Selbstbildnis von Diana Ferch
 
DEUTSCHE MÄDCHEN
 
Unsere feinen deutschen Mädchen
sind zu gut für diese Zeiten,
herrscht doch heut der blanke Wahnsinn,
in den Nähen, in den Weiten.
 
Raubgesindel aller Orten,
alle Schleusen sind weit offen,
für die Schmutzflut aus Kloaken;
nur die Ratten dürfen hoffen.
 
Unzucht, Notzucht aller Wege,
wo könnt‘ Tugend noch bestehen,
wo vor der Gerichte Schranken
die Redlichen vergeblich flehen.
 
Schurken, Mörder lässt man laufen,
Freigang schon nach ein paar Jährchen,
dann die nächsten Schurkenstreiche,
und für Richter neue Märchen.
 
Hinter jeder dunklen Ecke
können heut‘ die Killer lauern.
Wer zart, edel und gutgläubig,
wär' nur herzlich zu bedauern.
 
So sind deutsche Mädchen immer,
träumen ihren Traum vom Schönen,
meinen, mit den guten Seelen
müsste sich die Welt versöhnen.
 
Doch sie irren und sie sterben,
werden abgeknickt wie Blumen,
vergehen dann wie welkes Laub,
schmählich unter Gras und Krumen.
 
 
Seit dem Jahr 2011 ist die zartgebaute (1.50 m) Diana Ferch aus Stralsund vermisst, sie verschwand spurlos auf einer Wanderfahrt. Ihre Mutter hatte den Roman der jungen Mutter und ihr Nacktporträt veröffentlicht, um ein Lebenszeichen zu erhalten. Das Letzte, was Regina Ferch von ihrer Tochter hörte, war ein Anruf: „Da hat mir Diana gesagt, dass sie nicht mehr zur Abschlussprüfung als Sozialassistentin antreten werde. Sie wollte zwei Wochen wandern gehen, abschalten.“ Seitdem hat die auf Rügen lebende junge Frau kein Lebenszeichen mehr erhalten. „Ich wusste, dass sie psychische Probleme hatte, aber ich ahnte nicht, dass sie so krank ist.“ Zwei Wochen nach Antritt des Auszeit meldete die Mutter ihre Tochter bei der Polizei als verschwunden. Diana, so die Ermittlungen, sei mit einem Rucksack, einem Zelt, etwa 300 Euo Bargeld und ohne Handy aufgebrochen. Zurück ließ sie ihren Freund mit dem gemeinsamen siebenjährigen Söhnchen, den sie nach Erzählungen ihrer Familie so sehr geliebt hatte. Diana sei eine sehr nachdenkliche und talentierte junge Frau, die sich nach einer anderen, besseren Welt gesehnt habe, sagt ihre Mutter. Schon frühzeitig habe sie als Kind gemalt, später geschrieben, Gedichte, Episoden, schließlich einen Roman. Schriftstellerin werden, sei ihr großer Traum gewesen. Doch er sollte sich nicht erfüllen. Verlage lehnten eingeschickte Manuskripte zunächst ab. Die Enttäuschung war groß. Mutter Regina Ferch war lange überzeugt, dass Diana noch lebt. Deshalb versuchte sie mit einem ungewöhnlichen Schritt, ein Zeichen von ihr zu erhalten. Im Frühjahr 2012 holte sie aus einer Schublade das vergessene Manuskript eines Fantasy-Romans ihrer Tochter. Schließlich fand sie in dem Berliner Frieling Verlag einen Partner, der das Buch veröffentlichte. Dianas erster Roman „Jaden Page und das Geheimnis der Traumreisen“ erschien in einer Startauflage von 1.000 Stück. Darin geht es um die nachdenkliche Geschichte eines elfjährigen Jungen, der in eine fremde Welt gelangt, in der Menschen und Tiere ganz anders miteinander umgehen als in der von Diana so oft kritisierten Realität. Mittlerweile sind mehrere Hundert Exemplare verkauft worden, sagte die Mutter, die über Fernsehsendungen wie Frank Elstners Talkshow „Menschen der Woche“ die verschwundene Tochter irgendwo zu erreichen hoffte. Das Buch gebe viele Denkanstöße und habe das Zeug zum Erfolg, meint die Mutter. Und es sei für sie der letzte Strohhalm Hoffnung: „Wenn Diana erfährt, dass sich ihr Traum erfüllt, vielleicht meldet sie sich ja wieder bei uns und kommt zurück, vielleicht zum Weihnachtsfest.“ Das Ende des Buches sei offen, Diana habe einen Dreiteiler geplant. Ob die junge Frau je von der Veröffentlichung ihres Romans erfahren wird, ist fraglich. Die bundesweite Öffentlichkeitsfahndung habe keine direkten Hinweise auf einen Aufenthaltsort ergeben, sagt die Polizeisprecherin. Auch Dianas Mutter schließt inzwischen nicht aus, dass ihre Tochter längst irgendwo in einem Aussteigerquartier im Ausland untergekommen ist. „Aber sie lebt, das weiß ich.“ Früher habe Diana mal davon geträumt, mit anderen Jugendlichen in einem verlassenen Bergdorf in Portugal ein neues, autonomes Leben anzufangen. „Vielleicht ist sie ja aber auch in Indien“, sagt Mutter und zeigt ein Ölbild, das Diana vor Jahren nach einem Urlaub in Indien gemalt hatte. Es sei wohl ihre glücklichste Zeit gewesen. Die meisten der zahllosen verschwundenen Mädchen im Nachkriegsdeutschland müssen zu den tragischen unaufgeklärten Morden gerechnet werden.
 
Diana Ferch war mit Rucksack und Zelt unterwegs. Bis heute ist kein Gegenstand oder Kleidungsstück gefunden worden. Beamte der Polizei sind die Wanderroute mit einem Hubschrauber abgeflogen. Die Familie von Diana hatte sogar ein Detektivbüro mit der Suche beauftragt. Bislang aber alles negativ. Die Annahme der Polizei, Diana Ferch sei getötet worden, basiert vorwiegend auf der Einschätzung ihrer Persönlichkeit. Beweise haben die Ermittler noch nicht. Diana war nach Aussagen der Familie auf der Suche nach ihrem Lebenssinn. Es ist kein Geheimnis, dass der heutige Staat keinen Lebenssinn mehr anbieten kann, wie es beispielsweise im Kaiserreich geschah, als Kirche und Vaterland einen Boden unter den Füßen und ein Dach über dem Kopf schufen, oder im NS-Staat, wo die Volksgemeinschaft jedem jungen Menschen ein seelisches Zuhause offerierte. Diana bekam ihren Sohn, als sie 20 war. Sie hatte aber keine abgeschlossene Ausbildung und war alleinerziehend, besaß aber einen festen soliden Freund im Vater ihres Kindes. Im Juni 2011 verabschiedete sie sich mit den Worten, sie wolle zwei bis vier Wochen wandern und über ihr Leben nachdenken. Sie interessierte sich für alternative Lebensmodelle, wie zum Beispiel Öko-Dörfer. Dass sie „ausgestiegen“ ist und auf eigenem Wunsch in einer Kommune lebt - gegen diese These spricht, dass sie ein inniges Verhältnis zu ihrem Söhnchen gehabt habe. Rund 8.000 Kinder und Jugendliche wurden laut BKA-Angaben 2015 als vermisst gemeldet.