Abb. a - 1530 - Frauen werden in die Sklaverei geführt -
Abb. b - 1529 - Holzschnitt von Hans Guldenmundt, Wien
 
DIE TÜRKEN VOR WIEN
 
 
Die Buntheit des Orients zieht heran,
Kamele, Esel und Ochsengespann,
der Janitscharen gleißendes Heer,
asiatische Horden wie Sand am Meer.
 
Aus allen Provinzen die „Pforte“ bedroht
Mongolen und Mohren ins Aufgebot -,
wie Dämonengewitter wogt es herzu,
Lande zerstampft der Soldatenschuh.
 
Das uralte Grauen, man kennt es gut,
aus hunnisch-mongolischer Völkerflut.
Metzeln und Morden, namloser Gräuel,
der Weiber und Kinder Todesgeheul‘.
 
Sultan Süleyman I. gibt kein Pardon,
zwingt die Gebiete in Türken-Fasson,
lässt zum Überleben nur eine Wahl,
wer Allah nicht ehrt, leidet Todesqual.
 
Wer sich Osmanen nicht beugen will,
den machen die krummen Säbel still.
All überall modert Menschen-Aas,
Wölfen und Krähen zum fetten Fraß.
 
Türken pfählen die Leute auf Stangen,
treiben, die sie lebendig gefangen,
auf die Sklavenmärkte ins Türkenland,
Tausende sterben in Not und Schand‘.
 
Es donnern rings die Kanonen um Wien,
das wie ein „Goldener Apfel“ erschien.
Arkebusen blitzen bei Tag und Nacht,
Landsknechte halten getreue Wacht.
 
Auch die Pikeniere in Panzer und Helm,
erlegen so manchen Türken-Schelm. 
Dann zieht sich zurück der wilde Strom,
und Glocken läuten vom Stephansdom.
 
Die Erste Türkenbelagerung Wiens, der nominativen Hauptstadt des Deutschen Reiches, war ein grausamer Höhepunkt der Türkenangriffe auf Mitteleuropa (27.09. bis 14.10.1529). Sultan Süleyman I. war der türkische Herrscher, der bereits große Teile der Balkanhalbinsel unterworfen hatte. Die „Hohe Pforte“ war der Begriff für den türkischen Sultanspalast in Istanbul, dem Sitz der osmanischen Regierung. 1521 war Süleyman die Eroberung des ungarischen Belgrads gelungen. Das katholische Frankreich brachte wiederholt die Niedertracht auf, den Türken Gelder zu überweisen, verbunden mit der Aufforderung, die ebenfalls katholischen deutschen Länder von Südosten her anzugreifen. Die Türken hatten den Brauch, systematisch Knaben aus den unterworfenen nichttürkischen Gebieten zwangsweise zu islamisieren, dazu europäischen Sklaven und Kriegsgefangene in hart ausgebildeten „Janitscharen“ als Eliteeinheiten ihrer Angriffsarmeen zusammenzufassen. Eine bestimmte Anzahl männlicher Jugend der europiden Gebiete wurde im sog. „Knabenzins“ den Familien entrissen, zölibatär unter harter Disziplin kaserniert und islamisch fanatisiert, um sie als kompromisslose Soldaten missbrauchen zu können. Dabei erwarben sie sich den Ruf, außerordentlich grausam gegen ihre Feinde zu sein. Die Janitscharen waren ausschließlich für den Krieg gezüchtet. Sie heirateten nicht, sie hatten keinen Besitz und bezogen außer den Mahlzeiten keinen Sold, bekamen aber einen Anteil an der Raubbeute; sie waren nichts als islamische Militärsklaven. Natürlich veränderte sich ihr ursprünglicher Status im Laufe der Zeit. Erst 1683 wurde die gewaltsame „Knabenlese“ aufgegeben -, erst 1826 wurde die Truppe aufgelöst.
 
20.000 Janitschari setzte der Sultan gegen Wien an, das als „Goldener Apfel“ und als Tor zu Innereuropa galt. Den ersten europäischen „Goldenen Apfel“ hatten die Türken, unter Sultan Mehmed II. mit der Stadt Konstantinopel am 29.05.1453 gepflückt und die gesamte Bevölkerung versklavt, getötet oder deportiert (bis auf die Juden und Genueser). In der osmanischen Aschikpaschazade-Chronik heißt es dazu: „Da gab es gute Beute. Gold und Silber und Juwelen und kostbare Stoffe wurden auf den Markt im Heerlager gebracht und in Haufen aufgestapelt; all dieses wurde nun feilgeboten. Die Ungläubigen von İstanbul wurden zu Sklaven gemacht, und die schönen Mädchen wurden von den Gotteskriegern in die Arme genommen.“ - Die gesamte Streitmacht von Mehmed II. vor Wien umfasste ca. 150.000 Menschen. 15.000 bis 18.000 Soldaten kamen aus den osmanischen Vasallenstaaten Moldau und Serbien. Die Gräuel der Türken im Umfeld von Wien waren schlimm. Auch Hans Sachs (1494-1576), der Nürnberger Poet klagte in gereimter Form, dass streifende Türkenrotten mehr als 70 Dörfer verbrannt und alles Volk, ohne Gegenwehr, darin ermordet und weggeführt hätten. Und, dass wenn der Türke die deutsche Hauptstadt Wien erobert hätte, das ganze deutsche Land „elend verwüstet mit Mord und Brand“ würde.Der Bischof Fabri von Wien (1536–1541) sagte: „Es gibt unter dem Himmel keine grausameren und kühneren Schurken als die Türken, welche kein Alter oder Geschlecht verschonen und gnadenlos jung und alt zugleich niederstrecken und unreife Früchte aus dem Schoße der Mütter ausreißen.“ Martin Luther (1483-1546) verfasste 1529 die Schrift „Vom Krieg wider die Türken“. Durch die kriegerischen Wirren seiner Zeit bestimmt, hielt er es für notwendig, in seinen „Türkenschriften“, vor der Osmanischen Macht und dem Islam zu warnen. In „Die Türkengefahr als Strafe Gottes" heißt es: „Der Türke ist Gottes Rute und des Teufels Diener, das hat keinen Zweifel." - Bei der Ersten Türkenbelagerung Wiens konnten wegen der aufgeweichten Straßen nur 2 schwere, aber 300 leichtere Kanonen beigebracht werden. Etwa 22.000 Kamele fungierten als Lasttiere. Die Türken versuchten die Wälle der Stadt zu untergraben und zu sprengen, doch den ca. 17.000 Verteidigungs-Soldaten glückte wiederholt die Abwehr, sowohl in den unteririschen Minenkämpfen wie auch an den geschlagenen Mauerbrechen. Die mit Piken und Arkebusen bewaffneten, auch mit Brust- sowie Helm-Schutz versehenen Landsknechte erwiesen sich den Türken im Nahkampf überlegen. Der nahende Winter veranlasste die Invasoren zum Rückzug. Schon 1532 unternahm Sultan Süleyman einen zweiten Anlauf, Wien zu erobern.
 
Die Zweite große Wiener Türkenbelagerung war vom 14.07. bis 12.09.1683. Der auch von türkischer Geschichtsschreibung als „grausam gegenüber den Ungläubigen“      bezeichnete Oberbefehlshaber Kara Mustafa richtete ein Ultimatum an die Wiener: „Entweder Islam oder Tod - sonst wird die Entscheidung in unserem Streit dem Schwert überlassen“. Die Verbindung von Wien nach Wiener Neustadt hatten schon die tatarischen Vorhuten unterbunden. Die Türken belagerten drei Tage lang Hainburg, brannten es nieder und ermordeten fast die gesamte Bevölkerung, der Rest wurde versklavt. Gleichermaßen erging es den bei Wien gelegenen Orten Baden, Schwechat, Inzersdorf, Favorita. Auch die Bevölkerungen von Perchtoldsdorf und Mödling wurde getötet, der Ort niedergebrannt. Die Bewohner der letztgenannten Gemeinde hatten sich in die St. Othmarkirche geflüchtet, sie wurden im Kirchenraum umgebracht. Die Städte Bruck, Eisenstadt und Ödenburg fielen ebenso in die gnadenlose Hand der Invasoren, das Stift Heiligenkreuz wurde geplündert und verbrannt. Nach zahlreichen fehlgeschlagenen Eroberungsversuchen, traf ein Ersatzheer von 54.000 bis 60.000 Mann ein und lieferte den Türken die erfolgreiche Schlacht am Kahlenberg. In den Morgenstunden des 12. Septembers griffen diese Truppen aus Bayern, Sachsen, Franken, Schwaben, Baden, Oberhessen, Venedig und Polen, unter dem Oberkommando des polnischen Königs Johann III. Sobieski, dem Kaiser Karl V. den Oberbefehl abgetreten hatte, von den Höhen des Wienerwaldes her ein. Gleichzeitig traten auch die Wiener offensiv an, worauf die türkischen Truppen flohen und erst nach um die 10 Kilometern einigermaßen gesammelt und nach Ungarn zurückgeführt werden konnten. Der Krieg ging weiter bis 1699. Die Türken konnten schließlich in Ungarn besiegt werden und es kam zur Dreiteilung des Landes. An den Siegen hatte wesentlichen Anteil der treue habsburgische Feldherr Eugen Franz, Prinz von Savoyen-Carignan (1663-1736). Er war ab 1697 Oberbefehlshaber im „Großen Türkenkrieg“ und im Spanischen Erbfolgekrieg Oberkommandierender der antifranzösischen Koalition.