OTTO VON CORVIN
 
Ich schätze, ehr’ und liebe ihn,
den großen Otto von Corvin.
Er hat mein Leben sehr versüßt,
hab’ seinen frischen Stil begrüßt,
er hat mir oftmals Spaß gebracht,
nicht selten hab’ ich laut gelacht.

Wie köstlich ist Corvins Humor,
wie führt er uns die Pfaffen vor,
wie zeigt er ihre Dummheit auf,
führt an, die Beispiele zuhauf,
löst uns Verständnisriegel
in seinem „Pfaffenspiegel“.

Corvin erhielt den ersten Schock,
vernahm den Wahn vom „Hl. Rock“,
von dieser Rock-Wallfahrt nach Trier,
zum tollen Blödsinns-Souvenir.
Drum schrieb er seine Zeilen,
den Mensch’ vom Wahn zu heilen.

Corvin war ein „Freier Denker“,
sein eigener Lebenslenker.
Er war ein deutscher Patriot,
ihn schmerzt’ des Vaterlandes Not.
Er baute Barrikaden,
tät selbst die Büchse laden.

Er stand zur deutschen Revolution,
war Oberhaupt auch der „Legion“,
erlitt dann deren Ende,
kam in der Gegner Hände.
Sechs Jahre hat’ er Einzelhaft,
verlor trotz allem nie die Kraft.

In Wiesbaden war ich ein Knab’,
da stand ich schon an Corvins Grab,
hab’ Blumen auf sein Grab gelegt,
sein Andenken im Herz gepflegt,
fragt' auch: „Was ist geblieben,
hat er umsonst geschrieben ?“
 
Otto von Corvin (Corvin-Wiersbitzki) war ein deutscher Freidenker, Patriot, Schriftsteller und Freiheitskämpfer (1812-1886), der das köstlich humorige und aufklärerische Werk „Der Pfaffenspiegel“ (1845) geschrieben hat. Sein Vater war der ostpreußische Major und Postdirektor Heinrich v. Corvin-Wiersbitzki, seine Mutter war die geborene Catharina Wilhelmine Sophie Mandel. Er liegt auf dem Wiesbadener Nordfriedhof begraben. Nach seiner Zeit in der Kadettenschule zu Berlin war er Leutnant in verschiedenen Garnisonen. Er erkannte bald sein Talent als Schriftsteller der freiheitlichen Aufklärung. Er schrieb u.a. für die in Leipzig erscheinende fundamentalistische Zeitschrift „Die Locomotive. Allgemeine Intelligenzzeitung für Deutschland“, die Friedrich-Wilhelm Held herausbrachte. Nach Verbot der Schrift wurde sie in „Locomotive - Zeitung für politische Bildung des Volkes“ umbenannt, schließlich unter den Titeln „Censuriana oder Geheimnisse der Censur“ und „Dem Deutschen Volke“  veröffentlicht. Die damaligen hitzigen öffentlichen Diskussionen, um die „Trierer Wallfahrt“ von 1844 zum sogenannten „Heiligen Rock“, die zwischen bornierten Klerikalen und Aufgeklärten der liberalen Intelligenzlerkreise geführt wurden, veranlassten Corvin sein berühmt gewordenes Buch „Der Pfaffenspiegel“ zu schreiben. Held und Corvin stiegen zu Führern der demokratischen Bewegung auf. Es ging damals um eine demokratische Einigung des zersplitterten Deutschtums, die in der „Deutschen Revolution 1848/49“ ihren vergeblichen Höhepunkt fand. Corvin wurde militärischer Ausbilder und „Chef des Generalstabs“ der „Deutschen Demokratischen Legion“, die unter Führung des Dichters Georg Herwegh die Befreiung Deutschlands vom Fürsten- und Monarchenjoch versuchte. Sie wurde geschlagen und aufgerieben. Corvin, der am verlustreichen Gefecht von Dossenbach teilgenommen hatte, wurde zum Tod verurteilt und dann zu 6 Jahren Einzelhaft begnadigt. Nach seiner Freiwerdung arbeitete er als Korrespondent für mehrere Zeitungen. Als Sonderberichterstatter nahm er am amerikanischen Sezessionskrieg teil und berichtete von der Front. Schließlich ließ sich Corvin zunächst in Wertheim nieder und verlebte dann seinen Ruhestand in Wiesbaden.
 
Werke: „Der Pfaffenspiegel - Historische Denkmale des christlichen Fanatismus“, 1845/68 - „Illustrierte Weltgeschichte für das Volk“, 1851 - „Die Geissler“, 1860 - „Erinnerungen eines Volkskämpfers“, 1861 - „Aus dem Zellengefängnis. Briefe aus bewegter, schwerer Zeit 1848-1856“, 1884.
 
„Der Pfaffenspiegel - Historische Denkmale des christlichen Fanatismus“ (1845) ist ein köstlich geschriebenes kirchenkritisches Buch über die schier endlose Anreihung von Blödsinnigkeiten und Verbrechen der katholischen Kirche, aus der Feder des Freiheitskämpfers und Denkers Otto von Corvin (1812–1886), der auf dem Wiesbadener Nordfriedhof seine letzte Ruhestätte gefunden hat. - Corvin blickt hinter die Kulissen der römisch-katholischen Kirche und weist auf die Missstände hin, die sich von den Anfängen des Christentums bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts dort zugetragen haben. Seine Kritik reicht vom überzogenen Heiligenkult, der allzu oft in geradezu heidnische Götzenanbetung ausartete, über den Ablasshandel und die damit verbundene Sittenlosigkeit vieler Geistlicher bis zu den zügellosen Ausschweifungen mancher Päpste und den höchst verwerflichen Zuständen in den damaligen Klöstern.
 
Textteile der Vorrede:
 
Die Welt ist schon oft mit einem Narrenhause verglichen worden. Der Vergleich ist für uns nicht schmeichelhaft, aber leider ist er passend. Schauen wir um uns! Wo wir hinsehen, finden wir die charakteristischen Kennzeichen eines Tollhauses ... Es ist meine ehrliche und aufrichtige Meinung, daß das Christentum unendliches Elend über die Welt gebracht hat ! Das Gute, welches es erzeugte, wäre auf anderen Wegen gewiß weit herrlicher erreicht worden, und dann steht es mit dem Bösen, dessen Ursache es war, in gar keinem Verhältnis ...“ – „Papst Alexander VI. sagte: ,Jede Religion ist gut, die beste aber - die dümmste.’ Er sprach es aus, was alle Päpste vor und nach ihm dachten. ,Rom kann nur herrschen, wenn die Welt dumm ist’, stand als unumstößlicher Grundsatz in ihrer Seele geschrieben, und deshalb schickten sie ihre Apostel aus, welche die Menschheit systematisch verdummen mußten ...Völker und Fürsten lagen vor den Päpsten im Staube. Das Weltreich, welches sie errichteten, und sein Bestehen bis auf den heutigen Tag ist das größte Wunder, welches die Geschichte kennt. Des großen Alexander Reich zerfiel; das der alten Römer und das Napoleons ging in Trümmer; sie waren gebaut auf die Gewalt der Waffen. Aber das Reich von Neu-Rom besteht schon fast anderthalbtausend Jahre und wird wer weiß noch wie lange bestehen, denn es ruht auf dem solidesten Fundament - auf der Dummheit der Menschen. Man schämt sich, ein Mensch zu sein, wenn man überdenkt, durch welche Mittel es den Päpsten gelang, die Geister der Menschen in das Joch zu schmieden…“