WÜNSCHE ?

Was könnt’ ich zum Wünschen sagen,
da mich keine Süchte plagen -,
wo ich doch voll Bescheidenheit
still durchwandere meine Zeit ?!

Ohne rechts und links zu schauen,
hab’ abgetan mir Sex und Frauen,
gerad’ wie den Suff, die Völlerei -;
unheilsam gelten mir die Drei.

Schmachte nicht nach Zigaretten,
keinen Braten -, knusprig, fetten,
keinen süßen Schokoladen -;
reizt mich ja kein Feinkost-Laden.

Da ich längst ein Buch besitze,
in `ner eigenen Sauna schwitze,
kein Toupet und Hut mehr trage,
und Seminare nicht befrage.

Da ich nichtmal Wäsche schätze,
meine Haut, ganz frei von Krätze,
Unterkleidung gern verschmäht,
was kein Stutzer je versteht.

Weder Cremes und Salben brauche,
den Bauch in keine Bäder tauche,
keine Tropfen, nicht auch Pillen,
meines Leib’s Bedürfnis stillen.

Auch Lokalrunden verschmähe,
nicht einmal in Kneipen gehe;
kein Kino-Streifen mich verlockt,
bleib’ ich gänzlich ungeschockt.

So sehr bin ich bedürfnislos,
brauch' nicht mehr als Hemd und Hos';
nur ein spartanisch’ Bettgestell,
dazu ein Herz wie Wilhelm Tell.

Dazu auch meine Frohnatur,
sowie des Denkens sichere Spur.
Das wär’ mein Bild des Überblicks:
Brauche nichts und gebe nix !

Leb’ also frei-fromm voller Wonne,
wie ein Diogenes mit Tonne -;
wer geistig gute Speisen hat,
ist von fast allem anderen satt !
 
Bild: Diogenes von Sinope (391/399 v. 0) war ein in Askese lebender Philosoph in Athen und Schüler des Antisthenes (und dieser wiederum ein Schüler des Sokrates). Völlige Unabhängigkeit des Menschen von der Außenwelt und allen konventionellen Verhältnissen soll für ihn eine Bedingung der wahren Tugend gewesen sein. Als bekanntestes Merkmal gilt sein Leben in einer Tonne.