Die älteste vollkommene Runenreihung der Ur-Runenfolge finden wir auf der Kylver-Grabplatte auf Gotland, aus ca. 400 n.0
Der Schreiber begann klar und deutlich seine Ritzung rechtsbeginnend mit den Buchstaben O-D-iNG.
Nach links hin werden seine Runenzeichen immer gedrängter, weil er sich dem linken Steinkantenende näherte und er Bedenken bekam,
ob er für die volle Runenreihe noch genügend Schreibraum fände.
Der Ritzer begann seine Runenschreibung also unverkennbar mit:
Die komplette urnordische Runenreihe auf der Innenseite der Grabplatte von
Kylver/Gotland. Die a- und b-Rune sind als Wenderunen, die z-Rune als Sturzrune
dargestellt. Datierung: möglich 1.-6. Jh., wahrscheinlich frühe Völkerwanderungszeit.
Kylver/Gotland. Die a- und b-Rune sind als Wenderunen, die z-Rune als Sturzrune
dargestellt. Datierung: möglich 1.-6. Jh., wahrscheinlich frühe Völkerwanderungszeit.
RUNENRELIGION
Die überschaubare Geistesgeschichte zeigt, dass Religionsverkündung und Schriftentwicklung in enger Verflochtenheit miteinander gedeihen oder auch untergehen können. Volksglaube und Volksschrift stehen allerorten in innigster Beziehung. So war es nur konsequent, dass im Mittelalter christliche Umstürzler ihren Krieg gegen die urdeutsche Runenschrift führten und die alliierten Weltkriegsgewinner des XX. Jahrhunderts als flankierende Maßnahmen ihres Entdeutschungsprogrammes die „gotische“ Frakturschrift für alle öffentlichen Zwecke verboten. Unliebsame Religionen/Weltanschauungen wurden gerne mitsamt der ihr angehörenden Schrift unterdrückt.
Die großen Religionsschöpfer waren sehr oft Erfinder oder Förderer einer neuen Schrift. Das geschriebene Wort - als ein Träger des Gedankens - sollte passend und würdig sein, die jeweilige Gottesoffenbarung aufzunehmen und zu befördern. Naheliegend ist, dass der zentralen Gottheit des Glaubenssystems neben der Offenbarung religiöser Wahrheiten auch das Geschenk der Schrift zugeschrieben wurde. Nachdem nun der Sinn des germanisch-runischen Ordnungsgefüges durchschaut ist, erkennen wir Wodan/Wodin (unter dem Kultnamen „Ase“ in der 21. Rune = ) als die Mittelpunktgröße des Lehrgebäudes. Offensichtlich wurde die ODiNG-Futhark-Runenreihe als Medium der Wodanreligion geschaffen. Ihr Schöpfer muss der inspirierte Genius gewesen sein, der den uralten indogermanischen Atemwindgott-/Geistgott-Kult in das theologische Gefüge der runisch-wodanischen Hochreligion empor führte. Vermutlich war es ein germanischer Weiser (Erul), der die Kimbern- und Teutonenzüge miterlebte (113 - 102 v.0), welcher seinen Völkern dieses große Geschenk der germanisch-keltischen Gottesoffenbarung gemacht hat.
In einer bewundernswerten Folgerichtigkeit des Denkens schuf er aus dem vertrauten Sinnbildbestand seines Volkes und der Alten Welt eine Schriftordnung, welche selbst das Gesetzbuch seiner Religion darstellt; d.h. die Buchstabenreihenfolge in Kreisanordnung war selbständig fähig, die religiösen Grundaussagen zu verkünden. Eine Buchstabenfolge von O bis F (von Od = an. Geist/Geistgott bis fuða = an. Hintern) als Gotteslied und religiöses Lehrbuch - dies ist wohl einmalig in der Religionsgeschichte.