27. Dezember 2019              
 
 
VOM RICHTIGEN „SS“
 
Nicht alles was Reformen machen
sind nur dumme, schlechte Sachen.
Meist‘ sind Reformen für die Katz,
schon bald darauf fraß sie der Ratz.
 
Besonders tat die tumbe eS-Pe-De
den Deutschen mit „Reformen“ weh.
Jedoch erkennt, nicht alles ist perdü,
die Schreibreform, man prüfe sie !
 
Seht das grammatische Geschlecht,
man schreibet „das“ mit „s“ gerecht.
Dieser Artikel des Neutrums ist
ganz unbestreitbar, wie ihr wisst.
 
„Das“ bezieht sich auf ein Substantiv,
das man mit dem Geschlecht anrief -,
für’s Demonstrativpronomen auch
ist „das“ sehr richtig im Gebrauch.
 
Doch wie verhält es sich mit „dass“,
dem Bindewort für dies und das ?
Die Konjunktion verbindet Sätze -,
z.B., „dass“ sie juckt, die Krätze.
 
Wer immer gutes Deutsch versteht,
im deutschen Sprachraum atmen geht,
versteht sehr bald: „dass“ mit „ss“,
wirft „sz“=„ß“ baldigst ins Loch-Ness.
 
Schon Friedrich Nietzsche war so klug,
„dass“ schrieb er, mit Recht und Fug.
Was richtig war und weiter richtig ist
lehrt uns der geniale Germanist !
 
Denn „ss“ wird scharf gesprochen,
kommt nie als weiches „s“ gekrochen;
„ß“ entstand aus altem „s“ und „z“
der Sütterlin-Schrift, die war adrett.
 
So ist das „ß“ niemals scharf genug.
Treibt, der's erwählte, Schreibbetrug ?
Das „Doppel-s“, gerade wie in „Masse“,
meint kurzen, scharfen Lautes Klasse.
 
Das weichere „ß“ gehört zum „Maße“,
noch weicher ist das „s“ beim „Hase“.
Und unerreicht, als kurzer, harter Laut
bleibt uns „ss“ im „dass“ vertraut ! 
 
Ich weiß, man kann jetzt diskutieren,
doch wie ist das „ß“ zu prononcieren ?
Nie bündig-kurz wie „s“ im Doppel,
„s-z“ klingt eher als ein „s“-Gestoppel.
 
Ansonsten war die Rechtschreibereform 
ein wahrer Quatsch von linker Norm,
die können Deutsche gern vergessen,
wir haben Altes, Besseres besessen !
 
 
 
 
Wie es die unterste Tafel darstellt, gab es in den Sütterlin- und Latein-Schreibweisen diverse Formen des Buchstabens „s“, auch eine lateinische des „s“ mit einer oberen- und unteren Schleife, die dem Sütterlin-„h“ entsprach. Der steifen Linie des Sütterlin-„s“ wie auch dem schleifigen Latein-„s“ wurde bei Bedarf am Wortende ein zweites „s“, wie ein Rucksäckchen, als normales „s“ oder Sütterlin-Schluss-„s“ angehängt. Gemeint war immer nur ein Doppel-„s“, also „ss“, so dass heute absolut folgerichtig „ss“, nicht aber „ß“ (aus: Sütterlin „s“ und „z“), zu schreiben wäre. Der scharfe, trocken-kurze „s“-Laut - wie im Bindewörtchen „dass“ - kann nur mit „ss“ geschrieben werden, denn für die gebrochene Lautung eines „ß“ („sz“) fehlt jegliche Veranlassung.
 
Eine große und zum überwiegenden Teil völlig sinnlose und überflüssige Rechtschreibreform gab es 1996, mit Änderungen in den Jahren 2004, 2006 und 2011. Das fast einzig Gute war, dass man wieder das gute alt-richtige Bindewort „dass“ empfahl - wie es auch unser germanistisches Genie Friedrich Nietsche schrieb - und das „daß“ als nicht empfehlenswert abtat. Ursprünglich war das „ß“ eine Ligatur, bestand also aus zwei Buchstaben, die so eng zusammengeschrieben wurden, dass sie sich im Schriftbild berührten bzw. im Buchdruck auf einer einzigen Drucktype standen und so wie einer wirkten. Im Laufe der Zeit wurde „ß“ schließlich als eigenständiger Buchstabe angesehen, obwohl es für den Laut „s“ im Deutschen seit Langem drei weitere graphematische Darstellungen gibt: „s“, „ss“ und „Endungs-s“. Der Buchstabe „ß“ hat in Deutschland mehrere Bezeichnungen: Er wird in Mittel- und Norddeutschland üblicherweise „Eszett“ genannt, die Bezeichnung „Doppel-s“ kennt man in der Schweiz. So unterschiedlich seine Namen sind, so uneinig ist man sich bis heute darüber, wie der Buchstabe entstanden ist. Es gibt dazu verschiedene Ansätze, die mit der Unterscheidung zwischen den sogenannten „gebrochenen Schriften“ (Fraktur) und „Antiquaschriften“ zusammenhängt. Beide Schriften wurden in Deutschland lange Zeit parallel verwendet: Fraktur für deutsche Texte und Antiqua für lateinische Texte. In Kürze zusammengefasst: Der Buchstabe „ß“ ist über zwei unterschiedliche Wege entstanden. In der Frakturschrift hat er sich aus der Buchstabenverbindung „sz“ bzw. „ſz“ entwickelt, die ihren Ursprung bereits im Mittelhochdeutschen hatte. Das „ß“ der Antiquaschrift entstand aus einem doppelten „s“, genauer gesagt aus dem Fraktur-„ſ“ [= s] und dem Antiqua-„s“. Viele Leute - auch meine Großmutter und mein Vater - schrieben ihren Namen „Hess“, nach dem „e“, mit dem innertextlichen stabförmigen Fraktur-„ſ“ = s“, das zum saloppen schlaufigen Fraktur-„h“ gedieh und einem angehengten „Päckchen“, bestehend aus einem einfachen Rundbogenende, nämlich dem des Fraktur-„Endungs-s“, also nichts anderes als „ss“ bedeutete. Als man begann, auch deutsche Texte in Antiquaschrift zu setzen, wurde für das Fraktur-„ß“ trotz seiner unterschiedlichen Entstehungsgeschichte und des ursprünglich abweichenden Gebrauchs das Antiqua-„ß“ verwendet. Es entstanden Diskussionen darüber, wie dieser Buchstabe neben dem „s“ und dem „ss“ in deutschen Wörtern einzusetzen sei. Jacob Grimm entschied sich für Schreibungen mit „sz“, denn wären Wörter versal folgendermaßen zu setzen: STRASZE und nicht STRASSE. Dann, mit der Vereinheitlichung der Rechtschreibung im Jahr 1901, wurde festgelegt, dass die zwei ursprünglich unterschiedlichen Zeichen, die aus „ſs“ bzw. aus „ſz“ entstanden waren, als ein und derselbe Buchstabe gewertet und einheitlich verwendet werden sollten. Wer im deutschen Sprachraum zuhause ist, hört aber deutlich heraus, dass das nach dunklen Vokalen stehende „sz = ß“ den Vokal länger zieht als das „ss“, so dass das Bindewörtchen „dass“ mit „ss“ zu schreiben wäre. Die Schreibweise mit „ß“ beim Bindewort „dass“ muss, nach dem Gesagten, so bisschen wie ein Gestoppel erscheinen, also einem mühsam Zusammensuchten, Zusammengebrachten, da sich die klarere scharfe „ss“-Endlautung ja anbietet.