10.05.2024
Kosmosmodell Dodekaeder (Zwölfflächner) - 50-275 n.0 (frühe bis mittlere römische Kaiserzeit)
in: Römermuseum Schwarzenacker
Die Runen-ODING-„12“ - - Weltall und Zodiak/Tir-Kreis
Das Dodekaeder besitzt 20 Ecken und zwölf Seitenflächen. Die 20 bzw. 2 spricht vom Grundprinzip des dualen-polaren Weltganzen, im Runen-ODING als Doppelaxtzeichen des Welt-Demiurgen angelegt. Die 12 hat Bedeutung als Grundzahl alter Zahlenmaße wie 1 Dutzend = 12 Stück, Großhundert = 120 Stück, Gros = 12 Dutzend. Die astrale 12 könnte dafür Pate gestanden haben. 12 ist die Ekliptikzahl, also die Anzahl der Sternbilder oder Himmelshäuser à 30°, durch welche die Sonne scheinbar ihre jährliche Kreisbahn vollführt. Dazu haben die meisten Jahre 12 Vollmonde. Doch die Zahl fand bei den Zahlenmystikern eine viel feinsinnigere Bewertung: Wenn nach altem Denken die 1, von etlichen auch die 2, eigentlich nicht als Zahlen, sondern als Prinzipien verstanden wurden, aber allgemein die ungeraden Zahlen als männlich und die geraden als weiblich galten, dann sah man in der 3 die erste männliche und in der 4 die erste weibliche Ziffer, deren Verbindung (3+4) 7, die irdische Allzahl und (3x4) 12, die kosmische Allzahl ergibt; die Ausgangswerte sind dieselben - zuerst als Summanden, dann als Faktoren. Aus grundmännlichen und grundweiblichen Substanzen fügt sich die Weltgesamtheit. In theosophischer Addition und Reduktion wird 12 zur 6, der runischen Kosmosziffer: 1+2+3+4+5+6+7+8+9+10+11+12=78 ( + bzw. Erdmutter + Himmelsvater) = 7+8=15=1+5=6 Die potenzierte, also gesteigerte 6 ist die 36 (6X6), die Kreiszahl und Himmelskreiszahl. Daraus ist ersichtlich: 6, 12 und 36 besitzen prinzipiell den gleichen Aussagewert. Bestätigend mag wirken, dass, wenn man im ODING-Runenkreis über 24 hinaus weiterzählt, die 36. Rune das Weltbaumzeichen ist. Die 36 wird in den gnostischen und hermetischen Papyri als geheimnisvolle Zahl angeben, sie meint den Himmelskreis im weitesten Sinne. Aus der Zeit der Ptolemäer, dem 1. Jh. v.0 stammt das Bild des Sternhimmels im gut erhaltenen ägyptischen Hathor-Tempels (in der Nähe des heutigen Dendera). Es stellt den Himmelskreis dar, welcher von 12 Sternbildern gefüllt und von 36 Bildgestalten umrundet wird. Der Apollopriester und Autor vielgelesener Bücher, Plutarch, berichtet in „Iside et Osiride“ von der Anschauung der Pythagoreer folgendes: „Die sogenannte Tetraktys [„Vierheit“], die aus 36 besteht, galt bekanntlich als der höchste Eidschwur und war Welt genannt, weil sie entsteht aus der Verbindung der ersten geraden und ungeraden Zahlen.“ Die 4 als Zahl der Weltelemente und mithin als eine Art Basiszahl erschien den zahlenspekulierenden Pythagoreern als hochbedeutsam. Sie addierten die ersten vier ungeraden Zahlenwerte (1+3+5+7) mit den ersten vier geraden Ziffern (2+4+6+8) und erhielten 36. Und 36x3=108, die heilige Zahl ostasiatischer Kulte. Und ebenso die Anzahl der Urstammsilben im Runen-ODING. Erste Urstammsilbe ist OD, die germ. Bezeichnung für die seelisch-geistige Urkraft.
Der hohe Himmel ist der Raum des indogerm. Vatergottes Dyaus / Zeus / Ziu-Tiu-, des altn.-eddischen Tir, Tyr. Deshalb nennen wir die astrale Rundbahn Tiu- oder Tir-Kreis anstatt der unrichtigen Bezeichnung „Tier-Kreis“ (Zodiakus), stellen doch von den 12 Sternbildern nur 7 auch wirkliche Tiere dar. Des gewaltigen griech. Sonnenläufers Herakles 12 Werke wurden als diese 12 Himmelsstationen gedeutet. Die 12-Zahl babylon., griech., röm. und germ. Göttersysteme ist naheliegend auf die 12 hohen Himmelsbezirke des Tirkreises zu beziehen. In Gylf. 20 heißt es: „Es gibt 12 gottentstammte Asen, an die man glauben muss [...]“. Die durch den Schweden Esaias Tegner (13.11.1782-02.11.1846) verjüngte Frithjofsaga (Kap. 3) spricht von den Sitzen nordischer Götter: „Die Burgen der 12 Unsterblichen, Sonnhäuser, wie sie die Skalden nennen“. Das Grimnirslied der Edda zählt diese Stätten und ihre göttlichen Herren sorgfältig auf. Ebenso kennt das chinesische Universum 12 Zweige oder 12 Söhne oder 12 Ebenbilder. 12 Jahre benötigt der Planet Jupiter für seinen Rundlauf um die Sonne, ein Termin, der noch heute in Indien und China festlich begangen wird. So war die 12 dem hohen Herrn aller göttlichen Teilwesenheiten zugeordnet. Durch Philolaos wissen wir, das 12-Eck gehört dem Zeus. Dieselbe Anschauung schreibt den Pythagoreern (unter Berufung auf Eudoxos) Plutarch zu (Iside et Osiride 30, 363 a). Ob Platon beim Dodekaeder, einem regulären Körper, bestehend aus 12 Flächen, schon an den Zodiakkreis dachte, ist unsicher. Er hat die später nach ihm benannten Körper in seine Philosophie eingebaut, indem er sie mit den vier Elementen Erde (Hexaeder), Wasser (Ikosaeder), Feuer (Tetraeder) und Luft (Oktaeder) in Verbindung brachte und das Dodekaeder mit einer geheimnisvollen quinta essentia, dem Himmelsäther. Doch Plutarch sah jedenfalls in dieser „Kugel aus 12 Fünfecken“ die Form des Kosmos. Bis 1995 wurden 92 antike Dodekaeder gefunden; eines fand man in Augst/Schweiz (ca. 6 cm., 109 Gramm; Römermus.), das auf 30-110 n.0 datiert wurde, in Padua ein etruskisches aus dem 5. Jh. v.0. In Schottland fand man an unterschiedlichen Stellen einige hundert mit Gravuren versehenen etwa 4.000 Jahre alte Steinkugeln (Ø ca. 7 cm.). Ihr ursprünglicher Verwendungszweck blieb unbekannt. Es gibt Kugeln, auf denen 12 sphärische Pentagone eingraviert sind, andere zeigen Würfel, Tetraeder, Oktaeder, also reguläre und halbreguläre Körper. Offenbar war schon damals, mehr als 1.000 Jahre vor den Pythagoreern, das Grundprinzip der Dodekaedersymmetrie bekannt. Ein spätantiker griech. Zauberpapyros (P. IV 1137 ff.) lobte den Kosmos mit den Worten: „O großes, größtes, kugelförmiges, unbegreifliches Gebilde der Welt.“
Der „Seherin Weissagung“, die Völuspa, das berühmteste altnordische Gedicht und einzigartige Quelle zur germanischen Mythologie, ist kurz vor der Wende zum 10. Jh. entstanden. Sie berichtet vom Drama kosmologischer Geschehnisse um den Weltenbaum. Gewiss nicht zufällig wurde die Völuspa so gestaltet, dass ihre 66 Verse die QS 12 bilden, die zur Kosmoszahl 6 hinführt, denn QS von 12 ist 3 und 1+2+3 = 6.
Neuer Dodekaeder-Fund in England: 30.04.2024 – (Hohl-)„SPIEGEL“-online: „Das Objekt erinnert an einen bunten Plastikball, durch dessen Wände Kleinkinder Dinge mit verschiedenen Formen ins Innere schieben können. Nur: Dieses Objekt, das Hobbyarchäologen in England gefunden haben, ist nicht aus Plastik und es ist nicht bunt. Es ist grau, braun und grünlich. Und wahrscheinlich hatte es einen völlig anderen Zweck.
Das jedenfalls vermuten die Ehrenamtlichen eines lokalen Geschichtsvereins. Demnach stammt das zwölfseitige Objekt vermutlich aus dem dritten oder vierten Jahrhundert. Es handele sich dabei um ein römisches Dodekaeder – eines der großen Rätsel der Archäologie.
Entdeckt wurde das Dodekaeder bereits im Sommer 2023 in Norton Disney in der Nähe von Lincoln in England bei einer archäologischen Amateurgrabung. »Es ist gut gegossen, vollständig, unbeschädigt und in einem ausgezeichneten Zustand«, heißt es in einer Mitteilung des Geschichtsvereins Norton Disney History and Archaeology Group. »Es ist ein Beispiel für eine sehr gute handwerkliche Verarbeitung, die einen hohen Standard aufweist.«
Völlig neu ist die Form für Archäologinnen und Archäologen nicht. Rund 30 dieser Objekte oder Teile davon wurden bisher im römischen Britannien gefunden, im gesamten ehemaligen römischen Gebiet sind es rund 100 mehr.
Dennoch ist unklar, wofür die Dodekaeder eigentlich gebaut wurden. Leichter lässt sich aktuell sagen, wofür sie nicht gemacht wurden: Sie haben keine Standardgröße, also könnten sie etwa keine Messgeräte sein. Auch die Verwendung als Werkzeuge kann ausgeschlossen werden, weil es keine Gebrauchsspuren gibt.
Hinweise könnte womöglich der Fundort geben. »Was wir wissen, ist, dass das Dodekaeder auf der Spitze eines Hügels in einer ehemaligen großen Grube gefunden wurde«, sagte Richard Parker, Vorsitzender der Gruppe, der das Dodekaeder gefunden hatte. »Es scheint, als sei es absichtlich dort platziert worden.« In die Herstellung sei viel Zeit, Energie und Geschick investiert worden. Der Verein gehe daher nicht davon aus, dass das Objekt für profane Zwecke zum Einsatz kam. Am wahrscheinlichsten sehen die Ehrenamtlichen daher die Verwendung für rituelle und religiöse Zwecke. Historische Aufzeichnungen zu der Verwendung gebe es allerdings nicht.
Viele Fragen bleiben Parker zufolge aber offen: »Warum würde jemand ein solches Objekt vergraben? Hatte es eine religiöse oder rituelle Bedeutung? Was könnten wir in der Nähe noch finden?«
Möglicherweise liegen die Antworten noch im Boden der Region. In diesem Jahr hat die Gruppe weitere Grabungen geplant – in der Hoffnung, das Rätsel um das Dodekaeder lösen zu können.“