SPARTAKUS
 
Des Imperiums Toga breitet sich weit,
und mit ihr die römische Grausamkeit.
Die Agila fliegen, ihre Gladii wüten -,
wer könnte vor Romas Krallen sich hüten ?
 
Rom mordet Menschen wie ein Moloch,
ein erbarmungsloses, schlingendes Loch.
Die Legionen vollziehen die Sklavenjagd,
für jegliche Arbeit sind Sklaven gefragt.
 
Die Gruben, Minen, Felder, Galeeren,
hungern, lebendige Kraft zu verzehren.
Rom stiftet Kriege, um Knechte zu fassen,
unverzichtbar sind sklavische Massen.
 
Zur Sache entrechtet leiden die Sklaven,
willkürlich können Besitzer sie bestrafen,
zum Spiel mit dem Tod nach freier Huld,
auch zum Menschopfer im Toten-Kult.
 
Im Zirkus zerfetzen, dem Pöbel zur Lust,
sich Theater-Sklaven die Sklaven-Brust.
Gladiatoren treten zum Schaukampf an,
zur Belustigung nur stirbt dort ein Mann.
 
Germanen und Gallier sind es zumeist’,
das Schicksal hat sie zusammengeschweißt,
diese eine unbeugsam-rebellische Schar,
im Gladiatoren-Ludus von Capua.
 
Um achtzig Männer, im wilden Entschluss,
entsprangen den Ketten, mit Spartakus.
Der wurde ihr Führer, ein blonder Gigant,
mit Bären-Kräften, Mut und Verstand.
 
Ein thrakischer Fürstensohn soll sein,
die nordischen Thraker lieben den Wein,
dazu auch unbändig der Freiheit Glück:
„Drum auf, gen Nord’, zur Freiheit zurück !“
 
Tausende Sklaven durchbebt’ der Groll,
die Zahl der entlaufenden Sklaven schwoll.
Sie eint der Hass auf die römische Brut,
gemeinsamer Feind und die Kampfeswut.
 
Spartakus geht seinen Männern voraus,
mit Krixus, Kanniki und Oenomaus.
Das sind die Führer der Rebellion -,
doch uneins sind sie im Planen schon.
 
Sie marschieren hinauf zu den Alpen hin,
jenseits der Berge lockt Heimatgewinn.
Zurückzufinden aus Zwängen und Not -,
„Süßer  als Schande ist Schlachtentod !“
 
So lautet der Satz der die Starken traf,
ins freie Herz: „Lever dod as Slav !“
Tod für die Freiheit ist besserer Lohn,
als zu vergehen in knechtischer Fron.
 
So erklingt des Spartakus heiserer Ruf,
der uns ein Fanal für die Freiheit schuf,
dessen Tat und sein Tod auf ewig bezeugt,
dass ein rechter Mann sich niemals beugt !
 
 
Spartakus war der hervorragende Führer im 3. Sklavenaufstand der röm. Republik von 73-71 v.0. Er war ein zum römischen Sklaven und Gladiator erniedrigter thrakischer Edler von hoher Gestalt und hellem Kopf. Der antike Autor Plutarch beschreibt ihn als von einem starken Körper, gebildetem, fähigem Geist und vermutlich höherer Abstammung. Die Thraker werden als ein blondhaariges, kunstsinniges und trinkfestes Volk im Norden der Balkanhalbinsel beschrieben. Spartakus wurde als Schaukämpfer für die Arena in die berühmte Gladiatoren-Schule bei Capua, südlich von Rom, verkauft. Er muss von charismatischer Ausstrahlung gewesen sein, nachdem es ihm gelang, mit um die 80 Leidensgenossen aus dem Schul-Gefängnis auszubrechen, stellen sich die Männer unter seine Führung. Anfangs waren sie nur mit Küchenmessern bewaffnet. Sie besorgten sich die nötigen Waffen und erlebten einen starken Zuwachs durch freiwilligen Zulauf und ihre durchgeführten Befreiungsaktionen der Massen römischer Sklaven.
 
Sklaven waren Menschen ohne Rechte, juristisch galten sie als „Sache“. Sie waren von gleicher Bedeutung wie heute die Energiestoffe Öl, Diesel, Benzin, Elektrizität, um die in unserere Zeit ebenso Kriege geführt werden. Sklaven wurden wie Waren gehandelt und hatten für ihre Besitzer zu arbeiten. Die antike Gesellschaft war ohne Sklaven nicht lebensfähig. Viele römische Kriege wurden nicht zuletzt der Sklavenbeschaffung wegen geführt. Es wird von siegreichen Feldherrn berichtet (z. B. von Caesar), die Zehntausende von Gefangenen in die Sklaverei verkauften und sich damit reich machten. Auch als Schaukämpfer, sog. Gladiatoren (nach Gladius, dem Kurzschwert), wurden geeignete Sklaven verbraucht. Die tödlichen Zirkus-Kämpfe waren aus den Totenkultspielen hervorgegangen, bei denen zu Ehren von Gestorbene – als Menschenopfer - auch Kriegsgefangene ihr Leben lassen mussten. Von Cato dem Älteren (234-149 v.0), Feldherr, Historiker und Staatsmann wird berichtet,dass er seine Sklaven bei den geringsten Fehlern auspeitschen ließ. Sie mussten meist in Ketten arbeiten, kranken Sklaven gab er nicht ihre volle Lebensmittelration. Bei größeren Vergehen wurden sie gefoltert und gekreuzigt.
 
Die aufständische Sklavenarmee rekrutierte sich hauptsächlich aus Germanen und Galliern. Nach den römischen Siegen über die Kimbern und Teutonen (102 und 101 v.0) waren ca. 30 Jahre zuvor tausende junger Germanen und Kelten den Römern in die Hände gefallen, die jetzt ihre Befreiung oder einen ehrenvollen Tod erhofften. Nach unterschiedlichen Angaben umfasste dieses Heer zwischen 12.300 und 35.000 befreite Männer. Drei weitere Unterführer nennen die Quellen: Krixos der Kelte (er soll keltisch „Lockenköpfiger“ heißen), Gannikus (auch: Gaius, Cannicius, Cannikum, Cannici) und Oenomaus (auch: Oinomaos), der möglicherweise Spartaner war. Im Frühjahr 72 v.0 zog Spartacus mit seinen Truppen Richtung Oberitalien in Richtung der Alpen, wohl um diese zu überqueren, um den Weiten der Keltika und Germanika die Freiheit zu finden. Bei Mutina (heute Modena) schlugen die Aufständischen zwei römische Armeen, so dass der Weg über die Alpen frei gewesen wäre, doch die Siege hatten die Zuversicht derart gesteigert, dass sie sich wieder südlich wandten, wohl um die Stadt Rom selbst anzugreifen. Doch es entstanden Missklänge unter den Rebellen, wegen unterschiedlicher Zielvorstellungen, so dass sich Teile des Heeres abspalten und im tiefsten Süden Italiens einzeln von den anrückenden kriegstüchtigen und bestens ausgerüsteten römischen Armeen unter den Feldherren Crassus, Pompeius und Lucullus geschlagen werden konnten. Um 60.000 „Sklaven“ wurden getötet, die nicht auf dem Schlachtfeld Gefallenen wurden später entlang der Via Appia - die Straße von Capua bis Rom - gekreuzigt; es waren etwa 6.000 Gefangene.
 
Die ziemliche Aussichtslosigkeit des Sklavenaufstandes muss den Beteiligten von Anfang an sehr bewusst gewesen sein, trotz der errungenen Teilerfolge. Aber das brennende Verlangen, nicht in Schmach und Schande als rechtloser Knecht vegetieren zu müssen, sondern lieber als freie Männer im Kampf zu sterben, war der zündende Impuls für den Aufstand. Es war der gleiche Wille, der im friesischen und niederdeutschen Ausspruch „Liewer düd aß Slaawe“ / „Lever dood as Slav“ („Lieber tot als Sklave“) zu Tage tritt. Ihn hat der Dichter Detlev Freiherr von Liliencron (1844-1909) in seiner Ballade „Pidder Lüng“ verarbeitet, wo er ihn dem freiheitswilligen Sylter Fischer in den Mund legte: „Lewwer duad üs Slaav“.
Zum Los der römischen Sklaven hier die Passage eines Briefes des röm. Philosophen und Naturforschers Seneca (1-65 n.0), 8, 70, 20-21: „Neulich in der Gladiatorenschule ging einer von den Germanen auf den Abort. Dort stieß er sich das Holz, das zum Reinigen des Afters mit einem Schwamm versehen ist, tief in die Kehle und tötete sich, indem er die Atemwege versperrte. Man urteile über die Tat des entschlossenen Mannes, wie es einem jeden richtig erscheint, solange feststeht: Vorzuziehen ist der schmutzigste Tod der saubersten Sklaverei.“ Und der röm. Senator Symmachus (342-403 n.0) schrieb in einem Brief an seinen Bruder, 2, 46): „Eine Anzahl von Sachsen aus der Gesamtzahl derer, die ich als Volksbelustigung vorgesehen hatte, ist vom Tod abgezogen worden. Wann hätte denn der Wachdienst die unfrommen Hände der verzweifelten Gruppe hindern könne, da bereits der erste Tag des Gladiatorenspiels 29 Sachsen sah, die sich ohne einen Strick die Kehle zerbrochen hatten ? Nicht mehr abgeben möchte ich mich daher mit dieser familia [von Sklaven], die nichtsnutziger ist als Spartacus, sondern will diesen Schaukampf für den Kaiser durch eine Darbietung von wilden Tieren aus Afrika ersetzen.“
 
Bild: Nach dem Buchtitel von Raffaello Giovagnoli, „Spatacus - Feldherr der Sklaven“, 1971