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QUESTENHYMNE
Berghoch am Walde,
ragt von der Halde
morgenwärts schauend der Lebensbaum.
Dämmrung umwoben
harret er droben,
ferne entrückt in der Zeiten Raum:
Segnenden Lichtes höchster Gewinn,
Wahrer des Rechtes,
freien Geschlechtes,
Weihbild des ewigen Grünens Geflechtes,
heiliger Erde Hort und Sinn.
Dunkel durchdringend,
aufwärts sich schwingend,
leuchtest du weit in der Weltennacht,
alther verloren,
wiedergeboren
göttliches Heil zu den Menschen gebracht !
Strahle aufs neue, Lichtglanz rein,
Geister befreiend,
Wissen verleihend,
und unsere Herzen wiederum weihend,
Lichtbaum, umgib uns mit deinem Schein !
Herman Wirth
Herman Wirth an der Queste, i. J. 1928
DAS QUESTENFEST
27.05. „Pfingsten“ - Der Begriff leitet sich von dem griech. Wort pentekosté („der Fünfzigste“) über den got. Ausdruck paintekuste und das mhd. pfingesten zur heutigen Bezeichnung ab. In ihrer ursprünglichen Bedeutung verweist er auf den zeitlichen Abstand zu Ostern von 50 Tagen; eigentl. Festtag wäre demnach Pfingstmontag. Durch den beweglichen Ostertermin variiert auch Pfingsten zwischen 10.05. und 13.06.; mittlerer Termin ist eben 27. Mai. Mit Pfingsten endet die christl.-österliche Zeit. Das Fest gilt als Feier des „Heiligen-Geistes“; 9,Manche Theologen sehen im „Heiligen-Geist“ auch das weibliche Element ihres Christengottes. Diese Deutung wird durch die Tatsache gestützt, dass das hebräische Wort für Geist Gottes, „ruach jahwe", weiblich ist. Die Legende, dass der „Heilige-Geist“ bei der Jordan-Taufe auf Jesus in Form einer Taube herniedergekommen sein soll, wird als Argument herangezogen (Lk 3,22). Die Taube war im antiken Orient nämlich Symbol für alle großen Göttinnen. In der Antike stand die Taube, die angebl. frei von allem Bitteren und Bösen sei, für Sanftmut und Liebe. Im alten Babylon war sie ein Sinnbild der Göttin Ischtar; übernahm ein neuer König bei seiner Inthronisation die Taube als Königszeichen, so bedeutete dies für ihn die Auszeichnung als „Gottessohn“.
In den Bereich der deutschvolklichen Frühjahrsbräuche gehören Pfingstbäume und laubumhüllte Maskengestalten. Der Pfingstbaum hat gleiche Ursache und Bedeutung wie der Maibaum, der, bis zum Wipfel entastet, von einem Kranz gekrönt und von Bändern, Figuren und Fahnen geschmückt wird. Der ursprüngl. germ. Brauch der symbolhaften Weltbaumerrichtung () verknüpfte sich im Mittelalter mit mehreren christl. Festen. Wie grüne Zweige, Kränze und Bäume Sinnbilder für die Fruchtbarkeitskraft sind, so fand diese in Thüringen und Hessen auch in laubumhüllten Personen ihren Ausdruck. Die Gestalten heißen „Laubmann / Laubkönig / grüner Mann / Froschkönig / Maikönig / Graskönig / Lattichkönig“; im Raum Baden-Baden kennt man den mit Farnkräutern geschmückten Pfingstkönig. Er gilt als Glücksbringer und begleitet die Dorfbuben bei ihrem Rundgang von Haus zu Haus, auf dem sie um kleine Gaben heischen. Durch manche Dörfer zogen die Burschen mit langen schlagenden Peitschen („Pfingstschnalzen“), im üblichen frohsinnigen Lärmbrauchtum. Verliebte Jungmänner stellten jetzt (oder schon am 1. Mai) mit Blumen geschmückte Birkenstämmchen vor die Türen ihrer Angebeteten, als Symbol der Jugendfrische, und sagten damit: „Ich bin dir grün !“ Sebastian Franck notierte 1534: die Maien setzten die Burschen „yren metzten zuo eer" (ihren Freundinnen zur Ehre).
Das „QUESTENFEST“- in Questenberg, einem kleinen Ort am Kyffhäuser/Südharz zur Pfingstzeit. Es geht dabei um die Queste, die seit dem Vorjahr oben auf dem Questenberg, einer Anhöhe über dem Ort, an einem starken entästeten Eichenstamm hängt. Der riesige Kranz mit dichten Laubbüscheln, den Questen, rechts und links an den Seiten, besteht aus „Mayen- [Birken-] und Eichenlaub“. Er muss heruntergeholt und erneuert werden, das geschieht nach Vorschriften alten Brauches in der Nacht zum Montag. Dabei gibt es viel Spaß und Schabernack, besonders wenn aus dem Ort Rotha die Abgesandten empfangen werden.
Eine Sage beschreibt den Ursprung des Festes: In alten Zeiten wohnte ein ritterlicher Herr auf seiner Burg oberhalb von Questenberg, das zu dieser Zeit noch Finsterberg hieß. Die kleine Tochter des Burgherrn verirrte sich beim Blumenpflücken im dichten Wald, fand den Weg zurück nicht mehr, wurde jedoch von einem Köhler freundlich aufgenommen. Nach tagelangem Suchen fand man das Mädchen endlich heil und guter Dinge; sie hatte aus den gepflückten Wald- und Wiesenblumen zwei Questen (Sträuße aus Pfingstblumen) gebunden. Die Bauern der sieben Dörfer, die bei der Suche beteiligt waren, erhielten eine Wiese zur gemeinsamen Nutzung. Der Ort Finsterberg wurde zum Andenken an die glückliche Rettung in Questenberg umbenannt. Und zur Erinnerung sollte von nun an alljährlich am dritten Pfingsttagein fröhliches Fest mit Musik und Tanz stattfinden. Dem Brauch scheint deutlich eine altheidnische Allegorie zu Grunde zu liegen. Das verschwundene und wiedergefundene Mädchen, das beim schwarzen guten Köhler geborgen war, ist mit der griech. Proserpina / Kore zu vergleichen, jener Erdmuttertochter, die im Winter als verloren gegangene Wachstumskraft, im dunklen Erdinnern weilt. Wenn sie zurückkehrt, wird aus dem irdischen Finsterberg ein Questenberg, denn die Questenbüschel, sind Symbole des schwellenden Naturlebens. (Sagenfassung nach G. Kranoldt, 1776 u. E. Dietrich, 1879).
Schwedischer Mittsommerbaum zur Sommersonnenwende
Der Questenbaum geht auf urgermanisches Brauchtum der rituellen symbolhaften Weltbaumerrichtung zurück, welche - je nach Traditionen regionaler Kultgruppen - von Mai bis Mittsommer gefeiert wurde/wird. In Schweden gleichen die Mittsommerbäume mit ihren Questen und Laubkränzen unverkennbar der Queste im Harz. Im gallogermanischen ODING-Runenkalender steht die Weltbaum-Rune im Zeitraum zwischen Mai und Juni, wo sie - je nach den Mondstandsschwankungen - durch die Baumerrichtungen festlich begangen wurde --; entsprechend der in Skandinavien klimatisch verzögerten Naturentwicklung, etwas später. Als schwedisches Mittsommerfest werden die Feierlichkeiten zur Sommersonnenwende bezeichnet. Am Mittsommerabend werden geschmückte Baumstämme aufgerichtet, Mittsommerstangen (midsommarstång) oder Maistangen (majstång) genannt. Maj hat dabei nichts mit dem Monat Mai zu tun, sondern geht auf das altertümliche Verb maja („mit lebendigem Grün zu schmücken“) zurück. Die Stange sieht in den verschiedenen Regionen jeweils etwas anders aus, auch einzelne Orte haben oft ihre eigene Tradition. Der Stamm wird mit Blättern und Blumen geziert und aufgerichtet, danach in verschiedenen Arten und Weisen im freudigen Kreis umtanzt. -- Auch in Südgermanien/Deutschland waren die Maibaum- und Questenerrichtungen Sommersonnenwendbrauchtümer, die sich durch kirchenchristlichen Zwang zeitlich etwas verlagern mussten, denn das heidnische Fest der Sommersonnenwende durfte als solches nicht mehr begangen werden (es blieb in Schweden allein wegen der sehr viel späteren Verchristlichung erhalten). Es versteckte sich deshalb als Brauchtumsteil des Johannis-, des Pfingst- und des Walpurgisfestes.
der Tanz um den Quost in Seth
Im alten deutschen Nordschleswig, namentlich in Seth (dän. Sæd, heute zur Gemeinde Ubjerg gehörend) bei Tondern gab es bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts den Sommersonnwendbrauch, im Juni einen „Mismosquost“ zu errichten. Die Kinder und zuweilen auch die Erwachsenen umtanzten die mit Laub geschmückte Stange, die im Aussehen etwa den schwedischen Mittsommerbäumen glich. Das Dorf hat bis heute in vieler Hinsicht seine ursprüngliche Struktur bewahrt, mit vielen älteren Häuser und Höfe und ist ohne Kirche. Es ist zwar weder im „Handwörterbuch des dt. Aberglaubens“, noch im „Handwörterbuch der dt. Volkskunde“ über den „Mismosquost“ etwas in Erfahrung zu bringen und doch existierte der Brauch, wie ich mir von einem Ortsansässigen bestätigen ließ.
„Mismosquost“ bedeutet „Mit-sommer-Quaste (-Büschel)“. Hans Mathiesen schreibt in „Mismosquost in Seth“ im „Volkskalender“, 1936: „Für die ältere Generation des Dorfes steht der ,Quost’ als das größte Erlebnis ihrer Jugend, und es ist kein Wunder, wenn sie sich mit leuchtenden Augen dieses Festes erinnern. Waren sie doch damals selbst diejenigen, in deren Händen die Ausgestaltung lag. Denn der Lehrer nahm sich des Festes nicht an und somit war es ganz ihr eigenes. Trotzdem sie von ihren Eltern wussten, dass nur an einem Sonntag ,Quost’ war, nämlich demjenigen, der dem 24. Juni am nächsten lag, so feierten sie doch den Sonnabend und Sonntag beides vor und nach der kalendarischen Sonnenwende.“ – In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts verflachte der „Quost“. Es gibt eine Amtsrechnung aus Tondern des Jahres 1697, die sich auf eine tätliche Auseinandersetzung von zwei Quostenfest-Burschen (Thomas Lundius und Friedrich Langhein) am 25. Juni 1693 bezieht. Kurz nach 1900 versuchte der damalige Lehrer das Fest neu zu beleben, es schlief wieder ein, bis 1929 ein Jubel der Alten und Jungen über seine Erneuerung ausbrach, das ganze Dorf tanzte begeistert um den Quost. Bis 1940 hat man es gehalten, dann ließ man es, bis es wieder durch einen neuen Impuls zukünftig zum Leben erweckt wird. - Ich danke Herrn Jacob Tygsen aus Ubjerg für die mündlichen Informationen und seiner Abschrift der Sether-Schulchronik, sowie der o.a. Veröffentlichung. Er teilt u.a. mit: „Mathiesen verstand es in ausgezeichneter Weise, die Jugend für Volkslied und Volkstanz zu begeistern, auf seine Anregung hin wurden alte, schon vergessene Volksbräuche wieder ins Leben gerufen wie der Mismosquost.“ - 01.05.2014: „Wie unter unserem gestrigen Telefonat versprochen übersende ich Ihnen hiermit eine Beschreibung der Mismosquostfeier in unserer Gemeinde, die seit 1940 nicht mehr gefeiert wird. Ich hoffe, dass Sie die Beilege öffnen können, und dass Sie meine Handschrift lesen können, wenn nicht dann lassen Sie es mir wissen. Kurz zu unserer Gemeinde. Es ist eine kleine Landgemeinde Seth-Uberg, bestehend aus den zwei Dörfern Seth und Uberg. Die Gemeinde liegt zwischen der Landesgrenze und der Stadt Tondern, Tönder. Seit der Grenzziehung 1920 ist hier ein Teil der Bevölkerung deutsch gesinnt und ein Teil dänisch. ..."
PS: Aus dem Dargelegten ergibt sich,
dass die Ausführungen zum Questenfest bei Wikipedia unzutreffend sind !
Questenbild: Kunstmaler E. Vital Schmitt (1858-1935), dem Vater von Margarethe Schmitt (1890-1978), der Lebens- und Schaffensgefährtin von Herman Wirth (1885-1981).