27.04.2024

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Beispiele für antijüdische Ironie und Misanthropie. 1.) Jews of Germany, 13th century - 2.) John Hamilton Mortimer (1740-1779) Maler des Shylock, (Twelve Characters from Shakespeare), 15.03.1776 - 3.) Fagin is the secondary antagonist in Charles Dickens's Oliver Twist. - 4.) Jude und Charles Folkard (a British book illustrator and comic artist) - Oh noble judge! -„Oh edler Richter!“ - The Merchant of Venice - „Der Kaufmann von Venedig“).

MISANTHROPIE

Wie ist Misanthropie zu erklären?
Seit tausenden von bösen Jahren,
genau seit seligen Moses Zeiten,
wollen sich Zweie Ärger bereiten!

Es sind die Nichtjuden und Juden,
die gegenseitig sich mit kruden
Hassreden woll‘n beschimpfen,
ihre Antipoden zu verunglimpfen.

Der Schulchan-Aruch tropft von Gift,
wie so manche Antijuden-Schrift,
die im antiken Umlauf schon,
erwähnte Plutarchs „Typhon-Sohn“.

Für antijüdischen Hass und Kniff
fand man gar einen Kampf-Begriff:
„Antisemitismus“ nennt man das
und hält ihn auch zurecht für krass.

Zahllos Semiten und Antisemiten,
welche die Menschheit hat erlitten.
Bei allen Völker sind sie zu finden,
die hassvoll-unfriedlichen Blinden.

Uns‘ Martin Luther und J. Streicher,
im alten England war man gleicher
Art, in solcher Volks-Gesinnung
einer falschen Sicht-Gewinnung.

Shakespeares Shylock, Dickens Fagin
beschreiben im übelsten Sinne ihn.
So geht das Streiten hin und her,
Friedlichsein fällt Menschen schwer!

Misanthropie: (von altgriech μισεῖν miseín „hassen, ablehnen“ und ánthrōpos „Mensch“) oder Menschenfeindlichkeit ist die Sichtweise einer Person, die Menschen hasst oder deren Nähe ablehnt. Eine solche Person wird Misanthrop („Menschenhasser, Menschenfeind“) genannt.

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Plutarch (45-125), Schriftsteller und Apollo-Priester beschreibt in polemischer Textstelle seines Buches „Iside et Osiride“ „den Juden“ als Abkömmling des Teufels Typhon-Seth und einer Eselin, mit der er sich auf seiner Flucht vor den Göttern gepaart hätte.

Martin Luther (1483-1546) „Von den Jüden und iren Lügen“, Wittemberg, (1543).

Julius Streicher (1885-1946) antijudaistische Wochenzeitung, „Der Stürmer. Deutsches Wochenblatt zum Kampf um die Wahrheit“ (erschien vom 20.04.1923 bis 02.02.1945).

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Wikipedia-Deutungen: William Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ entstand zwischen 1596 und 1598 und wurde 1600 in der ersten Quartoausgabe veröffentlicht. Die früheste bekannte Aufführung fand am 10. Februar 1605 vor König Jakob I. im Palace of Whitehall statt. Das Stück spielt in Venedig und in Belmont, einem Landsitz auf dem Festland. Die Handlung beruht auf Il Pecorone von Giovanni Fiorentino und der Anekdotensammlung Gesta Romanorum. In diesem Stück greift Shakespeare mit Shylock, dem reichen jüdischen Wucherer, auf die Figur des Vice [das Laster, die Untugend, eine symbolisierende Figur im englischen Theater der Renaissance] zurück. Man begegnet dem Vice in verschiedenen anderen Figuren Shakespeares, etwa in Richard III., Jago, Lady Macbeth oder in Hamlets Onkel, dem König Claudius. Eine Verteufelung des Jüdischen ist darum hier so wenig vorhanden wie in den anderen Beispielen eine Herabsetzung des Königtums. Der Verlauf des Stücks rückt denn auch weder Shylocks Judentum noch seinen Wucher ins Zentrum, sondern, wie Karl Marx es nennt, das erbarmungslose „Shylock’sche Festklammern am Buchstaben des Gesetzes“. Dieses blinde Bestehen auf Recht und Gesetz ist es, was im Höhepunkt der Handlung auf Shylock selbst zurückfällt. Portia sagt es unmissverständlich: „Denn weil du so auf Recht pochst, sei gewiss: Recht sollst du bekommen, mehr als du begehrst.“ (IV.1) Auf Antonio, dem Gegenspieler des Vice und Anführer der guten Mächte, lastet, ähnlich wie später auf Hamlet, die Schwermut. Obwohl im Verlauf des Stücks nicht mehr erwähnt, wird sie als eigentliches Thema dem Publikum von Antonio selbst angekündigt: „Von was für Stoff es ist, woraus erzeugt, das soll ich erst erfahren.“ Die „Schwermut“ ist in das Christentum unter dem Begriff der Acedia eingegangen. Im Verbund mit der Sünde der Sünden, dem Hochmut, als Verhärtung des Herzens gegen Gott, rechnet sie das Mittelalter zu den Todsünden. Im Übergang zur Renaissance wird die Acedia radikal neu bestimmt und als Tugend umgewertet. Das ist der Sinn, in dem Shakespeare sie gebraucht: die Traurigkeit kommt aus der Tugend der Empfindlichkeit für das Unrecht in der Welt. Was Theodor Mommsen zufolge „Shylock sich von seinem Todfeind halb zum Spott ausbedingt“, ist eine moralische Allegorie auf Fortuna oder, mit christlichem Begriff gesagt, auf „die Prädestination oder das Schicksal“. Shakespeare nennt Fortuna darum gerne eine „Hure“, weil sie es mit den guten und den bösen Mächten ohne Unterscheidung „treibt“ und bald diesen und bald jenen begünstigt. Der „Vice“ hat jene launische Göttin stets zunächst auf seiner Seite. Im Falle von Macbeth tritt ihre Macht leibhaftig als die „drei Schicksalsschwestern“ auf [Nornen, Moiren, Parcen]. Im „Kaufmann“ erwirkt sie zunächst die Schicksalsschläge gegen den selbstlosen Antonio. „Nicht ein einziger Treffer“ gelingt ihm, und die höheren Mächte scheinen seine Liebe und seine Großmut schlecht zu vergelten. Darauf nämlich, auf das Verhängnis, genauer aber auf die Gerechtigkeit Gottes, zielt Antonios bittere Ironie in der Schicksalsstunde: „Denn schneidet nur der Jude tief genug, so zahl ich gleich die Schuld [d. h. meine Liebe] von ganzem Herzen.“ (IV.1).

Wie in den mittelalterlichen Mysterienspielen soll mit diesem Stück der ethische Grundsatz Gnade vor Recht demonstriert werden. Gemeint ist, dass die Gnade (christlich, Neues Testament) noch über dem Recht (jüdisch, Altes Testament) stehen soll. Das ist die Tradition, die Shakespeare übernimmt, auch wenn seine Figuren nicht mehr so allegorisch wirken wie einst. Jedoch ermöglichte Shakespeares facettenreiche Charakterisierung des eigentlich als komischen Schurken angelegten Shylock auch andere Interpretationen des Stoffs. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gab es erste mitfühlende Darstellungen des Shylock, die seine tragische Ambivalenz herausstellten. Der säkularisierte Jude Ludwig Börne wies in seinem Essay „Der Jude Shylock im ,Kaufmann von Venedig'“ auf die menschliche Tragik Shylocks hin. Noch engagierter tat dies der Jude Heinrich Heine in seinen Ausführungen über Jessica und Portia in seiner Schrift „Shakespeares Mädchen und Frauen“.

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Charles John Huffam Dickens (1812-1870) war ein englischer Schriftsteller, zu dessen bekanntesten Werken  „Oliver Twist“ gehört. Dabei handelt es sich um eine Geschichte aus zwei Städten und „A Christmas Carol Fagin“, welcher eine kontrovers diskutierte fiktive literarische Figur im Gesellschaftsroman „Oliver Twist“ ist, den Dickens zwischen 1837 und 1839 veröffentlichte. Fagin wird von Dickens als ekelhaft aussehender Hehler jüdischer Herkunft und Anführer einer Diebesbande porträtiert, der arme Waisenkinder zu Dieben macht und sie später ihrem Schicksal überlässt. Auch Geldgier und Geiz gehören zu den Merkmalen der Figur. Es heißt, es wären aus Dickens Roman „Oliver Twist“ ganze Generationen von Lesern in der englischsprachigen Welt die alten Vorurteile über Juden vermittelt worden. Die antisemitischen Stereotypen, mit denen Dickens die Figur des Fagin in der ersten Auflage seines Romans zeichnet, wurden in späteren Auflagen von Dickens selbst etwas abgemildert. Dessen ungeachtet wird der Fagin von Dickens an 257 Textstellen als „der Jude“ bezeichnet. Um sich für seine Darstellung der Figur Fagin zu rechtfertigen, hatte Dickens unter anderem erklärt: „Ich spreche stets nur gut über sie [die Juden], ob zu Hause oder in der Öffentlichkeit“, aber „leider ist es auch wahr, dass diese Art Verbrecher fast ausschließlich Juden sind“. Bei den zahlreichen medialen Bearbeitungen des Romans „Oliver Twist“, insbesondere Verfilmungen, sind die entsprechenden Passagen häufig gekürzt oder gänzlich beseitigt worden. Die britische Kinofassung von „Oliver Twist“ von 1948 mit Alec Guinness als Darsteller des Fagin wurde in den USA erst 1951 aufgeführt, nachdem als antisemitisch empfundene Szenen von einer Gesamtdauer von zwölf Minuten aus dem Film hinausgeschnitten worden waren.