Geschrieben im März 2017
 
Seite des „Book of Ballymote“, 14. Jh.
 
OGAM-Alphabet und ODING-Runen im Vergleich
 
Sicher ist, dass alle keltischen Sprachen der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit, also das Irische samt seinen Kolonialsprachen Schottisch-Gälisch und Manx, das Walisische (nach Eigenbezeichnung Kymrisch genannt), das Bretonische und das im 18. Jh. ausgestorbene (im 20. Jh. wiederbelebte) Kornische eng miteinander verwandt sind. Den sprachwissenschaftlichen Beweis hat 1853 Johann Caspar Zeuss erbracht. Diese Sprachen bilden zusammen einen eigenen Zweig der großen indogerm, Sprachfamilie. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass das Ausbreitungszentrum der keltischen Sprachen am nördlichen Alpenrand bzw. in Süddeutschland zu suchen ist. Prähistorischer Salzbergbau wie in Hallstatt und frühe Eisenverarbeitung wie am Magdalensberg dürften die materielle Grundlage für das Erstarken und die Expansion einer keltischen Führungsschicht geboten haben, da Archäologen ihre späteren materiellen Hinterlassenschaften in Gallien gemeinsam mit gallischen, d.h. altkeltischen, Sprachzeugnissen vorgefunden haben. Dass latènezeitliche Funde bisher vor allem im Norden Irlands gemacht wurden, scheint auf den leichtesten Einfallsweg hinzuweisen. Die Überfahrt von nach Südostschottland nach Irland ist die kürzeste Verbindung. Es ist anzunehmen, dass ab etwa 300 v.0 spätestens eine keltischsprachige Oberschicht in ganz Irland herrschte, die ihr geistiges Erbe indogermanischer Prägung und bestimmte traditionelle Kulturtechniken mit den vorgefundenen örtlichen Lebensbedingungen zu verbinden und auf spezifische irische Weise weiterzuentwickeln wusste. Die ältesten bekannten Zeugnisse des Irischen sind die ca. 50 Völker- und Ortsnamen in der Geographie des Ptolemaios aus dem 2. Jh. n.0., sie beruht aber sicher auf weit älteren Quellen. Sie stehen formal dem postulierten und z.T. rekonstruierten Urkeltischen noch sehr nahe. Sprachlich jünger, schon `uririsch', sind die ältesten Inschriften. Es handelt sich um einige hundert schwer zu datierende Steinritzungen, etwa aus dem 4.-6. Jh., in sog. Ogam-Schrift, wohl Grabsteine oder Grenzmarkierungen.
 
Das Leabhar Bhaile an Mhóta oder „Book of Ballymote“, von dem wir Aufschluss über das Geheimnis der Ogam-Buchstaben erwarten, stammt aus einer nordwestirischen Abtei und ist seinem Charakter nach durch und durch christmönchisch heillos verseucht, ist es doch aus dem spätmittelalterlichen 1390er Jahren auf uns gekommen. Ursprüngliche, echtheidnisch-druidische Relikte in dem Buch anzutreffen, ist eine spröde Hoffnung, das Echte war längst im christlichen Gedankensumpf untergegangen. Die seltsamsten und skurrilsten Ogam-Buchstabenamen hat das Ballymote-Buch überliefert, unter anderem jene von biblisch-altjüdischen Personen, aber auch die Listung aus scheinbar irischem Altertum beinhaltet keineswegs ein reines Pflanzen-, geschweige denn ein Baum-Alphabet, als eher eine Ansammlung von Begriffen, aus denen allein mit viel Glück eine Serie von Pflanzen herausgelesen werden können. Dass wir in dieser Textsammlung druidische Ursprünglichkeiten herauslesen könnten, ist nicht viel mehr als nur ein Erwartungswunsch. Wir wollen es trotzdem unternehmen und versuchen, die germanischen ODING-FUÞARK-Buchstaben vergleichsweise daneben zu stellen, um mögliche altzeitliche Übereinstimmungen herauszuhören, denn es wäre denkbar, dass gallische und germanische Mythenzüge aus verwandten oder gleichen Quellen stammen, lebten doch in selbstbestimmten langen Zeiträumen viele der bekannten Stämme beieinander und durcheinander und ob Druiden oder Parawaris, sie müssten sich folglich gegenseitig ausgesprochen und befruchtet haben, denken wir nur an die gemeinsamen Großunternehmungen wie den schicksalshaften Kimbern- und Teutonenzug, zum Beginn des ersten Jahrhunderts vor der Nullung unserer derzeitigen Zeitrechnung.
 
Gundsätzliches
 
Ogam ist erstmals sicher nachweisbar im 5. Jahrhundert, als Irland schon christlichen Einflüssen unterworfen war. Ogham wurde auch auf christlichen Monumenten verwendet. Ist Ogham als originär Irisch („Irisc“) zu bezeichnen ? Die Inschriften sind in Gälisch gehalten, und Ogam taucht außer in Irland auch in Wales, auf der „Isle of Man“, in Südwestengland auf, in Schottland auch ohne Verwendung der irischen Sprache. Der Mythologie zufolge soll der Halbgott Ogma, ein Krieger und Literat der „Tuatha Dé Danann“, das Schriftsystem erfunden haben. Fachkundige meinen: „Wahrscheinlicher ist allerdings, dass es sich schlicht um eine irische Darstellung des lateinischen Alphabets handelt. Dafür spricht die Existenz eines Ogham-Symbols für den Buchstaben Q, den es im Irischen eigentlich nicht gab (auch V und Z sind nicht Irisch, können jedoch immerhin als F und SS interpretiert werden). Warum sich irgendwann jemand hingesetzt hat und meinte, ein eigenes Symbolsystem für eine schon bestehende Schriftsprache erfinden zu müssen, das wird wohl für immer im Nebel der Geschichte verborgen bleiben. Wie auch die Bedeutung der Annotationen im ,Book of Ballymote‘, die von ,Fionns Rad‘ und dem ,Flussstrand von Fechertne‘ sprechen und aus Ogam gebildete Diagramme zeigen. Magie ?“ Ogham wurde erst durch Robert Graves’ „The White Goddess“ wieder populärer. Aus unserer Zeit stammen auch die gängigsten Interpretationen im okkulten Bereich. Es ist keine Letternschrift, sondern eher ein Zählsystem - als ob wir statt „Bier“ schreiben würden „2. 9. 5. 18.“, wobei die Nummern hier die Platzierung im lateinischen Alphabet beschreiben. Das auf den ersten Blick komplizierte System ist letztlich nicht komplizierter als jede andere gemalte, geritzte oder gemeißelte Lautdarstellung bzw. Schrift. Ogham besitzt vier Fünfergruppen, die insgesamt zwanzig Laute repräsentieren. In dieser Hinsicht entspricht dieses System unserem Alphabet, nur dass weniger und zum Teil andere Laute dargestellt werden. Ein gutes Beispiel ist ein Ogam-Stein in Arraglen (Kerry), der neben einem Tatzenkreuz die Inschrift „Rónán der Priester Sohn des Comgán“ trägt. In späteren Manuskripten wurde Ogam praktischerweise erhalten und übersetzt, so im 1390 entstandenen „Book of Ballymote“. Aus solchen Quellen stammen auch die Namen, die den einzelnen Zeichen gegeben wurden - Namen, die sich der Lautentsprechung analog auf Pflanzen beziehen und wohl auch zum Teil auf eine magisch-schamanistische Verwendung der Zeichen hindeuten könnten. So ist denn Ogam in diesem Bereich den Runen ähnlich, die auch sowohl als Lautentsprechung als auch als Symbol genutzt werden konnten.
 
Besprechung der Ogam-Buchstaben
Vorbemerkungen
PIE = Proto-Indoeuropäisch. - Die englischen Erklärungen sprechen von „arboreal tradition”, („Baumtradition”) und „test-tree” („Versuchsbaum”), womit sie anmerken, dass es eine Erklärungstradition für diverse Begriffe gibt, die aber vage bzw. sprachwissenschaftlich unbelegt sind. Der im Folgenden vorkommende Begriff „Auraicept“ meint „Auraicept na nÉces“ („Leitfaden für den gelehrten Dichter“), was der Name einer Sammlung von Abhandlungen zur irischen Sprache aus dem „Leabhar Bhaile an Mhóta“ bzw. dem „Book of Ballymote“ ist. Als ursprünglicher Verfasser gilt der Gelehrte Longarad, der schon im 7. Jahrhundert mit den ersten Kapiteln begonnen haben soll. Nach einer anderen Überlieferung wurde das erste Buch des Werkes von Cenn Fáelad mac Ailella verfasst. Darin sind Informationen zur Ogham-Schrift enthalten, sowie zu Grammatik und Metrik des Irischen, wie sie von den filid („Dichtern“) verlangt wurde. Das Werk ist ein Versuch von Mönchen, die lateinischen Regeln auf ihre irische Muttersprache anzuwenden. Grundlagen sind die Werke der klassischen Grammatiker Aelius Donatus und Priscianus, sowie die Etymologiae von Isidor von Sevilla.
 
Beith, Altirisch Beithe bedeutet „Birkenbaum“, verwandt mit dem Mittelwalisischen bedw. Lateinisch betula gilt als entlehnt von dem gallischen Verwandten.
 
Luis, Altirisch Luis ist entweder im Zusammenhang mit luise „Lodern, Brand“ oder lus „Kraut“. Die Baumtradition hat hier caertheand, „Eberesche“ angegeben.
 
Fearn, Altirisch Fern bedeutet „Erlenbaum“, archaisches Irisch*wernā, so dass der ursprüngliche Lautwert [w] war.
 
Sail, Altirisch Sail bedeutet „Weidenbaum“, verwandt mit dem lateinischem Salix.
 
Nion, Altirisch  Nin bedeutet entweder „Gabel“ oder „Speicher/Heuboden“. Die Baumtradition hat hier uinnius, „Eschenbaum“ angegeben.
 
Uath, Altirisch Úath bedeutet úath „Grauen, Furcht“, die Baumtradition hat hier den „Weißdorn“ angegeben. Die ursprüngliche Etymologie des Namens und der Lautwert sind jedoch unklar. McManus (1986) schlug den Lautwert [y] vor. Peter Schrijver (vgl. McManus 1991: 37) schlug vor, dass, wenn úath „Angst“ mit dem lateinischen pavere verwandt ist, eine Spur von PIE*p ins Archaische Irisch hinein überlebt haben könnte, doch dafür gibt es keine unabhängigen Beweise.
 
Dair, Altirisch Dair bedeutet „Eiche“ (PIE *doru-).
 
Tinne, Altirisch Tinne bedeutet „Metallstange, Barren”, wie sich anhand der Kennings beweisen lässt. Die Baumtradition hat hier cuileand, „Stechpalme“ angegeben.
 
Coll, Altirisch Coll hieß „Haselnussbaum“, verwandt mit dem walisischen collen, korrekt erläutert als cainfidh „Helles Holz“ („Hasel“) durch die Interpretation der Baumtradition. Lateinisch corulus oder corylus ist verwandt.
 
Ceirt, Altirisch Cert ist verwandt mit dem walisischen perth, „Busch“, Lateinisch quercus „Eiche“ (PIE*perkwos). Es wurde verwechselt mit dem Altirischen ceirt „Lappen“, was sich in den Kennings widerspiegelt. Der Auraicept erläutert es als aball, „Apfel“.
 
Muin, Altirisch Muin: Die Kennings verbinden diesen Namen mit drei verschiedenen Wörtern, muin „Hals, Oberteil des Rückens“, muin „List, Finte“ und muin „Liebe, Wertschätzung“. Die Baumtradition hat finemhain, „Rebe“ angegeben.
 
Gort, Altirisch Gort bedeutet „Feld“ (verwandt mit Garten). Die Baumtradition hat edind, „Efeu“ angegeben.
nGéadal, Altirisch Gétal hat den Kennings nach eine Bedeutung von „töten“, vielleicht verkündigt zu gonid „töten“, von PIE gwen-. Der Lautwert im archaischen Irisch war also ein stimmhafter Labiovelar, [ɡʷ]. Die Baumtradition erläutert cilcach, „Besen“ oder „Farn“ angegeben.
 
Straif, Altirisch Straiph bedeutet „Schwefel“. Der archaisch-Irische Lautwert ist unklar, es kann ein Zischlaut sein, der sich von s unterscheidet, welches ja bereits durch Sail abgedeckt wird, vielleicht ein Reflex von/st/ oder /sw/. Die Baumtradition erläutert draighin mit „Schwarzdorn“.
 
Ruis, Altirisch Ruis bedeutet „rot“ oder „Rötung“, erläutert als trom, „Holunder“.
 
Ailm, Altirisch Ailm ist von unsicherer Bedeutung, möglicherweise „Kiefer“. Der Auraicept hat crand giuis .i. ochtach, „Tannenbaum“ oder „Kiefer“ angegeben.
 
Onn, Altirisch Onn bedeutet „Esche“, obwohl der Auraicept es als aiten „Stechginster“ erläutert.
 
Úr, Altirisch Úr, basierend auf den Kennings, bedeutet „Erde, Lehm, Boden“. Der Auraicept erläutert fraech „Heide“ (wohl „Heidekraut“). Die offensichtliche Bedeutungsarmut von Heidekraut lässt uns vermuten, dass im ursprünglich heidnischen Ogham eine andere Pflanze in der Betrachtung stand, nämlich die Mistel, denn völlig unmöglich erscheint es, dass sie, als mythologisch hochbedeutsam, unberücksichtigt geblieben wäre. Mistel heißt im Irischen Uileiceadh und bedeutet „Allheilmittel“.
 
Eadhadh, Altirisch Edad - von unbekannter Bedeutung. Der Auraicept erläutert crand fir no crithach „Testbaum“ (???) oder „Espe“.
Iodhadh, Altirisch Idad ist von unklarer Bedeutung, aber ist wahrscheinlich eine Form von ibhar „Eibe“, was die Bedeutung ist, die ihm in der Baumtradition gegeben wird.
 
Von den forfeda werden vier vom Auraicept erläutert. Die Forfeda sind die zusätzlichen Buchstaben des Ogham-Alphabets, jenseits des grundlegenden Inventars von zwanzig Zeichen. Die wichtigsten von ihnen sind fünf Forfeda, die in ihrem eigenen aicme oder Klasse angeordnet wurden und in alter irischen Periode erfunden wurden, mehrere Jahrhunderte nach der Hochzeit des Ogham-Gebrauches. Es sind die Laute, die dem ursprünglichen irischen Alphabet zu fehlen schienen: é (o) , ó (i) , ú (i) , p und ch.
Eabhadh, Altirisch Ebhadh mit crithach „Espe“;
 
Ór, „gold“ (vom lateinischen aurum); Die Baumtradition gab an: feorus no edind, „Spindelbaum oder Efeu“.
 
Uilleann, Altirisch Uilleand „Ellenbogen“; Die Baumtradition gab an: edleand „Geißblatt“
 
Pín, später Ifín, Altirisch Iphin mit spinan no ispin „Stachelbeere oder Dorn“.
 

Das Ogham Alphabet

Die Buchstaben sind in ihren vertikalen und horizontalen Varianten dargestellt. Die Namen und Laute, die durch die Buchstaben uath und straif dargestellt werden, sind unsicher. Es gibt viele verschiedene Versionen der Buchstaben-Namen, nicht allein die hier vorgestellten Pflanzen-Namen.
 
Book of Ballymote, Seite 103
 
Book of Ballymot, Seite 104
 
Right side/downward strokes
 
1. [b] (*betwi-s) Birke - 2. L luis [l] (*lubsti-) Eberesche - 3. F fearn [w] (*wernā) Erle - 4. S saille [s] (*salik-s) Weide - 5. N nuin [n] Esche
 
Left side/upward strokes
 
6. H úath [j] (*osato-) Weißdorn - 7. D duir [d] (*darek-s) Eiche - 8. T tinne [t] Stechpalme 9. C coll [k] (*koslas) Haselnussbaum - 10 Q ceirt [kʷ] (*kʷer[x]tā) Apfelbaum
 
Across/pendicular strokes
 
11. M muin [m] Rebe - 12. G gort [ɡ] (*gorto-s) Efeu - 13. NG gétal [ɡʷ] (*gʷēdtlo-) Farn/Ried - 14. Z straif [sw] or [ts]? Schwarzdorn - 15. R ruis [r] (*rudsti-) Holunder 
 
notches (vowels)
 
16. A ailm [a] Kiefer/Tanne - 17. O onn [o] (*osno-) Stechginster - 18. U úr [u] Heidekraut 19. E edad [e] Espe - 20. I idad [i] Eibe
 
Ogam-Besprechungen
 
Die von Graves vorgeschlagene Verbindung zwischen Ogam und Runen erfuhr v.a. in den 20er und 30er Jahren unseres Jahrhunderts mannigfaltige Weiterungen. So wurden zunächst von Holger Pedersen die folgenden Übereinstimmungen als stützende Argumente ins Feld geführt: Beide, das Runenalphabet und das Ogam-Alphabet, seien gegenüber dem Lateinalphabet durch eine völlig andersartige Reihenfolge der Buchstaben gekennzeichnet. Beide hätten ein eigenes Zeichen für ein konsonantisches v sowie für den Velarnasal. In beiden Systemen bestünden die Buchstabennamen, anders als im Lateinalphabet, aus ganzen Wörtern. Dabei herrsche zumindest in einem Fall, nämlich bei dem Buchstabennamen für b, eine semantische Übereinstimmung, insofern sowohl der Runenname bjerkan als auch das irische beithe der Name der „Birke“ ist. Wir erinnern uns an den Birkenmythos im Ogam-Traktat, der die Bedeutung gerade des Birkennamens im Zusammenhang mit dem Ogam unterstreicht.
 
Über Pedersen hinausgehend argumentierte Carl Marstrander, dass der Name des Ogam-Buchstabens Q, quert, möglicherweise sogar lautlich mit dem angelsächsischen Runennamen cweor identisch sei, der wiederum mit dem Namen der P-Rune, peor und weiter mit dem Namen der gallischen Göttin Perta zusammenhängen könne. Marstrander wies weiter darauf hin, dass die Buchstabennamen des Ogam-Alphabets, dem „Auraicept na n-éces“ zufolge, sämtlich Baumnamen darstellten:
beithe, luis, fern, sail, nin, huath, daur, tinne, coll, quert, muin, gort, ngetal, raif, luis, ailm, onn, ur, edad, ida, ebad, éubhadh oir, uillenn, pin / ifin, emancholl
 
„Birke, (Eberesche) Erle, Weide, (Esche), (Weißdorn), Eiche, (Stechpalme ?) Haselnuss, (Apfelbaum), (Weinstock), (Efeu), (Ginster, Farn) Schlehdorn, (Holunder), (Pinie), (Stechginster ?) (Heidekraut) (Espe), (Eibe), Espe, (Spindel ?) (Geißblatt), (Stachelbeere ?) [„Doppel-coll“]
 
(„Runernes oprindelse“, in „Aarbøger for nordisk oldkyndighed og historie“, 1923, 8. 26 - „Om runene og runenavnenes oprindelse“, in „Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap“ 1, 1928, S. 139)
 
Außerdem erwähnt der Traktat im selben Zusammenhang auch eine Einteilung der Bäume in drei Gruppen zu je acht Arten, was für Marstrander die deutlichste Übereinstimmung mit der Runeneinteilung war; die betreffende Stelle lautet: „Cis lir aicme ogaim ? Ni ansa. A iii .i. viii n-airigh fedha, viii n-aithigh, viii fidlosa. Ocht n-airigh cetus: - fernn, dur, coll, muin, gort, straif, onn, or. Ocht n-athaig .i. bethi, luis, sail, nin, huath, tinne, quert. Archuit a feda is at haig feda fidlosa olchena. (Übersetzung: „Wie viele Gruppen des Ogam gibt es ? Nicht schwer. Drei, nämlich acht Herrenbäume, und acht Bauernbäume, und acht Sträucher. Zuerst die acht Herrenbäume: Erle, Eiche, Haselnuss, Weinstock, Efeu, Schlehe, Stechginster, Heidekraut. (Dann die) acht Bauernbäume, d.s. Birke, Eberesche, Weide, Esche, Weißdorn, Ginster, Apfelbaum. Was die Buchstaben betrifft, sind der Rest Bauernbäume (und) Sträucher.“)
 
 
Ogam-Buchstaben im „Buch von Ballymote“, Seite 89
 
.o.o.o.o.o.
 
Die Lautzeichen des OGAM im Vergleich
mit dem möglichen Sinn der jahreszeitlichen
Lautzeichen des Runen-ODING
 

1. - Birke - B = (Runenbezug: germ. berka /berkanan / ags. birith - Birke / Birkenzweig - Birkengöttin - Frühlingsgleiche) Mit dem Synonym des Birkenbaumes steht die „weißhäutige“ Große Mutter (lat. Mag­na Mater), die „Jung­frau und Mutter“, vor uns, eine komplexe Metapher, nicht allein ariogerm. Glaubens- und Hoffnungstraditionen. Ihren Namen erhielt die Birke vom indogerm. Wort bhereo („glänzend / weiß“). Sie ist ältester Laub­baum des euro­päi­schen Nordens; vor 10.000 Jahren, nach der letzten Eiszeit, waren es die genüg­sam­en Birken, die - zudem noch Windbestäuber und deshalb nicht auf Insekten an­ge­wie­sen - die weiten baumlosen Steppen des späteren Germaniens wieder bevöl­kerten. Die Birke ist wahrscheinlich unser heiligster Baum,von allen Waldbäumen ist sie es, die am frühsten ausschlägt, sich wieder begrünt und so die Botschaft von Frühling und Wärme vermittelt. Der bieg­same, hellrindige Frühlings­baum - gilt noch heute als Verkörperung des Lenzes und dessen Be­fruchtungskraft. Nach den Regeln eddisch­er Dichtersprache wird „die Frau umschreibenderweise durch alle weiblichen Baum­arten bezeichnet“ (Skalds. 31), so auch der Birke; als Beispiel wird der Reim des Skalden Orm vorgeführt, der die Frau „Birk“ nennt (Skalds. 46,184). Die enge Verbindung der einstigen heidnisch-volklichen Göttin drückte sich noch im Spiegel christl. Verzerrung von hes­sischen Hexenakten aus, wo Frau Holle wie folgt beschrieben wurde: „Frau Holle were von vorn her wie ein feins Weibs­mensch, aber hinden her wie ein hoh­ler Baum von rohen Rinden".

In Mythologie und Esoterik ist die Birke geradezu der Inbegriff des Weib­lichen, daher der Name „Frauenbirke“. Laub und Zweige des heiligen Baumes, die „Maien“, schei­nen einem heilkräftigen Numen Sitz zu gewäh­ren. So ist seine weit­reichende Nutz­ung im Volksbrauchtum zu erklären: von der Bir­ke die der Werbende seiner Ange­beteten vors Haus stellt bis hin zum Bau von Kin­derwiegen aus Birken­holz.
 
So, wie es die alte Volksreligion und der Runenschöpfer verstanden, so empfinden noch heutige Menschen die Birke als weibliches Gleichnis; ein Dichter formulierte: „Wie eine Braut im Schmucke, - Steht zwischen schwarzen Tannen - So schämig schön, jungfräulich, - Die schlanke junge Birke." (O.J. Bierbaum); ein anderer reimte: „Alles hat zur Früh­lingsfeier - Schön geziert sich, wohin man schaut, - Aber die Birke in zartem Schlei­er - Ist die Zierlichste, ist die Braut.“Hertha Graf schreibt in Kap. VI ihrer Lebenserinnerungen „Mit Dünawasser getauft“: „Im gedämpften Licht des Abends schimmerten die weißen Stämme seltsam unwirklich, als wären die Birken tatsächlich jene ,weißen Jungfrauen mit dem grünen, wehenden Haar’, wie sie in den lettischen Dainas [Volkslieder] und von den Dichtern besungen werden.“Und eine Hermann Löns nahe­stehen­de Schriftstellerin schrieb: „Ein leichter, frisch­win­di­ger Frühlingstag war’s. Ein Tag, an dem die weißen Birkenfrauen in grü­nen Schlei­ern auf der braunen Heide tanzen, wo die schimmernden, schneeigen Wolkenschiffe über das blaue Himmels­meer dahin­se­geln, wo noch Frühlingswind in ihre Segel bläst und die abgeklärte Ru­he der Hoch­som­mers und das majestätische Zürnen des Herb­stes ihnen gleicher­maßen fremd sind.“ (Hermann Löns und die Swaantje, Swaantje Swan­tenjus, 1920, S.15)
 
Das ags. Runenlied bemerkt zur 7. Birken-Rune: „Beorc trägt keine Frucht; dazu bringt sie Zweige ohne Samen hervor; denn sie zeugt sich aus ihren Blättern. Hoch in der Spitze rauscht sie lieblich, blätterbeladen, von der Luft bewegt.“ Der isl. Runen­reim meint einfalls­los: „Bjarkan [Birkenreis] ist ein laubreicher Zweig und ein kleiner Baum und ein jugendliches Holz.“ Dazu stellt es das Wort lat. abies („Tanne“), was be­weist, dass der Autor das Lateinische ungenügend beherrschte. Der zweite beige­stel­lte Begriff, altn. buðlungr („Beschützer / Behüter“), passt gut in den Gesamt­runen­sinn hinein. Aber das norw. Runengedicht gibt Rätsel auf: „Bjarkan ist das laub­grün­ste Gezweig; Loke brachte Falschheit ins Glück“. Den Sinn der Strophe erklärt der dänische Übersetzer L.F.A. Wimmer: „Loke brachte durch seine Falsch­heit Un­glück mit sich.“ (L.F.A. Wimmer, Die Runenschrift, 1887, S.280)Welche Falsch­heit könnte gemeint sein ? Loki ist ein echter Feind der Götter, das hat er durch den Mord­an­schlag auf Baldur bewiesen und er steht im Endkampf an der Spitze der von ihm gegen die Götter geschaffenen Ungeheuer. Doch insbesondere den Göttinnen spiel­te der Unhold übel mit. Die Idun lieferte er dem Riesen Thjazi aus (Skalds. 1), der Sif schnitt er das Haar ab (Skalds. 33), der Freyja raubte er den Brisingamen-Brust­schmuck (Skalds. 16), der Frigga vereitelt er ihren geliebten Sohn Baldur aus der Ge­walt der Hel zu lösen (Gylf. 48) und in der Lokasenna verlästert und beleidigt er sämt­­liche Göttinnen der män­nertollen Schändlichkeiten. Wir kennen nicht alle Myt­hen; es muss ein besonders tiefgreifender Gegensatz zwischen dem niederen ver­schla­­genen Trick­­ser, dem Schöpfer lebens­feindlicher Unholde und der lebensspen­denden hohen Göttin empfunden worden sein.
 
Eine der bekanntesten eschatologischen dt. Sagen, von der „Zukunftsschlacht am Bir­kenbaum", spielt an einer zukunftsweisenden Birke. Es handelt sich um die Vision vom Ende der Zeiten, von einer bevorstehenden Völker- und Welten­schlacht, welche über kommendes Geschick bestimmen soll. Der Baum ist nicht nur Ort und Mittel­punkt des Schlachtgetümmels, sondern der Zeitpunkt der Schlacht knüpft sich an das Aufwach­sen, Wiederergrünen oder Absterben dieser Birke. Lokalisiert wird sie in West­fa­len, aber auch auf dem Walserfeld bei Salzburg. Auch daran ist die hohe Be­deutung der „Mutter Birke“ im deutsch-germ. Volksglauben abzulesen. Nicht nur im deutschen, skandina­v­ischen, baltischen, sondern im gesamten nordasiatischen Ge­biet ist die Birke eng mit der Religionsgeschichte der einzelnen Völker verwoben. Ei­ni­ge mongolische Stämme ver­ehren die Birke als Weltenbaum. Bei den Chakassen steht die heilige, sieben-ästige Birke auf einem eisernen Berg in der Mitte des Erd­kreises. Die Tataren von Minusinsk huldigen der göttlichen Birke ebenfalls auf einem Gipfel. In Sibirien, wo sich eine lange scha­ma­nistische Tradition bewahren konnte, han­delt es sich häufig um eine Birke, dem „kos­mischen Baum des Schamanismus". Indem der Schamane in Trance die Weltenbirke be­steigt, gewinnt er die nötige Kraft, sich einen Weg zu den Göttern zu bahnen, bei­spiels­weise um die Gesundung eines Kranken zu erbitten.
 
2. - Eberesche - L = (Runenbezug: L - germ. laukaz / laguz / lin, lina / lewa ? - Lauch, Kraut / Lache, Wasser / Lein, Flachs - (Mondgöttin) - Feier: kelt.: Imbolc, Oimele / germ.: Disablot - Anfang Februar) Nach den Listen der Ogam-Bezüge gehört zur L-Rune bzw. zum „L“-Laut luis die Eberesche oder der Lebensbaum. Die Eberesche ist der kelt.-irisch. Göttin Brigit geweiht, die in diesen Tagen ihr großes Fest hat. In Skandinavien soll er der Frigga heilig gewesen sein. In irisch. Sagen trägt der Baum die „Früchte der Unsterblichkeit“. Seine Zweige, so hofft man, brechen jeden bösen Zauber. Engl. Au­to­ren bezeichnen sie als ersten kelt. Hexenbaum, der den Hexen- Zauber­stab lie­fert. Der Baum soll die drei Phasen der Frau und Göttin ver­körpern: Ihre weiße Blüte, die Jung­frau, ihre roten Beeren, die menstruierende reife Frau, ihr schwarzer Stamm, die Greisin. Die Wahrsagerinnen, die altn. Völven oder Valen, benann­te man nach ihrem Aus­rüstungsgegenstand, dem völr oder valu (got. valus), dem „Stab“, der dazu diente, Gewalt über verborgene Mächte zu erlan­gen. Die Völva /Vala führte den Zau­ber­stab, der gleicher­weise die Bezeichnung gandr trug. Man glaubte, dass er den Se­herin­nen und Heilrä­tinnen als Fortbe­we­g­ungs­mittel dienen könne. Der gandreidh ist der „Hexen­ritt“; „renna gön­dum“ heißt: „auf dem Zauberstab reiten“. Das Instru­ment der Seherin Thordis wird in der Vat­nsdöla-Saga als „Glücks­stab“ bezeichnet. In der Saga von Thorfinn Karlsefni findet sich die Be­schreibung einer im 13. Jh. auf  Grön­land beheimateten „weisen Frau“, der Litivölva Thorb­jörg („kleine Wahrsagerin“). Der Text lautet: „In der Hand trug sie einen Stab mit einem Knopf daran, der war mit Messing beschlagen und oben um den Knopf herum mit Steinen besetzt.“ Die Gam­bara galt entsprechend der lan­go­bard. Auswanderungssage als Mutter der beiden Führer Ibor/Ebbo und Ajo/­Aggo. Ihr Name aus Gand-bera bedeu­tet „Stabträ­gerin“ und weist sie als Seherin und Pries­terin aus - was die Legende be­stätigen moch­te, nach der sie es war, die den Sieg über die Wandalen bei der Mut­ter­göttin Freija er­wirk­te und voraussagte.
 
3. - Erle - F = (Runenbezug: F - germ. fehu - Vieh / Besitz / Habe / Geld - Ende November) Die kelt. Ogam-Deutung des Buchstabens „F“ ist fearn, die Erle (Rot-/Schwarzerle). Erlen sind mit ihren regelmäßig angeordneten waagerechten Ästen, mächtige Pflan­zen von bis zu 25 m Wuchshöhe. Oft sind es die wichtigsten Bäume in Auwäldern, entlang von Bä­ch­en und Flüssen; wobei sie durch ihre Wurzeln für eine Festigkeit des Ufers sor­gen. Gern stehen sie in moorigen, nebeligen, unheimlich-düste­ren Ge­gen­den, die Anlass für Ge­spenstergeschichten liefern mit Hexen, bösen Gei­stern, Nebel­feen, A­l­fen/El­fen; das altdän. Wort Ellerkonge bedeuetet beides: Elfen- und Erlen­kö­nig. Im durch Uhland und Herder übersetzten altdän. Kjämpe-Viser („Helden­weise“) von „Herr Oluf“ bestraft die abgewiesene „Erlkönigs Tochter“ den nächtlichen Reiter mit dem Tod. Frisch ge­schlagenes Erlenholz läuft an der Schnittstelle sofort blutrot an, worauf sich die Volks­weisheit be­zieht: „Erlenholz und rotes Haar, sind auf gutem Grunde rar“, in der die Haarfarbe der Hexen und Erlgeister mit der Holzverfärbung in Verbindung ge­bracht wird. Die Erle pflegt also enge, gute Verbindung zum Wasser; ihr gelb­rotes Holz wird unter Feuchtig­keits­einwirkung mit den Jahren zwar schwarz doch immer härter. Wegen dieser Eigen­schaft wurde es im Schiffsbau sowie für die Her­stellung von Was­ser­fäh­ren und Was­serbauten verwendet. In der Medizin leistete die Erle bei Fieber und Erkältungskrankheiten gute Dienste. Ihr irischer poetischer Name lautet „Hüter der Milch“. Molkereigefäße, auch Brunnen­röhren fertigte man gern aus Erlenholz. In der Rahmen der Vieh-Rune passt, dass dem Baum eine mythische Verbin­dung zur weißen Mondkuh, „die Milch in Strömen gibt“, nachgesagt wurde. Der Aberglaube meinte: Erlenzweige/-kränze schützen vor Feuersbrünsten, oder ersticken jede Flamme. Damit trächtige Kühe ihr Junges gut zur Welt bringen können, sollen 9 von den männlichen Fruchtzäpfchen/-Kätzchen verabreicht werden. Dies soll den Geburtsvorgang wesentlich erleichtern und ver­kür­zen.
 
4. - Weide - S = (Runenbezug: germ. sauil, sowilo; altn. sol - Sonne / Sonnengott - Mitte April) Das kelt. Baumalphabet rechnet dem „S“ suil, saile, seileach,die Weide zu. Wieder erleben wir mythologische und brauchtumsmäßige Übereinstimmung: Der Tod des „Verräters Judas“ / Teufels / Lokis gehört in dens-Kalenderraum. Er soll sich nach Volks­meinung an einer Weide erhängt haben. (Heinrich Marzell, Pflanzen im Volks­leben, 1925, S.44f) Ihm, dem Dunklen, dem Gegenspieler des Lichtes, wurde demnach die Weide zum verhängnisvollen Todesbaum. Ein christl. Brauch, sog. „Palm­weihe“, unter Verwendung von Weidenzweigen, ist seit dem 8. Jh. im Abend­land nach­weisbar; der „Salweiden­son­ntag“ repräsentiert sich als österliche Vorfeier. Der Baum galt im christl. Mittelalter als Symbol für das „Ge­setz Got­tes" und den „Sohn Gottes" (Christus), so dürfen wir sicher sein, dass er schon in heidn. Zeit dem Son­n­en- und Wachstums­geist nahe­stand bzw. als wachs­tumsfördernd und unheil­abwen­dend galt. Vielleicht des­halb, weil man dem Baum beliebig viele Zweige ab­schneiden kann, ohne ihm zu schaden. Nach griech. Mythos erblickte die Zeus-Gemahlin Hera unter einer Weide das Licht der Welt. Auch galt auch der universalen Todesgöttin Hekate-Hel die Salwei­de als heilig. Die griech. Begriffe helike („Weide“), helios  („Sonne“) und helix  („Wendel“), sprech­en für ihre mythische Verwandtschaft. Dass die Weide eindeutig dem Son­nen­­kult angehört, geht aus der Notiz her­vor, dass sie auch dem ägypt. Osiris heilig gegolten ha­be; sie beschattet seinen Sarg, wäh­rend seine Seele als Phoenix  auf ihr weilt. Phö­nix ist der griech. Name für Benu (von ub­en „leuchten / aufgehen"), dem heiligen Vo­gel des ägypt. Sonnenkultes von Helio­po­lis („Sonnenstadt“). Er wurde als Verkör­pe­rung des Son­nengottes Re verehrt und ist ein Symbol der ewig-unsterb­lich­en Er­neuerung, Auferstehung und Wiedergeburt. Er galt als Ba (Seele) Re‘s und als Er­schein­ungs­form des Osiris. Man dachte ihn sitz­end auf den Ben-ben-Steinen (Obe­lisken) oder eben auf dem heiligen Weidenbaum wohnend. Phoenix verbrennt sich selbst in sei­nem Nest, um aus der Asche neuge­bo­ren em­porzu­stei­gen -, ein Bild der aus flammender Morgenröte empor­stei­gen­den Sonne. So war er nach griech. Mythen­­über­lieferung ein Symbol des sich durch den Flammentod erneu­ern­den Lebens, wovon schon der griech. Historiker Herodot (484-402 v.0) be­rich­tete. Dieser tröstliche Hof­fnungs­ge­dan­ken lag aber auch jeder germ. Toten­ver­bren­nung zu Grunde: Über die nur scheinbar verzehren­den Flammen gelangen die Seelen in die Hei­­mat des jen­sei­tigen Son­nen­feuers zur Neugeburt.
 
5. - Esche - N = (Runenbezug: N - germ. naudiz - Bedeutung:  Zwang / Notwendigkeit / Notfeuerdrehung - Mitte Juli) Das Kelten-Ogam erklärt den Buchstaben N mit nion, der Esche. Sie ist über fast ganz Europa bis zum Kaukasus und Kleinasien verbreitet. Ihr lat. Name Fraxinus  kommt vom griech. Wort Phraxis („Zaun“), während lat. excelsus („hervorragend“) wohl die Stat­tlichkeit ihres Höhenwachstums meint (bis zu 30/40 m). Sie zählt damit zu den höchs­ten Laubbäumen Mitteleuropas. Der Baum kann ca. 1,70 m stark und etwa 250 Jahre alt werden. Sie blüht kurz vor Laubaustrieb im April/Mai. Die Esche hat vielfache myt­hische Beziehungen: In eddischer Völuspa entsteht aus ihrem Holz Askr, der erste Mann; wie auch schon der Grieche  Hesiod berichtet, dass Zeus das dritte, eherne Men­schengeschlecht, aus Eschen erschaffte. Sicher ist die Esche im germ. Spät­heidentum auch als Weltenbaum verklärt worden. Jedenfalls spielt sie im abergläu­bi­sch­en Volksbrauchtum eine bedeutenden Rolle: Unter ihr sollen die Hexen wohnen oder Zu­sammenkünfte abhalten; die Trud setzt sich mit Vorliebe auf sie. Doch hervor­ste­ch­end ist die Schutzwirkung der Esche: der Rauch ihrer angezündeten Blätter soll Schlangen vertreiben, die Rinde hält frei von Ungeziefer, dem Vieh gegeben hülfe sie das ganze Jahr über; der Baum galt ganz allgemein als gift­wi­d­rig. Den Slowaken hält ein Eschen­stock böse Geister, Ge­spenster Kobolde und Hexen zurück. Auch Franzosen und Eng­länder kennen Rezepturen mit Einbeziehung der Esche gegen mancherlei Krankhei­ten. Die Slowen­en steck­ten am Johannistag einen Esch­enzweig auf den Acker, die Spa­nier hängen zur gleichen Zeit glückbringende Zweige im Hause auf. In der Sympathie­me­dizien ist die Esche das berühmte blutstillende Wund­holz; an gewissen Tagen soll es für diesen Zweck geschni­t­ten werden, z.B.: Johanni (24. Juni), Peter-Paul­stag (26. Juni), Ja­kobstag (25. Juli). In brit. Folklore gilt die Esche sogar als „Baum der Wie­der­ge­burt“. Als vornehmlich Unheil abwehrend, fügt sie sich gut in die Charakteristik der 15. Rune ein.
 
6. - Weißdorn - Y (?) = Ein lautlicher Runenbezug ist nicht vorhanden.
 
7. - Eiche - D = (Runenbegriff: germ. dagaz - Tag / Tagvater - Ur-Himmelsgott - Anfang Januar) Im kelt. Ogam-Alphabet wird dem „D“ der Begriff duir („Eiche“) angehängt (griech. dro­u­is). Dieser Baum war dem höchsten Gott zueigen, deshalb den indogerm. Him­mels- bzw. Gewittergöttern geweiht: kelt. Gott Dagda, germ. Donar, griech. Dios-Zeus, röm. Jup­iter, pruzz. Perkunas, slaw. Perun. Den Altpreußen galt er als kräftige Gestalt mit kupfer­ro­tem Bart, der sich von einem Ziegenbock über den himmlischen Steinhügel ziehen ließ und so das Donnergepolter verursachte, der seine Axt zur Fruchtbarkeit der Fel­der warf, ein Befruchter und Reiniger der Erde, dessen Baum die Eiche war -; also ein recht genaues Abbild des germ. Donar/Thor.
 
Bereits Homer (Ilias 5.692-3.) erwähnt die sich in Troja befindliche, dem Zeus heilige Eiche. Dodona ist als Zeus-Heiligtum seit dem 8. J.h. v.0 durch literarische Über­lie­ferung und archäologisches Fundmaterial (zahlreichen Votive) belegt. Auch das kelt. Bildnis des Zeus war eine hohe Eiche, wie Maximus Tyrius berichtet. Nach Plinius brachten die Drui­den ihre Opfer in Eich­en­hainen dar, die Eiche sei Kelten wie Grie­chen Wohnstatt des höch­sten Gottes. Ovid erzählt von den Eicheln, die von Jupiters weitaus­ladender Eiche stammen. Schon der röm. Staatsgründer Romulus legte die Kriegs­tro­phäen auf dem Ka­pitol am heiligsten Ort, am Fuße einer Eiche nieder, wo später der Jupiter Fere­trius seinen Tempel erhielt (T. Livius, Röm.-Gesch., I-III). Von den Bulgaren ist die Sitte überliefert, dass sie in Ermangelung einer Kirche, unter Eichen den Gottes­dienst ab­hiel­ten. Doch wurde die Verehrung des Baumes durch die christl. Natur­feindlichkeit zumeist radikal beendet. Die ersten christl. Kaiser Roms verboten die Baumverehrung. Fanatiker zer­stör­ten daraufhin neben Tempeln, Götter­bildern, heiligen Stätten, auch geweihte Bäume. Augus­tinus (354-430) drohte in einer seiner Schriften: „Wer irgendwo auf seinem Acker oder seinem Gehöfte oder neben demselben, etwa Bäume, Altäre oder sonstige Weiheorte besitzt [...] und solche nicht vernichtet oder nicht diesem unheiligen Treiben wehrt, der wird sich der Teil­nahme an solchen Sakrilegien schuldig machen." (Augustinus, sermo CCXLI.). Die Zeus­eiche von Dodona wurde i.J. 391 von einem Illyrer gefällt; das altdt. Baum­heiligtum, die mächtige „Donareiche bei Geis­mar“, hat der christl. Enthusiast und päpstliche Parteigänger Bon­ifatius i.J. 724 unter fränkischem Schutz umhauen las­sen. Zwar traf ihn daraufhin kein un­mittelbarer Racheblitz, doch die Summe seiner Frevel­taten, heid­nischen Heilig­tümern gegenüber, führte dazu, dass er i.J. 754 als vogel­frei­er, räudiger Hund von den Friesen erschlagen wurde. Die Blütezeit der Eiche in Mittel­europa liegt auf Mitte bis Ende April, also im D-Ru­nen-Zeit­raum. Die gewal­ti­g­en, bis zu 20 Meter hochwachsenden, bis ca. 700 Jahre alt werdenden Bäume, gehörten mit den Ulmen zu den ersten die nach der Eiszeit die mitteleu­rop. Wäl­der aufbauten. Da ihr Holz als un­verwes­lich galt, sah man ihnen noch im Mittelalter Sym­bole der Unsterblichkeit. Auch als Heilmittel verstand man den Baum des Him­melsvaters; so­wohl in der Schu­le des Hippokrates (460-337 v.0), auch Dios­curides (1.Jh.n.0) lehrte in seinem 500 Pflanzen umfas­senden Werk „De Materia Media” die Wirkung des Ei­chen­baumes. Der Arzt und Pflan­zenforscher Hieronymus Bock schrieb in sei­nem 1539 erschienen Kräuter­buch: „So jemand von einm gifftigen Thier oder Wurm ge­stochen were, der trincke gepül­vert Eicheln.“
 
8. - Stechpalme - T = (Runenbezug: T - germ. tiwaz / teiwatz / Tiu / Ziu / Tir / Tyr / Zeus / Jupiter / Mars  / Himmelsvater - Anfang April) Das kelt. Ogam weist dem Buchstaben „T“ tinne / teine („immergrüne Stecheiche /  Stechholder“) zu. Kleine rahmweiße Blüten erscheinen im Frühjahr von Mai-Juni. Die Bedeutung von teine („Brand / Feuer“) erklärt sich durch das Fruchtkleid der Pflanze, das ab September-Oktober in leuchtendem Rot ihres Beerenbesatzes, der bis zu 300 Jahre alten und bis zu 10 m hohen mitteleurop. Pflanze, erscheint. Der Gattungs­na­me Ilex ist möglicherweise von der Steineiche (Quercus ilex) abgeleitet oder er ent­stand über das kelt. Wort ic oder ac für Spitze. Einstmals galt sie als Zauber abweh­rend. Dazu der Frank­furter Stadt­physikus Adam Lo­nitzer (1528-1586) in seinem 1557 erschienenen Kräu­terbuch: „Der gemeine Mann glaubt, daß die geweihete Zweige dieses Baumes über die Thür gelegt, daß Hauß vor dem Don­ner bewahren soll." In England werden Holly-Zweige traditionell zu Weihnachten aufgestellt. Bei dem sehr altertümlichen, heidnisch anmutenden Oberstdorfer „Wilde-Männle-Tanz“, der seit einer Pestepidemie im Jah­re 1648 regelmäßig aufgeführt wird, tragen die 12 Dar­steller Gewänder aus Tannen­bart genäht (Moosflechte, die nur an Tannen wie Fich­ten in höheren Gebirgslagen vorkommt). Auf dem Kopf tragen sie einen kronen­ar­tigen Kranz aus Stech­holder­blät­tern, um die Hüfte einen Gürtel aus geflochtenen jungen Tannen­zweigen. Neben verschiedenen mittelalterlichen Bildern ist wohl die beste Beschrei­bung des Brauch­tumstanzes im Jagd- und Reisetagebuch des Fürst­bischofs von Augsburg, zugleich Kurfürst von Trier, Clemens Wenzeslaus, zu finden (Münchner Staats­archiv). Man ist nicht sicher, die Kel­ten könnten auch die Ilexblättrige Steineiche (Quercus ilex) gemeint haben. „Unter allen Bäumen des Waldes ge­bührt der Stein­eiche die Krone“, so sin­gen kelt. Lieder. Dieser große typisch mediterrane Baum wird bis zu 20-25 m hoch. Pli­nius kannte im Vatikan (1. Jh. n.0) die älteste Steineiche von Rom, die mit einer etrus­kischen Inschrift aus Bronze versehen war. Albert Camus erwähnt eine Steineiche an der Rhone-Mündung, die 1913 einen Umfang von 6,15 m hatte und eine der seltenen über­lebenden Steineichen der Druidenwälder gewesen sein soll. An der Mosel wurden die Holzfässer für die Weinlagerung ausschließlich im Fuder­format verwendet. Diese wurden von den Küfern aus dt. Steineichen herge­stellt.
 
Unsere T-Rune wurde in altn. Tradition tyr und deus (altn. u. lat. „Gott“) bezeichnet, in der ags. tir und do­mi­­nus („Herrscher“). In dt. Runenreihe des Hrabanus Maurus und Wie­ner Codex 64 erscheint das Zeichen als tac und dies (altn. u. lat. „Tag“) und im St. Galler Codex 270 ti (ohne Er­klärung). Daraus wird neben der lautlichen auch die sinngemäße Verwandtschaft von „D“ und „T“ ersichtlich, die im ODING-Zeitkreis in Gestalt des 2. und 8. Sinnbildes des gleichen Him­melsgottes erscheinen. Das kelt. Ogom ordnet dem „D“ duir / dara  („Ei­che“) und dem „T“ tinne / teine („Stecheiche“ oder „Steineiche“) zu; das mit „T“ anlautende kelt. tann war aber überhaupt ein Wort für „Heiliger Baum“. Beide Anlaute vermochten im Keltischen die/den höchsten Göt­­ter/Gott mit entsprechenden Baumzuordungen kennzeichnen. Plinius sagte, die Eiche sei Kelten wie Griechen Wohnstatt des höchsten Gottes. Der höchste Kelten­gott war Dag­da („guter Gott“), der den Beinamen Ollathir /Ollatheir („All­vater“) eben­so führte wie der wohl identische gallische Jupiter/Mars Teutates („göttli­cher Stam­mes­vater“), der dritte wäre Taran, der kelt. Him­mels- und Don­ner­gott. Auch dem röm. Gott Mar-ti („Glanz-ti“) war die Eiche ebenso wie dem Jupiter heilig, berichtet Sueton in der Kaiserbiographie des Vespasian. Der Zeitraum März-April galt dem Heidentum - wie es sich auch im ODING niedergeschlagen hat - als eine besondere Kultphase des Himmelsgottes (Rune T). Das findet Ausdruck auch darin, dass Böh­men/­­­Tsche­ch­en den April Eichen­monat („duben“) nennen.

9. - Haselnussbaum - C/K = (Runenbezug: K - germ. kenaz /kaunan / kano - Kienfackel / Krankheit / Kahn - / Herbstgöttin ? - Herbstgleiche) Das kelt. Ogam stellt zum „K“-Laut coll („Hasel“), die den zauberischen Bäu­men der Hexen zugehört. Diese vermögen sich zwischen Holz und Rinde zu ver­bergen. In Volkslied und Spruchgut heißt sie „Frau Hasel“. Aus ihrem Holz ist die gegabelte Wün­­­schelrute / Heberute des Rutengehers geschnitten, die sich den unterirdischen Schätzen, Metalladern und Wasserquellen zuneigt. Haselstäbe sollen behilflich sein zur Erhe­bung der Toten. (A. Ritter v. Perger, Deutsche Pflanzensagen, 1804, S.241f) In germ. Gräbern fand man Schalen mit Haselnüssen; Alemannengräbern wiesen Hasel­zwei­ge auf, was vermuten lässt, sie hätten mit Wiedergeburts­hoffnungen in Be­zieh­ung ge­standen. Die Hasel galt als weiblicher Schutz- und Machtbaum. Ihre Nuss ist ein Sinnbild des scheintoten, ins Erdengrab gesunkenen, trotzdem frucht­bar­en, unver­lier­bar-unsterblichen Lebens. Der christl. Mystikerin Hildegard von Bingen erschien, in typisch christl. Überspitzung, die Haselnuss deshalb gleich zum „Sinnbild der Wol­lust“. Im Volksbrauchtum aber schenkte man die ersten Baum- oder Strauchnüsse (Wal- und Haselnüsse) wenn sie reif waren, den Kindern am 15. August (Großer Frauentag - Mariä Himmelfahrt) als „Ma­ri­ennüsse“. Die Nähe des Baumes zur Göttin zeigt ein Mär­chen der Ge­brü­der Grimm; es heißt: „Die Haselrute“. Es erzählt, wie die christl. Gottesmutter im Walde von einer Nat­ter be­droht und ver­folgt wird. Sie birgt sich hinter der Hasel­staude und spricht, als sich die Schla­n­­ge wieder verkro­chen hat: „Wie die Hasel­staude diesmal mein Schutz gewe­sen ist, so soll sie es auch in Zu­kunft andern Men­schen sein.“ Ha­selbüsche und -ru­ten be­wah­ren nach dem Volks­­glauben vor Kobolden, bösem Zau­­ber, Blitzschlag und be­son­ders vor Schlangen. Im Grimm-Märchen vom Aschen­puttel wird der auf das Grab der Mutter gepflanzte Haselzweig zum glückbringenden Baum, durch den die Verstor­bene weiterhin ihre mütterlich schützenden Arme über dem Wai­­­senkind ausbreitet. Da offenbaren sich Vorstellungswelten, die sich allein aus dem heidn. Gedankengut der Herbstgöttin bewahrt haben können.
 
10. - Apfelbaum - Q/P = (Runenbezug: germ. pertho, kelt. Göttin Perta / germ. Perchta - Liebesgöttin / kelt. qeirt : „Apfelbaum“ - lat.: Malus sylvestris - kelt. querta /pertra: Göttin; es gab Wechsel von q- zu p-Lauten - Kessel, Schale / Quelle - geöffneter Erdmutterschoß - Mitte Mai) Das ags. Runenlied stellt zur P-, Peorth-Rune, die Begriffe „Tanz und Lachen“. Im iri­schen Ogam-Baumalphabet, erscheint das Wort lautlich richtig als quert / qeirt mit der Bedeutung „Apfelbaum“. Im Inselkeltischen, dem Gälischen und  Brythonischen  fanden unterschiedliche Wechsel zwischen q-Lauten und p-Lauten statt. Mythologien gibt es die mag­ischen Äpfel der Unsterblichkeit, die Tod und Wiedergeburt sym­bolisieren. In der Regel ist es die Göttin, die diese Äpfel einem Mann, Helden, Ahnen oder Gott ver­leiht. Zur liebreizenden Venus gehörten die Attribute: Schönheit, Taube, Spiegel und der Apfel. Die Attribute der griech. Hera waren Granatapfel, Szepter, Opfer­scha­le und der Pfau. In enger Sinnverwobenheit befindet sich die Gesamt­er­scheinung die­ser mut­ter­göttli­chen Wesenheit mit Apfel und Apfel­baum, dem uralten Symbol für Frucht­barkeit und wuchs fern am westlichen Rand der Erde, wo die Sonne untergeht, der Apfelbaum mit den goldenen Früchten deren Genuss ewige Jugend und Unsterb­lichkeit schen­kten. Er war ein Hochzeitsgeschenk der Terra Mater, der Erdgöttin Gaia an Juno (Hera), die Gattin des Jupiter (Zeus). Ge­mein­sam mit dem Drachen Ladon  bewa­chten Nym­p­hen, die Hesperiden („die Abend­­lichen“) diese erlese­nen Früchte. Es handelt sich unverkennbar um ein jensei­tiges Land. Auch die Insel Avalon, das altkelt. Heiligtum, ist als „Garten der Äpfel“ zu verste­hen (korn. Av­al­len : „Apfelbaum“); der berühmte Legendenkönig Artus soll dort seine letzte Ruhe­stätte gefunden haben. Auf den etruskischen Denk­mälern erscheint immer wieder die Liebesgöttin mit den Attributen Apfel und brünstiger Taube. Doch kennt man bereits eine sumer. Keilschriftstelle - die Inannas Gang zum Weisheitsgott Enki beschreibt - in der es zu Beginn heißt: „Als sie sich an den Apfelbaum lehnte, war ihre Vulva wun­derschön anzusehen. Die junge Inanna jauchzte über ihre wun­der­volle Vulva und be­glückwünschte sich selbst zu ihrer Schönheit.“ Liebe, Zeugung und Fortpflanzung gewährleisten den Bestand des Seins - auch aus einer höheren, vergeistigten Sicht-, so wurde die „Apfelverspeisung“ ein Gleichnis für „ewi­ges Le­ben“. Schon im olympi­schen Kult der Griechen galten die Äpfel als Symbole der Unsterblichkeit. (vgl. die 515/510 v.0 entstandene Schale des Oltos - Arias-Hirmer Taf. 101-104) Ebenso be­dürfen die altn. Gottheiten der Edda der von Göttin Idun gehüteten Äpfel, um sich immer aufs neue zu verjüngen (Gylf. 26). Hiervon beein­flusst, gaben die alten Norweger ihren Toten Äpfel mit ins Grab.Idun heißt „Verjün­gende / Erneuernde“, sie verwahrt in ihrer „Truhe“ die Äpfel des nicht alternden Lebens. Aus ihr heraus, aus ihrem Schoße, dem „Apfelbaum“, gebiert die Le­bens­mutter unsere Nahrung für Göt­ter und Men­schen; deshalb bietet sie in un­zäh­ligen roma­nisch-keltisch-germa­nischen Bild­werken, z.B. Kleinterrakotten, das uns allen zur Bedienung an.71 Die­ses „Körb­chen“ ist, gleich Liebe. Nach griech. Mythos dem Füllhorn und dem Kessel, das „auf­nehmende“, zu Liebe und Lust verlockende, eben­so das „spen­dende“, den Le­bens­erhalt sichernde Zen­trum jeglicher Frau und Göttin. In der altn. Geschichte von den Völsungen, hat das Stammelternpaar des Ge­schlechts lange keinen Nachwuchs, bis „Frigg ihre Bitte erhörte...“. Eine Wunschmaid Odins erhielt den göttlichen Apfel der Fruchtbarkeit, den brachte sie dem König, der gab seiner Frau davon zu essen und bald darauf fühlte diese, „dass sie mit einem Kinde ging“. Nur folgerichtig ist, wenn dann auch die „Äpfel Hels“, also der Todesgöttin Früchte, den Tod bedeuten (THB 8,S.317).Frucht- / Äpfel­körb­chen, auf ihrem Schoße lie­gend. Dabei mag auch ein lateinisches Wortspiel wichtig gewesen sein. Aus malum = Apfel und malum = Übel, wurde das Sprichwort: „ex malo malum“: „vom Apfel kommt das Übel". So wurde der Apfel zum Symbol jener unsäglichern „Erbsünde“, die erst durch den vermeintlichen Opfertod des christl. Kunstgottes getilgt sei. 
   
11. - Rebe/Wein - M = (Runenbezug: germ. mannaz / mannus - Urmensch / Stammvater / Totenherr - Mitte Februar) Tiefsinnig wird das „M“ der Mannus-Rune vom kelt. Ogam als muin („Wein­stock“) ge­deutet, je­nem Sinnbild des Geistigen und des Jenseitslebens, wie es in den griech. Mysterien des Dionysos, des Gottes der Ekstase - des Aus-sich-Heraus­tretens - und des gleichzeitigen Gottes der Toten­geister, genutzt wurde. Plutarch sagte, der Wein löse das Knechtische, Ängstliche, Unaufrichtige von der Seele ab und lehre die Men­schen wahrhaftig und freimütig gegeneinander zu sein. So bringt er sie näher zu ihr­em Innersten. Der Wein hat dazu die Kraft die unwilligsten Geliebten für die Liebe zu überwin­den. Auch Übermut, Gewalt und Wahnsinn liegen in diesem Getränk. Denn der Wein läßt den Menschen alles vergessen, was er gelernt hat, es bleibt nur noch der Urgrund des Lebens übrig, die Instinkte. So gilt der Wein als jenes geistig-dio­ny­sische „Blut der Er­de“. Das synkretistische Phillipus-Evangelium (NHC II,3, Spruch 100) hat diesen alten Mythos im Sinne der Gnosis verinnerlicht: „Der Kelch des Ge­be­tes enthält Wein, enthält Wasser, das als Sinnbild des Blutes dient, über dem ge­dankt wird. Und er ist gefüllt mit dem Heiligen Geist, und er gehört ganz dem voll­kom­­­men­en Menschen. Wenn wir diesen trinken, werden wir für uns den vollkom­menen Men­schen empfan­gen.“ In der manichäischen Mythologie ist die Seele ein Teil des Ur­men­schen (Rune M) und damit der Lichtwelt, sie wird in den erhalte­nen Psalmen aufge­rufen sich ihrer wahren Heimat zu erinnern und aus den Banden der finsteren Matrie zu retten; z.B. (MPB 181): „Du bist der Wein­stock, der mit den fünf Reben“, oder (MPB 181,19ff): „Oh Se­ele, woher stammst du? Du stammst aus der Höhe. [...] Du hast deinen wah­ren Va­ter, deine wahre Mut­ter. [...] Du bist der Weinstock, der mit den fünf Reben, die du wirst zur Speise der Götter.“ Nach ind. Auffassung gehen bekanntlich die Seelen nach dem Tode in den Mond und werden dort die Speise der Götter, d.h., sie  gehen ins Göttliche ein. Der Manichäismus ist zwar eine Schöpfung seines Grün­ders Mani (216–276/77), doch nahm er seine Hauptmotive aus dem Zorastrismus und benutzte nur opportunistisch-propagan­distisch auch judäochristl. Metaphern. Die Bef­reiung der menschlichen Se­ele aus den Banden der finsteren Materie, durch den Urmen­sch­en/Er­löser (ind. Purusha) ist das zentrale Thema.Noch in eddischer Sinn­bildsprache ist Wein die ein­zige Nahr­ung, welche Odin, der germ. Seelen­geistgott, zu sich nimmt (Grim. 18).
 
12. - Efeu - G = (Runenbezug: G - germ. gebo / Gabe / Übereinkunft /„Geben und Nehmen“ / Feier:  altn.: Haust­blót  (Herbst-Erntedank / -gabenfeier / Ende August / September-Anfang) Das kelt. Ogam stellt zum „G“-Laut gort, die Efeu-Pflanze. Jetzt erst, oder in noch späterer Jahreszeit, erscheinen ihre kleinen grünlichweißen Blütendolden. Das Er­haltenbleiben der Efeublätter im Winter lässt ihn zum Symbol für Leben, ewiges Le­ben, Unsterb­lichkeit, Unver­gänglichkeit und Wiedergeburt werden. Das Bildgleichnis der immer­grünen Efeublätter fand in ihrer Herz­form sehr wohl Beachtung. Der griech. herbstlich-winterliche Vege­ta­tions-, Mysterien- und Wein­gott Dio­nysos (röm. Bacchus; auch dem ägypt. Osiris gleichgestellt) wurde als alter Mann mit Bart, später als jugendlicher Gott dargestellt. Sein Sym­bol war zum einen der Tyros, ein mit Efeu und Weinlaub geschmückter Stab, zum an­deren der Phallus. So wurden seine Attribute (Weinlaub und Efeu) mehr und mehr zum Symbol des Herbstes. Otto Brunfels, Verfasser des „Contrafayt Kreu­ter­­buches“ (1532) schrieb: „Efeu [...] in so großen Ehren bei den Alten gewest, daß sie auch die fürnemsten Kronen daraus machten.“ Wegen seinem engen, beharrlichen Anschmiegen und Empor­ranken an die von ihm erfassbaren Bäume, war der Efeu auch ein Sinn­bild der Ge­selligkeit, Freundschaft, Liebe (Liebesorakel mit Efeukränzen) und Treue. Goethe preist ihn darum als Treu­e­sinnbild mit den Worten: „Da, wo der Efeu einmal sich / hat ange­schmiegt so inniglich, / da trennt nicht Frost noch Sturm ihn ab, / die­selbe Stelle wird sein Grab. / So ist auch treuer Liebe Sinn.“ Eine unmittelbare Verbindung im zeitgerechten Brauchtum von Kornschnitt und Efeu finden wir in England. Dort wurde die letzte Ähre des Feldes mit Efeu verflochten, das Gebilde nannte man „Efeumädchen“. Jener Bauer, der als letzter seine Ernte einbrachte, erhielt zur Strafe das Efeumädchen, welches Unglück symbolisierte bis zur nächsten Ernte. Da Efeu ein Zeichen der Wachstumskräfte und Überwindung des Todes war, scheint der Sinn dieses Beschwörungsritus nicht schwer zu erraten: der geerntete, getötete Korngeist möge in verjüngter Kraft wieder auferstehen.
 
13. - Farn/Ried - NG = (Runenbezug: NG bzw. ING / kein Anfangslaut, nicht akrostichisch - Ingo-Frô / Ingu-Frej / Ingvi-Freyr - Sonnen-Fruchtbarkeitsgott - Mitte Januar) Das kelt. Buchstabensystem erklärt den „NG“-Laut durch Ngetal („Ried / Schilf“), dem größten der Gräser, das Symbol für „fruchtbares Grün“. Im Magna Mater Kult (15. bis 27. März) bzw. dem des Fruchtbar­keits­got­tes­ Attis, erinnerten am 15. März die Schilfträger in einer Prozession an die Auffin­dung des Knaben am kleinasiatischen Fluß Sangarius und der Archigallus (Oberpriester) opferte einen Stier, um die Fruchtbarkeit für die neubestellten Felder zu erbitten. Dann folgten sieben Fasttage; bei Frühlingsbeginn begannen die eigentlichen Feierlichkeiten: Am 23.März brachten die Priester eine in Binden gewickelte Pinie, den Leichnam des Attis, auf den Palatin, um tags darauf dessen Leichenfeierlichkeiten zu begehen. Nach weiterem Fasten und der nächtlichen Totenklage verkündete am nächsten Tag der Oberpriester die Auferstehung des Attis, worauf ein rauschendes Fest, die Besiegung des Winters, gefeiert wurde. Der 26. März war der requietio, der Erholung, gewidmet, um am 27. März in feierlicher Prozession das Standbild der Kybele zum Bach Almo, einem Nebenfluß des Tiber, zu bringen, wo die lavatio, die Reinigung der Göttin stattfand. Als Gegenleistung erwartete man Regen, um das Wachstum der Felder zu fördern.

14. - Schwarzdorn - St (?) = Keine lautliche Runenentsprechung.
 
15. - Holunder - R = (Runenbezug: R - germ. raido - Wagen / Ritt / Fahrt  - Radgott ? - Reiden - totenkultische Rennwagenspiele - September / Oktober) Die kelt. Ogam-Reihe fügt zum Buchstaben „R“ ruis, den Holunder (dt. Holder / Hol­ler­­busch/ Eiderbaum / Huskolder / Flieder / Eller / Ellhorn; engl. Elder; dän. Hyld). Der schon stein­zeit­li­che Urbewohner unseres Landes kann beachtliche 3 bis 10 Meter hoch werden. Die Blü­tezeit liegt auf Juni-Juli, Frucht­­­reife im Runen­zeit­raum: Sept.-Okt. Der Name geht auf hold (ahd. „gnädig / treu") zurück; auch Holdo („Geist"). Die „guoten Holden" sind die Hausgeister, der „Unhold" da­gegen der unge­liebte Geist. Da der Legende nach der Holunder Wohnsitz be­schützender Mächte ist - eben auch der „Hof- und Hausgötter" - pflanzte man ihn gern in die Nä­he seines Hauses oder der Stallungen. In Deutsch­land gehört Frau Holle / Holda zu den Holun­dergeistern, in Dä­ne­mark ist es die Hylle­frao / Hylldemoer, die in ihm wohnt; in der nordischen Sagenwelt zieht auch die Göttin Freya in einen Holunderstrauch ein. In Schweden erzählten die Alten, der Holunder­, der Elfenbaum, sei das „Tor zur Un­terwelt“; der Elfenkönig mitsamt seinem Hofstaat, würde zu ge­ge­bener Zeit unter ihm residieren. Folglich rechnen die Skandi­navier den Baum der Un­ter­weltsherrin Hel zu; von der die dt. Holle nicht weit entfernt sein kann, findet doch im Grimm-Märchen die „Goldmarie“ über den Brunnenschacht den Eingang zur Unter- und Anderswelt der Göttin. Das hat antike Tradition: Er war der Nachtschwär­merin Hekate / Dia­na / Artemis hei­lig (Orph. arg. 953). In irischen Sagen reiten die Hexen bei ihrem Nacht­schwärmen auf Hol­understäben. Überhaupt sollen Hexen für ihre Zauberstäbe Holunderholz bevor­zugen, wovon auf den Gebrauch durch die heidn. Heilrätinnen geschlossen werden darf. Als gefährlich galt es, eine Wiege mit seinen Zweigen zu zieren: Der Schmuck sollte ein Zei­chen für die Elfen sein, dass sie das Kind mitnehmen können. Nicht nur nach alten nord­germ., auch nach slaw. Zeugnis­sen wohnen unter ihm die Unterirdischen. Für die alten Preu­s­sen haust dort der Er­den­gott Pusch­ka­itis, dem man Brot und Bier opferte. Vom Blitz, sagt man, kann ein Ho­lunder nicht ge­troffen werden. Überraschend, wie sich die Pflanze ins mythi­sche Bild der Ru­ne ein­­fügt. So wie der Himmels­gott zwei Seiten hat (Rune D = Doppelaxt), wie er im Jahres­lauf als Auf­steigender-Heller (Rune T) und als Absteigender-Dunkler (Rune R) prä­sent ist, so blüht der Holunder weiß, aber die Beeren reifen schwarz - er ist hei­lend, aber auch giftig. Der Baum war so geachtet, dass man in Tirol vor je­dem Ho­lunderbaum den Hut zog. In Haan/Rhein­land sagten die al­ten Leute: „Wenn me langes nen Flierenboum köm­mt, sah me nit vergeten, die Kapp aftedonn !“ Die Blüten durften nicht mit Füßen ge­treten werden, an manchen Or­ten des Rheinlandes ver­mied man daher, sie bei der Fronleich­nams­prozession zum Streuen zu verwenden. Bis in die Neuzeit galt der schwar­ze Hol­under als „heiliger Baum" und niemand hätte es gewagt, ihn umzu­hack­en oder nur zu beschädigen, weil dies - so glaubte man - für den Täter innerhalb drei­er Tage den Tod bedeutet hätte; mithin erscheint als Lebensbaum. Wollte man Blät­ter / Blü­ten pflücken, bat man den Strauch erst um Erlaubnis, damit man ihn nicht verär­gerte und er da­durch seine Heilkraft verlor. Von schlesischem Brauch wird be­richtet: ,,Bevor man etwas Holz vom Holunderbusch abbricht, muss man die Hände falten, nieder­knien und den Strauch um Vergebung bitten mit den Worten: Frau El­horn, gib mir was von deinem Holze...,“
 
Seine wohltuenden Eigenschaften waren in der alten Me­dizin wohlbekannt. Eine alte Redensart lautet: „Der Holunder ist der erste und beste Doktor der Welt“. Von den Römern weiß man, die nutzten die Be­eren als Zutat für ein „Pulver zum langen Le­ben“, mit dem man legendäre 100 Jahre werden sollte. Die hohe Achtung die dem Holunder erbracht wurde, würde schon zur Bedeu­tung der herbstlichen R-Rune des Tiu / Taranis / Jupiter passen, und auch der nötige Be­zug zum Tod und zur Unter­welt ist gegeben. Im Toten­kult spie­len Holun­der­mythen eine bedeutende Rolle. Tacitus berichtet, dass im antiken Rom aus Holunder­holz gefertigte Särge verwendet wurden. Die alten Friesen bestatteten Ihre Toten unter Holunder­bäu­men. Auch in der kelt. Mythologie ist der schwarze Holunder ein Schwel­lenbaum, er schützt die Wesen der Oberwelt vor dem Zugriff der Wesen, die in der Erde leben. Der bergische Volks­­kundler Scheu berichtet, man habe den Toten ein Kreuz aus Holunderholz mit in den Sarg gegeben. Montanus (Vincenz von Zuccalmaglio) erzählt in seinen Volks­bräuchen: „Der Schreiner, der den Toten­schein fertigen sollte, nahm früher das Maß mit einem Holunderstab, und der Fuh­r­mann, der den Sarg zum Gottesacker fuhr, trug statt der Peitsche einen Holun­der­stab in der Hand.“ Man ver­wandte Holunderholz für Grab­kreuze, Tote wurden auf Holun­derreisig ge­bettet, und bei der Toten­wache wur­de Holundertee getrunken. In Tirol werden noch heute Ho­lund­erzweige auf Gräber ge­­steckt (genannt: „Lebelang“). Treiben die Zweige aus, gilt dies als Zei­chen da­für, dass der Verstorbene wohl­wollend ins Reich der To­ten aufge­nom­men, also selig wur­­de. Nach all dem nimmt es nicht wunder, dass der Baum auch christlicherseits in Legenden einbezogen, teils angeeignet, teils  verunholdet wurde: Hollabirbou / Höl­derlin sind Namen des Teufels. Jesus soll mit Holunderruten geschlagen worden,sein Kreuz angeblich aus Holunderholz gezimmert gewesen sein;und Judas (vgl. 9.SB) sich am Ho­lun­der­baum erhängt ha­ben.
 
16. - Kiefer/Tanne - A = (Runenbezug:  A - germ. ansuz - Ase / Geistgott / Wodin-Odin - Asa-Alfablot /„Asen-Alfenfeier“ - Mitte Oktober) Baumbezug = singrün wie Eibe - Das runische Bildkürzel stellt des Weltgeistes auf eine Ästeseite verkürztes Baum­sym­bol (Rune A), die Eibe bzw. Edeltanne oder Fichte dar, deren Nadeln und Zweige die größte Ähnlichkeit untereinander aufwei­sen. Die Fichte, der Gattung der Pinien zu­gehörig,  galt als „Baum des Lebens“, war sie doch dem Fruchtsbarkeitsgott Attis geweiht. Einen bestätigenden Hinweis erhalten wir zusätzlich von den alttraditionell-mythischen Figuren der skandinavisch-lappischen Zaubertrommeln. Hier bedeutet das Fichtenzeichen mit den beidseitig nach unten weisenden Strichelchen für die herabhängenden Äste: „Wind“. Und der Sturmgott, Biegalmai („Wettermann“) od. Bieggagalles („Wind-Alte“ / „Mann des starken Windes“) wird als ein Aspekt des Rutu / Rautu / Rota, des berittenen Todes­dämons verstanden, der manchen Gleich­klang mit Odin aufweist. Wahrscheinlich ist lappisch rota von altn. drottinn („Herr­scher / Herrgott“), dem Ehrennamen Odins, abzuleiten. Der Missionar J. Randulf schrieb im Jahre 1723: „Dieser Rute offenbart sich den Lappen gern in blauer Kleidung [wie Odin]; man glaubt, daß er derselbe ist wie Mercurius“. (Ernst Manker, Die Lap­pische Zaubertrommel II., 1950, S.102f/165/193) Die Zusammengehörigkeit vom Asen Odin und dem Tannen-/Fichten-Zeichen ist also über das heidn. Mittelalter bis in die Neu­zeit des skandinav. Spätheidentums sehr wahrscheinlich ge­macht. Das kelt. Baum­alphabet Ogom/Ogham nennt für den Buchstaben „A“, also dem des Asen, ailm („Sil­bertanne/-fichte“: Abies alba). Sie ist einer der höchsten europä­isch­en Bäume. Auch die nordischen Sa­gas (Gau­trekssaga 7) schil­dern die Fichte als Odins Op­ferbaum. Die immergrüne dunkle Tanne/Fichte, die Asenzahl 21, Wodans Einäugigkeit in der Kultlegende, sein Wind­charakter, in den letztlich alles sichtbar Stoffliche einmündet, um im rein Geistigen zu entmaterialisie­ren: das alles macht sein We­sen deutlich als chthonisch-kosmische Belebungskraft oder - um bild­haft zu bleiben - als Geistsonne, „Schwarze Sonne“.
 
17. - Stechginster - O = (Runenbezug: germ. odala - Heimat - Wintersonnenwende) Das kelt. Baumalphabet stellt zum Laut „O“ onn („Ginster“). Er ist als recht giftige, an­dererseits alte Heilpflanze bekannt, deren goldgelben Schmetterlingsblüten gegen Schlangenbisse empfohlen wurden. Bis ins 18. Jh. hinein war Ginster die meistge­brauchte Droge zur Behandlung von Herzkrankheiten. Das Verbreitungs­gebiet der genügsamen Pflan­ze ist Mitteleuropa bis nach Südskandinavien sowie bis Polen und Rumä­nien. Die Yaqui-Indianer in Mexico rauchten die getrockneten Blüten um ihre geistige Wachheit und visuelle Effekte zu erhöhen. Auch im europäischen Hexenkult war das Gewächs sehr verbrei­tet, da die Samen psychoaktive und aphrodisierende Eigen­schaften auf­wei­s­en. Man inhalierte den Rauch von getrockneten Blüten. Die Ruten des Ginsters wur­den früher zur Herstel­lung von Fasern verwendet, die zu Schnüren/­Stricken, zum Korb­flechten, Besen­bin­den, Dachdecken, auch grobem Stoff verarbei­tet wurden. Es ließen sich also genü­gend Anhaltspunkte dafür finden, warum der Gin­ster dem Buch­staben „O“ bzw. dem Schlingenzeichen der O-Rune zuge­ord­net wur­de.
 
Eine der tieferen Veranlassungen den Buchstaben „O“ an die Spitze zu stellen, war sicher auch der Name des Hauptgottes (wohl eine Erscheinungsform Dagda’s) des irischen und kelt. Pantheons, Ogma / Ogmios („der Sieger“), der neben seiner Tapf­er­keit auch Gott des Schreibens, Ler­nens, der Gelehrsamkeit, Beredsamkeit, der Dichtkunst und Erfinder der Ogam-Schrift war. In der Schlacht gegen die dämo­ni­schen Fomore ge­lingt es ihm, de­ren König das Schwert wegzunehmen. Seine Bei­na­men sind: „der mit dem Sonnen­an­tlitz“, auch „der mit dem Löwenfell“. Als Attribute galten ihm: Keule, Köcher und Bo­gen. Auf einer seiner Darstellungen, so berichtet Lukianos von Samosatos, wurde er als alter Mann beschrieben, von dessen Zun­gen­spitze Bänder ausgehen, die die Ohren der Menschen binden, sie gleichsam durch die Kunst der beschwörenden Worte fesseln. Auch eine kelt. Göttin namens Onniona wurde bekannt, die in Verbindung mit onn, dem Ginster, gestanden haben könnte. Im Hinblick auf die Runenbedeutung „Heimat“, wäre anzunehmen, dass der Ginster­strauch wohl als kenn­zeichnend für unser nordisches Landschaftsgepräge ange­se­hen wurde. Er scheint immerhin für die deutsche Küstenregion noch so typ­isch zu sein, dass er in das 1907 erstmalig gedruckte Heimatlied von Martha Mül­ler-Grählert (1876-1939) Eingang fand: „Wo de Ostseewellen trecken an den Strand, wo de gele Ginster bläuht in'n Dünensand, wo de Möven schriegen grell in't Storm­ge­bruus', dor is mine Heimat, dor bün ik tau Huus.“
 
18. - Heidekraut/Mistel (?) - U = (Runenbezug: U - germ. uruz / Ur / Auerochse / Rind - / Gottesstier - Mitte November - altn. Tarfurblót / lat. Taurobolium - „Stieropfer“) Im Altnordischen heißt das Heidekraut „lyng“. Man liest, dass man in ferner Vergangenheit die Heide mit ihren Hünengräbern und den aufrechten Wacholdern als Stätten ansah, auf denen gewaltige Schlachten geschlagen worden sind. Man glaubte, dass aus dem Blut der gefallenen Kämpfer die rötlich blühende Heide hervorwuchs. Also hätte das Heidekraut Bezüge zum Totenkult. Andererseits gilt es als glückbringend. Ein deutscher Spruch lautet: „Dost, Harthaw und weiße Heidt tun dem Teuffel vil leidt“. In Süddeutschland heißt es, ein an der Decke aufgehängter Heidekranz würde Hexen verscheuchen. Einstmals steckte der Kuhhirt auf der Alp, bevor er zum Essen ging, eine Erikastaude neben dem Vieh in die Erde. Dann betete er: „O guter, heiliger Valentin, ich stecke eine Erikastaude, hüte mein Vieh, bis ich geh und bis ich komme; ich will ein Vaterunser beten und dem Vieh ein Kreuz auf den Rücken machen.“ Nach der Rückkehr deckte er die Erikastaude mit Erde zu und betete zum Dank nochmals ein „Vaterunser“. Was das soll, bleibt nicht rätselhaft, der Erika wird ihre unheilabwehrende Kraft zugeschrieben. Im Braunschweigischen soll man einen weiß blühenden Heidezweig unter das Kopfkissen legen, um Träume wahr werden zu lassen. In der Pfalz steckt man hinter den Spiegel einen Heidezweig. Dadurch wird kein Blitz das Haus treffen und kein Hagelschlag die Saat verwüsten. In Schottland glaubt man, dass ein junger Mann, der weiß blühende Heide findet, im selben Jahr heiratet. Heidekraut gilt im Volksglauben als Glücksbringer und dient der Wunscherfüllung. Insbesondere weißblühendes Heidekraut galt als Glücksbringer. Das Heidekraut in der Volksmedizin: Es ist seit dem Mittelalter als Heilpflanze bekannt. Heidekraut gilt als schleimlösend, blutreinigend, harn- und schweißtreibend. Es findet Anwendung bei Blasen- und Nierensteinen, Gicht, Rheuma und Entzündungen. Sebastian Kneipp empfahl es wegen seiner blutreinigenden Wirkung bei Gicht und Rheuma. Die Ausräucherung von Ställen lässt das Vieh ruhig bleiben, Kühe geben gute Milch. Lebensmittel bleiben frisch, wenn der Vorratskeller mit Heidekraut ausgeräuchert wird.
 
Wie dem Heidekraut wird der Mistel - in verstärktem Maße - Unheil abwehrende Kraft zugemessen, insbesondere in der keltischen Mythologie. Wir müssen annehmen, dass der „U“-Laut im altechten Ogam-System der Mistel galt, die im Irischen „Uileiceadh“ / „utile i ceath“ und auf walisisch „ol iach“ („Allheilmittel“) genannt wird. Sehr bekannt ist die altnordisch-eddische Sage die vom lichten Gott Baldur handelt, dem nordischen Gottessohn (Dioskur) des Guten und des Sommers. Er träumte Nacht für Nacht er würde einmal ermordet werden. Seine Mutter Frigga nahm das als schlimmes Vorzeichen. Deshalb suchte sie die gesamte beseelte und unbeseelte Natur auf, die Steine, Metalle, Wasser und Feuer, Tiere und Pflanzen. Allen nahm sie das Versprechen ab, ihrem Sohn Baldur nichts anzutun. Den unscheinbaren Mistelzweig ließ sie aus. Der grundsätzliche Widersacher, den Gegengott Loki erfuhr davon, er gab Baldurs blindem Bruder Hödur einen Pfeil aus Mistelholz der Baldur traf und tötete. Es handelt sich hier klar um einen Jahreszeitenmythos der Sommersonnenwende: Der „Dunkel / Blinde“ tötet den „Hellen / Guten“, womit die absteigende Jahreshälfte beginnt. Über die Hintergründe des Mythos klärt etwas auf, die älteste mythologische Charakterisierung der Mistel, jene aus der „Aeneis“, einem römischen Heldenepos. Darin zeigt der Dichter Vergil (70-19 v.0), wie die Mistel als „goldener Zweig“ den nach Erkenntnis Strebenden auf seinem gefahrvollen Weg schützen kann. Im sechsten Buch der „Aeneis“ rät die Seherin Sibylle dem Helden Äneas, was er tun muss, um in die Unterwelt zu gelangen: „Nun denn, vernimm was zuvor noch zu tun: an schattigem Baume birgt sich, golden an Blättern und biegsamem Schafte, ein Zweig, der Juno des Abgrunds heilig genannt; ihn schützt und umhüllt der ganze Hain, im dunklen Tal umschließen ihn Schatten. Keinem ist aber der Weg zur Erdentiefe gestattet, eh er den goldenumlaubten Zweig vom Baume gepflückt hat.“ Der Mistelpfeil ist es, der Baldur in das Unterweltreich der Hel führt, wo er das Geheimnis der Wiedergeburt erfährt. Eine fachliche Erklärung lautet: „Mistelpflanzen sind zweihäusig - sie tragen also nur männliche oder nur weibliche Blüten. Bei der Keimung schiebt sich der grüne Keimblattstamm (Hypokotyl) bis zu einem Zentimeter aus dem Samen hervor und krümmt sich der dunklen Wirtsrinde zu. Dieses bei anderen Pflanzen untypische Keimlingsverhalten wird als lichtfliehend (negativ phototrop) bezeichnet.“ Dieses Verhalten könnte dazu beigetragen haben, die Mistel als „Schlüssel zur Unterwelt“ zu betrachten.
 
Wie ist es zu verstehen, dass die Mistel einerseits am „dunklen Jahreseingang“ zum Lichtabstieg der Sommersonnenwende steht - Baldurs Tod bewirkend - und zum anderen am „lichten Eingang“ der Wintersonnenwende bzw. der Julzeit, als Heilsweihezweig ? Ein kompetenter Autor erklärt: „Auffällig ist die Entwicklung der Mistel, welche sich in zwei deutlich verschiedene Phasen gliedern lässt, die ihrerseits eng mit dem aufsteigenden oder absteigenden Sonnenjahr einhergehen. Im absteigenden Jahr, insbesondere vom Herbst-Äquinoktium bis zum Winter-Solstitium, tendiert die Pflanze zur Ruhe, während im aufsteigenden Sonnenjahr, insbesondere vom Frühlings-Äquinoktium bis zum Sommer-Solstitium, die Tendenz zur Bewegung dominiert. Um die Sommersonnenwende [21. Juni] bilden sich in den Achseln der ausdifferenzierten Zweiganlagen Sprosse [Urmeristem]; diese ruhen zunächst neun Monate, bevor aus ihnen von Anfang April bis Ende Juni die Anlagen einer nächsten Generation von Mistelzweigen entstehen. Diese Zweiganlagen ruhen abermals mehrere Monate, bevor sie sich im Frühjahr als Jahrestriebe entfalten und im Juni ihre endgültige Stellung im Mistelbusch einnehmen. Nachdem zu Beginn des dritten Jahres, zwischen Juli und September, in den Blütenanlagen die Pollen und Embryosack-Zellen ausdifferenziert wurden, öffnen sich im Anschluss an eine weitere Ruheperiode zwischen Januar und März die Blüten der Mistel, worauf sich bis Ende Juni in den Früchten rein vegetativ das Nährgewebe entwickelt. Dann, genau drei Jahre nach dem Entstehen der Sprosse, entfalten junge Misteln die zweite Blatt-Generation. Bereits Ende September sind diese prinzipiell lebensfähig; sie fallen jedoch in eine Art Winterruhe, während im November die Früchte reifen und weiß im Licht aufglänzen.“ Mitte November steht die germ. ODING-Rune „U“, welche „Uileiceadh“, die Mistel, repräsentieren könnte. Wenn die einstige keltische und germanische Mythologie den heiligen Mistel-Kult in Form einer ganzheitlichen Symbolik verstanden hat, dann wäre etwa nachvollziehbar, dass die Mistel mit/nach der Sommersonnenwende den Abstieg einläutet und zum Julspannen-Beginn der Novembermitte, und bis zur Wintersonnenwende, das Aufstiegs-Heil vertritt. Die weißbeerige Mistel blüht ab ca. Februar, um der Faselfeier (Fasching), während sie im November die Vollreife erreicht, als gewissermaßen ein Signal und Garant für die kommende Lichtzunahme und die Rückkehr des Lebens. 
 
Bis ins 18. Jh. wurde sie in holländischen und englischen Arzneibüchern als Mittel gegen Epilepsie aufgeführt. Noch Sebastian Kneipp pries ihre Wirkung gegen Fallsucht. Die Mistel ist eines der besten pflanzlichen Herz- und Kreislaufmittel. Blätter und Presssaft der Pflanze enthalten einen Stoff der den Blutdruck senkt. Sie gilt als krebsverhütend (Muttermundkrebs) und dem Krebs entgegenwirkend. Noch Mitte des 19. Jhs. galt dem Botaniker P. Lesson in Saintonge die Mistel als Tee eingenommen als Mittel gegen die verschiedensten Beschwerden. Ihre Wirkung wurde von Frazer wie folgt erklärt: „Da die Mistel nicht auf der Erde wurzelt so scheint daraus zu folgen, dass ein Epileptiker unmöglich hinfallen kann solang er ein Stück Mistel in der Tasche mit sich herumträgt, oder eine Abkochung aus Mistel im Magen hat.“ Der Brauch, dass die Mistel beim Ernten nicht auf die Erde fallen darf, unterstützt diese Ansicht ebenso wie das Verbot ein Werkzeug aus Eisen zu benutzen, weil dieses Werkzeug angeblich die Geister, damit aber auch die magischen Kräfte der Pflanzen vertreiben würde. Bei den Kelten galt die Mistel generell als „Bringerin der Fruchtbarkeit“, bei Mensch und Tier. „Da sie den allmächtigen Samen des Gottes darstellte“, wie ein Autor schreibt, und somit dessen Gegenwart auf der Eiche, dem heiligen Baum der Griechen, Kelten und Germanen, bestätigte. Die zähflüssige Konsistenz und die weißliche Farbe des Fruchtfleisches lassen möglicherweise an Sperma denken. Die Mistel, die nur selten auf Eichen wächst wurde, wie Plinius schrieb, von den Druiden als Zeichen dafür angesehen, dass der Baum durch den Gott auserwählt war. Man wusste wahrscheinlich nicht, dass der Samen der Mistel durch Vögel auf den Baum getragen wurde und nahm deshalb ihren himmlischen Ursprung an. Der Brauch der Neujahrsmistel ist in England und Frankreich lebendig geblieben. In der Silvesternacht tauscht man genau um Mitternacht, wenn das neue Jahr beginnt, unter Büscheln von Misteln und deren Frucht gute Wünsche aus.
 
Einen Bericht über den keltischen Mistelkult hat der Natur-Historiker Plinius der Ältere in der Naturalis Historia Band XVI, 249-251, hinterlassen. Er lebte von 23 bis 79 n.0, also nachdem die Kaiser Augustus, Tiberius und Claudius das keltische Druidentum, mit allen seinen Schulen, verboten hatten: „Bei dieser Gelegenheit darf man auch nicht die Bewunderung der gallischen Provinzen [für die Mistel] übergehen. Denn nichts halten die Druiden, so nennen sie ihre Magier, für heiliger als die Mistel und den Baum, auf dem sie wächst, sofern es nur eine Stein-Eiche ist. Sie wählen an sich schon die Eichen-Haine aus und verrichten kein Opfer ohne das Laub dieses Baumes ... Ja, sie glauben, Alles, was an den Eichen wächst, sei vom Himmel gesandt, und sehen dies als einen Beweis an, dass die Gottheit selbst sich diesen Baum erwählt habe. Man findet aber die Mistel in Gallien sehr selten; und hat man sie gefunden, so wird sie mit großer Ehrfurcht abgenommen, vor allem am sechsten Tag des Mondes, der bei ihnen den Anfang der Monate und Jahre und nach 30 Jahren einen neuen Zeitabschnitt bildet, ein Tag, an dem der Mond schon genügend Kräfte hat und noch nicht halbvoll ist. Sie nennen die Mistel in ihrer Sprache die alles Heilende. Sie bereiten nach ihrer Sitte das Opfer und das Mahl unter dem Baum und führen zwei weiße Stiere herbei, deren Hörner da zum ersten Mal umwunden werden. Der Priester, bekleidet mit einem weißen Gewand, besteigt den Baum und schneidet die Mistel mit einer goldenen Hippe ab: Sie wird mit einem weißen Tuch aufgefangen. Endlich schlachten sie dann die Opfertiere und bitten die Gottheit, sie möge die Gabe glückbringend machen für diejenigen, denen er sie gab. Sie glauben, ein von diesem Gewächs bereiteter Trank mache ein jedes unfruchtbare Tier fruchtbar; auch sei es ein Hilfsmittel wider alle Gifte. Soviel Verehrung bezeugen oft ganze Völker den gewöhnlichsten Dingen.“
19. - Espe - E = (Runenbezug:  germ. ehwaz / ehwa - Ross / Lichtross / Pegasos - Anfang März) - Die kelt. Schrift ordnete dem Buchstaben „E“ eadod , die Espe (Weiß- oder Silber­pappel) zu. Die lichtbedürftige, frostunempfindliche schnellwachsende Espe kommt in fast ganz Europa vor; in Skandinavien gedeiht sie bis zum 71. nördl. Breiten­grad. In der letzten Eiszeit war sie einer der ersten Bäume, die nach dem Zurück­wei­chen des Eises wieder erschienen. Sie besitzt einen langen hell und glatt bleibenden Stamm, eine lockere Krone und fast runde, schon beim leisesten Wind­hauch zittern­de Blätter. In der griech. Sage vom Helios-Sohn Phaeton, der nach seiner misslungenen Len­kung des Sonnenwagens von Zeus in den Eridanus (die Eider, die noch heute Bern­stein führt) geschleudert wurde, wird von seinen, ihn dort be­stat­tenden Schwestern, den Heliaden, berichtet, sie hätten Bern­stein­tränen ge­weint und seien in Pappeln verwandelt worden. Sogar Göttervater Zeus (Rune T) wurde von Rhea unter einem Pap­pelbaum geboren; dazu kommt, dass die Silber­pappel in ihrer Funktion als Opferholz im Kult des Zeus von Olympia eine Rolle spielte. (Hans Schabl, Zeus, 1978, S.1464) Diese Baumgattung muss demnach eine mytische Ver­bindung zur höchsten Gottheit, dem Lichtvater, zur Sonne bzw. zum Sonnenross/­Rosse­gespann ge­habt haben. In solche urtüm­lich­en Zusammenhänge führt das bekannte po­sei­­doni­sche Mythenross, der Pegasos, der als Blitz- und Donnerträger zu Zeus in den Olymp hinauf kommt (Hesi­od. Theog. S.281/284ff). Der Flügelhengst (vom lu­wischen Wort pihas-/pihatta-  d.h. „Blitz / Glanz“) ist demnach der Him­mels­feuer­- oder Glanzträger des Höchsten. Schon ein Bei­name des luwisch-hethit. Him­mels-/Wettergottes war Pihassassi („Blitzglän­zen­der“). (Die Hethiter und ihr Reich, Aus­stellungskatalog Bonn, 2002, S.104) Pegasos ist mit­hin ursprünglich der Glanz­hengst der Himmelsgottheit. Auf dem berühmten Sil­ber­ke­ssel von Gundestrup, dem wichtigsten Zeugnis kelt. Reli­gion, ist das Flü­gel­ross auf Platte 8 unter jenem gefallenen Krieger abgebildet, der als tapferer Held ins Pa­radies (germ. Wal­­halla) hinaufge­führt wird. (Die Kelten, Kata­log der Salzburger Lan­des­aus­stellung im Keltenmuseum Hallein/Österreich, 1980, S.72) Den Bernstein verstand man als geronnenes Sonnenfeuer, da liegt es nahe, auch dfas Sonnenpferd aus diesem Material nachzubilden: Eine schon ca. 5.000 Jahre alte bernsteinerne Pferdeskulptur fand sich bei Woldenberg in Pommern, die leider während des 2. Welt­krie­ges verloren ging (Russendiebstal). Auf ein Alter von 12.000 Jahre schätzt man das nieder­sächs­ische Bernstein­pferd­chen von Weitsche (Ldkr. Lüchow-Dannenberg).
 
20. - Eibe - I = (Runenbezug: EI - germ. iwaz /eihwaz - Eibe / „Yggdrasil“ / Weltenbaum - Mai/Juni) Es wird so sein, dass der uralte Welteibenbegriff in späterer isländ.-eddi­scher Zeit durch den Odinsbeinamen neu ausgedeutet wurde. Dafür liefert das eddische Fjölsvinnsmál (20-22) zusätzliche Bestätigung. Hier wird vom Welten­baum gesagt: „Mimameiðr heißt er, Menschen wissen selten aus welcher Wurzel er wächst.“ Der Schreiber selbst wusste jedoch sehr genau, dass kein an­derer Baum als die Eibe gemeint war; er fährt fort: „Mit seinen Früchten soll man feu­ern, wenn Weiber nicht wollen gebären. Aus ihnen geht dann was innen bliebe: so wird er der Leute Schick­sals­baum [Maß­baum].“ Der Begriff lautet: mjötuðr („Baum des Gesetzes / Baum des rechten Maßes“). Wenn Weiber nicht wollten gebären, ver­wendeten sie Eibenab­kochungen um ungewollte Schwanger­schaften abzu­treiben. Das beschrieb schon der griech. Arzt und Apollopriester Nikandros um 275 v.0 in sei­nen Versen über die Gifte („Alexipharmaka“). Unter Kaiserin Maria Theresia kam es gegen Ende des 18. Jh. zu einer gebietsweise unterschiedlich radikal vollzogenen Ausrottungskampagne gegen die Eibe, weil das gemeine Volk das Gift gerne als Abortivum verwendete - die Ursache so mancher Todesfälle von Frauen bei Überdosierung. So erhellt sich diese zu­nächst dunkel erscheinende Eddastelle. Noch eindeutiger wird unsere Erkenntnis durch Be­griffe be­stätigt, mit denen Eddatexte den Weltenbaum umschreiben. Im Altnordischen bedeu­tet barr, got. barizeins : „Nadeln des Nadelholzes“; im heutigen Isländisch ist barrtré, schwed. barrträd, der „Nadelbaum“. Im eddischen Háv. 50 heißt es von einer Föhre, dem Nadelbaum, sie hätte nicht „borkr ne barr“ („Borke noch Nadel“). Im eddischen Fjöls. 13 wird nach dem Namen des Baumes gefragt, „der mit breiten Ästen die weite Welt überwölbt“, im Original: „hvat dat barr heitir“: „wie heißt der Nadel­[baum] ?“ Auch im Gylfaginning (16 / 39) wird berichtet, dass des Welt­baums (Yggdrasill / Lä­rað) Kro­ne vier Hirsche bzw. Ziege Heidrun die Nadeln abäsen (bita barr); oder sind hier die jungen Blätter­sprossen gemeint ? Bekanntlich sorgt zwar das Alkaloid Taxin dafür, dass Eiben­samen (ausser dem roten Samenmantel), Nadeln, Rinde und Holz für Mensch und Pferd sehr giftig sind, dagegen können Wie­der­­käuer wie Rotwild und Re­­he große Mengen an Eibennadeln ohne Prob­leme zu sich nehmen.
 
Ist der Baum nicht das von der Natur gegebene, schön­ste Gleichnis einer Verbin­dung zwischen Himmel und Erde ! Mit seinen Wurzeln gehört er dem unterirdischen Bereich der Erde an und mit seiner Krone reicht er in den Himmel. Dem stimmt auch noch der christli. Theologe und Mystiker Meister Eckhart (1260-1327) in einem auf uns gekommenen Predigtfrag­ment (54b DW II) bei: „und waz dâ vermenget ist mit der erde, als loup und gras und böume: daz treget in im eine glîcheit des himels". Die ind. Mytholo­gie kannte den ashwatta, den symbolischen Baum kosmischer Existenz, der keinen Anfang und kein Ende hat; der Baum des Lebens. Die alte germ. Lehre (Vsp.19; Grm.31) glaubte an ein organisch gegliedertes Weltall mit einem Weltbaum, der Himmel, Erde und Hel/Höl­le verbindet; dessen Äste durch die ganze Welt treiben und über die Him­mels­­höhe hinausreichen. Drei Wurzeln breiten sich nach drei Enden aus, die eine strebt nach den Asen, die andere nach den Reifriesen, die dritte nach der Unterwelt. Unter jeder Wurzel quillt ein wunderbarer Quell, nämlich bei der him­mlichen der Urðarbrunnr, bei der thursischen Mimisbrunnr, bei der höllischen Hvert­gelmir. Die Edda (Fjöls. 20) spricht davon, dass dem Welt­baum, dem Mima­meiðr, „we­der Feuer noch Eisen [Schwert]“ etwas anhaben könne, und in Überein­stimmung vermeldet das nor­weg. Runengedicht: „Eibe ist der winter­grünste Baum; es pflegt zu sengen [svitha], wenn es brennt“, d.h., er kann von Flammen nicht verzehrt werden, durch Brand wird er nur ange­kohlt, also im Feuer gehärtet. Auch das ags. Runenlied läßt noch die heidn. Erinnerung an den vor Feuer schütz­enden mythischen Baum mit mächtigen Wurzeln und felsenfester Rin­den­haut er­kennen: „Eibe [eoh] ist ein Baum mit rauher Rinde, hart, felsenfest, Hirte des Feuers [hyrde fyres], durch Wurzeln be­fes­tigt, eine Freude dem Vaterland [ethle]“. Der „hyrde fyres“ („Feu­erhirte / Feuer­schützer“) meint jenen Baum, welcher vor dem Feuer behütet. Und ganz folg­erichtig ver­heißt die Edda (Gylf. 53) den Erhalt des Lebens - auch über die end­zeit­liche Ka­tas­trophe des Welt­bran­des hinaus - durch diesen alle­gorischen Lebens­baum. In Vafðr. 45 wird von den beiden Menschenkindern berichtet: „Lif oc Lifðrasir“ („Leben und Lebensstreber“), sie verbergen sich in des Weltbaumes Gehölz, retten sich vor den Flammen des endzeit­lichen schwar­zen Feuer­riesen, überdauern und werden Stam­meltern eines wieder­erwach­enden und erstarkenden Geschlechtes. Es heißt: „Mor­gentau [morgindöggvar...] wird ihre Mahlzeit sein“; das bedeute, sie werden den Tagesanbruch einer neuen, ver­jüng­ten Welt erleben.
 
Von den Nadelbäumen des dt. Waldes hat zweifellos gerade jener Baum die meisten volkstümlichen Beziehungen, der jetzt fast ausgestorben ist, die Eibe. Nach Cäsars Bericht (Gall. Krieg 31) war sie in Gallien und Germanien sehr häufig. Eiben können bekanntlich riesenhafte Ausmaße annehmen. Sie wachsen allmählich bis zu 12 und 17 Meter hohen und bis zu 4 Meter dicken Bäumen heran. Eine sehr würdige Eibe steht in Schottland  bei Fortinghall, in Münchshagen bei Rostock wächst eine mehr als 1.500 Jahre alte, eine zu Heunersdorf in Schlesien ist nicht viel jünger; die wohl ältesten hierzulande sind die vor ca. 2.000 Jahren im Bär­gründ­le Tal auf 1250 m Höhe bei Hinterstein im Allgäu ersprossene und die bis auf 4.000 Jahre geschätzte män­nliche Doppel-Eibe südöstlich von Balderschwang / Bayr.-Allgäu in 1150 m Höhe. An der Stiftskirche des Klosters Wietmarschen (Grafschaft Bentheim) stand eine Eibe die 30 m hoch aufragte, ihr Stammumfang betrug 1 m über dem Boden 2,96 m. In einer Sturmnacht d. J. 1830 brach sie zusammen, 1864 starb sie endgültig. In der mittel­alter­lichen Liebesgeschichte „Tristian und Isolde“, die aus einer kelt. Legende her­vorging, heißt es: „Drei Bäume gibt es, die gut und wahr - Eibe, Stech­­palme und Efeu sie genannt - Blätter tragen sie das ganze Jahr.“ Im Volks­mund war die Eibe als Todesbaum bekannt, denn unzähligen Morde und Selbstmorde wur­den mit seiner Hilfe verübt. Heute nutzt man die ­ Enzyme aus der Eibenrinde (Taxol), diedas bisher wirksamste Zytostatikum in der Therapie gegen die Zellver­mehr­ung bei Brust- und Eierstock­krebs sind. Doch auch schon in alter Zeit erhofften die Men­schen von dem Baum eine, wie immer auch geartete, Heil- und Schutzwir­kung: In Anger­o­de/Thü­rin­gen war es noch in den siebziger Jahren des 19. Jh. Bra­uch, dass Alt und Jung all­jähr­lich zu gewissen Tagen in die Wälder gingen, um Ei­benzweige zu brechen, die dann in Keller, Stuben und Stallungen gesteckt wurden zur Vertreibung unreiner Geister. Im Waldmärchen „Das Wunder im Spessart“, fragt der Schüler die Elster um ein Mittel, die verzauberte Prinzessin zu befreien: „Oh“, schrie der Vogel, „wenn ihr mich fragt, so gibt es das, unser weiser Alter in der Kluft hat den Eiben­baum in Verwahr, wenn ihr davon einen Zweig bekommt und mit dem­selben die Stirn der Schönen dreimal berührt, so weichen alle Fesslungen von ihr -, denn vor Eiben die Zauber nicht bleiben !“ (Heinrich Marzell, Pflanzen im Volks­leben, 1925, S.18f) Anderer­seits wird in vielen Quellen, wie im Kräuterbuch des Hierony­mus Bock (17. Jh.), immer wieder davor gewarnt, unter einer Eibe einzu­schlafen, da man sonst des Todes sei. Schon Plinius und Dioskorides bezeichneten die Eibe als Baum des To­des, dessen Ausdünstung während der Blütezeit einen unter ihm Schlafenden töten könne. So zeigt sich die Eibe als wahrhaft ambivalenter, aber langlebig-winter­grü­ner Lebens- und Todes-, al­so Allbaum.
 
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Friedensspruch Altislands:
 
Versöhnt und gesellt,
bei Met und Mahl,
beim Richten und beim Raten,
soweit Feuer flammen,
Flur grünt,
Kind Mutter ruft,
Schiff schreitet,
Schilde blinken,
Sonnenschein Schnee schmelzt,
Föhre wächst,
Falke fliegt,
frühlingslangen Tag
Himmel sich wölbt,
Heimat bebaut ist.