ROTKÄPPCHEN

Rotkäppchen hat man mich genannt,
so bin ich weit bekannt im Land;
manch einer meint - das ist nicht schlimm -
ich sei ein Kind der Brüder Grimm.

Das ist zwar überhaupt nicht richtig,
doch eigentlich auch nicht so wichtig.
Die Brüder waren zwar famos,
doch völlig kind- und frauenlos.

Von mir erfuhren sie zumal
durch Viehmanns Frau aus Baunatal,
die sprach von mir in ihrem Haus,
und gab mich als ein Märchen aus.

Das Brüderpaar hat das geglaubt,
als ein’ Bericht -, uralt verstaubt -,
jedoch die Wahrheit ist ganz anders,
wie die des Feuersalamanders.

So wie das Tier kein böses ist,
so litt ich nicht an Schicksals List;
mein Märchen wurde falsch erzählt,
mich hat kein böser Wolf gequält.

Ich wurde auch nicht aufgefressen.
Kein wahrer Weiser weiß wohl wessen
verrückter Einfall dieses war -;
stammt er vom Kassel’er Brüderpaar ?

Die Märchentante tät sich irren,
die vielen Märchen sie verwirren -;
mein Ding war ’ne Erfolgsgeschichte,
von der ich erstmals jetzt berichte:

Ich war ein früh erblühtes Kind,
trank Apfelkorn und auch Absinth,
schlitterte dann in schlechte Kreise
und machte Kohle auf der Schneise.

Deshalb trug ich das rote Käppchen,
war im Milieu das feinste Schnäppchen;
ich schaffte an, ganz sittenlos,
ich wollte Männer nur und Moos.

Und dann begegnete ich Rolf,
ein wirklich superscharfer Wolf;
gleich griff er frech mir ans Gewinde,
und biss wie irre in die Binde.

Ich hatte vor ihm manchen Specht,
einige klopften gar nicht schlecht,
dabei war auch ein Sittenstrolch,
selbst ein perverser Lustmordmolch.

Doch alle diese, Mann für Mann,
nicht einer kam an Wolf heran;
er war der Spitzen-Superknüller,
mein absoluter Wunscherfüller.

Wir trieben es an jedem Ort,
im Wald-Café auf dem Abort,
in meiner Omas Speisekammer;
mein Wolf war der Granaten-Hammer.

Wir trieben auch Erotik-Scherze,
es war an einem Tag im Märze;
mein Wolf zog Omas Häubchen auf,
an eines Waldbachs Oberlauf.

Das Picknick-Körbchen trug ich mit,
mit Wein und einem Sekt-Verschnitt,
dazu ein wenig Obst mit Kuchen,
das wollen wir hernach versuchen.

Da überraschte uns der Förster,
der Schwadroneure ärgster Erster,
der schwärzte uns beim Amte an,
fürwahr, er war kein Edelmann.

So kam damals die Mär ins Rollen,
vollkommen gegen unser Wollen.
Und dass das nicht geschwindelt ist,
könnt Ihr ergründen als Tourist.

Fahrt nur nach Freyburg an die Unstrut,
zu Kloss & Foerster’s feinem Sekt-Gut,
und trinkt Rotkäppchen's leckeres Nass,
am kunstvoll größten Cuvéefass.
 
PS: ROTKÄPPCHEN-SEKT -- Die Gebäude in der Freyburger Sektkellereistraße 5 sind ein Industriedenkmal allerersten Ranges. Beeindruckend ist der 1893 erbaute, rund eintausend Quadratmeter große Lichthof mit seinem freitragenden Glasdach, eine architektonische Sensation. Auch die Keller von 1887 sind sehenswert; fünf Stockwerke tief reichen sie in das Muschelkalk-Gestein hinunter und bietet 13 000 Quadratmeter Platz. Im 1896 angebauten Domkeller steht das Prunkstück: Das größte geschnitzte Cuvéefass Deutschlands. Das riesige Fass wurde 1896 von dem Küfer Georg Feldmann aus dem Holz von 25 Eichen erbaut. Fortan konnten 120 000 Liter Wein auf einmal vermischt werden, die jeweils 160 000 Flaschen einer Sektsorte füllten. - 100.000 Besucher pro Jahr !