RICHARD WAGNER
 
Ein Wunderbarer, ein Wodan-Sohn,
ein Götterliebling ist uns erwachsen.
Es sitzt auf erhabenem Skalden-Thron,
der Richard Wagner aus Sachsen.
 
Was wäre Mythos, wenn er nicht lebt,
wenn er verdämmert im Pergament,
kein junger Geist ihn zu Tage hebt,
die Muhme allein, welche Sagen kennt.
 
Ein Starker schlürfte vom Saga-Born,
gut hat Wagner die Wala belauscht,
er spürte des Goldes niederen Zorn,
der die Mächtigen allzeit berauscht'.
 
Des Goldes Fluch in Alberichs Ring,
vermochte das Heil stets zu stören,
das gilt jeder Macht als unwertes Ding,
die vom Golde ließ sich betören.
 
Das spürte Wagner am eigenen Leib,
die Geldschuld hat ihn getrieben.
Dagegen nur setzte er Wille und Weib,
seine Kraft zum unbändigen Lieben.
 
Dieser Schaffer war ein Schöpfer-Titan,
eine Bühnenwelt ließ er erstehen,
sein Musikerherz glich einem Vulkan,
wollte Tiefen und Höhen verstehen.
 
Kein Edler findet allein seinen Weg,
ihm stehen auch Edle zu Seiten,
eines Königs und einer Gräfin Beleg,
konnten Wagner zum Siege geleiten.
 
Zum Sieg im Bayreuther Festspielhaus,
gegen Neider und Nattern erstritten,
klatschten die Edlen rundum Applaus,
und Wagner, wie Siegfried, inmitten.

 

Richard Wagner (1813-1883) aus Leipzig, war Komponist, Dichter, Schriftsteller, Theaterregisseur, Dirigent. Seine Musikdramen stellen etwas völlig Neues dar, denn Handlung mit Musik, Dichtung und Sinnaussage vollendet zu verbinden hatte es vorher nicht gegeben. Als erster Komponist gründete er Festspiele in dem von ihm geplanten Bayreuther Festspielhaus. Seine Neuerungen in der Harmonik beeinflussten die Entwicklung der Musik bis in die heutige Zeit. Sein Buch „Das Judentum in der Musik“ muss heute dafür herhalten, ihn als Antijudaisten zu bezeichnen. Ob er mit seiner darin geäußerten Kritik die Grenzen einer berechtigten Kritik überschritt, vermag ich als Nichtfachmann nicht zu beurteilen. Sein geliebter Stiefvater, der Dichter und Schauspieler Ludwig Geyer, beeinflusste Wagner nachhaltig. Nach dessen frühen Tod fand der vaterlose Knabe einen Halt in seinem Onkel Adolph Wagner, einem Philologen mit umfangreicher Bibliothek, der Werke von Sophokles übersetzte und mit Goethe im Schriftwechsel stand. Diese Anregungen veranlassten Wagner schon als Schüler ein dramatisches Werk zu schreiben und sich der Musik wie dem Theaterbetrieb zu ergeben. Er studierte Musik an der Universität Leipzig. Sein Freiheitsgeist scheint sich am damaligen Aufstand der Polen entzündet zu haben. Seine früh entwickelten schriftstellerischen Talente zeigte ermit Aufsätzen wie „Die Deutsche Oper“. 1835 arbeitete er an der Oper „Das Liebesverbot“ und leitete bereits die zweite Magdeburger Spielzeit. 1837 wurde er Musikdirektor in Königsberg, 1837 Kapellmeister in Riga. Schulden trieben den zumeist über seine Verhältnis lebenden Künstler - zusammen mit seiner jungen Frau - auf stürmischer Meerfahrt über norwegische Häfen nach London und Paris. In ärmlichen Verhältnissen lebend, lernte er, nahm vielerlei Eindrücke auf und war unablässig an seinen Werken tätig. In diese Zeit fiel auch seine Beschäftigung mit Ludwig Feuerbachs Religionskritik und sozialistischen Theorien, die dem mittellosen „Pumpgenie“ (Thomas Mann) entgegen kommen mussten. Die Frage nach dem Recht auf Eigentum und der zerstörenden Macht des Geldes/Goldes, beschäftigte nicht nur Wagner zeitlebens, es handelt sich dabei um das versteckte Zentralthema des deutschen Mythos des „Nibelungenliedes“ überhaupt. Aus dem römischen Gold erwuchs die mörderische Macht des imperialen Roms, die die Altdeutschen dem Untergang nahe brachten. Das Gold entzweit und vergiftet, korrumpiert die Menschenseelen. Der Fluch des Goldes bringt, unter der Metapher des Alberich-Ringes und des „Rheingoldes“, dem „Drachen“, den Nibelungen, dem Siegfried, schließlich den Burgundern den Tod. Diesen antikapitalistischen Impuls hat Wagner in seinem Opernzyklus „Der Ring des Nibelungen“ bewusst beibehalten und ausgebaut. Er arbeitet daran im Zeitraum von 1848 bis 1874. Im Jahr 1849 beteiligte sich das revolutionäre Genie zwar kaum aktiv am „Dresdener Maiaufstand“, doch wurde er nach dessen Niederschlagung steckbrieflich gesucht und floh nach Zürich, wo er u.a. „Die Kunst und die Revolution“ schrieb. Auf mehrwöchigen Bergwanderungen in der Einsamkeit von Hochgebirgslandschaften und der erhabenen Gletscherwelt erschienen ihm die idealen Szenenbilder für seine grandiose „Ring-Dichtung“ im Geiste. 1861 war er wieder in Paris, um die erfolglose französische Fassung seines „Tannhäuser“ einzustudieren. Es folgten turbulente Jahre des Reisens, des Schaffens und der emotionellen Erschütterungen. Private Gläubiger und die Steuerfahndung setzten ihm zu. Seine Rettung aus größter finanzieller Not und persönlicher Verzweiflung gewährte ihm 1864 der junge idealistisch gesinnte König Ludwig II. von Bayern. Ganz zweifellos rettete dieser wunderbar feinsinnige Potentat das Genie Wagner vor dem Untergang. Der Künstler wurde Lieblingskomponist des Königs, auch sein Freund und Berater. Wagners große Liebe zur verheirateten Liszt-Tochter Cosima brachte manche üble Nachreden und Anfeindungen mit sich. Im Jahr 1871 wählte Wagner Bayreuth als Festspielort und kündigte erstmals Festspiele zur Aufführung des „Ring des Nibelungen“ an. Die wunderbar gebildete und weltkundige Frau Marie („Mimi“) Gräfin von Schleinitz-Wolkenstein setze sich zeitlebens enthusiastisch für die Förderung Wagners ein. 1874 bezogen Cosima und Richard Wagner das „Haus Wahnfried“ in Bayreuth und arbeiteten fortan an der Entwicklung und Vervollkommnung der Idee des Festspielhauses. In Anwesenheit von Kaiser Wilhelm I. begannen am 13. August 1876 die ersten „Bayreuther Festspiele“ mit der „Ring“-Aufführung. 1881 reiste der gesundheitlich angeschlagene Wagner wegen des warmen Klimas mit seiner Familie nach Sizilien. Am 13. Februar 1883 in Venedig erlitt der Meister heftige Herzkrämpfe und verstarb in Cosimas Armen. Seine letzten Texte waren: „Über das Weibliche im Menschlichen“.