26.07.2022
Skandinavischer Hyperboreer der Bronzezeit, mit Ausrüstungen aus dem authentischen Fundmaterial: Hörnerhelm, Lure, Kultaxt.
Der Ur-Norden
Als vor 40.000 Jahren die erstaunlich-schönen Kleinkunstwerke und Flöten in den Höhlen der Schwäbischen Alb gefertigt wurden, herrschte Eiszeit, Mitteleuropa war eine Steppen- und Tundrenlandschaft, in welcher Tiere wie Mammuts, Rentiere oder Höhlenbären lebten. Ein Höhepunkt der letzten Eiszeit lag vor etwa 21.000 Jahren, er ging vor etwa 11.000 Jahren zu Ende. Da viel Wasser als Eis gebunden war, lag der Meeresspiegel etwa 130 Meter unter dem heutigen Stand. Rentierjägergruppen wanderten südlich der Vereisungslinie, durch Sommer- und Winterperioden wechselnd, den Beutetieren nach. Die sog. Hamburger Kultur (13.700-12.200 v.0) war eine der an Nordsee, dem Doggerlandraum, bis Schottland und an den freiwerdenden Ostseeküsten beheimateten Menschen, wie ebenso die Ahrensburger Kultur (10.760-9.650 v.0). Die im nordeuropäischen Küstensaum sesshaft werdenden Kulturen waren zunächst die älteste mittelsteinzeitliche Maglemose-Kultur (9.000-6.500 v.0). Sie war in Dänemark, Norddeutschland, England, Südschweden und im Baltikum verbreitet. Es folgte die Kongemose-Kultur (6.000-5.200 v.0) und die späteiszeitliche Ertebølle-Kultur (5.100-4.100 v.0), der agilen Küstenjäger, die mit ihren Booten in die nach Süden ins Binnenland weisenden Flussläufe hineinfuhren, wo sie den Bauernsiedlungen der eher bedächtigen Bandkeramischen Kulturträgern (5.700-5.300 v.0) begegneten, die ursprünglich aus der Gegend um den Neusiedler-See aufgebrochen waren und Impulse aus den frühen Donaukulturen verarbeitet hatten. Die mitteleuropäischen Stichbandkeramiker (4.900-4.500 v.0) darf man als Kulturträger begreifen, die Küstenjäger-Wendigkeit mit bäuerlich-bandkeramischer Bedächtigkeit verbunden hatten. Neueste Analysen ergaben Hinweise auf eine allmähliche Ausbreitung der Megalith-Idee aus einem nordwesteuropäischen Ursprungszentrum heraus, die wohl vor 4.500 v.0 ihren Anfang nahm. Die jungsteinzeitliche Trichterbecherkultur (4.200-2.800 v.0) des nördlichen und mittleren Osteuropa, von Dänemark, Südskandinavien, der deutschen Nord- und Ostseeküsten, war eine bäuerliche Kultur, die von namhaften Prähistorikern, wie Hermann Müller-Karpe (1925-2013), als nordisches Trichterbecherreich definiert wurden, mit sehr einheitlichen Hinterlassenschaften, also Leitfunden. Der religiös bedingte Megalith- bzw. Großsteingräbergedanken, welcher sich an astronomischen Visierlinien und einem Gestirnkult orientierte, war offenbar maßgeblich. Die Schnurkeramiker (2.800/2.550-2.200 v.0) waren eine Erscheinung aus dem Brandenburgischen bis dem Baltikum, die man als eine religiöse Erneuerungsbewegung im Trichterbecher-Großraum begreifen darf. Die Kulturen mit Schnurkeramik sind sehr weit verbreitet. Von den Niederlanden im Westen, über Böhmen und Mähren, Teilen Polens und den baltischen Staaten bis ins westliche Russland im Osten, von Südschweden im Norden bis zur Schweiz und Österreich im Süden. Im nordmitteleuropäischen Flachland und Jütland wird sie forschungsgeschichtlich bedingt auch Einzelgrabkultur genannt. Zu ihrem Gerätebestand gehören Äxte und vor allem die typischen feingeschliffenen Facettenäxte, weshalb diese Kulturen auch Streitaxtkulturen genannt werden. Ihre Totenstätten sind nun nicht mehr die großen Sippengräber der Megalith-Zeit, sondern geschlechtsabhängig angelegte Gräber, unter flachen Grabhügeln, zumeist in West-Ost- bzw. WSW-ONO-Richtung, die Männer als rechtsseitige Hocker mit dem Schädel im Westen, die Frauen als linksseitige Hocker, also mit dem Schädel im Osten. Während die Streitaxt- oder Bootsaxtleute vom Nordosten ausgingen, entstand eine andere Volks- und Glaubensbewegung vom europäischen Südwesten ausgehend, die Glockenbecherkultur (um 2.400-2.000/1.900 v.0), die nach ihren glockenartigen Gefäßformen benannt sind. Das Besondere dieser Kultur ist die Art der Bewaffnung als Bogenschützen. Man findet dreieckige Feuersteinpfeilspitzen und Armschutzplatten. Die Glockenbechergruppen gelangten von Spanien bis nach Dänemark, England, Brandenburg im Havelland, Ungarn, Südpolen. Bei ihren Körpergräbern, mit Ausrichtung Nord-Süd ist die Lage des Gesichtes nach Osten typisch, seien es linke Hockerbestattungen mit Kopf im Norden, die für Männer nachgewiesen sind, oder rechte Hockerbestattungen mit Kopf im Süden, die für weibliche Bestattungen sprechen. Aus der Verschmelzung von frühbronzezeitlichen Schnurkeramikern und Glockenbecherleuten kam es zur Aunjetitzer Kultur (2.300-1.500 v.0) Mitteleuropas. Nach 1.600 v.0 wurde sie durch die Hügelgräberbronzezeit abgelöst, deren bekanntester Fund die Himmelsscheibe vom Mittelberg bei Wangen-Nebra an der Unstrut ist. Gewaltige Grabhügel ließen sich die damaligen bedeutenden Herrscher errichten. So war beispielsweise der Bornhöck ein um 1.800 v.0 errichteter Grabhügel, mit einem Durchmesser von 65 Metern und einer Höhe von vermutlich 15 Metern einer der größten Grabhügel Mitteleuropas. Er liegt bei einem Ortsteil von Schkopau im Saalekreis von Sachsen-Anhalt. Es wird angenommen, dass der dort Bestattete einer der Besitzer oder sogar der Hersteller der Himmelsscheibe vom Mittelberg gewesen sei. Die Himmelsscheibe ist eine kreisförmige Bronzeplatte mit Applikationen aus Gold, die als die älteste bisher bekannte konkrete Himmelsdarstellung gilt. Ihr Alter wird auf 3.700 bis 4.100 Jahre geschätzt. Sie zeigt astronomische Phänomene im Sinne religiöser Symbole. Ihre vermutlich bewusste Vergrabung vor etwa 3.600 Jahren lassen den Schluss auf einen längeren, religiösen Gebrauch zu. Auch der Sonnenwagen von Trundholm, aus einem Moor bei Kopenhagen geborgen, ist die Skulptur eines von einem Pferdchen gezogenen Sonnenscheiben-Wagens aus der älteren Bronzezeit, um 1.400 v.0, aus deren scheinbaren Zier-Gravuren ich luni-solare Kalenderzahlen nachweisen konnte. Das ringförmige wintersonnwendliche Sonnenobservatorium von Goseck, im Burgenlandkreis von Sachsen-Anhalt, ist der Kultur der mittelneusteinzeitlichen Stichbandkeramiker zuzuordnen und wurde vor etwa 6.900 Jahren errichtet. Einige Archäologen bezeichnen die Anlage als das älteste Sonnenobservatorium der Welt. Der südenglische Sonnenkultplatz Stonehenge ist ein vor über 4.000 Jahren in der Jungsteinzeit errichtetes und mindestens bis in die Bronzezeit genutzter Bau, der auf die Sommersonnenwende, also den Sonnenhöchststand, ausgerichtet ist. Das diffizile Kultplatz-Rondell von Meisternthal („Tal der Meister“) im Donaubogen ist als Sonnen- oder Kalendertempel nach einer exakten Ellipse auf Nord-Süd-Achse konstruiert; eine geometrische Überraschung. 181° beträgt die geringe Abweichung von einem Grad, was durch sieben Jahrtausende Pendeln der Erdachse erklärbar wird. Ihre Erbauer wussten vier Jahrtausende vor Pythagoras, dass die Summe der Entfernungen zu den beiden Brennpunkten von jedem Punkt eines Ellipsenringes gleich groß sein muss. Peilt man vom Mittelpunkt der Anlagen bzw. von den beiden Brennpunkten der Ellipse durch die Tormittelpunkte, sieht man jeweils eine Stelle, an der zu einem wichtigen Datum im Jahr die Sonne aufgeht. Die steinzeitlichen Konstrukteure hielten so ganz verschiedene Daten fest: Winter- und Sommersonnenwende, Tag- und Nachtgleiche, und die Tage, die genau zwischen Tag- und Nachtgleiche und Wintersonnenwende liegen. Weihnachten, Ostern, Lichtmess und Allerheiligen sind nur scheinbar christliche Feste, die diesen steinzeitlichen Festtagen entsprechen. Dazu wurde der Sonnenstand von 4.800 v. 0 zugrunde gelegt bzw. zurückberechnet. Also eine 7.000 Jahre alte wissenschaftliche Gestirnbeobachtungsstätte. Der dortige Flurnamen „Himmelreich“ lässt aufhorchen. Sollte sich die Erinnerung seit Steinzeittagen von Generation zu Generation bis heute weitervererbt haben, dass sich hier eine heilige Stätte der Himmelsbeobachtung befunden hat?
Aus der spätbronzezeitlichen Hügelgräberepoche heraus entwickelte sich die religiöse Urnenfelderbewegung (1.300-750 v.0), also die sich schnell ausbreitende Sitte, die Toten in Urnenfeldern zu bestatten. Diese Brauchtumsentwicklung, vom südosteuropäischen, wohl keltischen Raum ausgehend, ging mancherorts mit völkischen Bewegungen einher, so dass auch Zusammenstöße zwischen verschiedenen Kulturzentren stattgefunden haben. Auch die „Dorische Wanderung“, wie man die Invasion Griechenlands aus süd- und sogar norddeutschen Räumen nennt, stehen damit im ursächlichen Zusammenhang. Fundausgedünnte Bezirke im südwestlichen Schleswig-Holstein sprechen dafür. Funde und Schriftquellen beschreiben mehrere Einbrüche und Umwälzungen im östlichen Mittelmeerraum, in Westanatolien und der Levante, bis vor die Tore Ägyptens. In diesem Kontext steht die Zerstörung von Troja VI., um 1.200 v.0, die Schlachten nordischer Seevölker mit den Ägyptern unter Pharao Ramses III., 1.190 v.0, der Untergang des Hethiter-Reiches, 1.180 v.0 und schließlich die Ansiedlung der mykenischen Philister in Amurru und Kanaan, 1.170 v.0. Im alpenländisch-europäischen Süden entwickelte sich in der Folge die keltische Hallstattkultur (800-450 v.0) und die Latènezeit (450 v.0 bis ca. Zeitrechnungsbeginn). Aus dem Nordischen Kreis geschah der suebisch-germanische Ausgriff über den Rhein nach Nord- und Westgallien, unter dem Heerführerkönig Ariowist (?-54 v.0), welcher von Julius Cäsar zunächst vereitelt wurde. Ariowist war mit einer Swebin und der Schwester des keltisch-norischen Königs Voccio verheiratet. Im 3. Jh. n.0 zerschlagen norddeutsch-germanische suebische bzw. allamannische Völkerschaften die römischen Limes-Grenzbefestigungssperren endgültig und tragen ihren Abwehrkampf gegen das römische Sklavenfänger-Imperium mit zunehmender Kraftgewinnung gegen dessen Hauptstadt vor. Der Germane Odoaker (433-493) beendet das röm. Kaisertum, mit besonders tatkräftiger Hilfe der germ. Eruler/Heruler, die man als einen runischen Glaubensverband, als eine Art von mobilen, kriegerischen Runen-Orden verstehen darf. Als Erilari verstanden die Nordgermanen ihre Runenmeister, von denen einer der berühmtesten Hlewagast war, zu Anfang des 4. Jhs., der die beiden kunstvollen Goldhörner von Rosengaard erschuf.
Bei allen diesen vorher genannten nordischen Kulturen, seien es ihre Großsteingräberbauten oder ihre luni-solaren Kalendergefäße aus den Hügelgräbern, ist kontinuierlich der sonnenreligiöse Leitgedanke nachgewiesen. Aus ihm, dem Sonnenkult, sind die grandiosen Zeugnisse des Nordens - als dem Ausstrahlungszentrum auch des Megalith-Bauwesens - entstanden, welches die uralte Bewunderung der Mittelmeerrandbewohner hervorrief, in Gestalt der Hyperboreer-Legenden. Wie die tradierten Lichtreligionsformen des alten Nordens im Detail gelautet haben, können wir nicht wissen, aber wir erkennen, dass sie sich an astrologischen Fakten festmachten, die sie zu begreifen versuchten und vielfältig auch trefflich zu deuten vermochten. Es war mithin eine Religion des Suchens nach der Erd- und Himmelswahrheit. Nicht das Glaubenmüssen, sondern das Wissenwollen, war ihr Kredo. Und dieser allzeit moderne Glaubensinhalt, wobei „Glauben“ im semantischen Sinne von „geloben“ zu verstehen ist, machte die alte Religion zu einer Wissenschaft der Allerforschung. Noch der germ. Geist- und Seelengott Wodin-Odin ist das beste Beispiel. Er ringt um das Begreifen der Weltgeheimnisse, den Runen, und findet über die Begrifflichkeiten der Dinge, also den Worten, zu den Taten der schöpferischen Notwendigkeit (Hávamál). Und diese hyperboräische Vernunft, die daraus gewachsene Ratio-Teutonica, manifestiert sich noch in der Runensystematik des „ODING-Wizzod“ (Buchstaben-Evangelium) einer Gebrauchsschrifterfindung die gleichzeitig Sakralkaldendarium und Evangelium in einem ist.
Die Hyperboreer
Hyperborea mit seinen Bewohnern, den Hyperboreern, gilt seit der griechisch-klassischen Antike als ein sagenhafter Komplex eines weit im Norden verorteten paradiesischen Landes. Den Hyperboreern wurde die besondere Nähe zum Lichtgott Apollon und dessen Kultbrauchtümern zugeschrieben. Die antike Worterklärung des Namens „jenseits des Nördlichen“ (Boreas war der Gott des Nordwinds) gilt allgemein als gesichert, obwohl auch eine Ableitung von nordgriechisch boris = „Berg“ in Frage käme, womit „jenseits der Berge“ bzw. jenseits der Alpen gemeint wäre. Den Panbaylonisten, Christfanatikern und linken Deutschenhassern ist der Mythos um Hyperborea prinzipiell ein Dorn im Auge, denn ihrem „Ex Oriente Lux“, nach dem alles Heil, Gesittung und Religion aus dem Osten (Orient) kommen soll, steht durch den Hyperboreer-Mythus ein „Ex Nocte Lux“ entgegen, was dazu führt dass Albereien und Verdrehungen kolportiert werden, welche die Hyperboreer-Sagen „rechtsextremen Esoteriken und Okkultisten“ zuzuschreiben seien, was jedoch nicht mehr als die plebejisch-primitiven Weltvereinfachungsmodelle der Mainstreamgeister unter Beweis stellt.
Dass wir Germanen, Gallogermanen und Slawogermanen unsere Abkunft aus dem Norden verstehen, ist ganz selbstverständlich, denn dafür bürgt unsere gemeinsame Wurzelgeschichte aus dem nordischen Trichterbecherreich (ca. 4.200-2.800 v.0) mit der gemeinsamen Sprache des Indogermanischen. Die Irritationen unserer Völker, mit einer Blindmachung für das Herkommen und die Gemeinschaftlichkeit rührt von den fremden Einflüssen die uns zugekommen sind durch die südlichen Stadtstaaten und Großreiche von Rom und Byzanz, welche, aufgrund ihrer proletarischen Stadtbevölkerungsmassen, den Druck zur Christianisierung, d.h. einer unvernünftigen Religiosität auszuüben vermochten. Die Verchristlichung und mithin Selbstverleugnung der Völker ging in aller Regel von oben nach unten, weil sie sämtlichen angemaßten Herrschernaturen eine zunächst nicht vorhandene Legitimation verschaffte, bei deren Gewaltausübung sie sich auf eine Nutznießer-Maffia, nämlich die des mönchischen Klerus, stützen konnte. Die großen, schaurigen Massenschlachtungen der Nichthilfswilligen, der sichtreubleibenwollende „Heiden“ geschah immer mit dem Segen der West- und Ostkirchen. Die wahre vorchristliche Religion der autochthonen Europäer gewannen unserer Völkerfamilien aus den natürlichen Anschauungsbildern des Nordens, sie sind latent bis zum heutigen Tag noch in vielen Mythenkernen, Kalenderfesten und Sittenregeln erkennbar. Unsere wahre Heimat und die genetische Abkunft der Besten ist und bleibt der Norden. Der judäo-christliche Monotheismus lieferte auch das üble Vorbild für alle monomanen Enthusiasten, den unterdückungswilligen Herrschern der natürlichen Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen, nämlich den Diktatoren, unter dem falschen aber einleuchtend klingenden Schlachtruf der Monarchen: „Ein Gott, ein Glaube, ein Herrscher !“ Im Gegenteil dazu waren bei germanischen Völkern ursprünglich immer Doppelgespanne für die Volksführung verantwortlich, wie z.B. bei den Altsachsen Hengist und Horsa (4. Jh. n.0).
Mehrere Hyperboreer-Legenden sind uns erhalten geblieben. Phaeton, der Sohn des Lichtgottes Helios, soll dort in den nahen Eridaos (der Eider-Fluss) gestürzt sein. Seine Schwestern, die Heliaden, seien am Ufer des Eridanos in Schwarzpappeln und ihre Tränen in Bernstein verwandelt worden. Außer den Heliaden trauerten auch zahlreiche Schwäne um den gestürzten Jüngling und ihr Trauergesang brachte die Nachricht von dem tragischen Fall in alle Lande. Hier klingt auch die Sage von Kyknos (griech. Schwan) an, dem am Ufer des Eridanos um den gestürzten Phaeton trauernden Freund, der von Apollon aus Mitleid in einen Schwan verwandelt wird. Hier ist auch die mythologische Wurzel des sprichwörtlichen „Schwanengesangs“ der nordischen Singschwäne. Hyperborea galt in der antiken Mythologie als das Land der Gütigen, Verständigen, vom Lichtgott Durchdrungenen. Das muss nicht verwundern, ist doch durch die seit Urzeiten härteren Auslesen in den gletschernahen Vereisungsbezirken Skandinaviens ein nüchternes, vernunftbetontes, ruhiges, nachdenkliches und findungsreiches Menschengeschlecht entstanden. Der stammverwandte Grieche Pindar (ca. 522–446 v.0) beschreibt die Hyperboreer als ein gesegnetes Volk, das weder Alter noch Krankheit kennt und sich mit Tanz, Gesang, Flöte und Leier ganz dem Dienst der Musen hingibt. Allerdings sei es „weder zu Schiff noch zu Fuß“ möglich, dorthin zu gelangen, nur Göttern und Heroen gelänge die Reise. Zu diesen gehört auch Perseus, der nach einer Ode Pindars an den Festen der Hyperboreer teilnahm, bei dem sie dem Apollon Hekatomben von Eseln opferten, ein sonst ganz ungewöhnliches Opfertier. Ein Schwank der wohl andeuten sollte, dass die Nordlandbewohner allen Eseleien abhold waren. Allerdings scheint das Opfern von Eseln für Apollon nur in Hyperborea erwünscht gewesen zu sein. Ein Besucher Hyperboreas aus Babylon, der, in die Heimat zurückgekehrt, dem Apollon ebenfalls Esel opfern wollte, wurde von diesem mit dem Tod bedroht. Der Dichter Bakchylides (520/516-451 v.0) berichtet, dass Apollo den frommen König Krösus, der sich nach der Eroberung der Stadt Sardes (Westküste von Anatolien) das Leben nehmen wollte, vom Scheiterhaufen nach Hyperborea versetzte.
Die früheste erhaltene Quelle, die Hyperborea genauer erwähnt, ist Herodot (ca. 484-425 v.0) im Buch „Historien“ (IV, Kap. 32-36). Herodot verzeichnete drei frühere Quellen, die angeblich die Hyperboreer erwähnten, einschließlich Hesiod (8./7. Jh. v.0) und dem etwa zeitgleichen Homer. Herodot schrieb, dass der Dichter Aristeas des 7. Jhs. v.0 über die Hyperboreer in einem (heute verlorenen) Gedicht namens „Arimaspea“ über eine Reise zu den Issedones schrieb, welche ein Volk nördlich der Donau gewesen sein könnten, denn der alte Donauname war „Ister/Istros“. Der schon erwähnte Pindar, ein Zeitgenosse von Herodot, beschrieb die hoch gelobten Hyperboreer: „Nie ist die Muse [Sinnbild der Kunstsinnigkeit] von ihren Wegen abwesend: Leiern klirren und Flöten tönen und überall wirbeln Mädchenchöre. Weder Krankheit noch bitteres Alter mischen sich in ihr heiliges Blut; fern von Arbeit und Kampf leben sie.“ Andere griechische Autoren des 5. Jhs. v.0, wie Simonides von Ceon und Hellanicus von Lesbos, beschrieben oder verwiesen in ihren Werken ebenfalls auf die Hyperboreer. Der griech. Historiker Hekataios von Abdera und andere glaubten, Hyperborea sei die große Insel Britannien, wobei man damals kaum in der Lage war Britannien in Skandinavien exakt zu unterscheiden.
Die Berichte über die Hyperboreer, wie die darauf fußenden Legendenentwicklungen, ähneln in der Tendenz auffallend der „Atlantis“-Sage (von der „Insel des Atlas“) mit der uns Platon vertraut machte, und mit dem antiken „Ultima Thule“ das der griechische Entdecker Pytheas aus Massilia (dem heutigen Marseille) als Insel im hohen Norden beschrieb. Um 325 v.0 bereiste er die iberische Halbinsel und Nordwesteuropa. Seinen Berichten zufolge liegt Thule im äußersten Norden, sechs Tagesfahrten nördlich von Britannien. Daher stand der Name Thule seit der Antike sprichwörtlich für den äußersten Nordrand der Welt, also lat. „Ultima Thule“. Der Begriff „Thule“ erklärt sich aus urindogerm. telu = „Boden, Ebene, Land“, wie lat. tellus oder urkelt. tela-mō = „Erde“. In der keltischen und germanischen Mythologie war deren Bedeutung naheliegenderweise „letztes Land“, die keltische „Anderswelt“. Der Schriftsteller Prokop von Caesarea (Um 500-562 n.0), der im Gotenkrieg mit vielen Kelten und Germanen gesprochen hat, berichtet von einem Stamm an der Küste Galliens, dessen Aufgabe es gewesen sei, die Seelen Verstorbener zur Toteninsel zu überführen. Dieser Ort wird jenseits des Ärmelkanals in Nord-Britannien angegeben. Sein Bericht lautet: „An der Küste, die Britannien gegenüberliegt, befindet sich eine große Zahl von Dörfern, deren Bewohner von Fischfang, Ackerbau und Schifffahrt nach Britannien sich ernähren. […] zahlen aber keinerlei Tribut, derselbe ist ihnen vielmehr nach ihrer Behauptung erlassen, in Anbetracht einer Dienstleistung, die ich im Folgenden schildere. Jene Leute behaupten nämlich, der Reihe nach die Überfahrt der Seelen besorgen zu müssen. […] In einer Stunde rudern sie nach Britannien hinüber, während sie mit ihren eigenen Schiffen […] in einer Nacht und einem Tag kaum hinüberkommen.“ Im unmittelbar vorhergehenden Abschnitt bezieht sich Prokop dabei auf einen Ort nördlich des Hadrianwalles. Pytheas Werk „Über das Weltmeer“ ist nur noch durch Zitate in den Werken anderer Autoren bekannt. Pytheas und die ihm folgenden Autoren verorteten Thule im hohen Norden, da einer seiner Notizen zufolge das „geronnene Meer“ (Eismeer eher als Wattenmeer) eine Tagesfahrt von Thule entfernt beginnt. Demzufolge wird von verschiedenen Seiten angenommen, dass es sich um die Lofoten, Island, die Faröer oder Bohuslän bzw. die norwegisch-schwedische Südwestküste gehandelt haben könnte. Der röm. Historiker Tacitus berichtete in seinem Werk „Agricola“, dass zur Zeit des Statthalters Gnaeus Julius Agricola eine römische Flotte die britischen Inseln umsegelte und dabei die Inselgestalt Britanniens bewiesen habe. Während der Fahrt seien die „orcades“ (Orkney-Inseln) entdeckt und „bezwungen“ worden. Dann folgt der Satz: „Nur in Sicht kam Thule, weil der Auftrag nur so weit reichte und überdies der Winter nahte.“ Die Römer verstanden unter „Thule“ also etwas, das jenseits der „orcades“ lag. Ob damit die Schetland-Inseln gemeint sind, ist mehr als fraglich, da angenommen wird, dass diese bereits von Pomponius Mela (43 n.0) und Plinius dem Älteren als Haemodae, bzw. Acmodae, benannt wurden. „Thule“ wurde in spätantiken und mittelalterlichen Schriften dann in den verschiedensten Zusammenhängen erwähnt. So berichtete etwa der spätantike Historiker Prokop in seinem Werk „Der Gotenkrieg“: „Als die Heruler von den Langobarden geschlagen waren und ihre alten Wohnsitze aufgaben, ließ sich ein Teil derselben […] in Illyrien nieder, der andere wollte nicht die Donau überschreiten, sondern gründete Wohnsitze am äußersten Ende der bewohnten Welt: Unter Führung vieler Mitglieder der königlichen Familien zogen sie zuerst durch alle Länder der Slawen, dann durch Wüsteneien, bis sie zu den Warnen [niedersächs. Volk] kamen. Dann wanderten sie durch das Land der Danen. Und alle diese wilden Völker taten ihnen nichts. Am Ozean angelangt, gelangten sie zu Schiff und fuhren nach Thule, wo sie blieben. Thule ist eine sehr große Insel, über zehnmal größer als Britannien; es liegt von dort aus noch weiter im Norden“, gemeint ist Skandinavien. Die antiken Überlieferungsbruchstücke sind sehr wohl sinnvoll zu ergänzen, zu einem verständlichen Bild, in dem Sinne, dass sich die gefühlte Urheimat der Indoeuropäer im hohen Norden, unter dem Nordstern, zum Seelenwohnland der toten Ahnen, der Volksseelen überhöhte. Aus den antiken Überlieferungen leitet sich ab, dass Thule schon in römischer Zeit und im Mittelalter die besagte mythische Bedeutung erlangt hatte, von einem wunderschönen Jenseitsland, wie es die Bibel-Kirche mit dem „Paradies“ oder dem „Garten Eden“ vortrug. „Ultima Thule“, „Atlantis“ und „Avalon“, die Apfelinsel, wurden zu den sagenhaften seligen Traumplätze unserer alteuropäischen Vorfahren, die zwar sämtlich real waren, aber im Sinne von Sehnsuchtsorten verklärt worden sind. Avalon, auch Avalun (verwandt mit der indogerm. Wortwurzel aballo- für „Apfel“, ist ein mythischer Ort, der aus dem Sagenkreis um König Arthur bekannt ist, doch schon weit vorher von Plinius d. Ä. (?-25.08.79) und Pytheas von Massilia (370-310 v.0) als eine Insel namens Abalus in der Nordsee beschrieben wurde, unter der wir uns das „Heilige Land“, Helgoland, in der „Deutschen Bucht“, vorzustellen haben, das heute nur noch einen kläglichen Landrest umfasst, aber den seefahrenden mediterranen Völkern seit der Bronzezeit als größerflächiger Lieferant für Bernstein und Kupfer bekannt war.
Der deutsche Prophet Friedrich Nietzsche, dessen Lebenswerk die Parteiung für das starke Leben war, im Vorwort zum „Der Antichrist“ (1888): „Sehen wir uns ins Gesicht. Wir sind Hyperboreer - wir wissen gut genug, wie abseits wir leben. »Weder zu Lande noch zu Wasser wirst du den Weg zu den Hyperboreern finden«: das hat schon Pindar von uns gewusst. Jenseits des Nordens, des Eises, des Todes - unser Leben, unser Glück... Wir haben das Glück entdeckt, wir wissen den Weg, wir fanden den Ausgang aus ganzen Jahrtausenden des Labyrinths. Wer fand ihn sonst? - Der moderne Mensch etwa? – »Ich weiß nicht aus noch ein; ich bin alles, was nicht aus noch ein weiß« – seufzt der moderne Mensch... An dieser Modernität waren wir krank – am faulen Frieden, am feigen Kompromiss, an der ganzen tugendhaften Unsauberkeit des modernen Ja und Nein. Diese Toleranz und largeur des Herzens, die alles »verzeiht«, weil sie alles »begreift«, ist Schirokko für uns. Lieber im Eise leben, als unter modernen Tugenden und andern Südwinden!... Wir waren tapfer genug, wir schonten weder uns noch andere: aber wir wussten lange nicht, wohin mit unsrer Tapferkeit. Wir wurden düster, man hieß uns Fatalisten. Unser Fatum - das war die Fülle, die Spannung, die Stauung der Kräfte. Wir dürsteten nach Blitz und Taten, wir blieben am fernsten vom Glück der Schwächlinge, von der »Ergebung«... Ein Gewitter war in unsrer Luft, die Natur, die wir sind, verfinsterte sich – denn wir hatten keinen Weg. Formel unsres Glücks: ein Ja, ein Nein, eine gerade Linie, ein Ziel...“ Und in Kap. 5 schreibt er: „Man soll das Christentum nicht schmücken und herausputzen: es hat einen Todkrieg gegen diesen höheren Typus Mensch gemacht, es hat alle Grundinstinkte dieses Typus in Bann getan, es hat aus diesen Instinkten das Böse, den Bösen herausdestilliert - der starke Mensch als der typisch Verwerfliche, der »verworfene Mensch«. Das Christentum hat die Partei alles Schwachen, Niedrigen, Missratnen genommen, es hat ein Ideal aus dem Widerspruch gegen die Erhaltungs-Instinkte des starken Lebens gemacht; es hat die Vernunft selbst der geistig stärksten Naturen verdorben, indem es die obersten Werte der Geistigkeit als sündhaft, als irreführend, als Versuchungen empfinden lehrte. Das jammervollste Beispiel: die Verderbnis Pascals [franz. Blaise Pascal katholischer Mathematiker/Physiker, stellte das Leiden ins Zentrum. Goethe: „Voltaire, Helvetius, Rousseau haben der Moralität und der Religion lange nicht so viel geschadet als der strenge, kranke Pascal und seine Schule.“], der an die Verderbnis seiner Vernunft durch die Erbsünde glaubte, während sie nur durch sein Christentum verdorben war!“