MANFRED SPITZER
 
Es gibt die Wissenden und Schwätzer,
die Denker und die Hausbesetzer.
Ein großer Geist ist Manfred Spitzer,
er benennt die größten Schnitzer.
 
Zu schlimmsten Fehlern dieser Zeit,
macht Spitzer unsere Ohren weit.
Er ist sowas wie ein Prophet,
der viel vom Welten-Wahn versteht.
 
Er warnt vor dem Computer-Wahn,
der wirft die Kinder aus der Bahn.
Was Leute tun das prägt sie auch,
es formt den Geist sowie den Bauch.
 
Das alte Schreiben mit dem Stift,
befördert mehr des Geistes Trift,
als das stumpfe Tasten-Hacken,
womit wir kein Begreifen packen.
 
Der Mensch begreift nur was er greift,
vom Fingerspiel der Geist erreift.
Wer nur auf Tasten-Knöpfe drückt,
wird in moderner Form verrückt.
 
Das ganze „Am-Computer-Hocken“,
legt mitmenschliches Können trocken.
Wer Internet-Beziehung treibt,
am End‘ doch unverstanden bleibt.
 
Senioren-Foren, Facebook-Freunde;
wer immer dieses Netz durchstreunte,
er steht in einem Wahn und Bann,
tut sich gewiss nichts Gutes an !
 
Manfred Spitzer (1958-) ist ein Mediziner, Psychologe, Psychiater, Hochschullehrer. Seit 1998 ist er ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Uni-Klinik in Ulm. Er ist der jüngste Professor der Psychiatrie in Deutschland. Nach dem Diplom in den beiden anderen Fächern, Medizin (1983) und Philosophie (1985), habilitierte er sich 1989 für das Fach Psychiatrie (Facharzt für Psychiatrie) mit der Arbeit „Was ist Wahn ?“. Über die Fachkreise hinaus bekannt wurde Spitzer durch populärwissenschaftliche Vorträge und allgemeinverständliche Bücher. Die 12 Staffeln seiner Serie „Geist und Gehirn“ sind auf DVD erschienen, ebenso gibt es mehrere Manfred-Spitzer-CDs. Er ersann mit dem Transferzentrum das Konzept zu „Spielen macht Schule“, einem Wettbewerb für Grundschulen. Nach Spitzer zeigt die Gehirnforschung nicht nur, dass wir zum Lernen geboren sind und gar nicht anders können, als lebenslang zu lernen, sondern auch die Bedingungen für erfolgreiches Lernen. Sie ermögliche uns damit ein besseres Selbstverständnis und leistet einen wichtigen kulturellen Beitrag. Es sei an der Zeit, dieses Verständnis für die Gestaltung von Lernumgebungen zu nutzen Weil alle Handlungen „Spuren im Gehirn“ hinterließen- umso intensiver, je häufiger sie ausgeführt werden - sei es nicht egal, was Kinder und Jugendliche den ganzen Tag tun. Kinder lernten deutlich schneller als Erwachsene. Das Gehirn eines Erwachsenen unterscheide sich grundlegend von dem in der Entwicklung begriffenen Kindergehirn. Handeln und Begreifen spielten nicht nur für das Erlernen konkreter einzelner Dinge eine Rolle, sondern auch beim Erlernen allgemeinen Wissens (semantisches Gedächtnis und sogar abstrakte Begriffe wie Zahlen): „Wer möchte, dass aus seinen Kindern Mathematiker oder Spezialisten für Informationstechnik werden, der sorge für Fingerspiele statt für Laptops in den Kindergärten. Und wer die Schriftsprache ernst nimmt, der sollte eher für Bleistifte als für Tastaturen plädieren.“ Mit Bezug auf aktuelle statistische Mediennutzungsdaten von Schülern in Deutschland warnt Spitzer vor dem zunehmenden Konsum elektronischer Medien durch Kinder und Jugendliche, der zu nur sehr oberflächlicher Beschäftigung mit Informationen führe und zu Lasten des eigenen, aktiv tätigen Lernens gehe. Wie ein Muskel werde auch das Gehirn nur dann trainiert, wenn man es wirklich fordere. In diesem Zusammenhang übt Spitzer harte Kritik an einem Teil der Bildungspolitiker: „Enquetes laden ausschließlich Experten ein, die von Medienunternehmen-gesponserten Medieninstituten stammen. Das erklärt, warum sie dann empfehlen, dass jeder Schüler einen Laptop haben soll, obwohl wir wissen, dass der dem Lernen mehr schadet als nutzt.“
 
Neurobiologische Untersuchtungen zu Lernprozessen haben in den vergangenen Jahren bahnbrechende Ergebnisse zu Tage gefördert. Heute weiß man um einer ganze Reihe von Prinzipien, die Prozesse beschreiben, die beim Lernen vonstatten gehen – beispielsweise, dass die Gehirnrinde in Abhängigkeit der Lebenserfahrung Landkarten produziert, auf denen bestimmte wichtige Charakteristika dieser Erfahrungen abgebildet sind. Diese Landkarten ändern sich permanent erfahrungsabhängig. Unter bestimmten Umständen ändern sie sich rascher, unter anderen Bedingungen wieder ändern sie sich gar nicht oder nur sehr langsam. Über diese Bedingungen nimmt Spitzer in seinen Vorträgen unter die Lupe und auch, wie man sie auf den praktischen Alltag anwenden kann. So versteht man heute prinzipiell schon sehr gut, wie Motivation, Emotionen, Aufmerksamkeitsprozesse und vor allem auch das Hantieren mit den Dingen das Lernen beeinflussen. Anhand von konkreten Untersuchungen stellt der Wissenschaftler vor, wie Nervenzellen beziehungsweise Nervenzellverbände lernen, welche Bedingungen diesem Lernen förderlich sind – und zwar von der Wiege bis zur Bahre.
 
In seinem Buch „Digitale Demenz” wendet sich Spitzer vehement gegen Initiativen von Politik und Industrie, „alle Schüler mit Notebooks auszustatten und die Computerspiel-Pädagogik zu fördern“. Diese Initiativen zeugten entweder von blankem Unwissen oder skrupellosen kommerziellen Interessen. Denn zahlreiche wissenschaftliche Studien stellten den digitalen Medien als Lernmittel ein miserables Zeugnis aus. Soziale Online-Netzwerke lockten mit virtuellen Freundschaften, doch in Wirklichkeit beeinträchtigten sie das Sozialverhalten und förderten Depressionen. Der Mensch verlernt damit den realen Umgang zum Mitmenschen. Spitzers neues Buch ergänzt das vorige und zeigt auf, wie in den letzten Jahren Menschen und Gesellschaft durch den Umgang mit den digitalen Medien und dem Internet verändert wurden. Er beschreibt die Entstehung einer modernen „Zivilisationskrankheiten“ und ihre verschiedenen Facetten (z. B. Spiele- und Online-Sucht, Isolation vom realen Leben). Basierend auf seinen Erkenntnissen als Wissenschaftler und Vater wirbt er in seinem Werk für Erhalt und Stärkung der emotionalen Intelligenz, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. In der systemimmanenten Presse wurden Spitzer so blödsinnige Vorwürfe gemacht, er würde die „Ängste verunsicherter Eltern bedienen“. Damit verhält es sich ebenso wie mit den Vorwürfen gegenüber jenen, die die Ängste der Bürger angesichts grandios zunehmender Wohnungseinbrüche bedauern und rügen, anstatt nach besseren Sicherheitsstandards Ausschau zu halten. Der Literatur- und Medienwissenschaftler Roberto Simanowski meinte in einem Beitrag, Spitzers Thesen seien nicht unbegründet, aber man müsse „sie gegen den Ton schützen, in dem sie vorgetragen werden“. Kulturpessimismus sei „nicht hilfreich“. Dagegen ist einzuwenden, dass in unserer überfütterten und mithin abgestumpften Zeit nur eine engagierte Sprache Gehör finden kann ! Michael Hanfeld, der Spitzners Aussagen kritisch bewertete, merkte an, dass sich jeder Spitzers Einschätzung „vorbehaltlos anschließen“ dürfte, der schon einmal beobachtet habe, „in welcher psychischen Disposition sich Jugendliche befinden, die ihre analoge, herkömmliche Freizeitgestaltung suspendiert und für eine Karriere als Ego-Shooter-Spieler aufgegeben“ hätten.
 
Professor Manfred Spitzers ganze berechtigte Sorge gilt den Kindern und Jugendlichen. Durch zu frühen Umgang mit Computern und Smartphones drohten ihnen im schlimmsten Fall Missbildungen des Gehirns oder ansonsten Ängste, Schlafstörungen, Depressionen, Diabetes oder Aufmerksamkeitsdefizite. „Ich kann zwar nicht genau sagen, ob bis zum Alter von 14 oder 16 Jahren, aber wir müssen Kinder und Jugendliche vor den digitalen Medien schützen“, sagte Spitzer in der Quasselrunde von Anne Will (01.11.2016).
 
Geistesfunken von Manfred Spitzer: „Lesen bildet - daddeln nicht"
 
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Siehe auch: Professor Gerald Hüther auf der 2. Konferenz von Denkwerk Zukunft
 
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