DANKBARKEIT ?
 
Gebt acht, habt Ihr das schon bedacht,
des Menschen Seel’ ist so gemacht,
dass sie die Dankbarkeit nicht kennt,
was jeder merkt zum späten End‘.
 
Wer einen Menschenfreund beschenkt,
ihm einen Stein ins Herz versenkt,
bringt ihm die Not der Dankbarkeit,
die bald schon nach Erlösung schreit.
 
Der Stein im Herzen sticht und kratzt
und was er munkelt, was er schwatzt,
das heißt: „So werfe mich hinaus,
ich bin und bleib‘ Dein Seelen-Graus !“
 
Denn Dankbarkeit ist Rücksichtspflicht,
das mag der Mensch sein Lebtag nicht,
er will sich von dem Stein befrei’n -;
„Schuld“ ist des Menschen größte Pein.
 
Schuld löscht sich nur in Gegenschuld,
die sucht der Mensch mit Ungeduld,
bohrt nach Befreiungs-Therapie,
und wird auch fündig, irgendwie.
 
Vergesst ihn nie in Eurer Zeit,
den Unhold der Undankbarkeit -,
er schlägt den Freund sowie den Feind;
nichts ist wie es vernünftig scheint !
 
Gutmütigkeit wird nie bedankt !
Erbarmen ganz vergeblich bangt,
auf das erhoffte Gegen-Stück -,
kein Schenkender erlebt dies' Glück.
 
Und wird ein Mensch dem Feind verzeih’n,
dann kann es auch nicht anders sein,
der legt die Gunst als Schwäche aus -;
wer schwach ist gilt der Welt als Laus.
 
Zerdrückt vom Feind, gedrückt vom Freund,
so wär' vom Undank eingezäunt,
der Mensch von schlimmer Eigenheit,
gäb’s nicht auch echte Dankbarkeit !