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ZWEI SCHLACHTEN UM ROM
 
 
Es sind viele Schlachten um das klimatisch und strategisch so begünstigte Rom geschlagen worden, verlustreiche und sieghafte, doch zwei davon - eine verlorene und eine gewonnene - beeinflussten auf Dauer das Schicksal der Germanen. Das war die verlorene Kimbern-Schlacht bei Vercellae am 30.07.101 v.0 und die gewonnene Schlacht an der Milvischen Brücke am 28.10.312 n.0. Man muss schon genauer hinschauen, um die Bedeutung und den Zusammenhang dieser beiden Kämpfe um Rom in ihren weitreichenden, seelengesetzlichen Auswirkungen würdigen zu können. Auch in der alten Zeit werden nur die wenigsten tieferblickenden, konsequenten Geister ihre Bedeutung überschaut haben. Doch die Wenigen, die Eliten bestimmen den Fortgang der Geschichte. Wer die Führungskräfte einer Nation gewinnt, verfügt über ihre Formkräfte, die die Zukunft prägen. Mit der verlorenen Schlacht von Vercellae verloren die Germanen ihren Glauben an die eigengesetzliche himmelsgöttliche Huld. Den entstandenen Riss versuchte die verletzte Volksseele durch die Wodan-Religion zu kitten, was, wie die historischen Erfolge zeigen, auch bis zu einem gewissen Grade gelungen ist. Die heilwirksame Genugtuung, in Gestalt eines echten Sieges über das „alte böse Rom“, gelang aber erst mit dem Triumph des Konstantin I. an der Milvischen Brücke und der sich anschließenden Einnahme der Stadt. Dieser Vorgang ist bewusst als Sieg der nordischen, gallo-germanischen Völker verstanden worden, doch - wie es im Nachhinein immer deutlicher wurde - war der Sieg für einen fremden orientalischen Gott erfochten worden -, aus dem Riss war eine schwärende, die Glieder auseinandertreibende Wunde geworden -, denn diese neue Religion predige kein Volksheil mehr und was sie über eine Erlösung von unbekannten Sünden predigte, die ein gehenkter Gott hinweggenommen hätte, war damals so wenig mit redlichem, nüchternem Verstande zu begreifen wie heute. Und doch war dies’ christlich Neue, zwar unbewusst und ungewollt, von Germanen ins Werk gesetzt worden, so musste man sich wohl damit arrangieren. Ein Problem das den großen Deutschen der Historie bis heute unlösbar geblieben ist, wie es aus den inneren Widersprüchen ihrer Äußerungen abzulesen ist. „Konstantin der Große“, den seine christlichen Nutznießer heilig sprachen, wurde durch Germanen groß. Der Militärtribun und Alemannenkönig Crocus hatte im englischen York entscheidenden Anteil  an seiner Kaisererhebung, die gegen den Willen des röm. Senats erfolgte. Germanische, britannische, gallische Truppen gaben ihm die nominative und militärische Macht über das Imperium. Die Entscheidungsschlacht an der Milvische Brücke bestimmten die germanischen Cornuti („die Gehörnten“), sie schlugen Kaiser Maxentius mit seiner Prätorianergarde aus dem Feld und rückten in Rom ein.
 
Germanen wurden dem konstantinischen Staat unentbehrlich. Sie besaßen am Hof eine solche Stellung dass der Historiker Ammian (XIV 10,8) schrieb, sie hielten den Staat in ihrer Rechten. Etwa ein Drittel der Heeresmeister des 4. Jh. waren germ. Herkunft, im 5. Jh. hatten sie schon die Übermacht. Fast 30 germ. Stammesnamen erscheinen in den Truppenbezeichnungen des röm. Staatshandbuches „Notitia Dignitum“. Dementsprechend stolz eröffnet die um 1220 entstandene „Sächsische Weltchronik“ des Eike von Repgow ihre Darstellung über Konstantin mit den Worten (Kap. 77): „In deme 311. Jare van der bort unses herren … Constantinus, des keiseres Constancius unde Helenen sone, wart gekoren to keisere in Brittania van des Dudischen [deutschen] koninges helpe.“ Doch am wenigsten können diese germ. Wegbereiter der „Konstantinischen Wende“ („Mailänder Vereinbarung“ von 313) daran gedacht und auch nur vermutet haben, dass sie einer bis dahin unmaßgeblichen orientalischen Sekte zur Herrschaft verhelfen würden, denn der Mann den sie auf den Kaiserthron setzten, war Anhänger des Sonnengottes, des Sol Invictus oder Phoebus Apollon, an den sie alle glaubten, wenn auch unter den verschieden Namen ihrer Heimatgaue. Bisher war ihr Führer unter dem Segen heidnischer Götter von Sieg zu Sieg geeilt und i.J. 315 ließ er seinen Triumphbogen, den „Konstantinbogen“ in Rom, eingeweiht, der rein heidnische Ornamentik zeigt. Auch erschienen des Sonnengottes Name auf Münzprägungen noch bis i.J. 325. Er führte zu Ehren des Sonnengottes den arbeitsfreien Sonntag ein. Die spätere Legende, Konstantin hätte vor der Entscheidungsschlacht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein neues christliches Zeichen (Labarum aus griech. Χ Chi und Ρ Rho) auf die Schilde seiner Soldaten malen lassen, darf belächelt werden. (Rolf Bergmeier, „Eine Widerrede zur ,Wende’ Kaiser Konstantins zum Christentum am 28. Oktober 312“, 2011) Und wenn dem wirklich so gewesen wäre, hätten seine Germanen darin die Runen g  und verstanden, mit der Bedeutung „[Gott] gebe Wonne [des Sieges]“. Unter Konstantin, dem ausgesprochenen Germanenfreund und in der Folgezeit gewannen Germanen im röm. Heer und in der Verwaltung zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig begannen christliche Fanatiker eine skrupellose Lügen- und Verdummungsinvasion, um die Massen zu gewinnen. Ihren Predigten, die Ede sei doch keine Kugel, dem Arche-Noa-Märchen und was der Albernheiten mehr waren, bis hin zu den dreistesten Anmaßungen, Verdrehungen und raffinierten Fälschungen, wie dem Bubenstück der „Konstantinischen Schenkung“, waren Tür und Tor geöffnet. Der hemmungslose Machtmensch Konstantin hatte die Prätorianergarde, die Schutztruppe der Kaiser, abgeschafft, er brach mit der röm. Tradition aus dem Kalkül des Machterhaltes. Mittels zahlloser Morde räumte er gnadenlos alle jene Personen weg, die ihm hätten gefährlich werden können. Auf diesem egozentrischen Weg bedurfte er der starken, zuverlässigen Verbündeten und fand sie in seinen protegierten Germanen und Christen -, die einen liehen ihm den starken Arm, die anderen gaben ihm - ebenso aus Berechnung - die fehlende Legitimation für sein angestrebtes Gottesgnadentum als unumschränkter Herrscher. Doch indem Konstantin das Evangelium der intoleranten Christensekte unter Staatsschutz stellte, lieferte er sein Reich den Bischöfen aus und legte damit den giftigen Keim des kirchlichen Intrigantentums gegen jede europäische Möglichkeit einer machtvollen Konsolidierung. Konstantin nutzte die christenkirchliche Organisation als Instrument seines innenpolitischen Befriedungsprogramms, weit war er davon entfernt, selbst Christ zu werden, dafür spricht seine Toleranz gegenüber den anderen heidnischen Religionen, die er neben dem monotheistischen kaiserlichen Schutz- und Reichsgott (Helios-Apoll-Grannus) bestehen ließ und zum andern die Tatsache, dass er bis zu seinem Tod das Amt des „Ponitfex Maximus“ ausübte. Er ließ sich erst auf dem Sterbebett 337 taufen.
 
Hunneneinbruch - Völkerwanderung
 
Mit dem Einbruch hunnischer Reiternomaden in Osteuropa um 375/376 begann die große Fluchtbewegung die wir Völkerwanderung nennen. Die Verschlagenheit und Brutalität der hunnischen Macht, gestützt auf schnell bewegliche, überraschend auftretende Reiterheere, die mit mannshohen Kompositbögen ausgerüstet waren, war jedem der damaligen Gegner überlegen. Der Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus beschreibt sie: an Wildheit alles übertreffend, das Gesicht durch Narben entstellt, ohne Wohlgestalt, mit massiven und stämmigen Gliedmaßen, mächtigen Nacken, missgeformt, krumm, so dass sie zweibeinigen Tieren glichen, von Wurzeln und rohem Fleisch lebend. ohne Dach und festem Wohnsitz, in Leinen und Mäusefelle gehüllt, die sie trugen bis sie ihnen als Fetzen vom Leibe fielen, schwerfällig in Gehen, plump, aber zu Pferde von gewaltiger Ausdauer und Wendigkeit, furchtbare Kämpfer durch Bogen und Lasso, treulos und unbeständig, von keinerlei Achtung vor Göttern und Menschen, von unaufrichtiger Rede, unbeherrscht und unersättlich nach Gold. Seit 444 war Attila hunnischer Alleinherrscher von Südrussland bis zur der mittleren Donau. Der Druck auf das Imperium begann zu wachsen. Zwar vermochte der röm. Feldherr Aetius allein mit Hilfe der Westgoten 451 die Hunnen mit ihren Vasallen auf den Katalaunischen Feldern zu besiegen, doch erst nach Attilas Tod wurden seine Scharen von den vereinigten Ostgermanen vernichtet. Auf Attilas Tod hin, im Jahre 453, brach das Hunnenreich rasch zusammen, als die germanischen Verbündeten abbrachen. Franz Altheim schreibt in „Reich gegen Mitternacht“, 1955, 71f: „Es gärte unter den Ostgoten, die man in der Theißebene angesiedelt hatte. Seit der Katalaunischen Schlacht wusste jedermann, dass man Hunnen in freiem Feld bestehen konnte. Jetzt trat der Gepidenkönig, zuvor einer der Getreuen Attilas, auf die Seite der Aufständischen. Mochte er sich einst dem Gewaltigen unterworfen haben, so fand er sich darum nicht bereit, dem Haufen jugendlicher Söhne die gleiche Ehrerbietung zu erweisen. Der Kampf war unvermeidlich geworden. Noch erhielten die Hunnen Zuzug von anderen Germanen - Rugiern, Sueben und Herulern -, doch die Hauptmasse der Stämme trat auf die Seite ihrer ostgotischen und gepidischen Vettern. Zwei Jahre nach Attilas Tod kam es an einem unbekannten pannonischen Fluss zur Entscheidung. Der Sieg, an dem die Gepiden den Hauptanteil hatten, brachte 30.000 Hunnen den Tod. Attilas ältester Sohn befand sich unter den Erschlagenen. Die Sieger teilten sich die Ländermasse, die ihnen zugefallen war. Zweimal versuchten Hunnen, an den Ostgoten, die man als Abtrünnige und entlaufene Sklaven betrachtete, Vergeltung zu üben. Zuletzt schlugen die Ostgoten ihre Feinde derart, dass seitdem, was von den Hunnen übrigblieb, bis heute vor der Goten Waffen mit Schrecken erfüllt ist. Der Hass beider Völker wuchs ins Ungemessene. Die Goten hatten unter sich geschworen, dass kein Vertrag mit den Hunnen jemals gelten sollte. Dem Volk, das die gotischen Lande gleich Wölfen heimgesucht und deren Bewohner zur Arbeit für ihre Herren und Plagegeister genötigt hatte. … Der hunnische Feind, den die gotischen Freiheitskämpfer in Attila sahen, hat in der Sage des germanischen Nordens sich gehalten.“
 
Zuvor waren mehrere gotische Teilverbände vor den Hunnen auf röm. Reichsgebiet ausgewichen, die in den nächsten wechselhaften Jahren in Kämpfe verwickelt, oder als Hilfstruppen genutzt wurden. Eine aus Greutungen und Taifalen bestehende Gruppe erzwang sich den Weg über den Donaulimes. Die Taifalen waren als gute Reiter ein auffällig mobiler und zäher Gotensplitter. Einige siedelte man im Norden Italiens an (Ort: Taivalo), andere in Gallien (Ort: Tiffauges). Der Niedergang des Imperiums nahm seinen Lauf. Schon unter Kaisers Honorius (384-423) kam es zu etlichen Revolten in den Provinzen, die Wirtschaftskraft erlahmte, der antiröm. Druck in Gallien und Britannien verstärkte sich, die weström. Armee zeigte Auflösungserscheinungen, dadurch wurde die vermehrte Aufnahme von Germanen als „foederati“ (bezahlte Vertrags-Soldaten) unumgänglich. Der röm. Heermeister Stichilo, ein halber Vandale, schlug sich mit den Westgoten unter Alarich, der in Griechenland und dann in Italien plünderte. Der Greutunge Radagais fiel in Italien ein, konnte nur mit angeworbenen hunnischen Truppen gestoppt werden. Dann brach Ende 406 die Rheingrenze zusammen, Germanen fluteten in Massen nach Gallien und Spanien hinein; 410 plünderten die Westgoten Rom; zogen weiter nach Spanien und ließen sich, um gesicherte Existenzen zu bekommen, 418 als Föderaten in Gallien ansiedeln und liehen nun eine Weile dem Kaiser ihre Waffen. Auch berittene Truppen der Taifalen, die sog. „Equites Honoriani Taifali Seniores” waren in Gallien stationiert, sie kamen u.a. in Afrika und im Norden Britanniens zum Einsatz. Sie hielten an ihr Identität eisern fest; noch in merowingischer Zeit ist in Gallien ein „pagus theifalia“ (Taifalen-Gau) belegt. Gregor von Tours schrieb Ende des 6. Jhs., die noch heidnischen Taifalen hätten ihren Bischof nicht aus religiösen Gründen ermordet, sondern weil er ihnen vom fränkischen König aufgezwungen wurde.
 
Interessant aus runenwissenschaftlicher Sicht sind die Taifalen nur deshalb, weil die „Notitia Dignitatum“, Kopien des röm. Staatshandbuches, dessen Aufzeichnungen auf Quellen des 4./5. Jh. beruhen, auch die runischen Schildwappenbilder germ. Auxiliartruppen der röm. Heeresverbände vorstellen. Die Listen der vorhandenen Schildmuster der gotischen Taifalen zeigen einen fußlosen, sich im Halbkreis biegenden Drachenwurm, zwischen dessen Schwanzende und Kopf eine Art Ball, oder eine auf der Spitze stehende Ing-Runen-Raute zu sehen ist. Als Ingaevonen, also Verehrer des solaren Gottes Yngvi / Ingwi, bezeichnen der röm. Schriftsteller Plinius der Ältere und Cornelius Tacitus die germ. Nordseeküstenbewohner, wozu auch die Angeln, Jüten, Kimbern, Teutonen und Heruler gehören, doch gerade die Schweden werden von altnord. Quellen als besonders eifrige Ingwi-Verehrer erwähnt, also dürften auch die Goten dazugerechnet werden. Die Taifalen jedenfalls weisen sich als solche durch die -Rune auf ihren Schildemblemen aus. Dass tatsächlich ein Sonnensymbol gemeint sein muss, ersieht man aus vergleichbaren Schildbildern unter „Equitum Cetratiium“ und „Marcomanni“, wo an Stelle der Sonnen-Ing-Rune ein Mondsinnbild erscheint.  Die „Sali“ (Salier / Salfranken) tragen die kursive Form des Schlingenzeichen der  -Rune, in Form einer Kordelschlinge mit einem Punkt in der Schlaufe. Was die „Batauj“ zeigen, könnte die -Rune meinen. Die „Vindices“ vom keltischen Vindobona (Weißes-Dorf), dem heutigen Wien, gehörten vor der röm. Okkupation 15 v.0 zum Keltenreich Noricum. Später saßen dort die suebischen Quaden, so dass unter dem Schildzeichen der Auxiliartruppe „Vindices“ auch germ. Söldner dieser Stämme ihren  Dienst hätten leisten können. Die Odal-Runenschlinge auf ihren Schildwappen steht oberhalb eines Y-ähnlichen Gebildes das an den Kopfenden in zwei gegeneinander gerichteten, spielbildlichen Tierköpfen ausläuft. Es ist ebenso auf den Schildbildern der „Cornuti“, „Marcomanni“, „Batavi“, „Brachati“, „Vindelices“, „Celtae“. Die „Menapi“, gallo-germ. Menapler aus Flandern, Nordbrabant und Niederrhein, führten -Runen rund um den Schildbuckel. „Matiaci“ zeigten das -Symbol, auch „Vindecimani“ und „Gallicani“ gleiches über einem Wildeber. Die „Vesontes“, zu den kelt. Sequanern gehörend, führen -Zeichen mit gerundetem Dach im Schild. Und die „Ascari“ die kursive -Rune. Kaiser Konstantin I. und seine Nachfolger konnten und wollten die „Barbarisierung“ d.h. die Germanisierung des Heer- und bald schon des Verwaltungswesens nicht mehr aufhalten. Kaiser Flavius Claudius Iulianus (331-363), in christl. Quellen „Iulianus Apostata“ (der Abtrünnige), weil er die angestammte Heidenreligion förderte bzw. die feingeistige hellenistische Philosophie des Neuplatonismus hochschätzte, war Neffe „Konstantin des Großen“. Julians mehrheitlich gallo-germ. Truppen rebellierten gegen den christl. Herrscher Constantius II. und riefen Julian 360 zum Kaiser aus. Sein zu früher Tod - vermutlich durch christ. Hand verursacht - verhinderte zwar einen Bürgerkrieg und aber auch die Einschränkung des maßlosen christl. und schließlich päpstlichen Machtanspruchs.
 
Und ebenso in der letzen, endgültigen, blutigen Entscheidungsschlacht, in der das fanatische Christentum des oström. Kaisers über das damals tolerante Heidentum Westroms siegte, gaben wieder Germanen den Ausschlag, es waren die westgotischen Föderaten unter Alarich I. (um 370-410). In der Schlacht am Frigidus (Westslowenien) 394 triumphierte Kaiser Theodosius I. über die letzten politischen Vertreter des röm. Heidentums. Gleichzeitig war das der Todesstoß für das alte Rom, denn die Goten hatten einen hohen Blutzoll für den Sieg gezahlt, sahen sich danach schnöde um die versprochene Belohnung geprellt, sie rebellierten deswegen schon im folgenden Jahr. Zu Recht durfte Alarich von der Falschheit und Undankbarkeit der Römer sprechen. Zuerst zog er nach Konstantinopel, der Hauptstadt des Ostens, um das zu kassieren was ihm zuzustehen schien. Dann nahm er das alte würdige Athen ein und bediente sich schließlich ausgiebig aber höchst gesittet im Sommer 410 an den Schätzen der Stadt Rom.
 
„Der Sturz des Römerreichs war in Wirklichkeit eine der größten Wohltaten, welche das Menschengeschlecht erfahren hat. Denn nun begann Europa sich neu zu beleben und in obwohl langen und erschütternden Entwicklungskämpfen aus der Barbarei zu einem reichgegliederten Organismus selbständiger Nationen sich umzugestalten.“ (Ferdinand Gregorovius, „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter“, 1988, Kap. 25) So hat das germ. Blutopfer zwar einer Neugestaltung den Weg gebahnt, doch geichzeitig einer Religion zum Sieg verholfen, die zum Fallstrick wurde. Der gründlichste Kenner der Völkerwanderungsverhältnisse, Felix Dahn, stellte im Trauerspiel „König Roderich“ (1875) die Kirche als Verräterin des Germanentums dar. Die Zustände des Westgotenreiches wiederholten sich im deutschen Mittelalter: Der Staat gerät in die Hände der Priester, sie machen freie Männer zu Dienern der Kirche, gängeln Könige wie Unmündige, beherrschen den Staat, entnerven ihn, psychotisieren ihn und richten ihn zugrunde. Dahn hat in seinen „Erinnerungen“ (1894) „die ganze welterobernde, staatsbeherrschende, seelenunterjochende Gefährlichkeit der katholischen Kirche“ beschrieben. In seinem historischen Roman „Der Vater und die Söhne“ (1901) stellt er Garding und Gardila vor, zwei westgotisch-heidnische Kämpen, „die nur die Pflicht zur Königstreue kennen, dem Streit zwischen Arianern und Katholiken verständnislos zusehen und in allem Ungemach die Wirkung des Abfalls vom alten Götterglauben erkennen.“ (Hanno Helbling, „Goten und Wandalen“, 1954, S.79)