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Radbod_Friesenkönig.JPG
 
RADBOD
König der Friesen
 
 Ein grauer Morgen, der Herbststurm weht,
er peitscht die Wasser im nahen Fleet.
Bei den knorrig-verbogenen Weiden,
da warten die Pfaffen im römischen Tuch.
„Heut’ will sich der Radbod entscheiden:
Vernichtung den Heiden, Bannstrahl und Fluch,
das soll uns der Fürst jetzt beeiden !“
 
Bald wird er zertreten, der Friesen Spott,
es beugt sich ihr König dem Christengott.
„Hier mag er die Taufe empfangen -,
Mondzeichen wie Wetter gelten ihm gleich.“

Schon künden ihn Fahnen und Stangen,
er naht mit Gefolge über den Deich.
„Erfüllung fand Beten und Bangen !“
 
Der Bischof, mit schmalem, wölfischem Blick,
wirft hastig die Schafspelzkapuze zurück:
„Beim gütigen Christ - Jetzt wogt sie heran.“
Die brodelnde Menge gibt Einem Raum -,
da schreitet der stolze, gewaltige Mann,
dieser Friese, so hoch wie der Eichenbaum.
Ein neuer Vasall, den die Kirche gewann ?
 
Die mönchischen Knechte stehen bereit,
dem Radbod zu helfen ins Täuflingskleid.
Ungläubig, sprachlos, im weiten Rund
harrt das Landvolk der Fischer und Bauern,
mit brennenden Augen - die Herzen wund,
im entsetzten, im heillosen Trauern.

Zerbricht nun der trutzige Friesenbund ?
 
Von Böen zerrissen, erstirbt der Choral;
wer kennt eines Königs Entscheidungsqual ?
Forschend schaut er über die Fremden hin,
sieht die huldvoll-höhnischen Mienen.

Bringen Buße und Taufe wahrhaft'gen Gewinn,
soll er wirklich dem Römergott dienen ? -
Da erwacht sein friesischer Eigensinn:
 
„Bischof, sag an - lasse Lüge und List -
eine Frage, die vordem zu klären ist.
Du versprachst mir im Tode ein seliges Leben,
in goldprunkend-himmelsmächtiger Halle,
dein Gott wolle geistige Schätze mir geben -,
wo aber fänd' ich die Ahnen alle ?
Dies' gestehe mir, ohne zu beben !“
 
Da tritt der Kirchenmann dicht auf ihn zu:
„Fürst, preise dich glücklich, Erster bist du !
Die anderen vor dir, die Missetäter,
die brät man im höllischen Feuer.
Deine verblendeten Vettern und Väter,
war’n heidnisch verworfene Ungeheuer -,
zur Verdammnis geschickte Verräter.“
 
Ein Ruck fährt durch die hohe Gestalt,
Seine mächtige Stimme den Sturm überschallt:
„Dann bleibe ich Heide -, des Odins Sohn -,
denn die Meinen kann ich nicht missen.
Ich verzichte auf euren nichtswürdigen Lohn,
lieber werd’ ich von Flammen zerbissen !“

Und die Friesen brüllten im lachenden Hohn.
 
„Mit den Geistern armseliger Christen,
wie könnt’ ich da feiern und fristen ?
Wo die Wackeren, Weisen beisammen sind,
ob in Walhalls Licht - ob im Flammental,
dort will ich weilen mit Vater und Kind,
sei's die Hölle oder des Odins Saal -,
will seh'n, was die Norne mir spinnt !“
 

 
Radbod ließ sich nicht taufen !
 
Als der (un)heilige Wolfram die Friesen zum Christentum zu verführen versuchte, brachte er endlich ihren König Radbod (679-719) dazu, dass er sich taufen lassen wollte. Radbod hatte schon einen Fuß in das Taufbecken gestellt, da fiel ihm ein, vorher zu fragen, wohin denn eigentlich seine Vorfahren gekommen wären. Ob sie bei den Scharen der Seligen oder in der Hölle seien? „St. Wolfram“ antwortete: „Sie waren Heiden, und ihre Seelen sind verloren.“ Da zog Radbod schnell den Fuß zurück und sprach: „Ihrer Gesellschaft mag ich mich nicht begeben, lieber will ich elend bei ihnen in der Hölle wohnen als herrlich ohne sie im Himmelreich.“ So verhinderte ein guter Geist, dass Radbod christlich getauft wurde, denn er starb den dritten Tag darauf und fuhr dahin zur ehrenvollen Stätte wo seine Magen (Angehörigen) waren.
 
Andere erzählten die Begebenheit so: Radbod habe auf Wolframs Antwort, dass seine Vorfahren zur Hölle wären, weitergefragt, ob da der meiste Haufe sei. Wolfram sprach: „Ja, es steht zu befürchten, dass in der Hölle der meiste Haufen ist.“ Da zog der Friese den Fuß aus der Taufe und sagte: „Wo der meiste Haufen ist, da will ich auch bleiben.“ Er meinte, dort sein zu wollen, wo der größte Teil seines Volkes wohnen würde.
 
Bilder: Der Radbodsberg (auch: Rabbelsberg) in der Gemarkung Brill, Gemeinde Dunum (Ostfriesland), ist ein Grabhügel, in dem der volkstümlichen Überlieferung nach der Friesenkönig Radbod begraben sein soll. - Zeichnung vom Niederländer Willem Steelink Jr. (1856-1928).