20.05.2019
 
 
Die uralte Bechtheimer Eiche wächst auf dem Felsen, wo Schornbach und Beuerbach zusammenfließen. Die Hälfte ihrer Wachstumskraft hat ihr Lebenswillen in den Ausbau der Wurzel gelegt, um über die Felsen hinweg ans Wasser der Tiefe zu gelangen.
 
DIE BECHTHEIMER EICHE
 
Der Bechtheimer Eiche am Felsenhang
war es als Kind ums Leben so bang.
Eine Eichel geriet in den Felsenpalt,
das Bäumlein dachte: „Wie werd‘ ich alt ?
 
Der Schornbach rinnt so weit im Tal,
werd‘ ich verdursten zu Sommersqual;
in trockenen Zeiten ist kein Verlass,
wo finde ich dann das nährende Nass ?
 
Wüchsen mir Beine, ich stiege hinab,
gerät mir die Höhe zum frühen Grab ?“
Die Eiche wuchs, lang war sie schlank,
aus den Felsenfugen sie Feuchte trank.
 
Doch ihre Sehnsucht blieb immer frisch:
„Hinab, hinab nur zum Wiesen-Tisch -,
nimmer verschmachten zum dürren Stroh,
dort würde ich rinnenden Wassers froh.“
 
Und was einem Wesen in Sinnen wächst,
hat wahrlich sein Wille herbeigehext,
wenn er unbeirrbar, unbeugsam bleibt,
den Leib in Richtung des Willens treibt.
 
Alles ist nur Kraft, ob Körper, ob Geist,
ob sie als Gedanke und Lichtstrahl reist,
ob sie zum fühlenden Leibe gerinnt,
sie wird was Lichtquant und Zelle sinnt !
 
Bechtheims Eiche durchbrandete Brunst,
die liebende Gier zur gütigen Gunst,
welche tausende Jahre mit gleichem Gruß
dort lockte und lockte vom Felsenfuß.
 
Aus dem Felsenbesen wurde ein Baum,
er griff mit Armen zum Himmelsraum,
und er wälzte ein mächtiges Wurzelbein
hinweg über schroffes Felsengestein.
 
Längst trinkt sich Bechtheims Eiche satt,
noch immer ist sie nicht sterbensmatt.
Sie sollte uns allen ein Vorbild sein:
Gebt niemals auf trotz Angst und Pein !