19.09.2024

IN BEARBEITUNG !

Sfotza_3a.JPG

Die schöne Germanin, die Tigerin der Sippe Sforza.

Sforza ist der Name einer der bedeutenden lombardischen Familien der Renaissance. Sie regierte, mit Unterbrechungen, als Herzöge von Mailand in der Lombardei, von 1450 bis 1535. Eigentlich hieß sie Attendolo. Sie zählte zum bäuerlichen Kleinadel der Provinz Ravenna und besaß in der Gemeinde Cotignola, die etwa 20 km westlich der Stadt Ravenna liegt, erhebliche Ländereien. Die Stadt und die Familie Attendolo unterstanden dem jeweiligen Lehensherren – lange den Grafen von Cunio – die sich später nach der Herrschaft Barbiano „da Barbiano“ („aus Barbian“) nannten. Diese Familie des italienischen Uradels,zweifellos aus gotischem oder langobardischem Blut, wurde bereits von Dante in dessen „Göttlicher Komödie“ erwähnt. Sie brachte eine Reihe berühmter „Kondottieri“ (Söldnerführer) wie u. a. Alberico da Barbiano (1348-1409) hervor, eine Linie wurde in den Reichsfürstenstand erhoben, eine andere blüht in gräflicher Linie bis heute. Der Familienname „Sforza“ geht auf Jacopo Attendolo, genannt Giacomuzzo Attendolo (1369-1424) zurück, der einer der bekanntesten Kondottieri seiner Zeit war. Wegen seiner herkulischen Kraft wurde er „Sforza“ (Bezwinger) genannt und als solcher berühmt. Dieser Spitzname wurde von seinen Nachkommen als Familiennamen angenommen. Muzio Attendolo Sforza gelang es 1411 die Herrschaft Cotignola zu erwerben, diese wurde zu seinen Gunsten in eine Grafschaft erhoben, wodurch er zum ersten Grafen von Cotignola aufstieg. Er war dreimal verheiratet, hatte zumindest 15 Kinder, neben legitimen auch eine große Zahl außerehelicher, später legitimierter Kinder. Sein unehelicher Sohn Francesco Sforza (1401-1466) übernahm das Kommando, zeigte militärisches Genie und politischen Scharfsinn. Er diente den Visconti gegen Venedig und dann Venedig gegen die Visconti. Er griff den Papst an, vertrieb ihn aus der Romagna, verteidigte ihn später. 1441 heiratete er Bianca Maria, die einzige Tochter von Filippo Maria Visconti, dem Herzog von Mailand, erhielt Pontremoli und Cremona als Mitgift, sowie die Zusage der Nachfolge im Herzogtum. Die kurzlebige Ambrosianische Republik, die von den Mailändern beim Tod Viscontis (1447) errichtet wurde, wurde von Francesco unterworfen, der am 25. März 1450 triumphal als Herzog in der Stadt einzog. Im Frieden von Lodi erreichte er 1454 die Anerkennung seiner Herrschaft durch die anderen italienischen Staaten (zum Beispiel Venedig) und Frankreich. Er unterdrückte einen Aufstand in Piacenza, verbündete sich eng mit Cosimo de’ Medici (1389–1464) und Ludwig XI. von Frankreich (regierte 1461-1483), und beherrschte die Lombardei, einige Bereiche südlich des Po und sogar Genua. Er ließ die Festung Porta Giovio wieder aufbauen, das große Hospital errichten und den Kanal von Martesana, der Mailand mit der Adda verbindet; sein Hof, den er mit italienischen Gelehrten und griechischen Verbannten füllte, wurde schnell einer der hervorragendsten in Italien. Seine Tochter Ippolita (1445-1488) war für ihre lateinischen Reden berühmt.

Caterina Sforza

Als drittes uneheliches Kind des mailändischen Prinzen und zukünftigen Herzogs Galeazzo Maria Sforza und seiner ersten großen Liebe, einer gewissen Lucrezia, erblickte Caterina im Jahr 1463 in einer der angesehensten Dynastien des Abendlandes das Licht der Welt, nämlich der Visconti-Sforza. Während die Vorfahren ihrer Großmutter väterlicherseits, die Visconti, für über 150 Jahre die Geschicke Mailands gelenkt hatten, gehörten die Vorfahren ihres Großvaters väterlicherseits, die Sforza, zu den bedeutendsten Militärführern und Feldherren des 14. und 15. Jahrhunderts. Caterinas Großvater, Francesco Sforza, ging sogar als der größte Condottiere seiner Zeit in die Geschichte ein. Voller Stolz blickte die mailändische Prinzessin, die sich auf ihren Münzen „Catherina Sfortia Vicecomes (Visconti)“ nennen ließ, auf ihre väterlichen Vorfahren zurück. Während sie äußerlich mit ihrer hohen Gestalt – sie wird die meisten ihrer männlichen und weiblichen Zeitgenossen um Haupteslänge überragt haben -, ihrem rot- oder goldblonden Haar und ihren grauen Augen ganz nach den Visconti kam, wies sie charakterlich mehr Gemeinsamkeiten mit ihren Sforza-Vorfahren auf. Ihr außergewöhnlicher Mut, ihre Furchtlosigkeit, ihre skrupellose Zielstrebigkeit und ihre Entschlusskraft wurden von allen ihren Zeitgenossen, ob Freund oder Feind, gepriesen. Sie legte zudem nicht nur großen Wert auf ihr Aussehen - auf ihre makellose, reine Haut, ihr blondes Haar und ihre weißen Zähne. Wie ihre Vorfahren, die Visconti und die Sforza, hielt sie es als Landesherrin für ihre oberste Pflicht, für Gerechtigkeit unter ihren Untertanen zu sorgen, diese in eigener Person in Rüstung und mit der Waffe in der Hand zu beschützen und die Kunst und die Kultur in ihrer Herrschaft zu fördern. Ihre Zeitgenossen beschrieben sie außerdem als ehrlich, aufrichtig, gerecht, zäh, charmant, wortkarg, stolz, ehrgeizig, schlau, witzig, zuweilen sehr furchteinflössend, rachsüchtig - sie ließ ihre Gegner, wenn es sein musste, bis ans Ende Italiens verfolgen –, als liebestoll und, was die Führung ihrer Staatsgeschäfte anging, als sehr kompetent. Überdies liebte sie, wie schon erwähnt, die Jagd über alles. Wenn sie auch einerseits nie ein Unrecht, das ihr oder ihrer Familie angetan wurde, vergaß, so erinnerte sie sich andererseits auch stets der Wohltaten, die man ihr und ihrer Familie erwiesen hatte. Im letzteren Fall konnte man ihrer Gunst und Zuneigung bis zu ihrem Lebensende gewiss sein.

Wie ihre Visconti-Vorfahren interessierte sie es nicht im Geringsten, was ihre Mitmenschen über sie dachten. In der Rechtsprechung machte sie wie ihre Vorväter keinen Unterschied zwischen ihren armen und ihren reichen Untertanen. Für gleiches Unrecht gab es die gleiche Bestrafung. Als Fürsprecherin ihrer schwachen und armen Untertanen war sie wie die Visconti und die Sforza stets bereit, sich für diese einzusetzen, um sie vor Ungerechtigkeiten der Reichen und Mächtigen zu beschützen. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, den weltlichen und den geistlichen Herrschern des gesamten christlichen Abendlandes, hielt sie zudem stets ihr gegebenes Wort. Auf Caterina Sforza und ihre Versprechen durfte man sich vollkommen verlassen. Von vielen Männern begehrt und geliebt, war die größte Liebe in ihrem Leben jedoch ihr letztes Kind, ihr Sohn Giovanni dalle Bande Nere, der ihr von allen ihren Kindern am Nächsten stand und in dem sie sich als große Kriegerin wiederfand. Als der größte Condottiere aller Zeiten wurde er wie seine Mutter unsterblich. Über Giovanni dalle Bande Nere und seine Nachfahren, die Großherzöge der Toskana, durften sich schließlich die Könige Ludwig XIV. von Frankreich und Karl II. von England als Nachkommen dieser berühmten, furchtlosen Frau sehen, die selbst noch heute als „Venus“ in dem berühmtesten Gemälde aus Botticellis Werkstatt die Männerherzen höher schlagen lässt.

Tigerin von Forli“ wurde sie genannt. Die legendäre rothaarige Schönheit experimentierte mit Alchemie und schickte angeblich vergiftete Briefe an den aus Spanien stammenden Papst Alexander VI. (1431-1503), das Schwein auf dem Papstthron. Als ihre Feinde drohten, ihre Kinder zu ermorden, wenn sie ihre Festung nicht aufgab, stand Caterina auf den Zinnen und sagte: „Mach weiter und töte sie.“ Dann hob sie ihren Rock, legte ihre Genitalien frei und schrie: „Ich habe die Form („Model“), um mehr zu machen!“ An ihren Onkel, den mailändischen Herzog Lodovico il Moro Sforza, schrieb sie am 25. August 1498: „... und wenn es das Schicksal will, dass ich verliere, dann möchte ich, obwohl ich eine Frau bin, wie ein Mann verlieren ...“

Zweifellos gehörte sie zu den berühmtesten und außergewöhnlichsten Frauen der italienischen Renaissance, die ihre Zeitgenossen für die Schönste, Anmutigste und Tapferste des weiblichen Geschlechtes hielten und über die sie in ihren Liedern, Balladen, Aufzeichnungen und Chroniken nicht müde wurden zu berichten. In die Geschichte ging diese „Wunderfrau mit ihren übernatürlichen Kräften“ als „Prima donna d’Italia“ (die erste Dame Italiens), als „Amazone von Forlì“ und als „Virago“ (ein Mannweib) ein. Letzteren Titel hatte sie von Machiavelli erhalten, auf den ihre Schönheit, ihre Schlauheit, ihr Witz und ihr Mut einen tiefen Eindruck gemacht hatten. Unsterblich ist sie jedoch nicht nur durch die vielen zeitgenössischen schriftlichen Quellen geworden, die besonders im Archivio Storico Lombardo zu finden sind, sondern auch durch ihre unzähligen herrlichen Porträts, die in der Mehrzahl von ihrem großen Verehrer Sandro Botticelli und seinen Schülern erstellt wurden.