NIKLAS KOPPERNICK
 
Der Völker Volksgeist webt und wirkt,
hat manches Licht hervorgebracht -;
was ein Genie im Busen birgt,
erhellt der Menschheit Geistesnacht.
 
Zahllos reih’n sich Schöpfer-Meister,
in langer deutscher Lichter-Kette,
darunter glänzt ein wahrhaft feinster,
den ich hier gern beschrieben hätte.
 
Im deutschen „Ordensland“, in Thorn,
am Weichsel- oder Wissel-Fluss,
wurd’ uns ein großer Geist gebor’n,
der Nikolaus Kopernikus.
 
Deutsch war die Sippe und die Sprach’,
wenn auch das Land in Fehde lag,
das Glück des „Ordens“ bald zerbrach,
teils durch Verrat und Schand-Vertrag.
 
Der „Preußen-Bund“ hat’ sich geeint,
ihm stand Nik Koppernigk zur Seit’.
Er war des Ritter-Ordens Feind -;
politisch wirr schien Ort und Zeit.
 
Mit Polen war der „Bund“ verbündet,
auch Niklas focht für Allenstein -,
doch wird ein Irrtum draus begründet,
der Falschbeweis für’s Pole-sein !
 
Wie es auch wird, von wem gedeutet,
ein’s steht ganz unbestreitbar fest,
ein neues Weltbild hat er eingeläutet,
hat abgetan den alten „Almagest“.
 
Es thront die Erde nicht in Weltenmitte,
die Bibel irrt mitsamt der Kirchenväter;
wurden zu groß die Geistes Schritte,
waren die Pfaffen immer Geist-Verräter.
 
Doch nicht der große Thorner Astronom !
Den deutschen Preußen will ich loben,
tat er zwar Dienst im Frauenburger Dom,
behielt er doch den klaren Blick nach oben.
 
Niklas Koppernigk / Nicolaus Copernicus (1473-1543) wurde als Mitglied der deutschsprachigen Bürgerschaft in Thorn geboren, einer Stadt die 1231 vom deutschen Ordensritter Hermann v. Balk und westfälischen Siedlern gegründet worden war. In Krakau, deren Bürgerschaft zu einem Drittel aus Deutschen bestand, begann er seine akademische Laufbahn. Weitere lange Jahre setzte er auf Kosten des Frauenburger Domkapitels seine Studien fort: Die Freien Künste, Medizin, Kirchenrecht, Mathematik und von Leidenschaft Astronomie, und zwar in Rom, Bologna (wo er sich der deutschen Landsmannschaft anschlosss), Padua und Ferrara. Wieder in der Heimat, war der rührige Kopernikus politisch aktiv auf den Preußischen Landtagen und Städteversammlungen von Marienburg und Elbing, bemühte sich um eine Reform des preußischen Münzwesens, war tätig als Arzt und erhielt durch seinen Onkel eine Position im ermländischen Domkapitel in Frauenburg, bevor er seine Residenz nach Allenstein verlegte. Er befasste sich seit Jugendtagen mit der Astronomie und wurde der Unstimmigkeiten im herkömmlichen Weltbild gewahr. Schließlich erklärte er in seinem Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ (1543 erstmals in Nürnberg gedruckt) das „heliozentrische Weltbild“ und, dass die bis dato geglaubte geozentrische Betrachtungsweise nicht richtig sein könne. Damit war auch das astrologische Standartwerk des Claudius Ptolemäus (100-160 n.0), der sog. „Almagest“ überwunden. Die Kirche und die von ihr beeinflussten und abhängigen Gelehrten wehrten sich lange gegen Kopernikus Beweisführung. Als Domherr, selbst in Kirchenabhängigkeit stehend, besprach er seine heliozentrische Arbeitshypothese - an der er um 30 Jahre lang gearbeitet hatte - nur mit seinen Freunden. Aus der Liste der vom Vatikan verbotenen Bücher verschwand Kopernikus Werk erst im Jahr 1835. Die Behauptung, Kopernikus sei Pole, ist als historisch unkorrekt, abzuweisen.
 
Er war der Sohn der deutschen Eheleute Niklas Koppernigk und Barbara Watzenrode, die aus Weizenrodau, einem Dorf in der Landgemeinde Schweidnitz stammte. Sein Großvater, „Niclos Koppirnik / Niclas Koppernick“, erwarb als Großhändler die Krakauer Bürgerrechte und ist unter anderem im Kupfer-Geschäft tätig gewesen, wie auch sein Sohn, der sich in Thorn niederließ. Krakau war ein bedeutender Stapelplatz für den Handel aus Deutschland nach dem Osten, über Ungarn bis ans Schwarze Meer. Im ältesten deutsch geführten Stadtbuch von 1300 wird das Stadtzentrum mit der deutschen Bezeichnung als „Ring“ benannt. Die zahlreiche deutsche Bürgerschaft und das deutsche Patriziat führten im 13./14. Jh. zeitweise das Steuer einer kluger Diplomatie die mehrmals versuchte, außer ihrer kulturellen auch die politische Führung zu übernehmen, zumindest sich als unentbehrlicher wirtschaftlicher Machtfaktor die Begünstigungen und Vorrechte zu sichern. So gab auch Veit Stoß (1447-1533), der berühmte Nürnberger Bildhauer, sein heimatliches Bürgerrecht zeitweise auf und übersiedelte auf die Bitte deutscher Bürger nach Krakau, wo er 1477 begann, den Altar der Pfarrkirche „Unserer Lieben Frauen“ zu erschaffen. Dafür brachten die dortigen Deutschen die gewaltige Summe von 2808 Gulden auf. Ausdrücklich versichert die Urkunde, dass dazu kein Pole einen Beitrag geleistet habe, vielmehr hätten sie das Unterfangen verlacht, da sie an seine glückliche Vollendung zunächst nicht glaubten. In dieser Kirche ist, so heißt es, „seit alters her und seit Menschengedenken in deutscher Sprache gepredigt worden“. Ein Freund des Veit Stoß, der Stadtschreiber Johann Heydeke, vermittelte ihm wohl den königlichen Auftrag das Grabmahl der Königin Elisabeth zu errichten und das Grabmal des polnischen Königs Kasimir IV. in der Krakauer Kathedrale zu schaffen. -- Wahrscheinlich ist von der Profession der dortigen deutschen Koppernicks auch ihr Familienname abzuleiten, dem ahd. Wort „Kopper“ (Kupfer) und „Nigkel“ (Nickel). Dieser Begriff ließe vielleicht darauf schließen, dass die Sippe ursprünglich aus dem Erzgebirgisch-Sächsischen Raume stammt, wo diese Bodenschätze seit Urzeiten abgebaut wurden und weil dort ein gewisses Erz „Rotnickelkies“ genannt wurde. Der Nöck, Nix, Neck, Nickert (Wassergeister), Nickel (Berggeister) ahd. nihhus, niccus, nichessa, altengl. nicor, schwed. kopparnickel meinen zwar im Allgemeinen koboldhafte Mythenwesen, ist jedoch auch einer der Kultnamen des germ. Gottes Wodin-Odin. Im christlichen Mittelalter lehnte sich der germ. Begriff an den von der Kirche bekannt gemachten Namen des „hl. Nikolaus“ (Kurzform: Niklas) an, der griech. Ursprungs ist und auf einen legendären Bischof bezogen, der Patron von Schülern und zahlreichen Ständen wurde.
 
Die Stadt Thorn liegt an Unterlauf der Weichsel, die auf alten Karten auch „Wissel“ und „Vistla“ geschrieben wurde, was ahd. feuchtes Wiesenland bedeutet. Die heutige Stadt Wissel am Niederrhein schrieb man im 12. Jh. „Wisceloh“, aus „Wisch“ (Wiese / feuchte Niederung) und „Loh“ (Busch / Waldlichtung). Im 14. Jh. änderte sich der Ortsname in Wissel. Es handelt sich hierbei um ein altpruzzisches Gebiet, welches deutsche Bauern, Handwerker und Handelsherren neuzeitlich erschlossen und urbar gemacht hatten, welches - wenn man das allgemeine Kolonisationsrecht nicht gelten lassen wollte - weder zu Deutschland noch zu Polen gehört, doch angesichts der frühen freundschaftlichen germanischen Durchdringung des Landes durch Goten, Gepiden, Wandalen, unmissverständlich zum deutschen Einflussgebiet gerechnet werden müsste. Der Name „Ermland / Ermelandt“ soll abgeleitet sein von „Ermia“, der Frau des „Warmo“, der ein Sohn König „Widowuto“ (germ. Weide- / Wald-Geist) war, der nach den Quellen als 1. Pruzzenkönig bezeichnet wird (Simon Grunau). Die erste urkundliche Erwähnung als „Warmia / Wormeland“ stammt aus dem Jahre 13. Jh.. Die Pruzzen waren mischgermanische Volksbestände, wie Jordanes in seiner „Gotengeschichte“ (5,36 / 17,96) ausführt: Auf den Inseln namens „Gepidoios“ (Gebiden-Auen), die früher von den Gepiden bewohnt waren und an der Meeresküste, wo in drei Mündungen der Weichsel-Fluss fließt, siedeln die Vidivarier, die sich aus verschiedenen Völkern zusammensetzen, welche sich an diesem Zufluchtsort gesammelt und mittlerweile ein eigenes Volk gebildet haben. Hinter diesen wohnt ebenfalls am Meer, das sehr friedliebende Volk der Ästier (Ēstas). „Vidivarier“ bzw. deren vom angelsächsischen Händler Wulfstan von Heithabu genannte „Witland“, östlich der Weichsel, ist eine typische germanische Wortbildung von germ. „warijôz“ (Bewohner), wie sie in etlichen germanischen Stammesnamen auftritt: Angrivarier, Bajuwaren, Chattuarier usw., wobei der erste Wortteil mit germ. „widu“ (Wald) zu erklären wäre.
 
Die Schlacht bei Tannenberg ging durch die Summierung einiger unbedeutend erscheinender Ursachengeschehnisse am 15.07.1410 für die „Schwertbrüder“ des arroganten Missionsordens, hauptsächlich wohl wegen des Verrats des „Eidechsenbundes“, an die vereinten Polen und Litauer verloren. Die Folge dieses Treffens war der militärische Machtzuwachs Polens im Pruzzenland und der damit einhergehenden Notwendigkeit, auch für die dortigen Deutschen, sich mit neuen politischen Verhältnissen zu arrangieren. Im Preußischer Städtekrieg“ (1454 bis 1466) wurde der Streit zwischen dem „Ordensritterstaat“ und den preußischen Ständen des „Preußischen Bundes“ ausgefochten. Letzterer hatte dem Ordens-Hochmeister den Treueid aufgekündigt und sich kurz darauf mit der sich anbietenden Hilfsmacht Polen verbündet. Unglücklich war die vom herrschsüchtigen Kirchen-Rom zu verantwortende Gewaltpolitik der unnachsichtigen Christianisierung, welche das harmonisch langsame Zusammenwachsen auch dieser Reichsgaue zugelassen hätte. Die Zunahme der militärischen Macht des polnischen Königs, sowie das rigide Regiment des klerikalen sog. „Deutschen Ordens“ führte zum Aufbegehren von einzelnen Adligen und 19 Städten, darunter waren Thorn, Elbing, Danzig und deren Trutzbündnis, dem sog. „Preußischen Bund“, welcher am 14.03.1440 in Marienwerder gegründet wurde. In seiner Satzung schworen sich die Mitglieder zu: „getreulich einander beizustehen, ... die Gewalt und das Unrecht, das ihnen in früheren Zeiten geschehen, abzuwerfen.“ Es ging hierbei nicht um einen deutsch-polnischen Gegensatz, sondern, unabhängig von völkischen Zugehörigkeiten, um die Befreiung von der kirchlich-mönchischen Ordensmacht. Der „Preußische Bund“ erklärte den Ordensrittern am 04.02.1454 den Krieg, schloss unter Hans v. Baysen am 06.03. einen Bündnisvertrag mit dem König von Polen, Kasimir IV., indem es diesen als Schutzherrn erwählte. Kopernikus stand, genau wie sein Onkel, auf Seiten des „Preußischen Bundes“, woraus mitnichten per se eine Zugehörigkeit der Familie zum polnischen Volk abgeleitet werden darf. Im Verlaufe der Auseinandersetzungen verlegte Kopernikus i.J. 1520 seine Residenz als Domherr nach Allenstein und organisierte erfolgreich die Verteidigung der Stadt gegen die Ansprüche der Ordensritter und bat folgerichtig um Hilfe vom Polen-König. Im darauffolgenden Jahr ging er zurück nach Frauenburg und beteiligte sich an einer erfolglosen königlich-polnischen Gesandtschaft zum Ordenshochmeister, im Auftrag vom polnischen König Sigismund I. (1467-1548), welcher Sohn des Kasimir IV. und der Elisabeth von Habsburg war. Auch aus diesem ehrenden Auftrag darf nicht abgeleitet werden, dass Koppernick-Kopernikus ein Sohn des polnischen Volkes gewesen sei. Die deutsch-preußische Opposition gegenüber der vatikanisch abgesegneten kirchenchristlich-diktatorischen Vergewaltigungspolitik der überfrommen katholischen Ritter-Mönche darf nicht - historisch unkorrekt - missverständlich umgedeutet werden, zu einer Abkehr von der deutschen Volkszugehörigkeit.
 
Bild: Niklas Koppernigk von einem unbekannter Künstler, Gemälde im Rathaus von Thorn