HUNNENZUG
 
Finsterer Himmel, pfeifender Wind,
wildöde Heide, der Regen rinnt,
von fern ein Schein, wie ein brennendes Dorf,
mattdüstrer Glanz auf den Lachen im Torf.

Da plötzlich ein stampfendes, dumpfes Geroll,
wie drohenden Wetters steigender Groll,
und lauter und lauter erdröhnt die Erde
vom stürmischen Nahn einer wilden Herde,

Ein Hunnenschwarm mit laut jauchzendem Ruf!
Dumpf donnert und poltert der Rosse Huf,
es erbebt die Heide, der Schlamm spritzt auf
an den dolchbangenen Sattelknauf.

Ein köcherumrauschter, gewaltiger Schwarm,
hell klirren die Spangen an Sattel und Arm.
Das Haupt geneigt auf die struppige Mähne,
die braune Faust an gespannter Sehne. -

Durch den rauschenden Regen wild geht ihr Schrei,
immer mehr, immer neue jagen herbei
von der heimatlosen unzählbaren Schar,
der der Sattel Wiege und Sterbebett war.

Da endlich die letzten vom Völkerheer, -
zerstampft und zertreten die Heide umher,
ein letztes Wiehern im Winde, - als Spur
auf dem schwarzen Schlamme ein Riemen nur. -

Finsterer Himmel, pfeifender Wind,
wildöde Heide, der Regen rinnt,
von fern ein Schein, wie ein brennendes Dorf,
und düsterer Glanz auf den Lachen im Torf.
 
Das Gedicht stammt von Börries Albrecht Conon August Heinrich Freiherr v. Münchhausen (1874-1945), dem Schriftsteller und Lyriker aus niedersächsischem Adelsgeschlecht. Auf seinem Schloss Windischleuba wählte v. Münchhausen beim Anrücken der bolschewistischen „Hunnen“ 1945 den Freitod. Sein Schloss hat man im Zuge der kommunistischen „Bodenreform“ enteignet und verkommen lassen. - Das Bild ist von dem portugiesischen Illustrator Miguel Coimbra.