KIRCHEN-GÄNSE
 
Im Grunde bleibt die Welt sich gleich,
gleich jeden Dorfes Gänseteich.
Der Tod schwingt seine Sense,
und schnattern tun die Gänse.
 
Damit der Teich sich neu belebt,
der Storch die frischen Kindlein hebt,
doch um den Rand von Teichen,
stets schlaue Füchse schleichen.
 
Warum zieht's den Fuchs zur Gans,
warum Tanzmeister hin zum Tanz ?
Weil sich die Gänse fügen,
dem Taktstock und den Lügen.
 
Mit Gänsen ist’s ein leichtes Spiel,
da kommen Füchse rasch ans Ziel.
Dies‘ ist vor allen Dingen,
am Teich das Magenfüllen.
 
Gar viele Masken trägt der Fuchs,
wechselt den Balg, je nach Bewuchs.
Zumeist fängt er die Doofen,
mit Bibel-Pfaffen-Strophen.
 
Und alle Gänslein drängen sich
um ihrer Kirche Messwein-Tisch.
Sie sind leicht zu befrieden,
mit Lug und Trug hienieden.
 
Die Kirchen-Gänse spenden frei,
sie glauben sich so fromm dabei,
und das ersetzt das Denken,
die Füchse aber lenken !
 
Karikatur „Leichtgläubigkeit der Frauen“ - In „Deutsche Reichsbremse - Organ für politische-satyrische Sticheleien“, 1849-1851 -
 
Quelle:  Eduard Fuchs, „Die Frau in der Karikatur“, 1928