MEIN WEIB

Nichts kann besteh’n,
die Zeit will dreh’n,
so knospenschön die junge Frau,
das Alter macht sie grau und rau.

Stets war das gleich,
im ird’schen Reich,
das Hohe, Schöne muss hinab,
zwingt die Natur ins Todesgrab.

Muss es auch sein,
beim Weib allein -,
mag es mein Herz nur schwer versteh’n,
denn nichts ist wie dies’ Wesen schön.

So rank gebaut,
so glatt die Haut,
weiß schimmernd wie der feinste Stuck,
und ach so weich ihr Schenkeldruck.

Mein Weib, mein Kind,
die Träne rinnt,
Du warst mein Rosen-Traum-Begehr,
heut’ ist mein Herz so sehnsuchtsleer.

Die Schönheit Dein,
sie fing mich ein,
ich bleib’ ihr dankbar bis zum End’,
sie war mein heiliges Sakrament.

Doch Feuer sinkt,
kein Lockruf winkt,
in sieben Phasen welkt die Glut,
mit ihr, mit ihr sank auch mein Mut.

Bild: Hans Baldung, gen. Grien, Die sieben Lebensalter des Weibes, 1544, Museum der bildenden Künste Leipzig