Abb. 1 - Dattelpalm-Lebensbaum-Zierfriese
z.B. der Gehwegplatten des assyrischen Nordpalastes von Ninive,
7. Jahrhundert vor Ztr.
 

Abb. 2 - Dattelbaum-Ikone vom Kreuzabnahme-Relief
am Externstein, 12. Jahrhundert
 
 
Die assyrische Dattelpalme und die Pseudo-Irminsul-Narrheit
 
 
Der närrische Trugschluss des patriotischen Pastors Wilhelm Teudt (1860-1942), der im gebogenen Palmbaum-Bild vom Externstein-Kreuzabnahmerelief die altsächsische „Irminsul“ (All-Säule) glaubte erkennen zu können, spukt bis zum heutigen Tage in den Köpfen gutgläubiger Nachbeter herum. Zur NS-Zeit waren es einige unkritische Geister von der Forschungsinstitution „Ahnenerbe“, welche die falsche Teudt’sche-Irminsul als Erkennungs-Loge ihrer Schriften verwendeten. Aber selbst Prof. Dr. Julius Andree (1889-1942), Fachmann für Urgeschichte von der Universität Halle und Forscher im „Amt Rosenberg“, glaubte naiv und inkompetent, an die Dattelpalmen-Irminsul, wie er in seinem archäologischen Bericht zur Externstein-Grabung - auch durch Abbildung - bekundete. Einsichtige Kunstkenner haben das Externstein-Gebilde schon immer zurecht „Palmette“ genannt, doch diese Leute waren zumeist christenkirchlich gebundene Panbabylonisten, die in der antigermanischen Phalanx standen, als christlich und antideutsch zu erkennen waren und deshalb von Patrioten wie Wilhelm Teudt und seiner Gefolgschaft abgelehnt wurden. Weil die Deutung als „Palmette“ von dieser Seite kam, wurde gemutmaßt, dass dieses feindliche Lager den bewussten Deutschen ihre „Irminsul“ nicht gönnen wolle. Wie dem auch sein, sie hatten kunst- bzw. symbolgeschichtlich Recht, das Externstein-Relief zeigt undiskutierbar den vorderasiatischen Lebensbaum, die Dattelpalme. - In nicht wenigen Shops für Esoterik und neuheidnischen Schmuck werden sie feilgehalten und gekauft, die Anhängerchen der vermeintlichen „germanischen Irminsul“. Und die stolzen Träger ahnen nicht im Entferntesten, dass sie ein altorientalisches, aber beileibe kein altdeutsches Sinnzeichen am Halse tragen.
 
Es handelt sich um die ikonographische Form der im Orient geheiligten Dattelpalme als mythischer und ganz realer Lebensbaum der vorderasiatischen Stadtkulturen. Sie lebten ganz wesentlich von den süßen, nahrhaften Früchten der auch sonst nützlichen Dattelbäume. So wurde der Baum zum geheiligten „Lebensbaum“. Und weil die  fruchtbringende Palme auch so schlank und hoch werden konnte, sah man auch in ihr ein Attribut des Sonnengottes Schamasch, das die helladischen Frühgriechen für ihren Apollo-Kult übernahmen. Aber nun möglicherweise zu glauben, dass auch die Germanen, sprich die Altsachsen, den Dattel-Lebensbaum in ihre religiösen Konzepte hätten aufgenommen, wäre albern, denn den Ur-Bewohnern Nordeuropas war die Grandiosität der Dattelpalme völlig unvorstellbar. Zudem galt den Germanen die Säule des Himmelsgottes „Irmin“ (der Große / Erhabene) nicht als ein pflanzliches Gebilde, vielmehr als eine Säule mit dem Zweck der symbolhaften Himmels-Stützung bzw. Welt-Erhaltung.
 
Dem Bild der Dattelpalme als verehrter Lebensbaum begegnen wir im Orient seit Jahrtausenden. Besonders häufig und liebevoll behandelten es die Kunstschaffenden der Babylonier und Assyrer. Als Lebensbaum-Ikonographie ist er oft erkennbar an den beiden Tieren die ihn anbetend flankieren. Mitunter sind es in früher Zeit Steinböcke, die Assyrer bevorzugten Löwen oder Stiere. Das Dattelbaum-Symbol findet man in der ganzen Breite der künstlerischen Darstellungen bis hin zum Zierfries, beispielsweise der Fußbodenmuster des Nordpalastes der assyrischen Hauptstadt Ninive, des 7. Jh. v.0 (siehe Abb. 1). Die Funde stammen aus dem Ruinenhügel (Tell) von Kujundschik, am linken Ufer des Tigris, in der Nähe der heutigen iranischen Stadt Mossul.
 
Die Palmbaumsymbole der Eck-Elemente des Fußbodenbildes (die ich zur Verdeutlichung vergrößert habe) vom Nordpalast zeigen alle Grundmerkmale des Hl. Dattelbaumes, wie wir sie auch im Externstein-Bild wahrnehmen können: 1. Der Stamm des Kultbildes - 2. Die beiden Haupt-Blattarme (Voluten), die sich hier mehr nach oben als nach den Seiten erstecken, wie beim Externstein-Baum - 3. Die beiden nach unten gerichteten Kringel, die die Dattelfruchtgehänge markieren sollen - 4. Das Dreiwinkel-Zeichen, das Heil bzw. Glück bedeutet - 5. Die sieben/neun Palmwedel welche den Wipfel darstellen, die aber im Externstein-Bild nicht vorhanden sind, weil durch deren Weglassung die Unfruchtbarkeit des hochmittelalterlichen (12. Jh.) Baum-Symbols - das damals die deutsche Kaisermacht repräsentierte - ausgedrückt werden sollte. Wir finden also  - wie es die Abb. 1 vorführt - im 7. Jahrhundert vor Beginn christlicher Zeitrechnung die Bildelemente des Hl. Baumes im Schmuck-Repertoire der assyrischen Kunst. Woraus die Albernheit hervorgeht, das gebogene Baumgebilde - mit den deutlichen Palmblattrippen - als ein sächsisch-germanisches All-Säulen-Sinnzeichen glauben zu wollen. 

 

Siehe zu Palmetten: https://allmesopotamia.tumblr.com/