DAS GÖTTLICHE WEIB

Ein heiles Wesen aus Sonnenflaum,
aus Birkenbiegen und Nordmeerschaum,
ist ein lichtdurchwobener Feen-Leib -,
ihn trägt das höchste germanische Weib.

Wenn Menschengeschlecht eine Brücke wär’,
gespannt über Gründe, so ungefähr,
vom äffischen Anfang zur Höhe hinan,
sich mählich zu nähern den Göttern an,

dann stünde auf einsamer Werde-Stuf’,
das blonde Weib das der Himmel schuf.
Kein anderes Wesen im Jetzt und Hier,
ist ferner dem Ursprung, dem Urzeittier.

Wollte Götterschönheit sich spiegeln seh’n,
säh’ sie wie Blüten im Winde weh’n,
wie sich Sonnensamen in Wellen pflanzt,
wie das blonde Weib über Wiesen tanzt.

Des Nordens Glaube bezeugte fürwahr,
die Seele erzeigt sich im goldenen Haar,
und liegt auch der Himmel im Seelengrund,
wird er im Blauglanz der Augen kund.

Mit dem heilen Sinn geht der helle Geist,
der klaren Gedankens zu Zielen reist,
der aus reinen Höhen die Welt erblickt,
im düsteren Wirrsal sich nimmer verstrickt.

Es wob aus Reinheit und Liebe und Treu’,
das Gottesgleichnis der Erde sich neu.
So steht auf der Spitze vom Brückenbau,
das Wundergebilde der deutschen Frau.