzurütteln und Besserung anzubahnen, indem ich diese of­fene Frage wieder ein­mal ins Blickfeld rückte, bezichtigt Herr Schröppe mich beleidigend der „kin­dischen Freude“ (S. 3). Wahrlich „kindisch“ ist es, einen solchen Auseinan­der­set­zungsstil zu wählen. Auf diese Weise werden die Schläfer bald wieder wei­terdämmern, scheint doch alles bestens geklärt. Mit die­sem pseu­doargumen­ta­tiven Artikel haben sie, Herr Schröppe, dem deutschen Hei­dentum einen Bä­ren­dienst erwiesen. Wer mein vorgeführtes Bildmaterial ver­gleicht, weiß nur zu genau, dass nichts im Sinne der 30er Jahre geklärt war und dass meine neuen Beweisfüh­rungen auf sehr soli­den Beinen stehen - ja, strecken­weise unumstößlich sind.
 
Mein Disputant sinniert unseriös darüber, ich be­fände mich in Auseinandersetzung mit einer neuheidnischen Vereinigung, welche die Externstein-Dattelpalme als ihr „Irminsul“-Logo im Wap­pen führt. Dürfte mein Aufsatz quasi als Racheakt am Kon­trahenten zu verste­hen sein, würde man ihn augenzwinkernd deuten und ab­tun können. Auch bei diesem Foul-Ver­such muss ich Herrn Schröppe die Gelbe Karte zei­gen: Ein in der Aussage gleichlau­tender Aufsatz aus mei­ner Feder ist bereits 1990 in „Deutschland in Geschichte und Ge­genwart“ (Nr. 4) veröffent­licht worden. Zu die­sem Zeitpunkt machte mir der von W.D. Schröppe gemeinte Vereinschef noch keine Pro­bleme. Der mir unterstellte „wahre Beweggrund zur Verfassung“ (S. 3) meiner Re­cherche ist somit völlig aus der Luft gegriffen, also als mieser Diskreditierungsversuch erwiesen.
 
„Dreh- und Angelpunkt der Heß'schen Beweisführung ist die Datierung zur Entste­hung des Kreuzabnahmereliefs“, meint W.D. Schröppe (S. 3). Das ist nicht richtig, denn den Kernpunkt meiner Beweisführung stellen die Verständnisschlüsse auf­grund des iko­nographischen Bildmateri­als dar. Doch wie W.D. Schröppe das vorgetragen hat, muss der Leser vermuten, meine Datierung würde sich in auffälliger Weise von jener der anderen Sach­verständigen unterscheiden. Das Ge­genteil ist der Fall ! Ich folge etwa der Zeitstellung der meisten seriösen und universitären Fachwissenschaftler. Auf die­sen basiert auch die Schrift des Fremdenverkehrsverbandes Teutoburger Wald e.V., 2. Aufl. 1988, in der es heißt: „Das Relief, die Kreuzabnahme, wurde um 1115 - 1130 auf einer Fläche von ca. 5 X 3,6 Metern gestaltet.“ Aufgrund einer Vielzahl von Kri­terien wurde die Ent­ste­hung des Externstein-Reliefs auf den Anfang des 12. Jahr­hunderts geschätzt. Kunstgeschicht­lich nimmt es eine Grenzstellung zwischen dem byzantinischen und hochromanischen Stil ein, der ins 12. Jh. weist. Die ihm ähnlichsten Kunstwerke sind die beiden Reliefplatten es Domes zu Chichester/England (die um 1000 bis 2. Viertel 12. Jh. datiert werden), die Skulpturen an der Nordwand des heiligen Grabes in der Stiftskirche zu Gernrode/Deutschland und die Kreuz­abnahme am Pfeiler in der Klosterkirche von Santo Domingo de Silos/Spanien. Deshalb kommt auch J. Mundhenk (S. 56) zur Datierung des Externstein-Reliefs um ca. 1115. Au­toren, die es früher ansetzen, bedürfen eines aufwendigen Argumen­tations­appa­rates, wie z. B. Walther Matt­hes, der das Relief in seiner Arbeit „Corvey und die Ex­tern­steine“, 1982, als karolingisch ein­stufte. Schon in meinem o.a. ersten Artikel (1990) war es mir leicht, W. Matthes in einigen Zügen seiner Be­weisführungen zu widerlegen, indem ich Kunstwerke des 12. Jh. anführte, wel­che die gleichen Merk­male aufweisen wie sie das Externstein-Bild zeigt. Meinem Kritiker er­scheint „schlicht unverständlich“, aus wel­chem Grunde ich das Buch von W. Matt­hes in meiner Lite­raturangabe ttrotzdem erwähne. Das ist nicht so abstrus wie er glau­ben ma­chen will. W. Matthes datiert das Relief zwar meiner und der meisten Sach­ver­stän­digen Meinung nach zu früh, aber er legt sehr ausführlich dar, wie eng die Ver­bin­dung von Extern­stein und der uns interessieren­den Klostergründung von Corvey war. Diese Teile des Buches sind hilfreich und wurden von jedem Interessierten der Mate­rie dankbar aufgenommen.
 
Auf Seite 5 erhebt sich Herr Schröppe schwanengleich - ohne auch nur das mindeste sachdienli­che Argument einer Berechtigung vorzulegen - in seine „nordischen“ Wolkenkuckucksheim-Fantasien. Es ist unwahr, dass das um­strittene Gebilde „vor allem im europäischen Norden“ zu belegen sei. Und tö­richt wäre es, die exakten Vorbilder des Orients nicht zum Vergleich heran­ziehen zu wollen, obschon die un­mittelbaren persönlichen Kontakte christli­cher Funktionsträ­ger zum Nahen Osten in ausreichendem Maße bewiesen sind. Der rege Glauben­stourismus christli­cher Schwärmer nach Palästina ist ja hinlänglich be­kannt. Der eu­ropäische Adel kannte minde­stens seit den Kreuzzügen sehr genau die orien­tali­schen Ver­hältnisse, be­staunte die dortigen Kunstschöpfungen und ahmte sie nach. Die Dat­telpalme wan­derte in diesen Jahrhunderten in eine Vielzahl europäi­scher Wappen­bilder hinein.
 
Das gebeugte Baumgebilde im Kreuzabnahmerelief gehört aus kunstgeschichtlicher Sicht keines­wegs „eindeutig“ in den nordeuropäischen Kulturkreis, wie es Schröppe erklären möchte. Das ist völliger Unsinn ! Ich habe 12 Jahre lang den skandinavi­schen Norden bereist, stu­dierte in diesem Zeitraum akribisch die bronzezeitliche Fels­bil­derwelt, besitze einen Fundus von einigen hundert selbst hergestellten Felsbildabrieben - weiß also, von was ich spreche, wenn ich darlege: Eine dem Externsteinbäum­chen verwandte oder ähnliche Form ist im gesamten archäologischen Material des Nordens nicht vor­han­den !
 
Ich erhielt 1981 per Verfügung den wissenschaftlichen Nachlass, auch das Bildmate­rial und ei­nen Teil der Bibliothek von Herman Wirth, dem Mitschöpfer der „Sammlung deutsches Ahnenerbe“. Gäbe es eine „nordi­sche“ Tradition des Ex­ternstein-Baumgebildes - sie wäre mir bekannt. Ich appelliere an Herrn Schröppe: Was Sie betreiben, ist Täu­schungsspiel und Pokerei, legen Sie die Karten auf den Tisch - weisen Sie mir ein einziges urnordisches Beispiel für das an­gebliche Vor­handensein der von Ihnen be­haupteten ikonographischen Tradition vor ! Starke, aber leere Worte führen uns nicht weiter in dieser Diskussion. W.D. Schröppe vermag mit sei­nen Ausfüh­rungen - korrekter ist es sie als Elaborat zu bezeichnen - doch nur blindgläubig-naive Nord-Enthu­sia­sten zu begeistern; die ernsthafte Leser­schaft besitzt genug Augenmaß und bleibt davon unberührt. Ich bin auch ein Freund unserer nordischen Kultur, doch ich bleibe dabei möglichst mit festen Füßen auf dem Boden der beweisbaren Tatsachen !
 
Zu pseudowissenschaftlich aufgespreiztem Unsinn erblüht die Gegen­argu­mentation des Autors (S. 5 unten), wenn er leichtfertig das Elster­trebnitzer Tympa­non (s. Abb. 1) als Deu­tungsinstru­mentarium heranzieht. Ähnlichkeiten zwischen Ex­ternstein-Dattelpalme und den Elstertrebnitzer Lilienbäum­chen sind visuell nicht vorhanden. Die Ver­wandtschaftlichkeit beider Darstellungen ist nicht an­ders als zwischen ei­nem Adler und einem Archaeopteryx, die sich wohl beide aus dem Or­nitho­suchus entwickelt haben. Die einzige Beziehung zwischen dem Externstein­bäumchen und den diver­sen Gestaltungen der heraldischen Lilie besteht in ihrer gemeinsamen Ab­kunft aus der alt­heiligen Dattelpalme des Orients. Um diese Ein­sichten ent­wickeln zu können, wäre es unerläss­lich, das von mir genannte literari­sche Quellen­material durchzuar­beiten. Das Elstertrebnitz-Bo­genfeld zieht W.D. Schröppe (wie andere vor ihm) deshalb her­an, um die Extern­stein-Palme als säch­sisch-heidnisches Sinn­bild zu postulieren. Doch zwischen dem Lilienbäumchen-Dreiblatt des er­sten und dem zweiblätt­rigen Volutenbaum des zweiten Objektes liegen entwicklungs­geschichtli­che Welten. Völ­lig unzu­lässig ist es, die beiden unterschiedlichen Darstel­lungen in einem Atem­zuge zu benennen; beide sind kirchenchristliche Schöpfungen, damit endet aber auch schon ihre „Gleichheit“. Völlig haltlos ist es, die mensch­liche Gestalt im Elster­trebnitz-Bogenfeld deshalb als germanisch-heid­nisch zu be­zeichnen, weil sie ein lilienartiges Bäumchen in Händen hält - da doch diese Per­son­ sogar einen christlichen Heiligenschein ums Haupt trägt und wohl einen Bischofsmantel (die Casel) um die Schultern. Welcher kunst­historisch derart unkundige Kopf bringt so etwas zuwege ?! Wenn das Elstertrebnitzer Lilienbäum­chen als Irmin­sul dekla­riert werden soll, dann, ver­ehrter Herr Schröppe, wimmelt es in der orien­ta­lischen Kunst nur so von Irminsulen, welche viele Jahr­hunderte älter sind als alles Vergleich­bare in Europa.
 
 
 Abb. 1, 2 + 3 Palme und Palm-Symbol auf hispanischen Münzen aus vorröm. Zeit - (ca. 3./2. Jh. v.0) Abb. 3 Dattelpalme als Lebensbaum-Idol auf Ring von Mykene, Grab 25 (ca. 1.500 v.0)
 
Ebensolche angeblich germanisch-heidnischen „Irminsul“-Lilienbäumchen, wie sie Herr Schröppe im Eltstertrebnitz-Relief entdeckte, könnte er finden: im Fuß­boden­mosaik der römischen Fried­hofskirche von Teurnia/Spittal an der Drau vom Anfang 6. Jh.; auf den persischen Silberfla­schen des 5. Jh. im Museum für Isla­mi­sche Kunst, Berlin (z.B.: Kat. 19+1/79/Nr. 94); auf der Schluss-Seite der Bibel von San Isidoro, Vale­rania, Spanien, 960 n.0; auf dem Kreuz Justins II in der Sakristei von St. Peter, Rom; auf dem Tympanon der Kirche von Haubersbronn; auf der Silber­münze des dt. Kai­sers Heinrich V.; in vielen Tympani mittelalterlicher Kirchen, wie z.B. der von Aue, wo zwei Lilienbäumchen das Kreuz flankieren; auf dem Steinsarg der hl. Re­giswin­dis von 1227 bei Lauffen/Neckar; im Tympanon am Gnadenportal des Bamberger Do­mes, wo Heinrich II. und seine Frau Kunigunde exakt die gleichen Lilienzepter-Herrschaftsinsi­gnien tragen wie Herrn Schröppes Elstertrebnitz-„Heide“ - um nur eine kleine Anzahl zu benennen, die aber bereits völlig ausreicht, um die Haltlosigkeit der Schröppe'schen Fantasien zu demaskie­ren: Mit germanischem Heidentum ha­ben all die gleich gestalteten „Bäumchen“ - die mein Kriti­ker für „Irminsulen“ hält - nicht das mindeste gemein. Das Lilienzepter galt - zunehmend im Hochmittelalter - als weltliches Herrschaftssymbol !
 
 
Elstertrebnitz-Tympanon - Im „Irminsul“-Halter (links im Bild) meint W.D. Schröppe einen Heiden erkennen zu können. Ich halte ihn für einen christlichen Kleriker / Bischof, jedenfalls für einen geheiligten Würdenträger und führe dazu im Folgenden einige Abbildungen auch von mittelalterlichen Bischofsbildern vor -, darunter eine kleine Auswahl der in Betracht kommenden Münzprägungen von Bischöfen u. Äbtissinnen, welche sog. Lilien-Zepter halten, in  denen Herr Schröppe Irminsulen erkennen will.
 
 
1.) Bischof Ulrich von Augsburg (Sakramentar Heinrich II. / 11.12. Jh.) - 2. Bischöfliche Krönung Balduins I. (1058-1118), Bild aus: Histoire d'Outremer, 13. Jh - 3.) König von Asturien Alfons III. - („Liber Testamentorum“, frühes 12. Jh.) - 4.) franz. Bischof (Litho. 19. Jh.) trägt gleiches Ziermuster wie im Mantelstoff des „Lilien“-Halters im Elstertrebnitz-Relief - 5.) Heutiger orthodoxer Priester in das hochkragige (griech.) Phelonion gewandet. 6.) Papst Benedikt XVI., 2008, mit Stoffmusterdekor von Kreisen wie auf Mantel des Elstertrebnitz-Klerikers.
 
 
1.) Münzbild von Eberhard II. von Waldburg-Thann 1248-1274 - Bischöfliches Brustbild mit Krumm- und Lilienstab - 2.) Bodensee-Brakteat des Bistums Konstanz, mitrierter Bischofskopf zwischen Krumm- und Lilienstab - 3.) Bodenseebrakteaten, Radolfzell, Münzstätte der Abtei Reichenau - Konrad von Zimmern, 1239-1255 - Über einem Fisch geistliches Brustbild mit Krummstab und einem mit einer Lilie geschmückten Buch -4.) Brakteat Quedlinburg, Abtei Beatrix II. von Winzenburg 1138-1160. Auf Mauerbrüstung sitzende Äbtissin hält Lilie und Buch - 5.) Brakteat Quedlinburg Abtei, Äbtissin sitzt auf Brüstung mit Palmzweig und Lilienzepter. - Nach der unmaßgeblichen Meinung des Herrn Schröppe tragen nun all diese christlich überfrommen Leute heidnische Irminsulen in den Händen. Es darf herzhaft gelacht werden ! Die Dummheit dieser Annahme wird auch durch den Umstand nicht legalisiert, dass sie schon peinlicherweise 1936 durch den Externstein-Grabungsleiter Prof. Dr. Julius Andree bei seiner Deutung des Elstertrebnitz-Reliefs, in seiner Schrift „Die Externsteine eine germanische Kultstätte“, auf Seite 19 ausgesprochen wurde. Im Elstertrebnitz-Bild stehen sich nicht konträr ein Heide und ein Christ gegenüber, vielmehr in vereinter Anbetung ein ärmlich gekleideter Laiengläubiger und ein prachtvoll herausgeputzter kirchlicher Heiliger.
 
Auch die beiden Sinnbilder hinter den Männern sind weder unergründbar nach geheimnisvoll. Das Rad hinter dem „Bischof“ wurde oft als heidnisches Sonnensymbol gedeutet. Das Tympanon gehörte ursprünglich zur Elstertrebnitzer St. Martin-Kirche, so dass die naheliegende Deutung jene ist, die mir nach einigen Überlegungen aufging: Der Heilige Martin wird entweder als römischer Reitersoldat dargestellt, während er seinen Mantel teilt, oder er wird als Bischof mit den ikonographischen Attributen Rad oder Gänse abgebildet. So dürften diese beiden Symbole über dem Eingang einer Martins-Kirche nicht überraschen. Eine alberne Kirchenlegende besagt, dass Martin im Jahr 371 in der Stadt Tours von den Einwohnern zum Bischof ernannt werden sollte. Der überaus bescheidene Martin hielt sich aber des Bischofsamtes nicht würdig genug, deshalb versteckte er sich in einem Gänsestall. Die schnatternden Vögel hätten ihn jedoch verraten, so dass er gefunden wurde und das ihm angetragene Amt annehmen musste. Davon würde sich auch der Brauch der „Martinsgans“ ableiten. Zwar ist das ein frommes Märchen, denn bereits dem röm. Gott Mars war die Gans bzw. der tapfere Ganter als Attribut zugeordnet, doch hierin liegt die Erklärung für die Gans hinter dem armen Mann, der in ein Fell gekleidet scheint. 
 
Die linke Figur im Elstertrebnitz-Bogenfeld, welche W.D. Schröppe als sächsischen Heiden völlig fehldeu­tet, trägt zum christlichen Heiligenschein ein liturgisches Gewand oder einen prunkvollen Herrschermantel. Bei genauer Inaugenscheinnahme des Bildes ist ein mit Kreismustern verzierter und mit prächtiger Bordüre versehener, hochnackenkragiger Umhang erkennbar, ähnlich einem Talar, Manipel, der Mantija (auch planeta / paenula), oder dem orthodox-christlichen Phelonion bzw. der romchristli. Casel, welche ursprünglich den ganzen Körper umhüllte. Es könnte sogar vage auf dem Kopf die Tonsur der Kleriker vermutet werden. In seiner Hand hält der bärtige Mann keines­falls ein Irminsul-Symbol, sondern das bekannte Lilienzep­ter christli­cher Könige, Kaiser, Bischöfe, Äbte und Äbtissinnen, wie es von vielen Bilddo­kumenten her bekannt ist. Dieser Umstand wird am deutlichsten durch die schon ge­nannte Silbermünze Heinrich V. bewiesen, aber auch durch das Relief der Trep­pen­wange in der Ka­the­drale San Va­lentino, Bitonto (Bari), Italien; Bauzeit 1175 - 1200. Friedrich II. hält hier die Insignie der Macht, das gleiche Lilienzepter, wie wir es vom Elstertrebnitzbild her kennen; vor ihm steht Gemahlin Jolanthe, dahinter die Söhne Heinrich und Konrad.
 
W.D. Schröppe weiß es wohl aus der ihm zur Verfügung stehenden Literatur nicht besser; ich glaube nicht, dass er seinen Lesern bewusst die Unwahrheit sagen will; er meint: „Der aufgerich­tete gabelförmige Stamm ist im kunsthistorischen Ver­gleich oft auf Gegenständen und Plastiken anzutreffen, vor allem im euro­päi­schen Norden...“ (S.5). Zuerst einmal sollten wir Disziplin bewahren: Es handelt sich beim Gebilde im Externstein-Relief ja gerade um keine Gabelstütze, sondern um einen Baum mit zwei großen Palmblattranken; wir müssen zwei völlig unter­schiedli­che Bild­traditionen unterscheiden, die Schröppe mit leich­ter Hand zu­sam­men­werfen möchte. Ich wieder­hole: Es gibt ausnahmslos keine Voluten­baum­-Tradi­tion (als vegetati­bles Gebilde, wie es die Externsteinpflanze darstellt) im Norden, viel­mehr ist dieses Herkommen ausschließ­lich im Orient feststellbar ! Es kommen auch im Norden Ga­belstützen-Symbole vor; jedoch ist der Gabelpfeiler die altägypti­sche Hieroglyphe für „Himmelsstütze“. Auch sie ist also alles andere als typisch nor­disch. Von China bis in die Südseekulturen ist die angeblich „nordische“ Welten­pfeiler-Gabel­stütze an­zutreffen.
 
Der Externsteinpflanze verwandte Kunstformen des orientalischen Lebensbaumes finden sich auch an einigen anderen christlichen Erzeugnissen: Säulenknauf im Langhaus der Stiftskiche Ha­mersleben; Relief auf einer Apsissäule des Kaiserdomes zu Speyer; Säulenkopf im Dom zu Lund/Schweden; Kapitell der Kirche St. Godehard in Hildesheim. All diese Arbeiten sind hochmittelalterlich und nicht karolingisch. Sie stammen ausschließlich aus der vorderasiatisch-christlichen Geistesgeschichte. Was sich als Ergebnis meiner langjährigen Forschung abzeichnet, ist hingegen, dass für die Son­nenspiralstütze im Norden eine sehr alte Tradition nachweisbar gemacht werden kann. Ich ver­weise auf meine Monographie „Der Weg Gottes durch die Zeit und seine Sinnbilder.“
 
Herr Schröppes Aufsatz hat unse­re Erkenntnis zum umstrittenen Thema bedauerlicherweise um keinen Schritt weitergebracht; er wie­derholt ledig­lich die abgestandenen Irrtümer, die davon nicht richtiger oder lebendiger werden können. Wem es an echten Argu­menten mangelt, der greift gerne zum Be­schwö­rungsritual. In solchem Tenor klingt auch der Schlusssatz meines disparaten Disku­tanten auf S. 6. Die im Gesamt­zusammenhang an den Haaren herbeigezogene Deu­tung des Nikode­mus-Namens zu bewerten, überlasse ich dem ur­teilsfähigen Leser der Schröppe-Schrift. „Niko­demus“ bedeutet „Volkssieger“ oder „Sieger des Vol­kes“. Zweifellos könnte in christlichen Ge­mütern die Assozia­tion entstanden sein, diesen Namen im weitergehenden Sinne gleichnishaft zu ver­ste­hen: etwa als „Sie­ger für das Christen­volk“ oder „christlicher Sieger aus dem Ju­den-/Grie­chen­volk“. Doch den Nikodemus - der auf den Kreuzabnahmebildern seit dem 9. Jh. rechtssei­tig placiert ist - als symbolisti­schen Sieger über das sächsisch-ger­manische Volk ausdeuten zu wollen, das ent­springt nurmehr einer unwissen­schaft­lich-haltlosen These.
 
Wenn diese gebogene Externstein-Dattelpalmen-Ikone, die bis ins Detail den Kultbaumdar­stellungen des Orients gleicht, wirklich eine Aus­sage machen soll - was nach Lage der Dinge anzunehmen ist -, dann kann ihre Bild­sprache nur dies bedeuten: kirchen­christlicher Triumph über eine anti­kir­chen­christ­liche Macht. Mit diesem „niederge­bogenen“ Antichristen könnte, wie ich darlegte, die damalige sich aus staatskalkül kirchenfeindlich positionierte deutsche Kaisermacht ge­meint sein. Es könnte dar­über hinaus auch zusätzlich an die gesamte alte Heidenwelt gedacht worden sein, denn die Dattelpalme galt den antiken Völkern als heiliges Gleichnis für diverse heidnische Gottesvorstellungen. Doch dass die Dattelbaum-Kultikone Vorderasiens jemals die sächsisch-germanische „Allsäule“ („co­lumna universalis“, Rudolf v. Fulda in „Translatio Alexandri“) die Ir­minsul hätte verkörpern können, ist und bleibt Fantasterei. Eine Peinlichkeit, von der wir uns so rasch wie möglich ver­abschieden sollten.
 
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Es gibt etliche unwissende Neuheiden der überholten Schulen aus den 20er/30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, welche meinen, dieses Palmbaum-/Lilien-Zeichen sei ein altheidnisches Symbol. Wie erklären es sich diese Leute, dass es auch auf der Parierstange des „Joyeuse“ (Freudvoll), dem Schwert von „Karl dem Großen“ prangt ? Leute wie Dr. Wieland Hopfner und Wolf-Dieter Schröppe (Zur Geschichte unseres Sinnzeichens“, „Die Irminsul am Externstein“), die sich von ihren anachronistischen Gedankenmodellen nicht trennen möchten, muten wie mittelalterliche Scholastiker an, die es nicht wahrhaben wollen, dass ihre Position längst rettungslos überholt ist. Ich stelle mittlerweile seit einigen Jahren faktische Quellenzeugnisse vor, meine Kontrahenten antworten mit langatmiger Rabulistik, ohne einen einzigen Gegenbeweis erbringen zu können ! Das Schwert wird im Pariser Louvre ausgestellt und wurde jahrhundertelang als Krönungsschwert der französischen Könige genutzt. Es befand sich bis zur Revolution im Kronschatz von St. Denis. Eine Gruppe ist der Auffassung, es handele sich aufgrund seiner Ornamentik wirklich um Karls Originalschwert, andere vertreten die Meinung, es sei ein späteres Werk. Der Louvre selbst  gibt für die Entstehung der Parierstange 2. Hälfte 12. Jh. an.
 
Frankenkönig Karl hätte wohl kaum die sächsische Irminsul zerstören lassen, wenn er selbst ein ganz ähnliches Symbol auf seinem Schwert führte ! Stammt aber die Parierstange aus dem 12. Jahrhundert, bestätigt das exakt meine Sichtweise vom damals als weltliches Herrschaftssymbol verstandene Zeichen, gegen das die gregorianischen Mönche und ihre Gesinnungsgenossen, die Papstfanatiker, damals zu Felde zogen.
 
Abb. 1   2
 
Abb. 1 - Und zum guten Schluss noch ein besonderes Schmankerl für den illustren „Irminsulforscher“ W.D. Schröppe: „Karl der Große“, hoch zu Ross, ganz heidnisch fromm geworden, mit einem seiner geliebten „Irminsülchen“ in der Hand. Zu finden am Großmünster zu Zürich, Mittelschiff, Nordseite, 2. Pfeiler, aus den Jahren 1130/1150, also jener Zeit, aus der die allermeisten jener „Irminsulen“ auf uns gekommen sind. In der Züricher Kirche haben nur wenige Bilddarstellungen aus der vorreformatorischen Zeit überlebt. Dazu zählt dieses hochmittelalterliche Kapitell mit einem Relief des jagenden Karl, wie er angeblich die Gräber der Märtyrer Felix und Regula findet, den beiden vorreformatorischen Stadtpatronen von Zürich. Man nennt das Kapitell „Felix- und Regula-Relief" oder „Kaiserrelief". - Abb. 2 - Steinrelief von Kaiser Karl dem Großen, von um 1125, befindet sich in der ehemaligen Klosterkirche der Benediktiner in Neustadt am Main.
 
siehe dazu auch:
 
 
 
Das nach ignoranter Meinung „heidnische“ Irminsul-Palmbaum-Lilien-Idol auf dem Justinuskreuz; Aufbewahrung/Standort: Museo Storico Artistico - Tesoro di San Pietro Vatikan. Über Jahrhunderte wurde die Auftragsarbeit Kaiser Justins II. (520-578) bei feierlichen Gottesdiensten zu Ostern und zu Weihnachten benutzt.