ARMIN DER CHERUSKER
BEFREIER GERMANIENS
 
In Osnings Wälder wispern die Eiben,
die Quellen tragen die Kunde fort:
Sollen des Himmels Götter noch bleiben ?
Von Wodan kündet ein neues Wort.
 
Der Geistgott hat sich der Jugend verkündet,
er ruft sie auf zum Kampf gegen Rom,
in seinem Geist werden Bünde gegründet,
der neue Glaube schwillt an zum Strom.
 
Frecher werden die römischen Schergen,
ihr grimmiger Varus, die Rute zur Hand,
gräbt Silber aus den germanischen Bergen,
unterjocht das cheruskische Vaterland.
 
Germanische Jungmänner lagern beisammen,
heiliger Trank hat die Seelen berauscht,
in aller Herzen lodern die Flammen,
Schwüre der Treue werden getauscht.
 
Ein Prinz der Cherusker jagt durch die Gaue,
seine Botschaft ist ein einziger Schrei:
„Ich künde euch Kämpfe -, blutige, raue,
helft mir zu siegen, macht euch jetzt frei !
 
Im Namen der Gottheit rätlicher Listen,
woll’n wir den römischen Drachen besteh’n,
wir locken ihn zu den nächstbesten Fristen,
in unsere Verhaue und Fallen zu geh’n.
 
Des Armins Plan ist wahrlich gelungen,
3 Legionen verschlangen die Wälder des Teut.
Sein Siegeslied wird bis heute gesungen,
in dem die deutschen Befreiung sich freut.
 
Armin den Cherusker bejubeln die Lieder,
ihn loben die Mären als sonnigen Held.
Er trat den römischen Hochmut nieder,
als Siegfried kennt ihn die ganze Welt.
 
Marmorkopf des Arminius im kapitolinischen Museum in Rom
 
Der Cherusker-Fürst Armin(ius) lebte um 17 v. 0 bis 21 n. 0. Er vernichtete als Führer einer geeinten germ. Koalition im Jahre 9 n. 0 die römische Unterjochungs- und Besatzungs-Armee von drei Legionen im Teutoburger Wald , weshalb er selbst vom röm. Historiker Publius Cornelius Tacitus als „Befreier Germaniens“ bezeichnet wurde. Er gehörte der cheruskischen Sieg-Sippe an, wohl auch deshalb ging er als legendärer Drachentöter Siegfried/Sigurd in die germanische Volksdichtung (Nibelungenlied) ein. Er war Sohn des Cherusker-Fürsten Sigimer, der ebenso wie Oheim Inguiomer und Bruder Flavus, aus politischem Kalkül sich mit der römischen Übermacht zu arrangieren versuchten. Wie zu allen Zeiten - ähnlich bei den Griechen gegenüber der persischen Großmacht - gab es auch bei den Germanen prorömische Parteien. Armin und Bruder Flavus traten in römischen Waffendienst, Armin erwarb dabei das röm. Bürgerrecht und den Ritterstand. Um das Jahr 7 n. kehrte Armin in die Stammesheimat zurück und warb um ein Mädchen Tusnelda, deren Vater Segestes die Verbindung ablehnte.
 
Der damalige Statthalter des röm. Imperiums in Germanien war Publius Quinctilius Varus, der den kaiserlichen Auftrag hatte, bis an die Weser das freie Germanien in eine röm. Provinz umzubauen. Der junge patriotische Armin sah im Herbst des Jahres 9 n. 0 die Zeit unaufschiebbar für einen Aufstand gegen Roms Unterjochungsabsichten gekommen. Varus und seine Hauptleute behandelten die Germanen bereits wie dienstbare, tributpflichtige Sklaven Roms, denen röm. Sitten und Gebräuche aufgezwungen wurden. Tacitus bestätigt die Motive Armins, der sich aufs Vaterland, die Ahnen, Tradition, Ruhm und Freiheit berief. Armins Vater unterstützte seinen Sohn bei der Planung der Erhebung, die etliche Nachbarstämme erfasste und schließlich zur röm. Katastrophe der sog. „Varusschlacht“ führte, bei der ein Achtel des Gesamtheeres im Römischen Reich vernichtet wurde. Armin, der als wichtiger Unterführer germanischer Hilfsverbände, das Vertrauen des Varus besaß, lockte den röm. Heerwurm, unter dem Vorwand, eine Rebellion sei zu dämpfen, in unwegsames Gelände vor die Verhaue und Verschanzungen seiner kriegerischen Mitverschworenen. Varus ging in die Falle. Als Ort der Schlacht ist seit Ende der 1980er Jahre eine Fundregion bei Kalkriese am Wiehengebirge im Osnabrücker Land ins Blickfeld geraten. Die 17., 18. und 19. Legion, sowie sechs Kohorten und drei Alen gingen am sog. „Saltus Teutoburgiensis“ unter. Ihr Oberkommandierender Varus nahm sich das Leben. In den Jahren 9 bis 16 n.0 gehörten zu den Verbündeten des Arminius neben den Cheruskern, Brukterer, Usipeter, Chatten, Chattuarier, Tubanten, Angrivarier, Mattiaker, Lander. Probleme bekam Armin mit seinem Brautvater Segest un im Frühjahr 17 n.0 kam es zu schwerwigeenden innergermanischen Querelen sowie einer Schlacht gegen Fürst Marbod, aus dessen Machtbereich die Semonen und Langobarden ebenfalls zu Armin übergingen.
 
In Tacitus „Annalen“ 59 f, heißt es, dass Die Kunde von der Unterwerfung des Segestes und dessen Aufnahme bei den Römern germanischerseits, je nachdem sie für Krieg oder Frieden gestimmt waren, Hoffnung oder Schmerz. Und weiter: „Den Arminius, von Natur schon heftig, trieb es wie wahnsinnig umher, dass ihm die Gattin geraubt, dass sein Kind unter dem Herzen der Mutter in Sklaverei sein solle. Er flog durch die Gaue der Cherusker, Krieg gegen Segestes, Krieg gegen den Caesar fordernd…. Er führe freilich den Krieg nicht durch Verrat, nicht gegen schwangere Frauen, sondern offen und gegen Bewaffnete. Noch schaue man in Germaniens Hainen die römischen Feldzeichen, die er den heimischen Göttern aufgehängt habe. Immerhin möge ein Segestes das bezwungene Ufer bebauen und den Sohn wieder zum Priester am Altar von Menschen machen. Wer ein Germane sei, der könne nie entschuldigen, dass er zwischen Elbe und Rhein einst Ruten, Beile und Toga gesehen habe. Andere Stämme wüssten nichts von der römischen Art zu herrschen, darum auch nichts von ihren Henkerbeilen, nichts von Abgabenzahlungen; …Wenn ihnen Vaterland, Eltern und eigene Brauchtümer lieber sei als Gewaltherren und neue Kolonien, so sollten sie dem Arminius zu Ruhm und Freiheit folgen und nicht einem Segestes zu schimpflicher Knechtschaft !“ Und das metzeln der Römer ging weiter. Kaiser Augustus gab den Plan Germanien zu erobern nicht auf: „Er schickte, … um die Feinde zu teilen, den Caecina mit vierzig römischen Kohorten durch das Gebiet der Brukterer an die Ems, die Reiterei ließ er unter dem Präfekten Pedo durch die friesische Mark ziehen; er selbst brachte vier Legionen zu Schiff und fuhr mit ihnen über die Seen. Fußvolk, Reiterei und Flotte trafen gleichzeitig bei der vorgenannten Flussmündung ein. Die Chauker versprachen Hilfe und wurden darum in den Heereszug aufgenommen. Im Auftrag des Germanicus zerstreute Lucius Stertinius mit leichter Truppe die Brukterer, die ihre Wohngebiete abfackelten. Unter Morden und Beutemachen fand er den Adler der neunzehnten Legion, der mit Varus verloren gegangen war. In einem Zug ging das Heer von da bis zu der entlegensten Grenze der Brukterer; alles Land zwischen Ems und Lippe wurde verwüstet, nicht fern vom Teutoburger Wald, in dem, wie man sagte, die Überreste des Varus und der Legionen unbestattet lagen.“
 
Germanien, in mehrere Dutzend Stämme zersplittert, hatte vorher nie gelernt eine gemeinsame Aktion auszuführen. Armin gelang es, dass sich ihm Krieger aus mindestens elf verschiedenen Volksgruppen unterstellten. Wie war das möglich, was war das verbindende Elixier ? Unter Heerkönig Armin mussten germanische Völker erstmals lernen, überregionale Kommandostrukturen aufzubauen und funktionieren zu lassen. Nur eine gemeinschaftsbildende Idee, die tragfähiger gewesen sein muss, als ein gemeinsamer äußerer Feind, eine neue Glaubensform, eine Religion kommt dafür in Frage. Der Wodankult mit seinen Rauschtrankgelagen und der gemeinsam empfundenen Gottesgewissheit wird es gewesen sein. In mehr als 13 Schlachten hat sich der Freundgott bewährt. Die römischen Niederlagen waren erschütternd für das Imperium, das Schlimmste wurde befürchtet. „Nichts war blutiger als jene Niederlage in den Sümpfen und Wäldern, nichts unerträglicher als der Übermut der Barbaren…“, klagte der römische Berichterstatter Publius Annius Florus. Es folgt seine kurze Schilderung germanischer Rachemaßnahmen, die wir wegen ihrer tendenziösen Einseitigkeit übergehren können, denn die vorausgegangenen römischen Grausamkeiten finden in den römischen Kommentaren selbstverständlich ebenso keine Erwähnung. Hätte sich, wie Armin das anstrebte, König Marbod dem Vereinigungswerk angeschlossen, würde ein germanisches Reich entstanden sein, vom Rhein bis Böhmen, Mähren, Schlesien bis nach Brandenburg, Mecklenburg und Pommern hinauf, mit gleichvölkischen nordischen Hinterländern Dänemarks und Skandinaviens und östlichen der Gotenreiche bis ans Schwarze Meer -, vereint von einer eigengesetzlichen Religion des Wotan-Glaubens. Dieser Machtblock hätte ein adäquates Gegengewicht bilden können gegenüber römischen Weltmachtgelüsten. Die historische Stunde des großen Armin wurde vertan und das germanisch-deutsche Verhängnis nahm seinen Lauf.
 
Der neue wodanische Glaubensimpuls schaffe aber auch Probleme. Die innergermanischen Auseinadersetzungen und insbesondere die Gegnerschaft des Onkels Inguiomer, des Schwiegervaters Segest, des Bruders Flavus und des Fürsten Marbod könnten aus dem religiösen Konflikt mit erklärt werden. Der damals um sich greifende Wodankult, der mit Trankfesten einherging, hatte die kriegerische Jugend erfasst, und ihr eine überhöhende Motivation an die Hand gegeben. Der Ahnen- und Seelengott-Kult (Asen), welcher sehr wohl um des militärischen Erfolges willen List und Tücke zuließ - dazu sogar riet - ließ die altehrwürdigen Himmelsgötter (Wanen) in den Hintergrund treten. Dieser Umstand muss den Widerstand der alten Priester und bisherigen Führungskreise herausgefordert haben. Diese Feindschaften - wodurch auch immer verstärkt - gingen so weit, dass Armin zeitweise von seinem Schwiegervater gefangen gesetzt wurde und seine schwangere Ehefrau Tusnelda (9 v.0 - 17 n.0) im Jahre 15 n.0 von ihrem Vater entführt wurde. Er hielt sie auf seinem Gaugrafensitz (Obermarsberg oder Desenberg) gefangen, Armins Anhänger belagerten die Festung, doch der röm. Feldherr Nero Claudius Germanicus rückte von der Garnison Xanten aus heran und schleppte Tusnelda nach Ravenna, wo sie Amins Sohn Thumel gebar. Am 26.05.17 wurden beide im Triumphzug des Germanicus in Rom als Trophäen vorgeführt. Der Verräter Segestes, der dem entwürdigenden Schauspiel als Ehrengast beiwohnte, erhielt von den Römern einen sicheren Wohnsitz auf dem linken Rheinufer. Ein Chattenfürst namens Adgandest soll sich angeboten haben, Armin für die Römer mittels Gift zu töten, was zwar das scheinheilige Rom offiziell ablehnte, doch im Jahre 21 n.0 ist der Befreier Germaniens tatsächlich von Verwandten hinterrücks ermordet worden. Der Wodankult aber nahm seinen Fortgang unter den wehrwilligen und vaterlandsbewussten Germanenvölkern und er war es, der schließlich ein altdeutsches Bewusstsein schuf, an dem die römische Imperialmacht gescheitert ist, bis sie in erneuerter Maskerade des römisch-päpstlichen Chritianismus erneut und erfolgreicher den Ausgriff nach Norden und den Angriff auf die germanische Seele unternahm.
 
Bild: Armin der Cherusker von Werner Chomton