Yehudi Menuhin - bewundernswerter Geiger und Menschenfreund
 
YEHUDI MENUHIN
 
Schon die Alten wussten es:
„Wo man singt, da lasst euch nieder,
denn die bösen Menschen haben
keine Geigen, keine Lieder !“
 
Yehudi hatte seine Geigen,
himmlisch werte Instrumente,
die des Meisters Guarneri,
von der ihn sein Tod erst trennte.
 
Doch in himmlischen Gefilden,
lieblich, zu den Sphärenklängen,
spielt der große Geiger weiter -,
Engel-Geister auf den Rängen.
 
Doch nicht mit dem Spiel allein,
mocht‘ Yehudi uns beglücken -,
seiner Seele reine Schönheit,
konnt‘ bei Lebzeit schon entzücken.
 
Kenner haben ihn genossen,
lobten seine Seiten-Striche -;
aus der Meister Glanz-Passagen,
formte er das Meisterliche.
 
Und zu seinen Ohrenschmäusen,
trat sein Adel in den Zügen -,
Künstlertum und Edelmut,
gelang ihm, wundersam zu fügen.
 
Yehudi Menuhin, Du Großer,
gern gedenk‘ ich Deiner Güte -,
leicht gelingt mir Deine Ehrung,
die ich allzeit treulich hüte.
 
 
Yehudi Menuhin (1916-1999) war ein aus Weißrussland stammender jüdischer Musiker, einer der bedeutendsten Violinvirtuosen des 20. Jahrhunderts, er war Geiger / Bratschist / Dirigent. Darüber hinaus war er aber eine „uralte weise Weltenseele“, ein Weltbürger und reifer Menschenfreund von seltener Größe und geistiger Schönheit. Bereits 1925 gab Menuhin sein erstes Solokonzert, weitere folgten 1926 in New York. 1927 zog er mit seiner Familie nach Paris, um fortan auf europäischen Bühnen zu wirken, dort besonders von der Fachwelt beachtet. Yehudis Vater Moshe Menuhin war ein bekennender Antizionist und deutscher Patriot jüdischen Glaubens. Eine seiner ideologischen „Heimatländer“ wurde die „Deutsche National- und Soldatenzeitung“ des DVU-Gründers Gerhard Frey. Von 1968 bis 1970 war Moshe Menuhin Leiter des kulturpolitischen Ressorts der deutsch-patriotischen Zeitschrift. Im Gegensatz dazu schwebte ihm (in der Formulierung eines seiner Söhne) „... die Vision eines föderativen Staates vor, der nach dem Muster der Schweizer Eidgenossenschaft beide Völker einschließt“.
 
Yehudi Menuhin bekam mit vier Jahren eine blecherne Spielzeug-Geige, später eine echte Violine. Ersten Unterricht erhielt er bei dem Geiger Sigmund Anker, der in San Francisco eine Violinschule betrieb. Im Alter von sechs Jahren wurde der Junge von Luis Persinger als Schüler aufgenommen, der seit 1923 Konzertmeister des „San Francisco Symphony Orchestra“ war. Am 29. Februar 1924 trat der Siebenjährige im Rahmen eines Konzertes des „San Francisco Symphony Orchestra“ auf. Am Klavier begleitet von seinem Lehrer Persinger trug er Louis de Bériots „Scène de ballet“ und als Zugabe Pablo de Sarasates „Zigeunerweisen“ vor und erntete positive Kritiken. Zu seinem New Yorker Debüt am 17. Januar 1926 im „Manhattan Opera House“ schenkte sein Mäzen Sidney Ehrmann dem jungen Künstler seine erste wertvolle Geige eines berühmten Mailänder Instrumentenbauers von 1696. Schließlich studierte er bei Adolf Busch weiter. Menuhin sollte die „deutsche Schule“ durchlaufen. Als Zwölfjähriger bekam Yehudi als Geburtstagsgeschenk von dem großzügigen Bankier Henry Goldman eine wertvolle Stradivari-Violine aus 1731, die „Prinz Khevenhüller“ bereits damals 60.000 $ kostete, aus dem Besitz von Emil Herrmann, die ihn seitdem durch die Konzertsäle der Welt begleitete. Als Zwölfjähriger hatte Yehudi auch bereits seinen Durchbruch am Abend des 12. April 1929 mit dem Violinenkonzert („Konzert der drei B“ - Bach / Brahms / Beethoven) unter Bruno Walter in der „Berliner Philharmonie).
 
Adolf Busch gab dem Wunderknaben den letzten geigerischen Schliff, ehe Yehudi erneut auf Tournee ging und im Winter 1931 mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten zurückkehrte. Der Busch-Gesellschaft schrieb Menuhin 1966 ins Stammbuch: „Durch Adolf Busch habe ich das tiefe Erbe der deutschen Musik kennengelernt“. Seine Karriere als Konzertgeiger führte Menuhin anschließend um die ganze Welt. Durch die Zusammenarbeit mit dem ungarischen Dirigenten Antal Dorati, Leiter des „Dallas Symphony Orchestra“, entstand 1946 nicht nur eine Aufnahme von Bartóks Violinkonzert Nr. 2, sondern die Welt erlebte am 6. April erstmals Yehudi Menuhin während einer Rundfunksendung als Dirigenten. 1963 gründete er, unzufrieden mit dem Standard des Violinunterrichts in Großbritannien, eine eigene Violinschule in London. Neben seiner Konzerttätigkeit und späteren Arbeit als Dirigent engagierte er sich immer auch für die Bedürftigen der Welt. Da ihm gleichzeitig auch die Förderung junger, talentierter Künstler am Herzen lag, verband er diese beiden Anliegen 1977 mit der Gründung einer gemeinnützigen Organisation, der „Live Music Now“ in England. Musiker erhalten die Gelegenheit, sich in der Kunst des Vortragens zu üben und Kontakt zum Publikum zu finden. Zur Förderung des Geiger-Nachwuchses rief er 1983 den Wettbewerb „Yehudi Menuhin International Competition for Young Violinists“ ins Leben. Er findet jährlich in verschiedenen europäischen Städten statt; die Teilnehmer dürfen nicht älter als 22 Jahre sein. 1999 gründete Menuhin neben der internationalen die „Yehudi Menuhin Stiftung“ Deutschland. Die Arbeit der Stiftung trägt dazu bei, dass Kinder - insbesondere in sozialen Brennpunkten - in ihrer Kreativität gefördert, in ihrer Ausdrucksfähigkeit und ihrer Persönlichkeit gestärkt und in ihrer sozialen Kompetenz unterstützt werden. Er verfasste als Schirmherr den Text „Zur Bedeutung des Singens“, in dem er das Singen als die eigentliche Muttersprache des Menschen preist. Yehudi Menuhin war es wichtig, dass sich Menschen an Musik erfreuen, der er auch eine soziale Dimension zuschrieb: „Einige sagen, man könne ohne Musik, ohne Theater, ohne Gedichte, ohne Literatur leben. Aber das ist nicht so. Ich sage immer, von einer Musikschule kommen gewöhnlich keine Kriminellen.“ (Yehudi Menuhin, Rastede/1996).
 
DER SPIEGEL schrieb 1999 zurecht: „Nur wenigen klassischen Künstlern ist es vergönnt, zu Lebzeiten auch für jene ein fester Begriff zu sein, die nie ein Konzert oder eine Platte von ihnen gehört haben. Yehudi Menuhin, der Ausnahmegeiger und Menschenfreund, war eine solche, über jedweden Zeitgeist erhabene Zelebrität. Seinen weltweiten Ruhm erwarb sich der Sohn russischstämmiger Juden schon als Kind. In Konzerten in seiner amerikanischen Heimat und in Europa verblüffte der Wunderknabe Publikum und Kritik mit der musikalischen Sicherheit, mit der er die großen Konzerte von Bach, Brahms und Beethoven meisterte.“ Und: „Bewunderung fand der berühmteste Geiger seiner Generation nicht nur wegen seiner künstlerischen Statur, sondern auch wegen seines charismatischen Charmes, seiner selbstbewussten Bescheidenheit und seiner moralischen Grundsätze.“ Im Laufe seines erfolgreichen Lebens baute der große Mensch Menuhin immer aufs Neue Brücken der Versöhnung zwischen den Völkern. Er spielte nach Kriegsende als erster jüdischer Künstler von Rang im niedergeschlagenen Deutschland.
 
Yehudi Menuhin, war nicht allein der größte Geiger seiner Zeit, bewundert und geehrt, er erlangte einen Status als unanfechtbare moralische Institution, die sich für Frieden und Selbstbestimmung ebenso wie für gesunde Ernährung, Vollwertkost und Yoga einsetzte. Seine Karriere war ebenso beispiellos wie sein Renommee als Sendbote eines weltumspannenden Humanismus, als eine Art Vorbild aller Einsichtigen und Gutgewillten.
 
 „Der Mann, der nicht Musik hat in sich selbst,
den nicht die Eintracht süßer Töne rührt,
taugt zu Verrat, zu Räuberei und Tücken;
die Regung seines Sinns ist dumpf wie Nacht,
sein Trachten düster wie der Erebus.
Trau keinem solchen !”
 
William Shakespeare
 
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Gerard Menuhin, Sohn der Geiger-Legende Yehudi Menuhin, trat in die Fußstapfen seines Großvaters Moshe, indem er als Autor von Kolumnen in der „National-Zeitung“ auftrat. DER SPIEGEL wetterte dagegen, es sei „die ärgerliche Geschichte eines Mannes zu erzählen, der in der ‘National-Zeitung‘, dem Zentralorgan der Rechtspartei DVU, eine Kolumne schreibt“. Gerard Menuhin spricht sich darin gegen die Überfremdung Zentraleuropas aus dem Osten („Türken, Serben, Rumänen, Bulgaren und Zigeuner“) aus. Weiter heißt es: „In einem Interview mit der ‘Deutschen Stimme‘, dem Blatt der NPD, spricht er dann von einem ‘Schweigegebot‘ und einer ‘endlosen Erpressung‘, der die Deutschen wegen ihrer NS-Vergangenheit ausgesetzt seien und der sie sich bereitwillig fügten.“ Eine religiöse jüdische Erziehung hatte er nie erfahren. Seine Mutter gehörte der anglikanischen Kirche an. Die Menuhins waren keine frommen Juden, sie ignorierten den Sabbat und jüdische Feiertage. Nur eine Schweizer Gouvernante soll dem Jungen im Kinderzimmer ein deutsches Kindergebet vorgesagt haben: „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“ Schon bei Gerards Großvater Moshe, spielte der Bibel-Gott kaum eine Rolle. Moshe wohnte mit seiner Frau Marutha in Kalifornien, und die beiden wurden die wichtigsten Menschen für das Enkelkind Gerard. Bis 1956 wohnten Yehudi und Diana Menuhin mit ihren Kindern in der Nähe dieser beiden, dann zogen sie nach Europa. Moshe Menuhin hatte jüdischen Nationalismus strikt abgelehnt, er war, wie schon erwähnt, ebenfalls Mitarbeiter der deutschen „National-Zeitung“. Sein dortiges Amt als kulturpolitischer Berater des Blattes legte er 1970 nieder, weil ihm die „National-Zeitung“ zu wenig kämpferisch gegen die Zionisten in Israel schrieb (bzw. schreiben durfte).
 
Yehudi Menuhin schrieb in seinem Buch „Unfinished Journey“ über seinen Sohn Gerard: „[...] Like Diana, he's caustic, intolerant of falsity, affectation or stupidity [...] His great virtue is honesty. His critical faculty spares no one, including himself.” („[...] Wie Diana ist er ätzend, intolerant gegen Falschheit, Affektiertheit oder Dummheit. [...] Seine große Tugend ist die Ehrlichkeit. Seine Kritikfähigkeit verschont niemanden, auch nicht sich selbst.“ Also der bewundernswerte Sohn eines bewundernswürdigen Vaters !
 
„‘Eine Lüge geht um die halbe Welt, bevor die Wahrheit sich auch nur die Hosen anziehen kann‘, sagte Winston Churchill. Einer, der es wissen sollte.“
Gerard Menuhin