GOTTES-ORDNUNG

Die gute Ordnung, die Gott begründet',
die er mit seinen Werken verkündet,
erraten wir richtig als Regelschwur
in der Wirklichkeit der dualen Natur.

Zwei gegengerichtete Grundgedanken,
die sich erhalten im ewigen Schwanken,
Kräfte, welche sich streiten und stützen,
im Pendelschlage schaden und schützen.
Den Gegensatz hat Gottvater bestellt,
der „TAG“ () schuf die Polarität der Welt !

Als das Tageslicht in die Runde trat,
begann sich zu drehen das Weltenrad -;
weifenden Weges Verglimmen und Gluten,
Erwachen, Ermüden - Ebben und Fluten.

Hinauf und hinab geht der gültige Gang,
nach oben und unten führt aller Drang;
gemächlichste Bahn oder heißes Gehetz‘,
jeder Lauf unterliegt dem Wellengesetz.

Das Plus oder Minus, Weniger und Mehr,
ist stetigen Fortganges beste Gewähr !

Göttlicher Zwielauf - Gott ist die Zwei,
der Herr zwang ein Lebenssystem herbei,
wild-wirres Wachstum war vor ihm schon;
er schuf uns'rer Ordnung planvolle Fron.

Er regelt Bewegung zwischen den Polen,
Zwiespalt und Spannung hat er befohlen.
Denn ist jeder Lichtleib zwar Gottes Organ -,
auch den Gegenpol umklammert sein Plan,

Auch den Finsternissen wurde er Vater,
der rastlose, alles umringende Rater.
Bewegung zu wahren, bewähren sich Wellen,
des Lebens nimmer versiegende Quellen.

Ist die Gottheit gebahnte Lebendigkeit,
umspannt sie des Daseins innersten Streit,
umfasst sie der Wellen Wurzel wie Wipfel,
der Weltenwerdung Urgründe und Gipfel.

 
DOPPELAXT - DOPPELHAMMER
Kupferne deutsche Doppelaxt Typ Zabitz - aus Ende jüngerer Steinzeit - 2.300 - 2.100 v.0
Bronzene kretische Doppelaxt aus minoisch-mykenischer Zeit (Mesara-Gräber), ca. 1.500 v.0
 
Das erkennbar älteste Gottesattribut sowie Herrschaftssymbol des europäischen Kulturkreises ist die Hiebwaffe, die Axt und die Dop­pelaxt und der Doppelhammer. Dem höchsten Himmelsherrn, dem mächtigen Donnerer und Blitzeschleude­rer wurde sie zugeordnet. Wie anders auch, als durch solch ein „göttliches“ Schlagwerkzeug, sollten sich himmlisches Donnergetöse und die Ge­witter-Fun­kenblitze erklären lassen !? Schon bei den indogerm. Hethitern hatte 3.000 v.0 - nach ihrer Einwanderung nach Anatolien - das Doppelaxtzeichen „šuppi“ die Bedeutung von „heilig“, ebenso wie das minoische Doppelaxt-Sakralsymbol „kat’exochen“. Auf zentraleuropäischen Anhängern, Zierstücken, Darstellungen auf Gürtelblechen und eine Ton-Doppelaxt sind für die Bronzezeit belegt (Hermann Müller-Karpe „Bronzezeitl. Heilszeichen“ in „Jahresber. d. Inst. f. Vorgesch. - Uni. Frankfurt“, S.25) so, dass von einem ureuropäischen Sinnbild gesprochen werden darf. Das kentumsprachliche Hethitische erachte ich als Teil einer west-indogerm. Lautgruppe, die ursprünglich in präwestgermanischen bzw. -deutschen Gebieten beheimatet gewesen sein wird. Mit der Erfindung des Beiles bzw. des Hammers, also der Problemlösung einer geeigneten Schäftung, begann die eigentliche technische Revolution der Ära des ge­staltenden Handwerkers und die Entwicklung der menschlichen Kul­tur. Vom ge­dachten Attribut des Himmelsvaters, der Waffe des Kriegers, dem Werk­zeug des schöpferischen Zimmermannes und später des Schmiedes, führt nur ein kleiner Weg zum Herrschaftsabzeichen der Mächtigen in Politik und Kult. Die Vindeliker waren altdeutsch-keltische Stammesgemeinschaften deren Siedlungsgebiet im Alpenvorland zwischen Bodensee und Inn lag. Die Römer überfielen und unterjochten sie im Jahre 15 n.0. Ihre Hauptstadt war Damasia in Bayern, möglicherweise das heutige  Dießen am Ammersee oder der südlich davon gelegene Auerberg, der „Schwäbische Rigi“ genannt (1055 m). Seit alters her wurden die Vindeliker mit der Amazonen- bzw. Doppelaxt bewaffnet dargestellt, so z.B. auf dem „Schwert des Tiberius“ (ca. 16 n.0) aus Mainz.
 
Eine solche kultische Prunkaxt mit zweiseitig zugeschliffener Steinklinge wurde 1999 bei einer Tauchgrabung am Zuger­see / Nordschweiz gefunden. Nach C 14-Analysen ist sie 6.000 Jahre alt. Diese älteste Dop­pelaxt besitzt einen 117 cm langen, mit Birkenbändern umwickelten und mit eingesticheltem Muster fein verzieren Holm, der zum Schlagen völlig ungeeignet wäre. In ca. 5.000 Jahre alten norddeutschen und dänischen Megalithgräbern (z.B. Højslev/Viborg) fanden sich Tausende, aus Bern­stein zier­lich gefertigte Doppeläxtchen und Doppel­hämmerchen, als Glieder von Schmuckketten. Große steinerne Äxte (Abb. 1) und zweiseitig geschweifte „Amazonenäxte“ stammen ebenso aus der Epoche der indogermanischen Trichterbecherkultur.
 
Etwa 4.500 Jahre (vom Ende der jüngeren Steinzeit, wurden sie bis in die Bronzezeit verwendet) alt sind mehrere Dutzend kupferner Doppeläxte (Typ Zabitz), die sich in drei Verbreitungszentren fanden: Mit­teldeutschland, Mittelrheingebiet und Seengebiet der Nordschweiz. In der Regel weisen sie viel zu kleine Holmlöcher auf, die für eine praktische Schäftung ungeeignet sind. Daraus, oft auch aus den Fundumständen, ist ihre religiöse Bedeutung ablesbar. Aufgrund der kleinen Schaftlöcher, des weichen Kupfers und der zu dieser Zeit noch seltenen Verwendung des Materials, sowie der aufwändigen Herstellung ist von einer Funktion als Hoheits- und Kultsymbol auszugehen. So lag die 1884 gefundene Friedels­heimer-Axt (bei Bad Dürkheim; Abb. 2) in einer großen Urne auf dem „Feuerberg“ und die von Halle auf dem „Peters­berg“ (aus den Bergheiligtümern des germ. Donar / Donner- und Feuergottes wurden bekanntlich die christl. Pe­tersberge). Die frühe­sten ägäisch-kretischen Doppeläxte sind mehrere Jahrhunderte jünger. Auch der hethitische (indo­germani­sche) Donner­gott Teshub trug das Doppelbeil. Eine schöne nordische Doppelaxt stammt aus der Mittelbronzezeit (Ronneby / Schweden; Abb. 3).
 
Schon sehr früh wurde die Doppelaxt in einer möglichst einfachsten Strichführung nachgezeichnet und als lineares Begriffsmal angenommen: . In dieser Gestalt fand es Eingang in diverse Schriftsy­steme, auch in die älteste Runen­schrift der Germanen als Lautzeichen für „d“ (dagaz = Tag / Tagvater) und mithin als Verständniszeichen für den alten Himmelsgott. Diese „Rune“ er­scheint bereits auf steinzeitlicher nordbalkanischer Keramik (Abb. 5), auf bronzezeitlichen Fibeln (in Umrisszeichnung z.B. Berlin-Spindlersfeld), auf einer Beilklinge aus dem Boden Ungarns (Abb. 4), auf minoischen Siegeln, schließlich auf etruskischen Ste­len, früh­griech. Vasenmalerei, makedonischen und keltischen Münzen, als Attribut des Mithras, Jupiter-Dolichenus und des Zeus.
 
Warum gerade Doppelbeil / -hammer eine solche Bedeutung als Gottes- und Herrschaftszeichen erlang­ten, ist wohl allein aus der tiefsinnigen Begrifflichkeit dieses heiligen Bildkürzels (Hieroglyphe) zu ver­stehen: Es handelt sich ja um die augenfällig verbild­lichte Weltpolarität als bedeutendstes Grundprinzip der Natur. Polarität ist das Auseinandertreten einer (Gottes-)Kraft in zwei verschiedene zur Wiedervereini­gung strebender Wirkungen, die sich gegenseitig bedin­gen, einander ergänzen und miteinander ein Neues (die Schöpfung) hervorbringen. In solchem theologisch-philo­sophischen Sinne kann nur dieses weitverbreitete Ideogramm verstanden worden sein. Diese Polarität tritt im Mythos des keltischen Gottes Dagda klar ins Licht, dessen Schlagwaffe (Keule) Leben und Tod bewirkt, je nachdem nach welcher Seite er damit schlägt. Bestätigung dafür finden wir z.B. in der Symbolik des schönsten aufgefundenen wikingerzeitlichen Schmuckhämmerchens aus Östergötland / Schweden (Abb. 7), mit seiner Doppelschlinge vom ewigen Leben und Tod, dem noch heutigen Unendlichkeitssymbol. Einfacher ist das bei Kneitlin­gen / Kr. Wolfenbüttel gefundene mittelalterliche Anhängerchen aus Bronze (Abb. 6).
 
Axt und Hammer waren Herrschaftszeichen des indogermanischen Himmelsgottes, der als Garant von Recht und Ord­nung sowie Auslöser von Blitz und Donner verstanden wurde. Deshalb führt der skandinavische Gott Thor auf heidnischen Ab­bildungen Axt / Hammer in den Hän­den, ebenso wie seine spätere christliche Umformung, der Hl. Olaf. In der hochmittelalterli­chen Aus­einandersetzungs­phase zwischen dem aufkommenden Christianismus und der germ. Artreligion (Heidentum) trugen die nor­dischen Bekenner als Erken­nungszeichen und Amulett den Doppelhammer-Halsschmuck. Aber bis heute erhielt sich die heid­nisch-rituelle Hammersymbolik im euro­päischen Alltag. Der symbolische Hammerschlag gehört immer noch zur Grundsteinle­gung, richterlichen Amtsge­walt, Besitzzuteilung des Auktionators u.a.m. Unter dem Begriff „Thorshämmerchen“, in Gestalt des hoch­mittelal­terlichen Kult­schmuckes, fand das Doppelhammerzeichen nun wieder zurück ins Bewusstsein eines sich erneuern­den nordischen Heidentums. Uralte Segenskraft liegt auf ihm - erweise sich jeder Träger als ein würdi­ger Streiter seiner metaphysi­schen Heilsmacht ! 
 
  
 
      
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Bild: Donar / Thor von Marten Eskil Winge, 1872