JULIAN II. - HELLAS GENIUS

Kaiser Konstantin sagte die Götter auf,
es tobte der Menge Zerstörungslauf -
christliches Hassen und niederer Groll -
die frevelnden Plünderer wüteten toll.

Sie rissen den Marmor vom Zeus-Altar,
im Apollo-Tempel grölte die Schar -,
die Tempeldiener wurden erschlagen,
so war das in diesen Bekehrungs-Tagen.

Doch Hellas Genius wollte nicht ruh'n,
ermannte sich einmal noch das zu tun
was dem alten griechischen Heldentum,
  einstmals bescherte Lorbeer und Ruhm.

Der tapfere Feldherr Julian ward Kaiser,
er war der belesene, ratkluge Weiser,
zurück zum Väter-Glauben der Götter -;
stumm wurden viele christlichen Spötter.

Geräubert hatten Priester und Prinzen,
das Lumpengesindel in den Provinzen.
Kaiser Julian wurde der Heiden Glück,
er gab ihnen Recht und Geraubtes zurück.

In des Mithras Krypta schwur er den Eid,
in des Niederganges chaotischer Zeit.
Ein Retter des Reiches wollte er sein,
ein mannhaftes Vorbild und sittlich rein.

Er lacht' der „latainischen Barbarei“,
sein Hass straft die christliche Klerisei.
Er rügt' ihre Dummheit, klärt' ihre Listen,
„Juden-Verräter“ nennt er die Christen.

Heidnische Germanen standen zu ihm,
Nevitt und Dagalaif gehörten zum Team.
So war's schon zur Alemannen-Schlacht,
viele Siege haben Germanen erbracht'.

Dazu seine treuen Gallier im Heer,
eine unwandelbare heidnische Wehr.
So traten sie an für des Reiches Schutz,
den „Galiläern“ zum ehernen Trutz.
 
Die Sassaniden klopften an Ostroms Tor,
der Kaiser rückt' gegen die Perser vor,
Im Kämpfen am Tigris ist es gescheh'n,
wollte ein Christ die Geschichte dreh'n ?

Ein Speerwurf flog -, welch' eine Hand
stieß den Heiden-Kaiser ins Götter-Land -;
war's nicht die verruchte, schändliche Tat,
eines Christen typischer Landes-Verrat ?

Es wurden Weichen des Übels gestellt,
zum Gedeihen törichter Christen-Welt,
doch bleibt der Plan einer bessren Gestaltung,
und der Adel von Julians sittlicher Haltung.
 
Flavius Claudius Iulianus / Julian II. (331-363) war von 360 bis 363 römischer Kaiser, der im gallischen Lutetia (Paris) und Konstatinopel residierte. Er wurde christlich erzogen, doch wandte er sich im Verlauf intensiver Studien von dieser Denkweise ab und folgte - wie viele gebildeten Kreise mit ihm - der traditionellen griechischen Mysterien- und Götter-Religion mit ihren erhabenen Schrift- und Kunsterzeugnissen. Julian II. war ein Enkel Kaiser Constantius' I. (250-306) und Neffe Kaiser „Konstantins des Großen“ (270/288-337), der mit seinem „Toleranzsedikt“ der Christensekte freien Spielraum eingeräumt hatte. Kaiser Konstantin musste der heidnischen Mehrheit im Westen des Reiches Rechnung tragen und erklärte 321 den „dies solis“ („Sonnentag“) zum Feier- und Ruhetag; er verfügte die Schließung der Gerichte am verehrungswürdigen „Tag der Sonne“. „Solarer Monotheismus“ und frühchristlicher Glaube galten zu Konstantins Zeit in manchen Bereichen als einander nahestehend. Sein nicht unmittelbarer Nachfolger Theodosius I. (347-395) war von 379 bis 394 Kaiser im östlichen Teil und ab September 394 für einige Monate letzter Alleinherrscher des Gesamtreiches. Er erhob das Christentum zur Staatsreligion und erließ Verbotsgesetze gegen das Heidentum die mit Gewaltmaßnahmen, Terror und Morden einhergingen. Julian II. kritisierte die Initiatoren bezüglich der christlichen Untaten - besonders Theodosius I. - scharf und machte sie für die blutigen Ereignisse des Jahres 337 verantwortlich. Julian wurde von seinem Vetter Constantius II. 355 zum Unterkaiser erhoben und beauftragt, Gallien gegen die Germanen zu verteidigen. Den Alamannen unter dem Gaukönig Chnodomar war es zunächst gelungen, das zahlenmäßig überlegene römische Heer in die Flucht zu schlagen. Die Alamannen nutzten die Gunst der Stunde und besetzten - wie es schon ihre Vorfahren unter Ariovist (?-54 v.0) getan hatten - zahlreiche linksrheinische Städte von Straßburg über Zabern, Speyer, Worms, Mainz, Bingen, Koblenz bis Andernach. In der Schlacht von Argentoratum oder auch „Schlacht von Straßburg“ (Herbst 357), in der Nähe Straßburgs, konnte Julian die alamannischen Gaufürsten besiegen und zum Frieden zwingen. Auch auf Julians Seite kämpften Germanen, zwei seiner germanischen Generale hießen Nevitta und Dagalaif(us). Mit Hilfe seiner treuen heidnischen Gallier und Germanen ließ sich Julian zum Kaiser ausrufen und erhielt damit die Freiheit, sich zum Heidentum offen zu bekennen. Seitdem er als Feldherr in Gallien an die Macht gelangt war, wurde es sein Bestreben, dem Heidentum wieder seinen urspünglichen Platz einzuräumen, weshalb ihn christliche Quellen „Iulianus Apostata“ bezeichneten (griech. Julian der Apostat‘, d. h. der Abtrünnige).
 
Julian II. war ein hoch gebildeter, belesener Gelehrter der viele Schriften verfasste. Seine philosophischen Deutungen und Angriffe auf das Christentum sind noch heute lesenswert. In seinem Werk „Contra Galilaeos“ („Gegen die Galiläer“ - so nannte er die Christen) und in vielen Briefen zeigte er Fehler und Gefahren des christlichen Glaubens auf und bezeichnete die Christen als „Abtrünnige des Judentums“, einer viel älteren und längst akzeptierten Religion. Seine ablehnende Haltung der christlichen Lehre gegenüber formulierte er dem Kirchenhistoriker Sozomenos zufolge mit den einprägsamen Worten: „Ich habe gelesen, ich habe verstanden, ich habe verworfen !“ Den angeblichen Gründer der Sekte und hochgelobten Galiläer Jeshua/Jesus nannte er den „Zimmermannssohn“. Julian II. war in seinem Denken und Empfinden ein Grieche, der das Lateinische erst rasch erlernte als er nach Gallien berufen wurde. Ihm war die „latainische Barbarei“ zuwider, seine Vorbildhelden waren der sagenhafte blonde Achill und der Makedonenkönig „Alexander der Große“. Um die volle Größe heidnischer Mysterien zu verstehen, ließ er sich in all die Kulte einweisen und studierte insbesondere Iamblichos (240/245-20/325), einem neuplatonischen Philosophen aus der Provinz Syria Coele. Dem Mithraskult neigte er zu, sicherlich wegen dessen kämpferischen und sittlichen Idealen.
 
Julian startete auch eine große und ehrgeizige Militäroperation gegen das Sassanidenreich im Osten, in deren Verlauf er in Bedrängnis geriet, strauchelnde Truppenteile durch sein Vorbild wieder zum Stehen brachte, wobei er ohne Rüstung zu Pferde herangeeilt war. Eine Lanze - von unbekannter Hand geschleudert - duchbohrte seine Rippen und verletzte die Leber. Sein Tod begrub die Hoffnung auf eine Renaissance nichtchristlicher Weltanschauungen im Imperium Romanum zwar nicht ganz, doch die große Chance eines engagierten heidnischen Kaisers ergab sich kein weiteres Mal. Dass der Tod Julians der Mordanschlag eines Christen gewesen sei, berichtete Libanios (314-393), der größte griechische Redner der Spätantike. Sein Redenkorpus umfasst 64 Reden; zu den bedeutendsten zählt eine Grabrede auf Kaiser Julian („Epitaphios logos“) und eine an Kaiser Theodosius I. gerichtete Rede zur Verteidigung der heidnischen Religion („pro templis“).
 
Bild: Römisches Imperium  Julian II. Solidus - Der Solidus war eine röm. Goldmünze, die von Kaiser „Konstantin dem Großen“ um 309/312 in seiner damaligen Residenz Augusta Treverorum (Trier) an Stelle des bis dahin üblichen Aureus eingeführt worden ist.
 
Verwendete Literatur: „Vie de l’Empereur Julien“, 1930 - Joseph Bidez, „Julian der Abtrünnige", 1940