Copyright Gerhard Hess / 19.07. 2021
 
Um 200 Tote durch Behördenversagen !
 
 
 
 
Am 17.07.2021, um 19 Uhr, überkam den Kanzlerkandiaten der CDU, Armin Laschet, eine so heitere Stimmung, dass es ihn drängte, seine Witzchen zu machen, über die er sich köstlich zu amüsieren schien. Fotografen fingen seine Heiterkeit ein. Verstörend ist jedoch, dass Laschet seinen fröhlichen Einfall nicht zurückhalten konnte, ausgerechnet während eines Besuches im Flutkatastrophengebiet, beim Anblick der grauenhaften Zerstörungen von Erftstadt/Nordrhein-Westfalen. Im Erftkreis waren bis zum Abend des 19.07. noch immer 29 Menschen vermisst. Die Zahl der Todesopfer betrug mindestens 164. Aus Rheinland-Pfalz wurden 117 und aus NRW 47 Unwetter-Tote bestätigt. In beiden Bundesländern wurde nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Opfer gefunden werden könnten. Bisher (19.07.) haben 4 Feuerwehrleute im Einsatz ihr Leben verloren. Viele tausend Menschen verloren ihr komplettes Hab und Gut.
 
Die Ahr hat mit rund 900 Quadratkilometern eigentlich ein relativ kleines Einzugsgebiet. Das Problem ist das hier typische Schiefergestein (aus dem Erdzeitalter des Devon) mit Silikaten, gewissermaßen wasserundurchlässig ist. Wenn es da zu Starkregen kommt, fließt der einfach ab bis ins Tal. Die Seitenbäche verlaufen zudem sehr steil, dadurch bekommt das Wasser eine hohe Geschwindigkeit. Das macht das Ahrtal zu einer Art Trichter, in der so ein starker Regen gesammelt sehr schnell große Wassermassen bildet, die sich dann mit Gewalt ihren Weg suchen. Es gab mehrere gleiche extreme Wolkenbrüche, z.B.: Am 30. Mai 1601, am 21. Juli 1804 und am 12./13. Juni 1910. Ich denke auch an das verheerende Elbhochwasser im März/April 2006. Zum Gutteil ist das heutige Flutproblem im Westen der BRD auch hausgemacht, nämlich durch die vielen unsinnigen Bach- und Flussbegradigungen und den nicht mit Vorbedacht angelegten Straßen. Das Hochwasser von Mitte Juni 1910 entstand durch heftige Wolkenbrüche zwischen Hoher Acht und Hoch-Kelberg, im gesamten Einzugsgebiet der Ahr. Die Katastrophe forderte insgesamt 52 Menschenleben. „Die Ernte wurde vernichtet und Weinberge, Wiesen, Äcker ganz weggeschwemmt, durch die niederbrausenden Wassermassen der Ackerkrume beraubt, sodass der Ertrag für Jahre hinaus vernichtet ist.“ Ein grausames Einzelschicksal steht für viele andere. Text unter einer damaligen Fotografie: „Die Wirtin Frau Schober mit ihrem Hund vor dem Rest ihrer zerstörten Kantine, dahinter Baubaracken der im Bau befindlichen Bahnstrecke bei Antweiler. Frau Schober wurde von ihrem Mann gerettet, welcher selbst dabei ertrank mit einem Kind, das ihm aus der Hand fiel. Hab und Gut und ca. 8000 Mark bares Geld gingen mit verloren. Auch drei andere Kinder sind ertrunken.“
 
Die Ahr und ihre Hochwässer in alten Quellen (seit dem 16. August des Jahres 1348)
 
WOLKENBRÜCHE
 
Wolkenbrüche sind nichts Neues,
Flutkatastrophen gab es immer,
doch das Land ist reich geworden,
Verluste wurden deshalb schlimmer.
 
Jedes Frühjahr gab es Schwemmen,
in manchen Jahren große Fluten,
wenn wild die Elemente tobten,
wie gepeitscht mit tausend Ruten.
 
Hunderte von deutschen Flüssen,
wüteten seit Urzeiten-Tagen -,
zahllos sind die Flut-Berichte
und altbekannte Sintflut-Sagen.
 
Rhein-Main-Elbe-Weser-Weichsel,
erwiesen ihre Schreckens-Seiten,
auch die vielen kleinen Flüsschen
konnten Not und Tod bereiten.
 
Das kam nie vom „Klimawandel“,
den hat die Neuzeit erst erfunden,
mit dem die „Grünen“ heutzutage
Agenda-Utopien runden.
 
Ihre „grünen“ Schreckgespenster
können mich nicht irritieren,
denn die Sonne lenkt das Klima
und die lässt sich niemals führen.
 
Fluten kommen, Fluten gehen,
Flutvorsorge muss man treiben !
Politiker die das versäumen
dürfen nicht in Ämtern bleiben !
 
Doch die Witzblatt-Kandidaten,
die gar noch über Fluten lachen,
sollten bei den nächsten Wahlen
bitterbös' zusammen krachen !
 
Reicht und erklärt eine derartige Entschuldigung den unfassbaren Affekt eines Politikers zum Lachen ?
Update vom 17. Juli, 20 Uhr: Zu dem Lach-Vorfall im nordrhein-westfälischen Erftstadt hat sich nun auch Unions-Kanzlerkanzlerkandidat Laschet auf Twitter geäußert. „Uns liegt das Schicksal der Betroffenen am Herzen, von dem wir in vielen Gesprächen gehört haben“, schrieb der NRW-Ministerpräsident. „Umso mehr bedauere ich den Eindruck, der durch eine Gesprächssituation entstanden ist. Dies war unpassend und es tut mir leid.“
 
Man fragt sich spontan, ob ein Mensch seelisch-geistig gesund sein kann, der einen Impuls zum Lachen und zum Zungenrausstrecken empfindet, angesichts von über hundert Toten, tausenden zerstörter Existenzen, Hoffnungen und Häusern und grenzenlosem Leid in so vielen Regionen Deutschlands sowie seiner Nachbarländer ?
 
 
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„Hochwasser der Ahr“ aus „Die Ahr - Ansichten aus alter Zeit", 1953
 
 
Das Hochwasser von 1804 im Kreise Ahrweiler
 
 
Über das Hochwasser von 1804 im Kreise Ahrweiler schrieb Dr. Hans Frick in „Das Hochwasserunglück des Jahres 1804 im Ahrtal", 1929: „An dem Unglückstag [21.07.] selbst, einem Samstag, tobten die Elemente über der ganzen Eifel. Infolgedessen hatten Nette und Brohl Hochwasser, und der Üßbach beschädigte nach einem Bericht, den der Präfekt des Rhein-Moseldepartements … gab, die Baulichkeiten des Bades Bertrich, für die der letzte Kurfürst von Trier, Clemens Wenzeslaus, über 200.000 Francs ausgegeben hatte, derart schwer, daß sie eingestürzt wären, wenn er nicht so schnell die dringendsten Reparaturen veranlaßt hätte. Die Quellen dieser drei Flüßchen liegen mit denen einiger Ahrzuflüsse, insbesondere des Trierbachs, des Adenauer Bachs und des Kesselinger Bachs, alle auf einem verhältnismäßig kleinen Stück Hocheifel zusammen. Doch nirgends war das Unheil so groß wie im Ahrtal, das außer dem eigenen Wasser noch das jener rechtsseitigen Zuflüsse aufzunehmen hatte. An der oberen Ahr - in der Gegend von Müsch und Antweiler - begann das Gewitter gegen 3 Uhr, unterhalb von Kreuzberg bis zum Rhein zwischen 4 und 5 Uhr. Infolge von überaus starken Wolkenbrüchen goß der Regen unaufhörlich nieder, und das ganze Gebiet war mehrere Stunden „in Feuer und Wasser verwandelt". In weniger als vier Stunden trat eine allgemeine Überschwemmung ein. Die mit einem solchen Naturereignis vertrauten Ahrtalbewohner hatten inzwischen die gewöhnlichen Vorkehrungen getroffen. Aber dieses Mal war jede Vorsorge unnütz. Dem Flußlauf entlang erreichte die Flut zwischen 6 und 10 Uhr eine Höhe, wie sie bis dahin wahrscheinlich noch nicht erlebt wurde. … wird sie durch die Angabe charakterisiert, daß die Ahr zur Zeit des höchsten Wasserstandes über der Steinbrücke bei Rech eine Höhe von 8 Fuß, d. h. nach heutigem Maß von etwa 2,50 m, erreicht habe. Diese Angabe deckt sich in etwa mit der Aussage der Dorseler Gedenkplatte, daß der wilde Strom in einer Höhe von acht, zehn, ja sogar bis zwanzig Schuh (über dem normalen Wasserstand) hier Steinhaufen, dort stinkenden Kot hinterlassen habe. Vielleicht ist der Wasserstand der Ahr bei der großen Flut vom 13. Juni 1910 an einigen besonders engen Stellen des Tals noch höher gewesen. Doch waren die Schrecken, die die Ahrbevölkerung 1804 erlebte, weit größer, da die Möglichkeit einer telefonischen Warnung der flußabwärts gelegenen Ortschaften noch nicht bestand und die Brücken, Wohnhäuser, Stallungen usw. viel weniger widerstandsfähig gebaut waren als heute. Die Folgen waren entsetzlich. Nach der eingangs erwähnten, für das obere und mittlere Ahrtal und seine Seitentäler, nicht aber für die Un-terahrstrecke Hemmessen-Sinzig, aufgestellten Tabelle gab es 63 Tote. Diese entfielen alle auf das Ahrtal. Natürlich war die Zahl der fortgerissenen oder schwer beschädigten Gebäude und Brücken entsprechend hoch. Im Ahrtal samt seinen Nebentälern verschwanden 129 Wohnhäuser, 162 Scheunen oder Ställe, 18 Mühlen und 8 Schmieden vollständig vom Erdboden. 469 Wohnhäuser, 234 Scheunen oder Ställe, 2 Mühlen und Schmiede wurden schwer beschädigt. Die Gesamtviehverluste sind nicht erfaßt; doch werden 78 Pferde und Zugrinder als ertrunken angegeben. Da die Bäume in den Niederungen, unter ihnen viele Obstbäume, meist entwurzelt und zum Verderben der talabwärts gelegenen Häuser und Brücken mit gewaltiger Kraft abgetrieben wurden, stürzten fast sämtliche Brücken ein, auch die von Stein, im ganzen zusammen mit der in einer anderen Tabelle gezählten Sinziger Brücke, 30 Stück. Adenau und Müsch verloren je 3 Brücken, Schuld und Dernau je 2. Von den Steinbrücken wurde nach der Meldung des Unterpräfekten diejenige „zwischen Mayschoß und Rech, die seit mehr als einem Jahrhundert allen Ereignissen standgehalten hatte", zerstört. Hiermit kann nur die - damals wohl zweibogige - Steinbrücke bei Rech gemeint gewesen sein, deren Verlust auch in der Tabelle verzeichnet ist. … Auch muß die alte Brücke schon 1759 gebaut worden sein, da die 1919 von der amerikanischen Besatzung in die Ahr gestürzte frühere Brückenfigur des hl. Johannes Nepomuk diese Jahreszahl in ihrer Inschrift enthielt (nach dem großen Werk: Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler. S. 519). Den Erwerbsquellen der Bewohner brachte die Hochflut riesigen Schaden. Neben den Nutzbäumen wurden ganze Weinberge in den Niederungen fortgeschwemmt und die Felder, Gärten und Wiesen derart mit Sand und Kies zugeschüttet, daß der Unterpräfekt Eichhof in seinem Bericht nach Koblenz die Ansicht aussprach, sie könnten niemals wieder urbar gemacht werden. Er befürchtete daher, daß die Zahl der Dörfer beiderseits der Ahr wegen der verringerten Lebensmöglichkeiten auf ein Drittel zusammenschmelzen werde. Natürlich war in der Ahrniederung auch die ganze Getreideernte vernichtet. Die verschiedenen amtlichen Berichte geben erschütternde Einzelheiten von den Wirkungen dieser „Sinflut". Eichhof selbst, der seine eigene Besichtigung, die er von Bonn aus zusammen mit dem Gendarmerieoffizier unternahm, wegen Unterbrechung jeglicher Verbindung mit der Oberahr nur bis Kreuzberg ausdehnen konnte, leitete seinen Bericht vom 25. Juli mit der Feststellung ein, daß das anscheinend im ganzen Departement vorgekommene letzte Gewitter in einem Teil seines Arrondissements „Entsetzen, Tod und Zerstörung" gebracht habe. Der erste Ort an der Oberahr, von dem in einem Bericht aus Barweiler ein derartig schwerer Schaden gemeldet wurde, war Müsch, wo der Trierbach in die Ahr mündet. Die beiden Gewässer stiegen hier so schnell an, daß das zwischen ihnen liegende Dorf binnen 2 Stunden vollkommen überschwemmt war. Außer den drei Brücken wurden acht Wohnhäuser, 22 Scheunen und Ställe und 2 Mühlen fortgerissen sowie 11 Wohnhäuser, darunter 6 sehr schwer, beschädigt. Ihr Mobilar führte die Ahr fort. Am schlimmsten war es, daß auch 4 Menschenleben zu beklagen waren. …“