11.08.2023

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Der Zodiak von Dendera, ungefähr 50 v.0 geschaffen, also in einer Zeitspanne der Runen-System-Entwicklung. Der Tempel liegt ca. 60 Kilometer nördlich von Luxor und war den ägyptischen Göttern Hathor, „die sanfte Kuhäugige“ und Gottesmutter Isis geweiht. Die originale Darstellung der Sternbilder der nördlichen Hemisphäre mit allen zwölf auch heute noch bekannten Tierkreiszeichen befand sich an der Decke des Mittelraums der nordöstlichen Anlage des Tempels. Unter Napoleon I. wurde das Relief von einem Franzosen ausgesägt und nach Paris verschleppt und ist heute im Pariser Museum „Louvre“ ausgestellt. Vier Frauen und vier Paare von Figuren mit Falkenkopf, die in einem Winkel von 45 ° zueinander angeordnet sind, halten die Himmelsscheibe hoch, deren äußerster Ring 36 Figuren enthält, die die 36 Sternchen darstellen, mit denen die beiden geteilten 36 vierzigminütigen „Stunden“ verfolgt wurden, die ägyptische Nacht, sowie die 36 zehntägigen „Wochen“ (Dekane) des ägyptischen 360er Rundjahres (mit Ausnahme der 5 Resttage). Das Quadrat der Gesamtskulptur ist nach den Wänden des Tempels ausgerichtet.

Nach Angaben des Louvre wird er auf 51 v.0 geschätzt, als Ptolemaios XII. (Theos Philopator Philadelphos Neos Dionysos) ihn neu anlegte, wie die Krypten des Unterhauses zeigen. Die Darstellungen stammen teilweise aus der Regierung der Königin Kleopatra, die auf der äußeren Hinterwand des Tempels zusammen mit ihrem Sohn Cäsarion, der von Julius Cäsar gezeugt wurde, in 4 m hoher Gestalt abgebildet ist. Die Vorhalle des Tempels, die den zweiten Tierkreis enthält, wurde zwischen 32 und 37 n.0 von den Bewohnern Tentyras unter Kaiser Tiberius errichtet. Die Wandskulpturen des hinteren Tempels sind in der Regierungszeit von Kleopatra und Augustus, die des Pronaos unter Tiberius, Caligula, Claudius und Nero angefertigt worden.

Aus der Zeit der Ptolemäer, dem 1. Jh. v.0, stammen Vorstellung und Bild des Sternenhimmels im gut erhaltenen altägyptischen Hathor-Tempels (in der Nähe des heutigen Dendera), einer Osiris gewidmeten Kapelle. Es stellt den Himmelskreis dar, welcher von 12 Sternbildern gefüllt und von 36 Bildgestalten umrundet wird. Der Apollopriester und Autor vielgelesener Bücher, Plutarch, berichtet in „Iside et Osiride“ von der Anschauung der Pythagoreer folgendes: „Die sogenannte Tetraktys [„Vierheit“], die aus 36 besteht, galt bekanntlich als der höchste Eidschwur und wurde Welt genannt, weil sie entsteht aus der Verbindung der ersten geraden und ungeraden Zahlen.“ Die 4 als Zahl der Welt-Elemente und mithin als eine Art Basiszahl erschien den zahlenspekulierenden Pythagoreern als hochbedeutsam. Sie addierten die ersten vier ungeraden Zahlenwerte (1+3+5+7) mit den ersten vier geraden Ziffern (2+4+6+8) und erhielten 36. Und 36x3=108, die heilige Zahl ostasiatischer Kulte, die auch in der Ornamentenrechnung des Sonnen-Diskus vom germ. bronzezeitlichen (ca. 1.500 v.0) „Sonnenwagen von Trundholm“ (aus einem Opfermoor westlich von Kopenhagen) dreimal erscheint.

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Der Dendera-Zodiakus ist eine der am besten erhaltenen antiken Darstellungen der beobachtbaren Sterne. Obwohl er viele der heute bekannten Tierkreissymbole enthält, ist er eher als Sternenkarte denn als astrologisches Diagramm zu bezeichnen. Sie zeigt alle fünf Planeten, die den alten Ägyptern bekannt waren, in einer Ausrichtung, die einmal alle tausend Jahre stattfindet, sowie eine Sonnen- und Mondfinsternis. Die Ausrichtung der Planeten ermöglicht es Astrophysikern, den abgebildeten Himmel auf die Zeit zwischen dem 15. Juni und dem 15. August 50 v. Chr. zu datieren. […]

Bei der Gruppe der griechischen Sternbilder muß man in Rechnung stellen, daß sie ikonographisch verändert (ägyptisiert) sein können. Wieweit diese Veränderungen gehen können, kann man sehr gut bei den zwölf Zodiakalbildem erkennen: Der Krebs ist ersetzt durch einen Skarabäus, die Zwillinge sind die Götter Schu und Tefnut, der Wassermann ist der Nilgott Hapi und die Waage zeigt zusätzlich noch den jugendlichen Sonnengott in einer Sonnenscheibe. Andere Sternbilder zeigen weit weniger auffällige Verfremdungen. In all diesen Fällen gibt es jedoch zwischen der griechischen und der ägyptischen Darstellung hinreichende Gemeinsamkeiten, die eine Identifikation an keiner Stelle fraglich erscheinen lassen. Genau diese gemeinsamen ikonographischen Merkmale sollten auch das Kriterium für weitere Identifikationen sein, methodisch unzulässig ist es, nur auf Grund einer ähnlichen Position ein in der Darstellung völlig anders aussehendes Sternbild auf den beiden Tierkreisen von Dendara mit einem der griechischen Sternbilder gleichzusetzen. Im Klartext: Selbst wenn, wie unten bei G.a immerhin möglich, ein Sternbild auf einem der beiden Tierkreise von Dendara annähernd aus den gleichen Sternen wie ein griechisches Sternbild zusammengesetzt sein sollte, kann man trotzdem nicht von einer Identität sprechen. Was aus astronomiehistorischer Sicht vielleicht wie Haarspalterei aussieht, ist es unter einem kulturhistorischen Blickwinkel nicht. Zu sagen, daß der falkenköpfige Gott in einer Barke (unten G.a) der griechische Schlangenträger mit der Schlange (Ophiuchus und Serpens) ist, impliziert, daß man sich unter dieser ägyptischen Figur den von Zeus an den Himmel versetzten Asklepius mit der Schlange vorzustellen habe - wofür es nicht den geringsten Hinweis gibt. Um den Unterschied noch einmal an zwei konträren Beispielen deutlich zu machen. Wenn auf den beiden Tierkreisen die Wasserschlange (Hydra = Ab.) und der Rabe (Corvus = Ad.) dargestellt sind, so impliziert dies die griechische Vorstellung von der Schlange, die die Quelle austrinkt, zu der Apollon seinen Raben zum Wasserholen sendet. Dagegen könnte man trotz unbestrittener Identität von Sothis (S.) mit a Canis maioris niemals von einer Identität der ägyptischen Sothis mit dem griechischen Sternbild „Großer Hund“ sprechen, da in beiden Kulturkreisen ganz verschiedene Konzepte damit verbunden sind (Sirius als Hund des Jägers Orion und Isis-Sothis als Gattin des Osiris-Orion). Noch ein Wort zu dem lateinischen Liber Hermetis: Wie die nachfolgende Aufstellung zeigt, werden bei Gundel 1936 fast alle Sternbilder des runden und rechteckigen Tierkreises und auch eine Vielzahl der hier nicht besprochenen Dekane mit irgendeinem Sternbild des lateinischen Traktates identifiziert. Dies ist in einigen Fällen völlig überzeugend (z.B. bei Ac.), in anderen aber weit weniger - was die immer wieder durchscheinende Skepsis bei Hübner, Grade und Gradbezirke verständlich macht. Ein vernünftiger Mittelweg könnte darin bestehen, Gleichsetzungen nur dann zu akzeptieren, wenn Ikonographie und Position nachvollziehbar übereinstimmen, aber darauf zu verzichten, wenn man dafür alle möglichen Textverderbnisse annehmen müßte. Zuletzt müßte man zugestehen, daß auf den beiden Tierkreisen von Dendara natürlich auch Sternbilder dargestellt sein können, die keinen Eingang in die griechische und lateinische Tradition gefunden haben, zu denen man also außer einer ungefähren Positionsangabe nichts aussagen kann. Die Betonung liegt in letzterem Satz auf dem Adjektiv „ungefähr “. Es handelt sich etwa bei dem rechteckigen Streifen des Pronaos keineswegs um eine exakte Himmelskarte (z.B. im ekliptikalen Koordinatensystem), hiergegen sprechen eine ganze Reihe von Argumenten:

(1.) Durchaus vorkommende Unterschiede in den Positionen auf dem rechteckigen und dem runden Tierkreis (z.B. bei H.).
(2.) Die Zusammenlegung des inneren und mittleren Kreises zu einem einzigen Band auf dem rechteckigen Tierkreis (vgl. unten Abschnitt 6) macht dies prinzipiell unmöglich.
(3.) Ägyptische Darstellungskonventionen verbieten eine allzu naturalistische Wiedergabe der Sternbilder (als Beispiel diene die Wasserschlange (Hydra), die auf dem westlichen Travee weniger als ein Sechstel des ganzen Streifens einnimmt, d.h. weniger als 30°, obwohl sich das Sternbild über gut drei Tierkreiszeichen, d.h. mehr als 90° erstreckt, also bei der Annahme einer präzisen Himmelskarte mehr als die Hälfte des Travees umfassen sollte).
(4.) Auch der Ausweg, an genaue Aufgangszeiten zu denken, die durch die Stunden göttinnen markiert sein könnten, ist verbaut: (a) Es stehen häufig zwei Stundengöttinnen direkt nebeneinander, was dafür spricht, daß sie nur ungefähr an freien, sozusagen stemarmen Positionen dargestellt wurden, (b) Orion geht gut 1 3/4 bis 2 Stunden vor Sirius auf (siehe unten bei R.), was - gerade im Sommer - eine Differenz von mindestens zwei, eher schon drei ägyptischen Nachtstunden entsprechen müßte. Dargestellt sind die beiden Sternbilder - der Tradition entsprechend - jedoch unmittelbar nebeneinander in Begleitung der Göttin der 12. Nachtstunde. (Christian Leitz, „Die Sternbilder auf dem rechteckigen und runden Tierkreis von Dendara“, Originalveröffentlichung in: Studien zur altägyptischen Kultur 34, 2006, S. 285-318)

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Der Große Wagen als Stierschenkel in der Himmelsmitte

Mesechtiu ist der Name einer bereits im Alten Reich bezeugten altägyptischen Himmelsgottheit vom Sternbild des großen Wagens. In der neuägyptischen Sprache änderte sich die hieroglyphische Schreibung des Ausdrucks. Zusätzlich wurde im Neuen Reich in Verbindung mit dem altägyptischen Totenbuch der Begriff des Sternbildes „Mesechtiu“ teilweise durch „Chepesch“ ersetzt.

Mythologische Verbindungen

Mit Beginn der 2. Dynastie symbolisierten Horus und Seth „die beiden Länder“ Unter- und Oberägypten, deren Vereinigung mit dem „Vereinigungsfest der beiden Länder“ jeder König bei Amtsantritt feierte.

Altes Reich bis Neues Reich

Der König (Pharao) sah sich im frühen Alten Reich als Verkörperung des von Horus und Seth personifizierten Königtums. Im Alten Reich verweisen die Titel von Mesechtiu „Er ist der, der den Untergang nicht kennt“ und „Der Unvergängliche“ auf die mythologische Rolle sowie die Zuordnung zum Wüstengott Seth, da ab dem Alten Reich der astronomische Umstand eintrat, dass das Sternbild des Seth als einzige Konstellation des Himmels nicht unterging. Mit Beginn der 4. Dynastie übernahmen diverse Himmelsgottheiten die Rolle des Boten und Vorbereiters für den Himmelsaufstieg des Königs: „Siehe, der König steigt auf, siehe der König kommt. Er kommt aber nicht von selbst. Eure Boten sind es, die ihn gebracht haben, das Wort des Gottes hat ihn aufsteigen lassen.“
– Pyramidentext 262[3]

Im Mittleren Reich trat Mesechtiu gemeinsam mit Sah, Gott des Sternbildes Orion, in Erscheinung, um den Thron des verstorbenen Königs vorzubereiten, den er nach seinem Himmelsaufstieg einnahm. Mesechtiu gehörte zudem mit Sah zu der Schiffsbesatzung der Himmelsbarke, die den verstorbenen König zu seinem Himmelsthron brachte. Entsprechend galt Mesechtiu als „Begleiter der Verstorbenen zum westlichen Horizont“.

Im Neuen Reich gehörte Mesechtiu zu jener Göttergruppe, die „die Geheimnisse des großen Gottes der Duat überbringt“. Die unendliche Lebenszeit des Königs wurde mit der des nie untergehenden Mesechtiu gleichgesetzt. Als Sternbild wurde er in den „nördlichen Himmel“ verortet, das „nicht in die Duat eintreten konnte, da dort Re als helle Himmelsgottheit wacht“. Im Verbund der neun Sechet-iaru-Gebietsgottheiten nimmt Mesechtiu den dritten Platz ein.

Spätzeit bis Griechisch-römische Zeit

Während der Spätzeit „lässt Mesechtiu Apophis nicht in den nördlichen Himmel, während Sah Apophis im südlichen Himmel bindet“. In der griechisch-römischen Zeit wird Mesechtiu in unklarem Zusammenhang als Schöpfungsgottheit aufgeführt, die bei der „Erschaffung der Welt“ mitwirkte. Seine positiven Eigenschaften sind jedoch in das Gegenteil verkehrt.

Mesechtiu gilt in seiner Eigenschaft des Seth als „Feind des Sah (Osiris), der von Isis als Sopdet gefesselt daran gehindert wird, in die Duat einzutreten“.

Der Verstorbene erblickt Mesechtiu am „Tag des Zurückhaltens“ gegenüber von Sah stehend, wobei Sah als Gottheit des Sternbildes Orion im südlichen Himmel auftritt, während Mesechtiu gleichbedeutend für den nördlichen Himmel steht. Entsprechend lautet ein weiterer Titel: „Er ist der, der im nördlichen Himmel ist“. In anderen Texten heißt es: „Isis fesselt als Ipet den „Stierschenkel am nördlichen Himmel“, um zu verhindern, dass er in die Duat hinabfällt“. In Verbindung zum selbigen Sternbild Chepesch gilt Mesechtiu ebenfalls als Feind:

„Thot schneidet den Schenkel (Chepesch) des Seth ab und hebt ihn hoch in die Mitte des Himmels. Die Messerdämonen Chatiu bewachen ihn, den Mesechtiu des nördlichen Himmels und Reret hält ihn fest.“ – Esna IV, 400

Darstellungsformen und weitere Titel

Im Mittleren Reich tritt Mesechtiu mit erhobenen Armen als stehende Gottheit auf, die ein Seil festhält; ab dem Neuen Reich ohne Seil und mit herabhängenden Armen sowie als stehende Mumie. Mit Beginn der griechisch-römischen Zeit ändert sich die Ikonografie erneut. Mesechtiu wird nun als Stier oder mit ovalförmigem Stieroberkörper dargestellt.

Er führt als weitere Titel die Bezeichnungen: „Iti-Mesechtiu“, „Per-em-Mesechtiu“, „Sebau-sefeh-nu-Mesechtiu“ und „Ka-nechet-Sah-Mesechtiu“.