DIE WASSERKUR

Sebastian Kneipp war eben Christ,
so wie ein Christ ein Christ wohl ist,
der mit beschränktem Horizont,
rein gar nichts andres werden konnt’.

Zum Priester hat man ihn gemacht,
gern lief er in der schwarzen Tracht,
doch mehr als seinem Vatikan,
war er dem Leibe zugetan.

Er war ein Bursch’ von Ur-Natur,
und er erfand die „Wasserkur“,
als rauer, strenger Krankenwärter:
„Was nicht umbringt, machet härter !“

Das Krankheitsgift im Körperhaus,
treibt oft die Radikal-Kur aus -,
so lehrte Kneipp in seiner Zeit -,
die Medizin war noch nicht weit.

Des Baches Wasser -, kalte Luft,
warf machen Siechen in die Gruft.
So hat sich Kneipp zwar auch verpeilt,
wer’s überlebte war geheilt.

Wer aber sich als schwach erwies,
die „Wasserkur“ sein Licht ausblies,
den schickte Kneipp zum Himmelsvater,
dem allerbesten Heils-Berater.

Die „Wasserkur“ im milden Gange,
ist bis heute noch im Schwange,
denn mancher der die Kraft vermisst,
wohl einfach nur verzärtelt ist.

Hat wer Probleme beim Sichbücken,
hilft ein Blitzguss auf den Rücken.
Beim müden Bein hilft Wassertreten,
mehr jedenfalls als Kirchen-Beten.

Auch manch’ anderer Kneipp’sch Rat,
ist bis zum Tage noch probat !
Heilkräuter sind nie zu verachten,
die vielen Kranken Heilung brachten.

Uneingeschränkt ist Kneipp zu ehren,
mit all seinen Gesundheitslehren,
Verweichlichung ist niemals gut,
zum starken Leben braucht man Mut !

 
Sebastian Anton Kneipp (1821-1897), geboren in Stephansried, war ein Wörishofner Kleriker und Wasserkurarzt (Hydrotherapeut) und Begründer der Kneipp-Medizin. Er kam aus armen Verhältnissen, musste schon als Kind am Webstuhl sitzen und das Vieh hüten. Sein Elternhaus war abgebrannt, als es seinen Heimatort verließ und eine Anstellung als Knecht erlangte. Ein weitläufiger Verwandter nahm sich des begabten Jungen an, unterrichtete ihn in Latein und bereitete ihn so auf die Oberschule vor. In Grönenbach lernte er auch den evangelisch-reformierten Ortspfarrer und Botaniker Christoph Ludwig Köberlin kennen, der ihm manche heilkundigen Grundkenntnisse beibrachte. In Dillingen begann Kneipp sein Studium der Theologie. Wie viele damals, erkrankte Kneipp an Tuberkulose und las zufällig das Buch „Unterricht von der Heilkraft des frischen Wassers“ von Johann Siegmund Hahn. Das animierte ihn, mehrfach einige Augenblicke in der eiskalten Donau zu baden, wovon er überzeugt war, davon wieder gesund geworden zu ein. Tägliche Wasseranwendungen wurden zum festen Bestandteil seines Lebens. Schließlich erhielt er die Priesterweihe und einige Stellen als Kaplan. Widerstände kamen auf ihn zu. Im Februar 1853 kam es zur ersten Anzeige wegen Kurpfuscherei. Beim Ausbruch der Choleraepidemie in Oberbayern und Schwaben werden Kneipp die Heilung von zweiundvierzig erkrankten Personen zugeschrieben, sodass er den Namen „Cholera-Kaplan“ erhielt. Als Beichtvater im Dominikanerinnen-Kloster zu Wörishofen leistete er hervorragende Arbeit, indem er die Frauen in sinnvolle Tätigkeiten einwies. Wegen seiner umstrittenen Methoden wurde Kneipp mehrere Male von schulmedizinischer Seite verklagt. Trotzdem kamen zu ihm Hilfesuchende aus allen Bevölkerungskreisen -, Wörishofen entwickelte sich dadurch zum Kurort. Kneipp verfasste sein Buch Meine Wasserkur, das 1886 erschien. Sein zweites Buch trägt den Titel So sollt ihr leben !“ Trotz aller Erfolge hörten die Anfeindungen gegen Kneipps Ideen und Einrichtungen nie auf. Kneipp hielt viele öffentliche Gesundheitsvorträge, in denen er mit vollem Recht gegen die moderne, krankmachende Lebensweise wetterte. 1894 zeigte Kneipp erstmals Anzeichen von Schwäche, im Laufe der folgende drei Jahre verschlechterte sich sein Zustand, schließlich wurde bei ihm ein schnell wachsender Unterleibstumor diagnostiziert. Er ließ sich weiter mit seinen Methoden behandeln und lehnte einen operativen Eingriff strikt ab. Er starb am 17. Juni 1897 im Alter von 76 Jahren. Sein unbestreitbar bleibendes Verdienst ist es, für eine gesunde und tapfere Lebensweise - im aufopfernden Dienst für die Kranken - geworben zu haben.
 
Abbildungen: 1. = Sebastian Kneipp - 2. = Abbildung: Seite aus meinem Lehrheft „Kneipp’sche Blitze und Güsse“ (1974), welche die Strichführung des Blitzgusses aufzeigt.