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VERGESST DIE WÜRDE NICHT !
 
Wettert die Wollust, so wahret doch Würde,
bindet die Bestie der blanken Begierde.
Ohne Seele ist schal jeder Sinnen-Sang,
nur keuchender Körper kläglicher Klang.
 
Ohne Liebe ist Lust nur der Leiber Lüge,
der Freier und Frauen gefälschtes Gefüge,
Tand und Theater ist Drang ohne Treu‘,
streut in die Ströme und Stürme die Spreu !
 
Magst du ein heischendes Herz nicht halten,
gelänge kein gebendes Glück zu gestalten,
dann würge der Wonne verwirrenden Wahn,
ziehe der Zukunft den zehrenden Zahn !
 
Tönen die Toren, von Tobsucht getrieben,
lärmen sie lüstern und loben das Lieben,
meinen sie meist nur den mageren Mut,
des geilen Geschlechtes glosende Glut.
 
Entflieht den Fesseln fleischlicher Freuden,
geht nicht als Gauch euer Gut zu vergeuden.
Meidet die Minne zu Mannen und Maiden,
wenn sie nicht Eintracht in Ehren beeiden.
 
Bild: Fidus
 
Worterklärung: Gauch (von Guck = gouch [guckguck = Kuckuck]) ist ein seit dem 8. Jh. belegter Name für den besagten Vogel. Das Wort bezeichnet einen Narren, insbesondere einen von der Liebe geblendeten Menschen. Auch Gaukler, Spitzbuben und „Fahrendes Volk“ wurden so bezeichnet. Wegen des bekannten Brutschmarotzertums wurde die Bezeichnung Gauch wie das heutige „Kukukskind“ benutzt, so im Nibelungenlied: „Sollen wir Gäuche ziehen ?“ Im Werk des Sebastian Brant „Das Narrenschiff“ werden Gäuche und Gäuchinnen (Liebesnarren) auf einem Schiff beschrieben. Im 13. Absatz - „Von buolschafft“ - wird von Frau Venus erzählt, die drei Gäuche und einen Affen mit sich führt und dem Ruf des Kuckucks lauscht. In Thomas Murners „Geuchmat“ treten die Gäuchinnen (Einzahl: Geuchin) als Betrügerinnen auf.