Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun
 
DER DEUTSCHE GENIUS
 
Man liebt den Klassenbesten nicht,
das ist seit alters wohl bekannt,
das Genie wird von Banausen
meist verkannt und gern verbrannt.
 
Gerad‘so geht es mit den Deutschen,
sind die doch meistes vornedran,
seit Urzeit schon, um Nasenlängen,
ist Erster oft ein deutscher Mann.
 
Der Neid war immer Hass-Berater,
Neid und Missgunst führ‘n zum Krieg,
drum wurd‘ Deutschland überfallen,
wenn es zu tüchtig aufwärts stieg.
 
Des Kaisers Glanz, auch Nazi-Führung,
brachten Deutschland steil zur Höh‘,
die Hasser konnten‘s nicht ertragen,
zerlegten Deutschland peu à peu.
 
Das war ein Raub wie nie zuvor,
die Siegerschar füllt‘ Sack um Sack.
Es klaute was zu greifen war,
ein höchst legales Diebespack.
 
Zwar wurde Deutschland ausgeraubt,
kleingeschnitten und verdammt,
nur eines ließ sich nicht beschmutzen,
der deutsche Genius und sein Amt.
 
Ich meine des Patentamts Ruhm,
der deutschen Geistes Kraft bewies,
der noch im Untergang des Reichs
sein Banner in die Höhe stieß.
 
Nie haben Deutsche mehr vermocht,
nie mehr erfunden und bedacht,
als in zwölf schicksalhaften Jahren,
kurz vor des Sonnenkreuzes Nacht.
 
 
 
Hermann Oberth „Vater der Weltraumfahrt“ 1978 in Teneriffa,
mit Gefährtin Franziska Hranick, die mit mir befreundet war.
 
Hermann Julius Oberth (1894-1989) war als Siebenbürger Sachse ein deutscher Physiker und Raketenpionier. Er gilt als einer der Begründer der wissenschaftlichen Raketentechnik und Astronautik sowie als prophetischer Initiator der Raumfahrt und der Weltraummedizin. Als Jugendlicher war er ein begeisterter Leser der futuristischen Romane von Jules Verne und begann sich bereits während seiner Gymnasialzeit mit raketen- und raumfahrttheoretischen Problemen zu befassen. Er erkannte sofort, dass eine „Reise zum Mond“ mit einer wie bei Jules Verne verwendeten Kanone, nicht möglich würde. Stattdessen kam er zu dem Schluss, dass eine solche Reise nur mit einer Rakete zu realisieren wäre. Da sein Vater, Dr. Julius Oberth, Chirurg war, wurde auch in Hermann Oberth schon früh das Interesse an medizinischen Problemen geweckt. In seinen Erinnerungen beschreibt Oberth, wie er als Gymnasiast im öffentlichen Bad von Schäßburg, wo er seit seinem zweiten Lebensjahr mit den Eltern lebte, Sprünge vom Sprungbrett unternahm, um dem Gefühl der Schwerelosigkeit zu spüren. 1912 begann er auf Wunsch seines Vaters ein Studium der Medizin in München, zusätzlich belegte er Vorlesungen an der Technischen Hochschule und nahm vom ersten Kriegsjahr am Weltkrieg I. teil. Schon im Krieg begann er da von ihm erstrebte Studium der Physik. 1922 legte er seine Heidelberger Dissertation „Die Rakete zu den Planetenräumen“ vor, in der er nahezu alle wesentlichen Elemente zum Bau von mit Flüssigkeitstreibstoff angetriebenen Groß- und Mehrstufenraketen beschrieb. 1923 veröffentlichte der Münchner Wissenschaftsverlag Oldenbourg das Manuskript. Sein Erstlingswerk wurde ein Erfolg. In seinem weiteren Werk „Wege zur Raumschifffahrt“ (1929) beschrieb er das von ihm erfundene Ionentriebwerk. Von 1923 bis 1938 arbeitete Oberth mit Unterbrechungen als Gymnasiallehrer in seiner Siebenbürger Heimat. - Oberth war Mitglied im 1927 gegründeten „Verein für Raumschifffahrt“ (VfR) und knüpfte dort Kontakte zu anderen Vordenkern der Raketentechnik, wie etwa Rudolf Nebel und Walter Hohmann. Oberths Arbeiten bildeten die Grundlage für die erste Generation von deutschen Raketentechnikern und Raumfahrtpionieren: Wernher von Braun, der ab 1929 mit Oberth zusammenarbeitete, Eugen Sänger, Ernst Stuhlinger, Helmut Gröttrup, Walter Thiel und vielen klugen Köpfen mehr. 1938 erhielt Oberth einen Forschungsauftrag von der Technischen Universität Wien, wo auf seine Anregung hin 1940 ein Raketenversuchsplatz in Felixdorf entstand. Im selben Jahr wechselte er an die Technische Hochschule Dresden. Von 1941 bis 1943 arbeitete Oberth unter an der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde, wo er nebenbei auch an der Entwicklung der „V2“ beteiligt war. 1943 gelangte er nach Reinsdorf bei Wittenberg, wo er bis Kriegsende an einer ferngelenkten Feststoffrakete mitwirkte. - Ab 1955 arbeitete er auf Bitten seines Schülers Wernher von Braun in den USA im Raketen-Entwicklungszentrum Huntsville unter Dr. Ernst Stuhlinger in der Abteilung für Zukunftsstudien der Weltraumbehörde. 1958 kehrte er nach Deutschland zurück; 1961 reiste er noch einmal in die USA, wo er als beratender Ingenieur tätig war. Hermann Oberth war verheiratet mit Mathilde geb. Hummel. Das Paar hatte zwei Töchter und zwei Söhne. Tochter Ilse Oberth (1924–1944) war Raketentechnikerin. Sie kam, im Hausruck, am 28. August 1944 auf dem Raketenprüfstand „Schlier“ bei einer Explosion unmittelbar nach einem A4-Triebwerkstest ums Leben. Von 1965 bis 1967 war er Mitglied der neu gegründeten NPD. An seinem Wohnort, dem mittelfränkischen Feucht, befindet sich das „Hermann-Oberth-Raumfahrt-Museum“. Die technischen Erfahrungen der deutschen Spezialisten aus dem deutschen „V2“-Programm begründeten nach Weltkrieg II. in den USA und UdSSR sie dortige Großraketentechnik, die zur Weltraumfahrt der Großmächte führte.
 
 
Raketen-Pionier Eugen Sänger
 
Eugen Sänger (1905-1964) war ein deutscher Ingenieur auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt. Er studierte er an der Technischen Hochschule in Graz und Wien Bauingenieurwesen. 1926-1942 konzipierte er das Hyperschall-Raumflugzeug. 1929 ließ er heimlich ein Raketenmodell aufsteigen. Sein erster Dissertationsentwurf behandelte die „Raketenflugtechnik“. Von 1932 bis 1945 nahm er erste Prüfstandversuche mit Flüssigsauerstoff / Kohlenwasserstoff-Hochdruck-Raketenmotoren in Röhrchenkonstruktion mit großen Feuerdüsen-Öffnungswinkeln vor. Sänger wurde 1932 Mitglied der österreichischen NSDAP. Nach der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Reich errichtete und leitete er für das Reichsluftfahrtministerium die Raketentechnische Forschungsstelle Trauen in der Lüneburger Heide, wo er an der Entwicklung von Hochdruckbrennkammern maßgeblich beteiligt. 1938 arbeitete er zuerst über freie Molekularströmung, 1939 unternahm er erste Versuche mit Überschall-Raketenschlittenbahnen, 1939-1945 erste Flugschleppversuche mit Hochtemperatur-Strahltriebwerken. Dann wurde er als Abteilungsleiter an der deutschen Versuchsanstalt für Segelflug in Ainring eingestellt, wo er das Staustrahlrohr weiterentwickelte, mit dem eine mehrfache Schallgeschwindigkeit erreicht werden konnte. Sänger testete es an verschiedenen Bombern der Reichsluftwaffe. Im Weltkrieg II. arbeitete er an einem Langstreckenflugobjekt bzw. am raketengetriebenen Orbitalbombers („Silbervogel“), an einer Raumfähre („Raumboot“) die zum Transport von Personen und Fracht zwischen Erdboden Raumstationen Verwendung finden sollte. Die wichtigste Entwicklung Sängers während des Krieges, die bis heute in jedem Raketentriebwerk Verwendung findet, war die Kühlung des Raketentriebwerks durch den eigenen Treibstoff. Die Raketendüse wird mit dem Raketenbrennstoff gekühlt und dabei gleichzeitig die Abwärme der Düse genutzt, um den Treibstoff aufzuheizen. Der Raketenbrennstoff wird dadurch erheblich besser genutzt, da die Aktivierungsenergie für die Verbrennung geringer wird. Durch seine Arbeit am orbitalen Amerikabomber gilt Sänger auch als Vordenker für das US-amerikanische Shuttleprogramm. Das Raumtransportsystem Sänger ist nach ihm benannt. - Im Zweiten Weltkrieg forschten deutsche Ingenieure im Auftrag der Reichsführung an Fernraketen. Hauptaufgabe des Raketenprogramms unter Wernher von Braun auf der Ostseeinsel Usedom war die Entwicklung und Produktion der einstufigen „V2“-Rakete. Flüssigsauerstoff und Alkohol aus der heimischen Kartoffelproduktion bildeten den Treibstoff, der die zwölf Meter lange „Vergeltungswaffe“ auf vierfache Schallgeschwindigkeit beschleunigte. In ihrer Spitze trug sie eine Tonne Sprengstoff in bis zu 300 km entfernte Ziele. Die Überlegungen in den Konstruktionsbüros gingen bereits ab 1940 über das „Aggregat 4“, so die ursprüngliche Bezeichnung der „V2“, hinaus. Mit der „A9/A10“ erschien erstmals eine zweistufige Interkontinental-Rakete auf den Reißbrettern der deutschen Konstrukteure. Die erste Stufe sollte rund eine Minute brennen und das Geschoss auf Schallgeschwindigkeit beschleunigen. Die Ingenieure wollten dann die zweite, geflügelte Stufe zünden, die eine Gipfelhöhe von 350 Kilometern erreichen sollte. In einem langgestreckten Gleitflug sollte sie in 35 Minuten die 5.000 km bis zu den US-Ostküstenstädten überbrücken. Schon die „V2“ war nicht völlig ausgereift, und zu viel Kapazität war im A9/A10-Projekt gebunden. Deshalb wurde die „Amerikarakete“ ab 1942 auf Eis gelegt. Lediglich in den letzten Kriegsmonaten konnten noch zwei Exemplare der zweiten Stufe getestet werden. - Nach Kriegsende machten die USA und die UdSSR Jagd auf deutsche Köpfe. Mit Zwang und Versprechen wurden Braun und über hundert seiner Ingenieure in amerikanischen Dienste gebracht, um jetzt für das US-Militär aus der „V2“ die „Redstone“-Rakete zu bauen. Nach dem sowjetischen Sputnik-Schock brachten sie knapp vier Monate später den ersten US-Satelliten „Explorer-1“ ins All. - Auch weit abseits von Peenemünde gediehen revolutionäre Entwürfe, die erst weit in der Zukunft ihre volle Wirkung entfalten sollten. In der Lüneburger Heide und später im bayrischen Ainring entwarf Eugen Sänger ab 1937 bahnbrechende Konzepte für Raketenflugzeuge. Der Raumfahrtpionier war überzeugt, der Königsweg ins All führe über den Raumgleiter - ein Zulieferer künftiger Orbitalstationen, der aus dem Flugzeug weiterentwickelt werden sollte. Dafür entwarf Sänger ein „luftatmendes Staustrahltriebwerk". Aus Sängers Gleiter- wurde im Krieg ein Fernbomber-Konzept. Das 100 Tonnen schwere Flugobjekt „Silbervogel“. Sängers Berechnungen zufolge war der nötige Sauerstoff aus komprimierter Luft im Eingang des Triebwerks abzuzweigen. Verglichen mit von Brauns „V2“ ein vorteilhaftes Konzept, denn die „V2“ musste sämtlichen Sauerstoff auf Kosten der Nutzlast mit sich schleppen. Mit 15 Metern Spannweite und 28 Metern Länge sollte der Bomber auf einem Raketenschlitten auf Überschalltempo katapultiert werden und nach dem Abheben eine Höhe von 300 Kilometern erreichen. Beim Zurückgleiten sollte das Fluggerät auf den dichteren Luftschichten wie ein flach über das Wasser springender Stein mehrfach abprallen. So sollte der „Silbervogel“-Pilot fast vier Tonnen Bombenfracht jenseits des Atlantiks abwerfen und bis zu einem sicheren Flughafen zurückhüpfen können. Am Kriegsende war der „Silbervogel“ noch nicht durchkonzipiert, doch seine Arbeit inspirierte den Bau amerikanischer Raketenflugzeuge wie der berühmten „X-15“ und „X-20“, auch „Dyna Soar“ genannt, sollte in einer suborbitalen Bahn die UdSSR überfliegen, um dort im Ernstfall Wasserstoffbomben abzuwerfen. - Nach dem Ende des Krieges ging Sänger nach Frankreich, wo er für die dortigen Flugzeughersteller verschiedene Entwicklungen betrieb und die „Internationale Astronautische Föderation“ mitbegründete. Sänger behandelte 1949 in seiner Abhandlung „Die Bewegungsgesetze der Raumfahrt“ die Fragen, wie man etwas in eine Umlaufbahn um die Erde bringen kann, wie hoch die Lebensdauer künstlicher Satelliten ist und wie solche mit den Bodenstationen zu verbinden sind. Er trat 1953 mit dem Vortragsgegenstand „Zur Theorie der Photonenrakete“ an der „Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich“ zum ersten Mal mit einer Systematik hypothetischer entsprechender Triebwerke und ihrer möglichen technischen Bedeutung hervor. Im selben Jahr leistete er erste Arbeiten über molekularspiegelnde Oberflächen für Hyperschall-Flugzeuge, 1954-1961 erste umfangreiche Prüfstandsarbeiten an großen Heißwasserraketen als Starttriebwerke für Raumflugzeuge. Sein ehrgeizigstes Projekt war aber die Konzeption des Photonenantriebs für interplanetare und interstellare Raumfahrzeuge (1953-1959). Sänger war von 1954 bis 1961 Direktor des „Instituts für Physik und Strahlenantriebe“ an der Universität Stuttgart und baute das Institut sowie das Raketenversuchsgelände Lampoldshausen auf. In den 1960ern fungierte Sänger als Berater bei Rüstungsprojekten im Raketenbau in Ägypten. 1963 gründete er an der Technischen Universität Berlin einen Raumfahrtlehrstuhl. Von 1961 bis 1964 erarbeitete er für die Junkers-Werke das Konzept eines als „RT-8“ bezeichneten zweistufigen Raumtransporters, dessen Erststufe unter anderem von einem Ramjet angetrieben wird. Diese Forschungsarbeiten fanden sich über zehn Jahre später im „Space Shuttle“ wieder. - Seine Ehefrau Irene Sänger-Bredt arbeitete ebenfalls in der Raketenforschung. Das Grab des Ehepaars Sänger befindet sich auf dem Alten Friedhof in Stuttgart-Vaihingen. 
 
 
Raketenforscher Rudolf Nebel mit Wernher v. Braun, 1932
 
Rudolf Nebel (1894-1978) war einer der deutschen Raketenkonstrukteure und Gründerväter der Raumfahrt. Nach seiner Teilnahme am Weltkrieg I., die sein Studium unterbrach, war er an der „Technischen Universität“ in München, wo er 1919 sein Ingenieur-Diplom erhielt. Eine Position als Oberingenieur bei Siemens schloss sich an. Seit 1930 war er selbstständiger Raketenforscher. Er war im „Verein für Raumschifffahrt“ in Berlin engagiert. Dort versammelten sich in der Folgezeit viele Pioniere der Raketentechnik und Raumfahrt. Rudolf Nebel baute 1929 zusammen mit Hermann Oberth die erste Flüssigkeitsrakete als Propagandarakete für den Film des Regisseurs Fritz Lang „Frau im Mond“ und stellte 1930 an der Berliner Technischen Reichsanstalt sein erstes Raketentriebwerk vor. Im selben Jahr gründete er den Raketenflugplatz Tegel in Berlin-Reinickendorf, wo er unter anderem mit Klaus Riedel, Kurt Heinrich und Wernher von Braun wichtige Grundlagen der Raketentechnik erarbeitete, und war Mitbegründer der internationalen Forschungsgesellschaft „Panterra“. Rudolf Nebel verhieß Anfang der dreißiger Jahre in öffentlichen Vorträgen: „Durch die Lösung des Raketenproblems“ werde Deutschlands Weltgeltung „mit einem Schlage wiederhergestellt“. Nach den Vorträgen präsentierte ein großer gelockter Jüngling die Sammelbüchse in Form einer Rakete, das war Wernher Freiherr von Braun. Schauplatz der Auftritte war der Raketenflugplatz in Berlin -Reinickendorf, wo eine Schar junger Raketenfanatiker experimentierte. Spendierfreudige Zuschauer sollten begeistert werden und Geld für Raketen-Experimente beschaffen. Nebel leistete die Pionierarbeit: „Ich schuf die Raketenpatente 633 667 und Geheimpatent N 32 827, aus denen die V 2 und die Raketenwaffen des Zweiten Weltkriegs entstanden.“ Warum sich der qualifizierte Diplomingenieur 1934 aus einem Bereich der Technik zurückziehen sollte, ist nicht recht verständlich, man hätte ihn in Peenemünde einsetzen sollen. Schon während des Ersten Weltkriegs 1916 montierte der junge Jagdflieger Pulverraketen, die er mit einem Sprengkopf versehen hatte, unter seine Maschine. Nach eigenen Berichten schoss er mit seinen Privat-Projektilen zwei feindliche Flugzeuge ab. Seine Glanzzeit begann, als er am 27. September 1930 ein verwildertes hügeliges Gelände in Berlin-Reinickendorf für Raketenversuche pachtete. Eigentümer des Areals war die Reichswehr. Das Militär überließ dem Techniker das Gelände für eine symbolische Miete von zehn Reichsmark jährlich. In seiner Bewerbung hatte er geschrieben: „Wir beabsichtigen den Raketenflugplatz Berlin ... zu einer Versuchsstation größten Stils mit besonderer Berücksichtigung der Kriegs- und Fernrakete auszubauen ...“.  Bei der Beschaffung von Betriebsmitteln für den Raketenflugplatz bewies er einiges Geschick. Nebel brachte Artikel in die Presse, verfasste Flugblätter und versandte Bittbriefe, die der Enthusiast unterzeichnete: „Mit Raketenheil und vielen Grüßen“. Der Appell an die Privatwirtschaft hatte einigen Erfolg, Firmen stifteten Werkzeuge, kleine Maschinen und Material für den Raketenbau. Studenten und unbeschäftigte Techniker versammelten sich bei Nebel, um Raketen zu basteln. Kaum einer war älter als 20. Nebel führte die Jünglinge, unter ihnen den Studiosus Wernher von Braun, in die Raketentechnik ein und sorgte auch dafür, dass sie nicht zu hungern brauchten. Nebel -Schüler Rolf Engel berichtete: „Er hielt den Haufen zusammen.“ Sein Beispiel feuerte diese jungen Leute an, er war der große Propagandist auf dem mühseligen Weg zur technischen Verwirklichung der Rakete. Die Arbeitsgruppe unternahm Versuche mit Raketenbrennstoffen und Metall-Legierungen; sie konstruierte Brennkammern. Und am 14. Mai 1931 erreichte in Reinickendorf die Kleinrakete „Mirak 2“ eine Höhe von 60 Metern. Schließlich war das Heereswaffenamt in Berlin auf den florierenden Betrieb aufmerksam geworden. Die Reichswehr gedachte Nebels privates Unternehmen selbst zu übernehmen und - unter Geheimhaltung - Raketen-Versuche anzustellen. Der Berliner Raketenflugplatz wurde geschlossen; die meisten jungen Mitarbeiter, übernahm Hauptmann Walter Dornberger in seine Arbeitsgruppe beim Heereswaffenamt. Sie arbeiteten später am Projekt „A4“ bzw. der „V2“. Hauptmann Dornberger setzte auf den jungen Wernher von Braun, der ihm „durch tatkräftiges, geschicktes Zupacken und durch erstaunliches theoretisches Wissen aufgefallen war“, wie Dornberger bekundete. Das Heereswaffenamt übernahm damals die gesamte Raketenforschung und auch die meisten Mitarbeiter, die unter Nebel, dem Gründer des ersten deutschen Raketenflugplatzes in Berlin-Reinickendorf, gearbeitet hatten. 1937 sprach die Reichsregierung dem Raketenpionier Nebel 75.000 Mark Abfindung zu, die als Honorar für zwei Raketenpatente deklariert waren. Tragisch für den findigen R. Nebel war der Umstand, dass ihm ab 1934 jegliche Weiterarbeit in der Raketenforschung untersagt wurde. Er fühlte sich im Dritten-Reich um die Früchte seiner Pionierarbeit geprellt: „Die Erfindung der V 2 übergab ich im Januar 1934 der Öffentlichkeit“. 1972 erschien seine Autobiographie „Die Narren von Tegel - Ein Pionier der Raumfahrt erzählt“. In der Haupthalle des Flughafen Berlin-Tegel befindet sich ein Reliefporträt des Raketenvaters Rudolf Nebel. Nach 1945 widmete er sich der Vortragstätigkeit und war 1963 bis 1965 wissenschaftlicher Mitarbeiter der „Gesellschaft für Weltraumforschung“ in Bad Godesberg. Nebel schrieb unter anderem das Buch „Raketenflug“.
 
 
Walter Dornberger (li.) u. Wernher v. Braun während ihrer Verhaftung 1945
 
Walter Robert Dornberger (1895-1980) war Generalmajor der deutschen Wehrmacht und im Heereswaffenamt zuständig für das Raketenprogramm. Bei Beginn des Weltkrieg I. meldete er sich als Freiwilliger. Nach Kriegsende war er bis 1920 in französischer Gefangenschaft. Der überaus tapfere Dornberger besaß nach Kriegende eine stattliche Reihe von Kriegsauszeichnungen: „Eisernes Kreuz II.“ und „I. Klasse“, „Verwundetenabzeichen in Schwarz“, „Hessischen Tapferkeitsmedaille“, „Ritterkreuz des Sachsen-Weimarschen Hausordens der Wachsamkeit oder vom Weißen Falken mit Schwertern“. Er wurde in die Reichsehr übernommen und Ende der 1920er Jahre zum Maschinenbaustudium zur „Technischen Hochschule Charlottenburg“ abkommandiert, wo er sich zum Diplomingenieur ausbildete. 1932 wurde ihm die Entwicklung von Feststoffraketen im Heereswaffenamt übertragen. Wegen der Beschränkungen des Versailler Diktates durfte das Deutsche Reich keine großen Kanonen entwickeln oder besitzen -, die bis dato unbekannten Raketen waren in den Verbotslisten nicht genannt. 1935 wurde Dornberger Abteilungschef im Heereswaffenamt und erhielt er die Ehrendoktorwürde für seinen Beitrag zur Kreiselstabilisierung der Raketen. 1936 wurde ihm die verantwortliche Leitung der Raketenentwicklung des Heeres übertragen, die zur Entwicklung der „V2“ führte. Von 1936 bis 1943 war Dornberger Chef der Raketenabteilung, bis er 1943 zum Kommandeur der „Heeresversuchsanstalt Peenemünde“ ernannt wurde. Ab September 1943 gehörte Dornberger dem Beirat der „Mittelwerke GmbH“ an, die - wegen der ständigen alliierten Bombardements - in unterirdischen Stollen die Raketenproduktion unter schweren Bedingungen fortzusetzen versuchte. 1944 wurde Dornberger nach dem Einsatz der „V2“ an der Westfront mit dem „Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern“ ausgezeichnet. Am Kriegsende haben ihn die Sieger gemeinsam mit Wernher von Braun, in Reutte/Tirol verhaftet. In britischer Kriegsgefangenschaft sollte er als „Kriegsverbrecher“ verurteilt werden und musste bis Juli 1947 in einem Lager in England verbringen. Es berührt immer wieder peinlich und abstoßend, wenn man hört, dass alliierte Kriegsverbrecher Deutsche - die versuchten, mit allen Mitteln ihre angegriffene Nation überleben zu lassen - als Kriegsverbrecher betitelten. 1947 gestattete man ihm nach Amerika ausreisen, wo er zwei Jahre als Berater der „US-Air-Force“ tätig war. Insgesamt waren damals mindestens 120 deutsche Raketenforscher in den USA zum Dienst verpflichtet worden. Da sich Dr. Dornberger durch die US-Militärbürokratie sehr eingeengt fühlte, wechselte er in die dortige Privatwirtschaft und war bis zur Pensionierung als Geschäftsführer tätig. Dornberger war maßgeblich am Erfolg des schnellsten bemannten Flugzeugs, der „North Amerika X-15“ beteiligt. Auch war er Berater beim Projekt „X20 Dyna-Soar“, einem Vorläufer des „Space Shuttle“. Dieses Flugzeug sollte mit Raketenantrieb in den Weltraum gebracht werden und dann mit Hyperschallgeschwindigkeit (über Mach 5) zurückgleiten. 1952 veröffentlichte er ein Erinnerungsbuch mit dem Titel „V2 - der Schuß ins All“.
 
Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun (1912-1977) war ein deutscher Raketeningenieur und Wegbereiter der Raketenwaffen, der durch die deutsche Kriegsniederlage nach USA verpflichtet wurde und dort zu einem populären Raumfahrtpionier wurde. Braun genoss als Konstrukteur der ersten leistungsstarken, funktionstüchtigen Flüssigkeitsrakete „A2“ / „V2“ sowohl bei der Reichsregierung hohe Anerkennung wie auch später in den USA wegen seiner leitenden Tätigkeit beim Bau von Trägerraketen für die NASA-Projekte. - Er gilt bei jenen schizoiden Zeitgenossen als „umstritten“ die nie ihre Stimmen erhoben haben wenn es hätte gelten können, alliierte Kriegsverbrechen zu tadeln. Man erkennt ihre propagandistischen unlauteren Tendenzen und ist verstimmt. Man hat v. Braun vorgeworfen, er hätte das Elend der Häftlinge, die am Bau der Fernwaffen beteiligt waren, sehen müssen. Es mag sein, dass er so etwas mitbekommen hat, aber es war Krieg und er wird zumindest vom deutschen Elend der zusammengebombten Zivilisten in den Städten nicht weniger erschüttert gewesen sein. Auch haben die Westalliierten sich nie über die Untaten ihres massenmörderischen sowjetischen Verbündeten mokiert, ganz im Gegenteil, sie haften ihnen noch beim Schauprozess in Nürnberg, russische Untaten (Massenmorde von Katyn) den deutschen Kriegsverlierern in die Schuhe zu schieben und schwiegen beharrlich auch dazu, dass unschuldige deutsche Soldaten dafür gehenkt wurden. Man sollte also - in Anbetracht eigener Schuld - vorsichtiger beim „Haltet-den-Dieb“-Geschrei sein. Wegen Brauns rein formaler Mitgliedschaft in NSDAP und SS und an seiner zweifellos „engen Beteiligung an der Kriegsführung“ hat man den Konstrukteur angegriffen -; US-amerikanische Zivilisten-Massenmörder - der z.B. Atombomber-Konstrukteure und -Piloten - gelten denselben Leuten mit einer seltsam gespaltenen Moral als völlig „unumstritten“. Nach allen kriegerischen Auseinandersetz der Völker wird seitens der Kriegsgewinnler und ihrer Kollaborateure gern beiseitegeschoben und vergessen gemacht, dass jede Medaille - auch die Wahrheit - zwei Seiten hat. - Der Vater v. Brauns war der ostpreußische Gutsbesitzer und spätere Reichsernährungsminister M. Freiherr von Braun. Wernhers älterer Bruder Sigismund (1911-1998) war im Dritten Reich und auch in der BRD im Auswärtigen Amt tätig; der jüngere Bruder Magnus (1919-2003) wurde Ingenieur in organischer Chemie. Nachdem er das Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“ von H. Oberth gelesen hatte, begannen seine Träume Gestalt anzunehmen. Um das fachwissenschaftliche Buch verstehen zu können, strengte er sich an, seine Leistungen in Mathematik zu verbessern. Er besuchte ein Gymnasium in Berlin. Aufgrund guter Leistungen konnte er vorzeitig mit 18 Jahren im April 1930 sein Abitur leisten. Nach seiner Schulzeit verbrachte er ein sechsmonatiges Praktikum bei der Lokomotiven-Fabrik Borsig in Berlin, welches für das Ingenieurstudium gefordert war. Ab 1929 arbeitete er gemeinsam mit Hermann Oberth in Berlin-Plötzensee und bald als Mitglied im „Verein für Raumschifffahrt“ auf dem Raketenflugplatz in Reinickendorf an den Triebwerken für Flüssigkeitsraketen. Von Braun studierte ab 1930 an der „Technischen Hochschule“ in Berlin-Charlottenburg und „ETH-Zürich“. 1932 erwarb er ein Diplom als Ingenieur für Mechanik an der TH Berlin und trat, gefördert durch Walter Dornberger, als Zivilangestellter in das Raketenprogramm des Heereswaffenamtes ein. Seine Experimente führte er auf dem Gelände der Heeresversuchsanstalt Kummersdorf durch. 1934 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Arbeit über „Konstruktive, theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete“. Im gleichen Jahr erreichte das von v. Braun konzipierte „Aggregat 2“, gestartet von der Nordseeinsel Borkum aus, eine Höhe von 2.200 Metern. Auch an der Entwicklung der „He 112“ war er beteiligt. Schließlich einigten sich Heer und Luftwaffe, auf der Ostseehalbinsel Usedom eine Versuchsanstalt aufzubauen. Von 1937 an war Wernher v. Braun der technische Direktor der „Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVA). Erst ab 1943 wurde „Aggregat 4“ an diversen Ortes im Reich in Serienanfertigung gebaut und - im Hinblick auf die seit Mai 1941 erfolgenden britischen Fliegerangriffe auf zivile Ziele - „V2“ (Vergeltungswaffe 2) getauft. Im Jahr 1942 überschritt ein Prototyp erstmals eine Gipfelhöhe von mehr als 80 km, 1945 wurden um 200 km erreicht. Die Rakete „Aggregat 4“ war damit das erste von Menschen geschaffene Objekt im Weltraum, indem es eine Höhe von über 100 km erreichte. Dem englischen Luftterror konnte mit dieser Waffe ein adäquater Terror - wenn auch in sehr bescheidenem Maße - entgegengestellt werden. Die Briten versuchten Peenemünde mit der „Operation Hydra“ in der Nacht vom 17./18. August 1943 zu zerstören und die Wissenschaftler zu töten. Von Braun konnte sich in einen Bunker retten. Im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ verlieh ihm Hitler persönlich den Professorentitel. Dazu von Braun: „Nach meinem Gespräch mit Hitler sah ich zufällig, dass Speer mit ihm - gleichsam hinter vorgehaltener Hand - etwas besprach. Wenige Augenblicke danach schritt Hitler auf mich zu, reichte mir die Hand und sagte: Professor, ich möchte Ihnen zu Ihrem Erfolg gratulieren.“ Wie W. Dornberger erhielt v. Braun 1944 das „Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern“. Insgesamt kamen ca. 3.000 „V2“-Raketen zum Einsatz. Die Zerstörungskraft aller abgefeuerten „V2“-Raketen zusammen war weniger stark als ein einziger großer alliierter Bombenangriff auf deutsche Innenstädte. Am 11. April 1945 besetzten US-Truppen die Produktionsstätten in Bleicherode, das sog. „Mittelwerk“. 100 „A4“-Raketen wurden in die USA abtransportiert und bildeten dort die Grundlage des US-amerikanischen Raketenprogramms. Von der US-Aktion „Operation Overcast“ wurde gezielt nach deutsche Wissenschaftlern gesucht, um sich ihres Wissens bemächtigen zu können. Am 2. Mai 1945 wurde v. Braun zusammen mit weiteren Wissenschaftlern aus seinem Team von US-Streitkräften festgenommen. Die Deutschen standen in Fort Bliss unter Aufsicht der US-Army. Ende 1945/Anfang 1946 erreichten über hundert weitere Peenemünder diesen Standort, darunter sein jüngerer Bruder Magnus. Eine ihrer ersten Aufgaben war es, die amerikanischen Experten in Funktionsweise und Bau der „V2“ zu unterrichten. In der Folgezeit starteten sie von „White Sands“ aus regelmäßig „V2“ zu Testzwecken. Erst im Dezember 1946 wurde ihre Anwesenheit in Amerika öffentlich. Der Aufstieg des Wernher v. Braun in den USA begann, in dessen Verlauf er hohe Ehren gewann und für diese Nation von der allgemein bekannten Wichtigkeit wurde.
 
 
Wolfgang Baron von Ardenne, „Genie des Jahrhunderts“
 
Manfred Baron von Ardenne (1907-1997) war ein deutscher Naturwissenschaftler. Er besaß rund 600 Erfindungen und Patente in der Funk- und Fernsehtechnik, Nuklear-, Plasma-, Medizintechnik, Elektronenmikroskopie. Er war Sohn des Regierungsrates Baron Egmont von Ardenne und dessen Frau Adela. Er besuchte das Friedrichs-Realgymnasium in Berlin-Kreuzberg. Schon als Schüler interessierte sich Ardenne sehr für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Elektrophysik. Er konstruierte Modelle eines Fotoapparats und einer elektrischen Alarmanlage, beschäftigte sich mit Problemen der Rundfunktechnik und erhielt im Alter von 16 Jahren sein erstes Patent über ein „Verfahren zur Erzielung einer Tonselektion, insbesondere für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie“. Manfred von Ardenne brauchte eigentlich keinen Unterricht, er war ein genialer Autodidakt. Er verließ 1923 vorzeitig das Gymnasium und widmete sich der Weiterentwicklung der Radiotechnik. Siegmund Loewe, Gründer der „Radiofrequenz GmbH“, wurde zu seinem Förderer. Von Ardenne entwickelte gemeinsam mit Loewe eine der ersten Mehrsystemröhren. Mit den Honoraren für seine Veröffentlichungen und den Geldern aus dem Patentverkauf verbesserte Ardenne 1925 den Breitbandverstärker erheblich, der u. a. die Entwicklung des Fernsehens und Radar entscheidend voranbrachte. Obwohl er kein Abitur hatte konnte er an der Universität in Berlin Physik, Chemie und Mathematik studieren. Nach vier Semestern brach er die Studien ab und widmete sich seinen Forschungen auf dem Gebiet der angewandten Physik. 1928 wurde Manfred von Ardenne volljährig und gründete das „Forschungslaboratorium für Elektronenphysik“ in Berlin-Lichterfelde, das er bis 1945 leitete. In dieser Zeit entwickelte er dort u. a. die weltweit erste elektrische Bildzerlegung und Bildwiedergabe mit zeilenweiser Abtastung über eine Photozelle und Wiedergabe auf einer Kathodenstrahlröhre. Er erfand das Rasterelektrodenmikrokop, das er im Februar 1937 zum Patent anmeldete. Die weltweit erste Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhre gelang Manfred von Ardenne am 14. Dezember 1930 in seinem Lichterfelder Laboratorium. Zur Funkausstellung in Berlin führte er ab dem 21. August 1931 das erste elektronische Fernsehen vor. Mitte des 20. Jahrhunderts gingen eine Vielzahl bedeutender Erfindungen auf den Gebieten der Funk- und Fernsehtechnik und der Elektronenmikroskopie auf die Arbeit seines privaten Forschungsinstituts zurück. Nach der Entdeckung der Kernspaltung, deren militärisches Potenzial er angeblich rasch erkannte, wandte er sich sofort der experimentellen Kernphysik zu. Er baute Linear- und Zirkularbeschleuniger zur Isotopentrennung. 1942 verfasste Ardenne einen Geheimbericht „Über einen neuen magnetischen Isotopentrenner für hohen Massentransport“, ein Labormuster, mit dem Anfang 1945 auch erste Versuche zur Trennung von Lithiumisotopen durchgeführt wurden. Sie könnte - wie es heißt - auf die Entwicklungsabsicht einer thermonuklearen Bombe im Dritten-Reich hinweisen, für die 6Li ein Grundstoff sei. Getreu seinem Prinzip, ein physikalisches Problem in aller nur möglichen Breite zu bearbeiten, beauftragte Ardenne den seit Januar 1941 bei ihm beschäftigten Theoretiker Friedrich Georg Houtermans, auch die Isotopentrennung von Uran mit einer Ultrazentrifuge durchzurechnen. Ein bereits im August 1941 von Houtermans vorgelegter Bericht „Zur Auslösung von Kern-Kettenreaktionen“ zeigte, dass ein Element mit der Massenzahl 239 (später Plutonium genannt) ebenfalls als Brennstoff und Explosionsstoff genutzt werden könne. Der Geheimbericht soll einem ausgewählten Kreis deutscher Kernphysiker zur Kenntnis vorgelegen haben. Nahezu zeitgleich meldete angeblich Carl Friedrich v. Weizäcker eine Plutoniumbombe zum Patent an. - Nach Kriegsende, bis 1954, wurde Ardenne gezwungen, wie viele andere deutsche Technikern und Wissenschaftlern auch, für die Sowjetunion an der Atombombe zu arbeiten. Er bearbeitete ein Verfahren der elektromagnetischen Trennung von Uranisotopen. Aufgrund der Ardenne’schen Vorarbeiten zur industriellen Trennung von Lithiumisotopen gelang es der Sowjetunion die USA im nuklearen Wettrüsten bei der Entwicklung der Wasserstoffbombe zu überholen. Für seinen Beitrag erhielt Ardenne im Dezember 1953 den „Stalinpreis“ 2. Klasse. Für Entwicklung und Bau eines Elektronenmikroskops hatte er bereits im März 1947 eine Prämie in Höhe von 50.000 Rubel erhalten. 1948 konstruierte er die Duoplasmatron-Ionenquelle für den Einsatz in großen Teilchenbeschleunigern gern und in kosmischen Raketen mit Ionenantrieb. - Nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion baute Ardenne in der DDR das seinen Namen tragende Forschungsinstitut auf dem „Wei0enHirsch“ in Dresden auf, das sich durch eine anwendungsorientierte industrienahe Forschung auszeichnete. Wie schon in Berlin praktiziert, verwirklichte Ardenne auch in Dresden das Prinzip des Wohnens und Arbeitens unter einem Dach. Das Institut entwickelte sich mit rund 500 Mitarbeitern zum größten privatwirtschaftlichen Forschungsinstitut des gesamten Ostblocks. Stellvertretender Direktor des Instituts war seit 1965 Siegfried Schiller. 1970 setzte Ardenne den Physiker Peter Lenk als Verwaltungsleiter ein. Ardenne lehrte als Professor für elektronische Sonderprobleme an der Technischen Universität Dresden. Anfang der 1960er Jahre wandte sich Ardenne medizinischen Fragestellungen zu. Er entwickelte zwei verschiedene Therapien: die umstrittene Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie, inzwischen als Naturheilverfahren verbreitet, die den Energiestatus des Organismus und somit das Befinden und die Vitalität verbessern soll, und die sogenannte systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie. Der parteilose Ardenne war Volkskammerabgeordneter. Bei der Volkskammersitzung am 13. November 1989 erinnerte er an die Theorie einer „Sozialistischen Marktwirtschaft“, die er 1968 gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Frank Rieger aus der Systemtheorie begründete und die mit der Aufforderung zur Dezentralisierung der Wirtschaft begann. Für Reformen im Hochschulbereich setzte er sich seit Anfang der 1970er Jahre immer wieder ein. Nach der Deutschen Wiedervereinigung fehlen Ardenne erhebliche Finanzmittel. Er verschuldet sein Institut in Höhe mehrerer Millionen Deutscher Mark. Ardenne teilte den physikalisch-technischen Bereich seines Instituts in das „Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik“ und die „Von Ardenne GmbH“ auf. Baron von Ardenne war eines der größten Genies des 20. Jahrhunderts.
 
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