WEIBESFÜLLE

In dich allein und nur in dich bin ich verschossen,
mit dir hab’ ich des Weibtums Fülle ganz genossen,
du hast den Becher allzeit voll und übervoll gegossen;

du schenktest herzhaft ein, der Liebe Lust und Leid
du warst mir ach so nah und doch ungreifbar weit.

Dein tiefstes Seelenetwas wünschte ich zu finden,
ich wollt’ dich immer suchen, fester halten, binden,
doch dir gelang es stets dich frei- und loszuwinden;

ich ging den Weg zu dir, doch du hast mich verführt,
ich taste dich und hab’ dich trotzdem nie berührt.

Jedwede Leibespore deiner Schönheit ist mir traut,
Lustschauertaumel schenkt’ mir deine Weiberhaut,
du bist in unerfüllter Sehnsucht meine Seelenbraut,

denn nie hast du dich wahrhaft ganz mir hingegeben,
vergeblich war mein Werben, war mein Streben.

Ich halte nur zuweilen deine Hüllen, deine Hände,
dich wahrhaft zu erreichen hindern Widerstände,
rings um dich her türmst du kristallne, hohe Wände.

Wenn ich zu dir will, durch die glasgewebten Gitter,
dann starren gegen mich viel’ messerscharfe Splitter.

Wenn ich es unternahm, dein Wesen zu erschließen,
wie oft und oft hast du mich blutend abgewiesen,
und doch und doch, dein Liebreiz sei gepriesen;

ich bin verfallen dir mit allen meinen Sinnen,
aus deiner bittersüßen Falle weiß ich kein Entrinnen.

Wer kennt des Mannes krausen, wilden Herzenssinn,
sucht er im Weib die strenge Herrin oder Dienerin ?
Vielleicht muss es so sein, liegt schlauer Zweck darin,

dass die verwirrten Männer ewige Liebe schwören,
nur jenen Frau’n, die wandelbar empören wie betören.