REBELLENGEIST
 
Wie vor mir mancher tapf‘re Mann,
so steh‘ ich zwar in Acht und Bann;
doch straft mich auch das Hochgericht,
in Schimpf und Schande steh‘ ich nicht.
 
Urew’ger Ahnen bin ich Spross,
der Freigeist ist mein Schwertgenoss‘;
unsterblich wächst mir neu der Mut
aus Heiden- und aus Ketzerblut.
 
Die Pfeife schrillt, die Trommel dröhnt,
und ob auch Pfaff‘ und Kanzler stöhnt -,
wär‘ selbst ihr Thron der Hohe Stauf,
die Sperre bricht, ich komm‘ hinauf.
 
Ich fasse sie bei Rock und Schopf
und zause ihren Lügenzopf
und brenne ihren falschen Bart,
nach frecher, freier Wiking-Art.
 
Red‘ keinem Laffen nach dem Mund,
war demütig zu keiner Stund‘;
war niemals eines Meisters Knecht,
und keinem Herren macht‘ ich‘s recht.
 
Ich frag‘ nach keines Rektors Rat,
geh‘ keinen ausgetretenen Pfad,
ich folg‘ allein dem graden Sinn,
mich reizt kein Zins, kein Geldgewinn.
 
Bin fessel- und bin vogelfrei,
hab‘ keine Scham und Scheu dabei;
ich spuck’ in Midgartschlanges Schlund -;
die Welt ist weit -, die Welt ist rund.
 
Kenn‘ keine Reue, keine Schuld,
mir ist es gleich, ob Hass, ob Huld
begleiten meine Sternenbahn,
nichts hält mich nieder, hält mich an.
 
Der Liebe nur bin ich geweiht,
zur höh‘ren Art und Menschlichkeit,
sie ist die einz’ge Gotteskraft,
die Welten sprengt und bessere schafft !
 
Bild: „Ritter, Tod und Teufel“ ist einer der Meisterstiche des genialen Albrecht Dürer (1471-1528).

Wie auch andere Stiche des Künstlers zeichnet sich dieses Bild durch eine Vielzahl von Symbolen aus der Ikonographie aus. Es setzt den freien, ritterlichen Herren ins Bild, der sich weder vor Tod noch Teufel fürchtet.