DIE LOCHKAMERA

Dereinst war ich ein Photograph
und lernte die Lektionen brav.
Mein Lehrherr galt als weiser Mann,
er rief zur Einweisung mich an.

Er sprach zu mir: „Mein lieber Sohn,
ich sag’ Dir aller Weisheit Kron’,
die Welt begann mit einem Loch,
das Loch bleibt selbst am Ende noch !

Das Loch ist Urgrund aller Dinge,
  was auch daraus hervor sich ringe,
es muss ins große Loch zurück,
nach kurzem oder langem Glück.

Selbst auch der Mensch ist lochgeboren
geht er im Erdloch einst verloren -,
ob dann die Seel’ sich weiter regt,
blieb bis zur Stund’ ganz unbelegt.

Weil jedes Ding dem Loch entquillt,
schafft auch ein Loch das Foto-Bild.
Merk’ Dir die Regel nach Bedarf:
Bei kleinem Löchlein wird es scharf.

Schon Leonardo hat’s beschrieben,
die Technik ist bis heut’ geblieben -,
versuche es, es wird schon geh’n
und lass’ mich Dein Ergebnis seh’n !“

 
Eine Lochkamera ist das einfachste Gerät, um eine optische Abbildung zu erhalten. Sie benötigt dafür keine optische Linse bzw. kein Objektiv, sondern nur einen lichtdichten Hohlkörper mit einer kleinen gestochenen Öffnung. Das auf der gegenüberliegenden Innenseite entstehende genaue Bild lässt sich auf lichtempfindlichem Material festhalten. Der Lombarde Leonardo da Vinci (1452-1519) beschrieb sie bereits. Bei der Lochkamera gilt die bedingte Regel: Je kleiner das Loch, um so schärfer die Abbildung.

Bild: Eines meiner Lochbildkamera-Fotos vom Wiesbadener Kurhaus im Jahre 1960, Belichtungszeit 2 Minuten.