LUST-ERINNERUNGEN

Da Menschen in die Jahre kommen,
werden Hirne oft verschwommen,
sie beginnen dann zu sprühen:
Narrheiten, Launen, Ticks, Manien.

Und zwischen alle dem Geschiebe,
hoffen auch Greise noch auf Liebe.
Kein Stelldichein wird je vergessen,
wo man verliebt im Hag gesessen.

Dort wo Er einst die Rose brach
und Sie das erste Jawort sprach -,
dort zieht’s die Alten gern zurück,
man labt sich am vergang’nen Glück.

Erlebt der Mensch kein Glück im Neuen,
muss er Erinnerung wiederkäuen.
Er holt sie rauf aus tiefen Schichten
und fängt darüber an zu dichten.

Der eine wird Nacktstrand-Verehrer,
durch Glotzen später Lust-Vermehrer.
Und einige, man sollt’s kaum meinen,
klauen Höschen von den Leinen.

Auch Damen kriegen die Marotten,
das zu sagen, sei kein Spotten.
Als letztes ihrer Lust-Pläsierchen,
bleiben noch die kleinen Tierchen.

Was einstens tat des Liebsten Mund,
das leistet dann der liebe Hund,
nie ist die Frau ganz liebelos,
der süße Mops bedient den Schoß.

Einst taten alte Frauen spinnen,
saßen am warmen Ofen drinnen,
waren beim Nähen, Häkeln, Stricken -,
vorbei der Tanz, das Bälle-Kicken.

Doch heute sind die Zeiten schräger,
die Omas werden immer reger -;
wer meint, dass er versäumt was hätt’,
der flirtet sich durch’s Internet.

Auch meine Nachbarin Mathilde,
führt Eines immer noch im Schilde,
sie züchtet auf der Fenster-Latte,
was sie einst gern im Bettchen hatte.

Was dort in ihren Töpfchen sprießt,
sie voller Liebe hegt und gießt,
erinnert an das selige Hänschen,
an Norbert, Balduin und Fränzchen.