NIKAR-WODIN-FEIER
 
Wenn dem göttlichen Opfer Gaben entquellen,
die Nächte des Winters mit Hoffnung hellen,
wenn die geistigen Keime der Gottesgaben
des kommenden Jahres Göttlichkeit laben,
ein tröstliches Scheinen durch Herzen zieht,
da steigt auch die Zuversicht wie ein Lied.

Aus dem finsteren Grausen der Opfernacht
hat das Nachtgestirn sich erneut entfacht.
Nie hing er so hoch, der glanzvolle Ball,
so wie ein Segensschwur steht der Kristall.
Diese Freude wurde ins Brauchtum getragen,
davon wollten die Sitten singen und sagen.

Wie der Herrgott die große Welt beschenkt -
von ihm sind Sonnen und Monde gelenkt-
geradeso sollt' auch im Kreise der Kleinen
ein Licht in die öde Winternacht scheinen !

Was müssen die Kinder des Nordens entbehren,
wenn Nässe und Nebel die Spiele verwehren,
Stürme die Häuser und Heiden umheulen
und Wälder zerschlagen mit Wetterkeulen.

Wie bedrängen die engen, rauchigen Stuben
lichthaarige Maiden und wählige Buben.
Um das freudarme Kinderdasein zu würzen,
vor der Wende die wehen Wochen zu kürzen,

geschah zum letzten Vollmond des Jahres
in verklärender Nacht etwas Wunderbares:
Ein gütiger Geist, Wodans treuer Knecht,
der macht' es den artigen Kindern recht.

Das Schimmelchen Wodans hat er geliehen,
um raschen Rittes nach Midgard zu ziehen.
Was spendet nicht alles sein Füllegepäck,
ein Püppchen aus Wollschnur und Honigweck,
ein hölzernes Rösslein, Apfel und Nüsse -,
welch sinnbildlich himmlische Segensergüsse !
 
Der Nikolaus ist die frei erfundene kirchenchristliche Kalender-Ersatzfigur für den urreligiös-germanischen Geistgott Wodan / Wodin, welcher vor der christlichen Eroberung unserer Heimat nach dem Winteranfangsopfer seine mondstandsabhängige Kalenderposition innehatte. Nikolaus sollte der christliche Sieger über den wahren Volksgott der Altdeutschen werden.
 
Ein Beiname des Wodin war Nikar (Hnikar / Nikuz / Hnikudr), mit der Bedeutung der Brausende / Ungebändigte (z.B. Fluss Neckar). Nicht ganz ist es dem christl. Nikolaus gelungen, die alte Wahrheit zu vertilgen !

Nikolaus / Niklas / Niklos / Nikolo - griech. „Sieger über das Volk“, Patron der Schiffer, Retter aus Sturmesnöten, Schützer des Viehs, Bewahrer vor Viehseuchen. Als verhüllter Geistgott hat er das innigste Verhältnis zu jeglichen Schülern, Studenten, Lernwilligen und wurde im Mittelalter zum Kinderbescherer und -bestrafer.

Britische Kinder schreiben schon im Oktober ihre Wunschzettel an den „Father Christmas“ / „Santa Claus“ mit seinem Rentier „Rudolph“. In Finnland werden im Oktober schon kleine Weihnachtsfeiern abgehalten. Der holländisch-flämische „Sinterklaas“ geht - wie die Legende berichtet - bereits Anfang November in Spanien an Bord seines Schiffes, mit Säcken voller Geschenke, seinem Schimmel und dem Helfer „Zwarte Piet“, um Mitte November in einem alten Hafen anzulegen. Dann reitet er auf seinem weißen Pferd durch die Niederlande, Flandern, Friesland. In der Nacht vom 05./06. Dez., seinem Geburtstag, füllt er den Kindern die bereitsgestellten großen Holzschuhe vor dem Kamin usw.; zum eigentichen Weihnachtsabend findet keine weitere Bescherung statt.

In Dänemark kannte man als Julgestalten nur Elfen und die gnomenhaften „Juul Nissen“. Das sind kräftige kleine uralte Kreaturen deren Freund man sein sollte, denn sie spenden Glück und Hilfe. Im anderen Falle aber bereiten sie groben, schweren Schaden. Sie tragen graue Mäntelchen wie Hosen aus grobem Loden, aber eine rote spitze Mütze und gleichfarbene Strümpfe. Hervorgegangen scheinen sie aus dem Hauskobold, der in jedem Bauernhof mit einem Herd, einer Feuerstelle, gedacht wurde. Vielleicht war er eigentlich jener Vorvater, der tot im Hügel auf dem Feld begraben und doch dafür sorgte, dass alles nach den bewährten Gesetzen des Lebens weiterlief, also der ahnenkultische Hausgenius, der sich stark dem Geist- und Totengott Wodin anglich.

Auch in Estland bringen Gnome im Dezember schon vorweihnachtliche Süßigkeiten und Früchte und den „Jouluvana“ erwartet man am Heiligen-Abend. In Norwegen beschert der „Julesvenn“ oder „Fjøs Nisse“, ein Weihnachtszwerg, der siebenmal stärker ist als ein Mensch. Aber dreizehn „Yulemen“ bzw. „Jólesveinar“, „Weihnachtskobolde“  necken / strafen mit faulen Kartoffeln oder belohnen mit kleinen Geschenken vom 12. bis 24. Dez. die Kinder auf Island in der Weise, dass täglich ein anderer erscheint. In früheren Tagen spielen sie, der Sage nach die Söhne des Riesenehrpaares Grýla und Leppalúði, den Menschen aber recht brutale Streiche. Der finnische „Joulupukki“  lebt im hohen Norden, ist verheiratet und lässt in seiner Werkstatt, unter Mitwirkung seiner Frau, all die schönen Geschenke erstehen. Dieser knappe Überblick legt schon den Schluss nahe, dass der rotbemützte Weihnachtsmann eigentlich aus neckenden, strafenden oder hilfreichen, belohnenden Kobolden / Gnomen / Hauswichten hervorging, die den ganzen Julmond / Dezember über auftauchen konnten. Aber auch die übergeordnete seelengöttliche Wodan-Gestalt wirkte als Schimmelreiter deutlich mit hinein.
 
Bild: Postkarte von 1900 zeigt einen Weihnachtsmann mit Spielzeug