18.01.2023

 Idiberun.JPG

neuer_Fund.JPG

Svingerud-Stein u. grafische Umsetzung: Alexis Pantos/Kristel Zilmer/KHM, UiO 

IDIBERUN oder IDIBERUG ?

In einem Gräberfeld am norwegischen Fjord Tyrifjorden haben Archäologen einen Runenstein entdeckt, der anhand von Beifunden auf ein Alter von rund 2.000 Jahre datiert werden konnte. Damit trägt der Stein die bislang älteste bekannte Runen-Inschrift überhaupt. Wie das „Historisk Museum“ in Oslo berichtet, haben Museumsarchäologen den Runenstein bereits im vergangenen Herbst nahe Ringerike entdeckt. Anhand der Funde verbrannter Knochen aus demselben Grab konnten sie dieses in die Zeit zwischen dem Jahr 1 und 250 n.0 datieren. Der nach dem genauen Fundort als „Svingerud-Stein“ bezeichnete Fund misst 31 x 32 Zentimeter. Der Ringeriksandstein wurde in einer frühen Form einer antiken nordischen Sprache beschrieben, die als Vorgänger der heutigen skandinavischen Sprachen gilt. Laut Mitteilung des Museums könnte es sich bei der Inschrift, die übersetzt „IDIBERUG“ bedeutet, entweder um eine Grabeswidmung „für Idibera“, also eine Frau handeln, deren eigentlicher Name „Idibergu“ vom vielleicht noch ungeübten Runenschreiber falsch geschrieben wurde. Der Text bezieht sich also vermutlich auf eine Frau namens Idibera und die Inschrift könnte „Für Idibera“ bedeuten“, mutmaßte die Runologin Kristel Zilmer. Oder die Inschrift verweist auf den Sippennamen derer der „Idiberung“, sagte die Runologin K. Zilmer. Tatsächlich variiere die Art und Weise, wie gerade ältere Runen verschriftet wurden, teilweise stark, erläutert das Museum. Zudem habe sich die Sprache in ihrer Entwicklung bis ins Mittelalter der Wikinger stark verändert, weshalb eine heute Deutung so alter Runen immer eine Herausforderung darstelle. Neben der „IDIBERUG“-Inschrift finden sich auf dem Stein noch weitere Runenbuchstaben. „Einige dieser Linien bilden eine Art Gittermuster und es gibt kleine Zick-Zack- und weitere Figuren. Nicht alle dieser Zeichen machen aus heutiger Sicht Sinn. Deshalb vermuten wir, dass der Schreiber noch am Erlernen der Schreibkunst war“, lautet die Vermutung des Museumsleute. Nach Angaben des Museums ist der Runenstein eines der ersten Beispiele für Wörter, die schriftlich in Skandinavien aufgezeichnet wurden. Bisher galten in Norwegen und Schweden gefundene Steine aus den Jahren 300 bis 400 nach Null bzw. nach Christus als die ältesten Runensteine. Der Svingerud-Stein wird vom 21. Januar bis 26. Februar 2023 im „Historisk Museum“ in Oslo zu sehen sein.

-o-o-o-

IDI-BE-RUN - Meine Beurteilung:

Zunächst einmal bedeutet der Fund des Svingerud-Steins eine Bestätigung meiner seit 1993 vorgetragenen These, dass die Runenschreibweise bedeutend älter sei als es die runologische Wissenschaft bisher annahm.

Meiner Ansicht nach handelt es sich um eine rechtsläufige Inschrift der Lautfolge IDIBERUN, denn die letzte Rune ist als n und nicht als g zu lesen. Und zwar deshalb, weil der Hauptstab etwa den gleichen Neigungswinkel aufweist wie die vorausgegangenen Runenstäbe, des gleichförmigen Schriftbildes. Die darüber geritzte Diagonale, von oben re. nach li. unten, scheint mir die n-Rune darstellen zu wollen. Hätte der Schreiber die g-Rune gemeint (X), müsste er ihren Neigungswinkel mehr nach li. gekippt gewählt haben.

Wer ist Idi/iði ? Wie die Edda erklärt, war Ölvaldi/Olvaldi (an. allmächtig) ein Riese der germanischen Mythologie. Er ist Vater der drei Söhne Thiazi, Gangr und Iði und somit Großvater Skadis, der Ski-Göttin, Göttin der Jagd und des Winters, nach der möglicherweise Skandinavien seinen Namen bekam. Laut der Skáldskaparmál besaß Ölvaldi viel Gold. Als er starb, teilten seine drei Söhne den Reichtum des Vaters untereinander auf. Als Maßeinheit entschieden sie sich für ihre eigenen Münder. Jeder nahm einen Mund voll Gold, bis auch der letzte Rest aufgeteilt war. Aus diesem Grund gelten die Saga-Ausdrücke „die Rede von Thiazi, Gangr oder Idi“ und „Idis glänzende Sprache“ als Kenningar (Synonym) für Gold. Idi ist mithin ein Gigant/Riese der nordischen Mythologie. Der „Mund voll Gold“ hat mit Sicherheit die Bedeutung für „goldene Sprache“ bzw. für Wissen und Weisheit, aus der allein eine „goldene Sprache“ ihre Wurzeln hat.  

Infolge des runischen Geheimnis- und Mehrdeutigkeits-Kultes ist zu kombinieren, was der semantische Wortinhalt meinen könnte. In „beru, berun“ wäre der germ. Begriff „bera“ anzunehmen, mit der Bedeutung von: „bei sich haben, mit sich führen, mitbringen“, „tragen, bekleidet sein“, „kleiden passen“, „tragen, ertragen, vortragen, vertragen, aushalten“, „gebären“, „tragen, fruchtbar sein“, „ernähren, Futter haben“, „in eine bestimmte Richtung gehen“. Das färöische Wort stammt von altnordisch bera = „tragen, führen“; germanisch *beran = „tragen, gebären“ (daher die Wortverwandtschaft mit deutsch gebären); indogermanisch *bʰer- „tragen, bringen“. Der Sinn von IDI-BE-RUN“ wäre mithin möglicherweise: „der titanische Urvater IDI trug/gebar, vortrug die Runen“. Diese Aussage wäre als ein Hinweis zu verstehen, auf eine Zeit, in der die Runen-Urheberschaft noch nicht unbestritten geglaubt, auf die Geist-Seelen-Gottheit Wodan-Wodin-Odin zurückgeführt worden ist.